Posts Tagged ‘Weimarer Republik’

Deutschland und die Emotionelle Pest (24)

11. Dezember 2025

Geschichte sollte nicht der Volkspädagogik dienen und nicht politisch instrumentalisiert werden („Mitgefühl“). Geschichtliche Ereignisse sollte man so betrachten, als würde man fernab von den Menschen über der Erde schweben. Nur so werden die funktionellen Zusammenhänge deutlich. Etwa, daß Bürgerkriege Auseinandersetzungen zwischen Menschen mit unterschiedlichen Charakterstrukturen sind. Der „europäische Bürgerkrieg“ zwischen 1917 und 1989 war da keine Ausnahme. Am Anfang stand der Rote Faschismus, der die gesamte menschliche Zivilisation bedrohte. Als Immun-Reaktion gegen ihn formte sich der Schwarze Faschismus, der zeitweise nicht weniger zerstörerisch war. Es war wie bei einer Infektion, wo man zeitweise nicht recht weiß, ob die Krankheitskeime oder die überschießende Immunabwehr lebensbedrohlicher sind. Schließlich obsiegten die westlichen Demokratien (OR) über die beiden Faschismen (DOR).

Ursprünglich hatte niemand ausgerechnet Moskau als Zentrum der Weltrevolution vorgesehen. Sowohl Engels als auch Lenin waren wie selbstverständlich davon ausgegangen, daß Berlin das natürliche Epizentrum der Umwälzungen sein werde. Bis 1923 war entsprechend alle Hoffnung der sich gerade bildenden Sowjetunion darauf gerichtet, daß es in Deutschland zu einer Revolution („Räterepublik“) komme und natürlicherweise das „deutsche Proletariat“ die Führung auf dem Weg zur Weltrevolution übernehme, denn von einem nennenswerten „russischen Proletariat“ konnte man kaum sprechen. Diese Hoffnung war alles andere als unrealistisch, – so ist auch der damalige „Hitler-Putsch“ einzuordnen. Nach dem Vorbild Mussolinis wollte Hitler der Machtübernahme durch die Kommunisten ein für allemal einen Riegel vorschieben. Zum Glück erwies sich die parlamentarische Demokratie in Deutschland zu diesem Zeitpunkt als unerwartet stark.

1923 kam es in der Sowjetunion zum Richtungskampf: sollte man die Weltrevolution doch vorantreiben (Trotzki) oder sollte man gegen alle Marxistische Orthodoxie (die schon Lenin selbst kaum beachtet hatte) versuchen, zunächst einmal die Sowjetunion zu konsolidieren und auf eine Art „sowjetischen Nationalismus“ setzen (Stalin)? Dies hatte zur Konsequenz, daß die Komintern zu einem bloßen Instrument der sowjetischen Außenpolitik wurde. Für Deutschland bedeutete dies, daß die Kommunisten für das „Mutterland des Sozialismus“ Werbung machen mußten und von ihren Feinden nicht zu Unrecht als „Moskau-hörig“ gebrandmarkt wurden. Hinzu kam, daß die Säuberungen gegen Abweichler, insbesondere aber „Trotzkisten“, d.h. „Weltrevolutionäre“, nach Deutschland übergriff. Die deutschen Kommunisten sollten die Weimarer Republik schwächen, aber auf keinen Fall ein „Sowjet-Deutschland“ errichten, das Moskau Konkurrenz machen würde und vom „Trotzkistischen Geist“ durchsetzt wäre.

Hitlers Machtergreifung kam Stalin mehr als Recht. Hitler war der Eispickel, den Stalin in den Schädel des Trotzkismus rammte. Deutsche Kommunisten, die in die Sowjetunion flohen, wurden vor dem Krieg fast restlos ausgemerzt, jene, die ins westliche Ausland flohen, nach dem Krieg. Sie hatten ihre Schuldigkeit getan, nämlich Deutschland und den Westen zu zersetzen, was sollte die Sowjetunion schon mit solchen „Zersetzern“ im eigenen Territorium anfangen?

Schließlich erfüllte Hitler als „Eisbrecher“ genau jene Aufgabe, die Stalin ihm zugewiesen hatte: mit Hilfe der Ressourcen der Sowjetunion, vor allem Lebensmittel, Erdöl und seltene Metalle, schaltete Hitler die westlichen Demokratien aus und war drauf und dran, sich in einem Krieg mit England zu verausgaben. Stalin war bereit, Europa „vom Faschismus zu befreien“ und die Sowjetunion bis zum Atlantik auszudehnen. Die deutsche Armee war derartig schwach, das kurz vorher die deutschen Generäle beinahe Hitler weggeputscht hätten, weil sie panische Angst hatten vor einem Krieg mit – der Tschechoslowakei! Der Einfall ins Deutsche Reich und damit nach Westeuropa wäre für Stalin ein Spaziergang gewesen, wenn Hitler nicht das Undenkbare und deshalb vollkommen Unerwartete getan hätte: in Stalins Aufmarsch hinein anzugreifen. Die Sowjetarmee war überhaupt nicht auf Verteidigung ausgerichtet und deshalb ein leichtes Ziel für die von der Ausrüstung her eher minderwertige Wehrmacht. Immerhin hielt Hitler die Rote Armee solange zurück, bis Westeuropa (gegen Hitlers verzweifelten Widerstand!) von der amerikanischen Armee besetzt war. Die Sowjetunion konnte nicht mehr expandieren, trotz verzweifelter Versuche in der Dritten Welt, und kollabierte deshalb schließlich unter Gorbatschow.

Der wirklichkeitsfremde Hitler selbst ist nichts weiter als eine kuriose Randerscheinung. Kurios in zweifacher Hinsicht: erstens war der Angriff auf die Sowjetunion ein schlichtweg größenwahnsinniges Unternehmen, nur ein Irrer konnte so etwas befehlen, und zweitens hätte dieser Wahnsinn beinahe doch funktioniert, hätte man die Sowjetvölker, insbesondere aber die Ukrainer, auf seine Seite gebracht. Aber Hitler hatte von den von ihm so bewunderten Kommunisten gelernt: eine in sich geschlossene Ideologie ist unbesiegbar, – kreierte entsprechend eine abgrundtief schwachsinnige Gegenideologie („Rassenkampf“ statt Klassenkampf), der er dann jedoch selbst zum Opfer fiel. Immer, wenn es darum ging, rational hellsichtig oder ideologisch verblendet zu entscheiden, wählte er die letztere Option. Im krassen Gegensatz zum genialen Stalin war er unfähig dialektisch zu denken.

Dazu zwei Vorträge vor amerikanischen Militärakademien:

Deutschland und die Emotionelle Pest (Teil 8)

26. September 2025

Die Geschichte des Antisemitismus in Europa war wesentlich komplexer, als sie Daniel Goldhagen dargestellt hat. Seine Theorie ist zu einseitig und grobschlächtig und hat zu Recht sowohl formale als auch inhaltliche Kritik namhafter Historiker auf sich gezogen. Goldhagen vernachlässigt beispielsweise, daß virulenter Antisemitismus nur ein Ausdruck der Emotionellen Pest unter vielen ist und auch in den Nachbarländern Deutschlands weit verbreitet war und das kurioserweise fast immer mit einem antideutschen Unterton. Man denke nur an die Dreyfus-Affäre! Reich hat, wie in Teil 3 bereits erwähnt, betont, daß der Faschismus kein spezifisch deutsches oder italienisches Phänomen war, sondern als pestilenter Zug in der Charakterstruktur nahezu aller Menschen in gepanzerten Gesellschaften vorhanden ist. So schreibt er in Massenpsychologie des Faschismus, daß „es heute keinen einzigen lebenden Menschen gibt, der nicht in seiner Struktur die Elemente des faschistischen Denkens und Fühlens trüge“.

Weiten Teilen der deutschen Bevölkerung muß es ziemlich sauer aufgestoßen sein und zu wilden Verschwörungstheorien Anlaß gegeben haben, daß die Juden (die nie mehr als 1 Prozent der deutschen Bevölkerung ausmachten) so über alle Maßen erfolgreich und einflußreich waren, etwa im Handel, bei den Banken, an der Börse, bei Versicherungen, an den Universitäten (sowohl als Studenten als auch im Lehrkörper), bei den Rechtsanwälten und Ärzten und nicht zuletzt im Kulturbetrieb. Andererseits wird gerne behauptet, daß die Kriminalstatistik jener Jahre zeige, daß ein deutlich überproportionaler Prozentsatz krimineller Handlungen (Raub, Mord, Vergewaltigung, Dokumentenfälschung, Kindesmißbrauch, Erpressung, Entführung, Unterschlagung, Betrug) von Juden begangen wurde. Solche Behauptungen werden von Antisemiten bis heute verbreitet. Daß sie totaler Schwachsinn sind, die Juden hier sogar eher unterrepräsentiert waren, wurde im Detail nachgewiesen. Daß Deutsche in jüdischen Armenvierteln, insbesondere im Berliner Scheunenviertel, ganz andere Eindrücke gewinnen mußten, ist natürlich von keiner Statistik erfaßbar.

Jedenfalls zeigt die Fälschung der Statistik das ganze Wesen des Antisemitismus: Die Juden waren den nicht-jüdischen Deutschen in jeder Beziehung überlegen. Aber ihr Erfolg wurde mit irgendwelchen „jüdischen Verschwörungen“ erklärt und entsprechend auch noch so getan, als seien „die Juden“ besonders große Schufte und würden ihre Positionen entsprechend ausnutzen. Wie sollten sie sonst die doch angeblich so überlegenen Arier überflügeln?! Daß „die Juden“ durch ihren Arbeitsethos und ihre überkommene Kultur, die so viel Wert auf Gelehrsamkeit legte, so erfolgreich waren und daß sie entsprechend gar nicht zur Kriminalität prädestiniert waren – dem antisemitischen Kleinen Mann will das nicht in den Schädel.

Natürlich sollte man auch nichts romantisieren und beschönigen, denn ohne Zweifel standen „die Juden“ an der Vorfront des Kapitalismus. Reich selbst war von seiner geschäftstüchtigen Verwandtschaft angewidert. Gleichzeitig waren in Rußland und Deutschland überproportional viele der kommunistischen Führer Juden. Einfachen Gemütern muß es um 1920 herum tief beunruhigt haben, daß auf der einen Seite so unverhältnismäßig viele der „Kapitalisten“ Juden waren und auf der anderen Seite so viele namhafte Kommunisten ebenfalls Juden waren.

Subjektiv glaubten viele Deutsche tatsächlich, daß sie sich „gegen die Juden wehren mußten“. Als dann 1933 in Deutschland eine durch und durch widersprüchliche Massenbewegung an die Macht kam, die ideologisch einzig und allein durch ihren Antisemitismus zusammengehalten wurde (der es erlaubte, gleichzeitig gegen den Kapitalismus und gegen den Kommunismus, d.h. eben „Nationalsozialist“ zu sein!), reagierten Juden in Europa und Amerika verständlicherweise extrem alarmiert und riefen öffentlich zum Boykott auf. In London, New York, Paris und Warschau vereinigten sich jüdische Geschäftsleute zu einem umfassenden „wirtschaftlichen Kreuzzug“. So fühlte sich die Hitler-Regierung moralisch vollkommen im Recht, d.h. fühlte sich als Opfer, als sie verkündete, es werde im Gegenzug in Deutschland einen eintägigen Boykott jüdische Geschäfte geben, wenn die Kampagne nicht aufhöre. Noch heute behaupten Neonazis, Hitlers Rede vom 28. März 1933, in der er einen Boykott gegen jüdische Geschäfte forderte, sei eine direkte Reaktion auf die „Kriegserklärung an Deutschland“ von Seiten des „internationalen Judentums“ gewesen. Objektiv war das von vornherein der pure Schwachsinn, aber subjektiv… Beispielsweise zeigen alle Dokumente und berichten Zeitzeugen, daß der tumbe Himmler, ein paranoid-schizophrener Charakter wie Hitler selbst, bis zum bitteren Ende fest von der „jüdischen Weltverschwörung“ überzeugt war.

Man kann sich über die Dummheit der damaligen und heutigen „Nazis“ aufregen, sollte aber zumindest einmal versuchen sich in das subjektive Empfinden dieser Leute hineinzuversetzen. Man muß also etwas tun, was keiner der Protagonisten jemals auch nur im Ansatz versucht hat: Gerechtigkeit walten lassen. Die Juden haben keinerlei Schuld auf sich geladen, „aber“ aufgrund ihrer unglücklichen Geschichte standen sie dort, wo Menschen verletzt wurden: an der vordersten Front von Kapitalismus und Kommunismus. Es war, im Vergleich mit ihrem geringen Anteil an der Gesamtbevölkerung, unverhältnismäßig wahrscheinlich, daß der „kalte Kapitalist“, der einen kleinen Handwerker in den Ruin trieb, etwa weil ein Kredit nicht verlängert wurde, ein Jude war. Jedenfalls machte es sofort die Runde, wenn er ein Jude war. Und wenn ein „roter Kommissar“, der zufällig jüdischer Abstammung war, ein Massaker zu verantworten hatte, waren im Bewußtsein der Beobachter sofort „die Juden“ schuld.

Geradezu alptraumhaft absurd wird das Bild dadurch, daß, kaum waren die Nazis an der Macht, eine Phase der inoffiziellen Zusammenarbeit zwischen der deutschen Regierung und der zionistischen Bewegung in Deutschland und weltweit begann. So bizarr diese seltsame „Interessengemeinschaft“ heute auch anmuten mag, so verfolgten in den darauffolgenden Jahren die SS und die Zionisten doch tatsächlich das gemeinsame Ziel, den Strom an deutsch-jüdischen Einwanderern nach Palästina zu erhöhen. Der wachsende Antisemitismus in Deutschland spielte in diesem Sinne sogar in die Hände der Führer der zionistischen Bewegung. (Das änderte sich drastisch nach dem Beschluß der „Endlösung“ und nachdem die Nazis sich der „palästinensischen Sache“ angenommen hatten. Gewisserweise ist die PLO eine Nachfolgeorganisation der NSDAP!)

Vor der Eskalation des Antisemitismus als Folge des obenerwähnten Boykotts hegte die Mehrheit der deutschen Juden wenig Sympathie für zionistische Bestrebungen. Auch Reich, der ohnehin 1922 offiziell die jüdische Gemeinde verlassen hatte, wollte mit dem Zionismus nichts zu tun haben und sah zu dieser Zeit das Heil der Juden einzig und allein in der weltweiten sozialistischen Befreiungsbewegung.

Daß die Geschichte manchmal merkwürdige (und für uns Nachgeborene schwer nachvollziehbare) Blüten schlägt, zeigt sich in diesem Zusammenhang z.B. auch dadurch, daß die spätere Magda Goebbels zuvor eine Liebschaft mit dem zionistischen Aktivisten Viktor Chaim Arlosoroff hatte, den Davidstern an einer Kette um den Hals trug (sic!) und mit ihrem Partner gemeinsam nach Palästina auswandern wollte. Wer hätte das von der nachmaligen Ehefrau des antisemitischen NS-Propagandaministers Dr. Joseph Goebbels gedacht?

Ähnlich bizarr erscheint, daß ausgerechnet der Sicherheitsdienst der SS dem späteren Protokollführer der Wannsee-Konferenz, Adolf Eichmann, (zusammen mit seinem SS-Kameraden Herbert Hagen) 1937 eine kostspielige Reise spendierte, „um die zionistische Arbeit in Palästina durch Besichtigungen persönlich kennenzulernen“ und die Zusammenarbeit mit den Führern des Zionismus zu intensivieren, damit das gemeinsame Ziel der forcierten Umsiedlung deutscher Juden nach Palästina befördert werde.

Was für ein nihilistischer Alptraum die Zeit des Nationalsozialismus war, wird auch daran deutlich, daß die SS am Ende des Krieges gewisserweise diese Verhandlungen wiederaufnahm.

Man wiederholt ständig, „daß Geschichte von Menschen“ gemacht wird, – um dann mit ellenlangen Statistiken und drögen Dokumentationen aufzuwarten. Beispielsweise läßt sich darüber trefflich streiten, ob die Rede vom „jüdischen Bolschewismus“ statistisch wirklich durch Fakten gedeckt wird. So kann man meinetwegen volkspädagogisch Leute aufklären, die zu neonazistischem Gedankengut neigen, aber um die Geschichte zu begreifen, bringen solche Darstellungen wenig. Wichtig ist allein, was damals massenwirksam war, d.h. geglaubt wurde, unabhängig von seinem Wahrheitsgehalt. Man muß in der Geschichte den „subjektiven Faktor“ wirklich ernstnehmen, ansonsten begreift man nämlich gar nichts. Reich hat das getan, als er damals etwas für Linke unerhörtes tat, nämlich indem er bei der Vorbereitung auf seine Massenpsychologie des Faschismus Hitler und Rosenberg wirklich las und sich in ihre Gedankenwelt einfühlte, statt nur nach Zitaten zu suchen, die man polemisch verwursten konnte. Erschreckenderweise wird das letztere noch heute getan in einer volkspädagogischen Schmonzette nach der anderen, die die historische Wissenschaft nachhaltig zerstören.

Deutschland und die Emotionelle Pest (Teil 3)

6. September 2025

Es geht in dieser Serie von Blogeinträgen um den „Dreißigjährigen Krieg“ im 20. Jahrhundert (1914-1945), der das Deutsche Reich nach einer über eintausendjährigen, nach außen hin fast immer friedlichen Geschichte, für immer ausgelöscht hat.

Viele wird das alles befremden. Bin ich etwa ein „Rechter“? Deshalb hier einige weitere Vorbemerkungen:

Ich betrachte die Alliierten als „OR“ und die Nazis als „DOR“:

Diese Betrachtungsweise ist eine funktionelle, d.h. es handelt sich hier nicht um einen mechanischen Gegensatz, denn im Einzelfall kann das ganze geradezu gegensätzlich aussehen. Deshalb ist die obige Gleichung alles andere als überflüssig! Mir kann beispielsweise niemand weißmachen, daß die Bomber, die die Arbeiterviertel Hamburgs in die Hölle auf Erden verwandelten, „OR“ waren, während die deutschen Flakeinheiten für „DOR“ standen! Das gleiche gilt für die Wehrmachtseinheiten (meinetwegen auch SS-Einheiten), die deutsche Flüchtlingstrecks aus dem Osten Flankenschutz gewährten! Diese Beispiele lassen sich beliebig vermehren, ohne die obige Grundgleichung in Frage zu stellen. Mechanisten, d.h. Dummköpfe, werden das nie verstehen.

Man muß stets versuchen, so wie der Gegner zu denken; so zu denken, wie der Teufel höchstpersönlich. Man muß, um etwa den Zweiten Weltkrieg zu verstehen, die Welt mit den Augen Hitlers betrachten! „Warum?“ Warum wurden die Juden ermordet, und warum wurde die Sowjetunion überfallen? Hier finde ich beispielsweise folgende Gedanken, die ich in Anlehnung an Gunnar Heinsohn vortrage, ziemlich überzeugend:

Man kann Hitler nur verstehen, wenn man sich bewußt ist, daß er in erster Linie Rassist war. Er betrachtete alles aus „biologischer“ Warte, ausnahmslos alles. Hitlers „Analyse“ zufolge hatte Deutschland den Ersten Weltkrieg aus zwei Gründen verloren. Die Deutschen seien in ihrer Kriegsführung nicht brutal und konsequent genug vorgegangen, wegen ihrer „un-germanischen“ christlichen und vor allem humanistischen Gesinnung. Diese hatte in Hitlers Augen eine „rassische“ Basis“, die Juden, so daß diese verschwinden mußten, wollte man das Problem lösen. Die „Logik“ eines paranoid-schizophrenen Charakters!

Der zweite Grund für die Kriegsniederlage war, daß England durch die Seeblockade Deutschland förmlich zu Tode hungern ließ. 800 000 Deutsche starben in der Kriegszeit an Hunger und schwerer Fehlernährung, manche verhungerten buchstäblich. Es war praktisch unmöglich den Krieg unter diesen Umständen fortzuführen, zumal ständig „kommunistische“ Hungerrevolten drohten. Das ist der Grund für Hitlers Streben nach großen Territorien im Osten. Er wollte Deutschland für immer autark und damit kriegsfähig machen. Da er Rassist war, war sein Kolonialkrieg, und als nichts anderes betrachtete er ihn, ein ethnischer Ausrottungskrieg gegen Slaven.

Wenn ich versuche, die verquere „Rationalität“ der Nazis zu verstehen, die bei Kritik hämisch auf die Kolonialpolitik der Westmächte verwiesen, macht mich das noch lange nicht zu einem Nazisympathisanten. Aber viele Menschen sind einfach zu dumm, zu dumpf, um das zu verstehen.

Geschichtswissenschaft wird von der Fähigkeit getragen, sich in das Denken und Fühlen anderer Menschen einzutunen. Manche Menschen scheinen Angst zu haben, sich durch so ein Einfühlen irgendwie anzustecken, mit einer „emotionalen Pest“ anzustecken. Nun, niemand soll sich zum Beispiel in die Taten eines Kinderschänders hineinversetzen, aber man sollte schon versuchen, so wie ein Kinderschänder zu denken, wenn dieser auf der Suche nach seinen Opfern ist. Nur so kann man seine Kinder effektiv schützen!

Aber bleiben wir bei Hitler und dem, wie man damals sagte, „Hitler-Faschismus“: Zunächst einmal sollte sich jeder Leser stets folgende Grundaussage Reichs vor Augen halten:

(…) dazu hatten mich meine ärztlichen Erfahrungen mit Menschen vieler Schichten, Rassen, Nationen, Glaubensbekenntnissen etc. gelehrt, daß „Faschismus“ nur der politisch organisierte Ausdruck der durchschnittlichen menschlichen Charakterstruktur ist, eine Struktur, die weder an bestimmte Rassen oder Nationen noch an bestimmte Parteien gebunden ist, die allgemein und international ist. In diesem charakterlichen Sinne ist „Faschismus“ die emotionelle Grundhaltung des autoritär unterdrückten Menschen der maschinellen Zivilisation und ihrer mechanistisch-mystischen Lebensauffassung. (…) Der Faschismus wird auch heute noch, infolge des politischen Fehldenkens, als eine spezifische Nationaleigenschaft der Deutschen oder der Japaner aufgefaßt. (Die Massenpsychologie des Faschismus, Fischer TB, S. 13)

Charles Konia hat darauf hingewiesen, daß im Ersten Weltkrieg die Amerikaner in Europa nichts verloren hatten und daß der pseudo-liberale Charakter Woodrow Wilson persönlich die Verantwortung für alles trägt, was nach der Kapitulation Deutschlands geschehen ist (The Emotional Plague, S. 117f). Konia an anderer Stelle: „Der Zerfall der sozialen und wirtschaftlichen Ordnung in Deutschland ebnete den Weg für die Popularität des Kommunismus und Sozialismus und den genauso verzweifelten wie rücksichtslosen Versuch der Eindämmung durch Adolf Hitler und die Ideologie des Nationalsozialismus“ (Neither Left Nor Right, S. 305). Das ist Ernst Nolte! (Stichwort „Historikerstreit“.)

Und genau wie Ernst Nolte wollte auch Reich Hitler gerecht werden. Er schrieb über ihn: „Hitler hat alle moralischen Argumente, die innerhalb der jetzigen Welt gelten, auf seiner Seite. Ebenso Solidarität, Mut, Kraft” (Jenseits der Psychologie, S. 219). Dies ist nicht aus dem Zusammenhang gerissen, sondern es kommt sogar „noch schlimmer”, wenn man Reichs gesamten Tagebucheintrag vom 11. März 1938 liest, wo er dazu aufruft „Hitler recht zu geben“, d.h. die Welt aus dessen Augen zu sehen! Am 12. September des gleichen Jahres notierte sich Reich: „Heute hörte ich die Rede Hitlers – Wie recht der Mann im Rahmen der Schweinerei hat!! Kein vernünftiges Argument gegen ihn!” (ebd., S. 258). Ich habe Hitlers Rede gelesen. Hitler hatte die unglaubliche Verlogenheit der westlichen Kolonialmächte angegriffen, die es sich herausnahmen Italien und Deutschland zu kritisieren. Und schließlich: „Bevor die Morde Hitlers voll verstanden werden konnten, mußte die Wahrheit, die er über Marxisten, Juden, Liberale und die Weimarer Republik gesagt hatte, erkannt werden” (Christusmord, Freiburg 1978, S. 357).

Ich picke da bei Reich nicht irgendetwas raus, vielmehr steht das alles in einem Kontext. Reich betrachtete den Nationalsozialismus als einen Schritt in die richtige Richtung! Bevor der Leser eine Herzattacke bekommt – lesen hilft:

Im Neuheidentum des deutschen Nationalsozialismus brach sich das vegetative Leben abermals Bahn. Der vegetative Wellengang wurde von der faschistischen Ideologie besser erfaßt als von der Kirche und ins Irdische herabgeholt. Die nationalsozialistische Mystik der „Blutwallung“ und der „Verbundenheit mit Blut und Boden“ bedeutet somit gegenüber der altchristlichen Anschauung von der Erbsünde einen Fortschritt; er erstickt jedoch in neuerlicher Mystifizierung und in reaktionärer Wirtschaftspolitik. Die Lebensbejahung biegt neuerdings in Lebensverneinung um, wird zur Bremsung der Lebensentfaltung in der Ideologie der Askese, des Untertanentums, der Pflicht und der Rassengemeinschaft. Trotzdem kann man nicht die Sündenlehre gegen die Lehre von der „Blutwallung“ verteidigen; man muß die „Blutwallung“ vorwärtstreiben, sie zurechtbiegen. (Die sexuelle Revolution, Fischer TB, S. 267)

Es geht hier nicht darum, den Nationalsozialismus und seine Untaten zu relativieren, sondern darum, sowohl die Welt, aus der er erwuchs, als auch die weltweite Emotionelle Pest bloßzustellen! Beispielsweise waren die Juden nicht nur Opfer des deutschen, sondern auch des angloamerikanischen Antisemitismus. Muß ich den NSDAP-Finanzier Henry Ford erwähnen? Man betrachte einmal die Frage nach der Bombardierung von Auschwitz. Roosevelt wollte nichts davon wissen. Jedenfalls war sein Antisemitismus symptomatisch für die Führungseliten des Westens.

Was sind die Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg? Erstens können sich Gruppen wie die Juden nur auf sich selbst verlassen. Die israelische Armee ist die Antwort auf den Holocaust! Und zweitens darf man Mächte nicht in die Enge treiben. Als Europa nach dem Fall von Byzanz endgültig vom Handel mit Asien abgeschlossen war, kolonisierte es die Welt und rottete dabei ganze Völker aus. Ähnlich sah sich Deutschland in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts von den westlichen Kolonialmächten in die Enge getrieben und suchte nach „Lebensraum“. Gnade uns Gott, wenn sich etwa China „hoffnungslos eingekreist“ fühlt! Man denke daran, wie man mit Japan umgegangen ist, als es 1941 den europäischen Kolonialismus in Indochina durch – asiatischen Kolonialismus ersetzen wollte: Wirtschaftssanktionen, vor allem aber ein Öl-Embargo, das 88% seiner Ölimporte betraf, was den Angriff auf Pearl Harbor unausweichlich machten.

Trump und Hitler

21. August 2025

Zunächst einmal ist dieser Vergleich vollkommen absurd, da Hitler (mal abgesehen von seinen wirklich sehr anstrengenden Wahlkämpfen am Ende der Weimarer Republik) zeitlebens ein unglaublich dekadenter Müßiggänger und Eigenbrödler war, der den ganzen Tag Kuchen fraß, irgendwann am frühen Morgen ins Bett fiel und vor 14 Uhr nachmittags, also nach 10 Stunden Schlaf, nicht geweckt werden durfte. Trump hingegen war zeitlebens ein Arbeitstier, der um Mitternacht ins Bett geht und spätestens um 6 Uhr morgens wieder am Schreibtisch sitzt, umgeben von einer Schar von Kindern und Kindeskindern.

Trotzdem verbindet sie zweierlei: erstens das, was man gemeinhin als „Populismus“ bezeichnet. Etwas, was verkopfte und zutiefst antisexuelle „Intellektuelle“ instinktiv abstößt. Massen mit einfachen Worten gewinnen, die Massenerregung ertragen und sie in Bewegung setzen, wie ein Dirigent das Symphonieorchester leitet. Die besagten „Intellektuellen“ laufen beispielsweise dagegen Sturm, daß Hitler-Reden durch KI-Programme übersetzt und so gestaltet werden, als hätte Hitler sie auf English gehalten. Und tatsächlich: auffällig viele Kommentatoren unter diesen YouTube-Videos schreiben, daß der Mann doch in allem recht gehabt habe. Selbst von Reich selbst stammt so ein Kommentar, als er über Radio Ende der 1930er Jahre eine Hitler-Rede verfolgte. Das Böse, bzw. DER Böse, ist immer und überall!

Die zweite Gemeinsamkeit ist das Außenseitertum. Hitler mußte seine eigene Parteiarmee zusammen mit seinen treusten Anhängern blutig opfern, um nicht vom „Deep State“, der ihm bis zuletzt nach dem Leben trachtete, entmachtet zu werden. Bis zur Zeit im Bunker der Reichskanzlei durfte niemand in seiner Umgebung den Namen „Röhm“ auch nur erwähnen! Ähnlich bei Trump, der Musk in die Wüste schicken mußte, als es auch an Pfründe der Republikanischen Senatoren ging. Trump wollten sie umbringen und sie werden es auch weiterhin versuchen.

Es ist aber vollkommen sinnlos diese Ausführungen fortzusetzen, weil bei den Stichworten „Trump“ und „Hitler“ alle Rationalität zerschellt und der nackte Wahnsinn dich anlacht. Ich spreche natürlich vom Trump-Derangement-Syndrom und dem sogenannten „Antifaschismus“. Man braucht nur die Social Media-Auftritte von Links-Reichianern verfolgen: der Haß und die Verachtung gegenüber Trump scheint keinerlei Grenzen zu kennen. Aber selbst diese Leute müssen regelmäßig Kommentare von anderen Links-Reichianern löschen, weil da wirklich alle Hüllen menschlichen Anstandes fallen und das Endstadium der Psychose erreicht ist. Für diese Leute ist Trump DAS Böseste schlechthin. Von Hitler brauchen wir gar nicht erst anfangen…

Warum ist das so? Das Problem ist, daß Hitler zum Retter des liberalen Geistes wurde. Er ist die Gründungsfigur des Wertewestens, er ist der neue Asasel (bzw. natürlich dessen Ziegenbock), der der Prototyp Christi ist. Man führe sich dazu Levitikus 16:8-10, 26 zu Gemüte. Es geht um das zentrale Ritual des Versöhnungstages, an dem Jahwe seinem Volk alles vergibt und es entsprechend fortbestehen läßt. Es werden zwei Ziegenböcke ausgelost: einen für den Herrn und einen für Asasel. Die für Asasel bestimmte Ziege wird nicht als Schlachtopfer dargebracht, sondern ihr werden alle Sünden des Volkes auferlegt und er wird dergestalt beladen in die Wüste getrieben, d.h. in die Hölle geschickt. Hitler ist zum Asasel Unserer Demokratie geworden. Indem wir ihn wieder und wieder und wieder besiegen, fährt er immer wieder zusammen mit allen unseren Sünden in die Hölle, damit wir unbeschwert weiterleben können. Dies wurde auch zum Kern des Trump-Derangement-Syndroms. Die besagten Gutmenschen BRAUCHEN Trump als neuen Hitler.

Man lese dazu Reichs Ausführungen über seine Sexpol-Versammlungen in Massenpsychologie des Faschismus. Auch er war „Populist“, als er in denkbar einfacher Sprache die sexuelle Not der Massen ansprach und die Massenatmosphäre nutzte, um die sexuellen Hemmungen, d.h. die Panzerung, zu unterlaufen. Und auch er mußte mit seinem „Deep State“ ringen, den damaligen KPD-Funktionären. Aber versuche mal diese Zusammenhänge einem dieser hoffnungslos verblödeten beschränkten IDIOTEN zu verklickern. Meine Fresse, ich glaub mein Schwein pfeift!

Sexualität und Arbeit (Teil 2)

24. Juli 2025

In Massenpsychologie des Faschismus beschreibt Reich seine Massenversammlungen zur Zeit der Sexpol Anfang der 1930er Jahre und wie die sexualpositive „Massenatmosphäre“ der Meetings die generelle Sexualablehnung zwar nicht aufheben, aber zumindest zeitweise paralysieren könne, so daß das allerintimste Empfinden gesellschaftsverändernd fruchtbar gemacht werden kann: „Es geht also nicht darum zu helfen, sondern Unterdrücktheit bewußt zu machen, den Kampf zwischen Sexualität und Mystik ins Licht des Bewußtseins zu rücken, ihn unter dem Drucke einer Massenideologie zum Auflodern zu bringen und in soziale Aktion zu überführen“ (Massenpsychologie des Faschismus, Fischer TB, S. 175).

Wie sähe ein solches Vorgehen heute in der antiautoritären Gesellschaft aus? Zunächst einmal werden wir alle ohnehin schon von den intimsten (sexuellen) Geheimnissen unserer Mitmenschen ständig belästigt. Und das nicht nur über die Medien, sondern auch im Alltag, wo die Menschen manchmal eine geradezu psychotische Distanzlosigkeit zeigen. Dazu hat sicherlich auch das Internet beigetragen, wo man sich so schön hinter einem Avatar verbergen kann. Kontaktlosigkeit wohin man schaut.

Die „Unterdrücktheit“ bewußtmachen? Reich dachte da in erster Linie an die Unterdrückung des sexuellen Lebensglücks. Die Unterdrückung des rein materiellen Lebensglücks führt unmittelbar zur Rebellion und bedarf keiner Massenpsychologie. Da die sexuelle Unterdrückung jedoch den Charakter des Massenindividuums so verformt, daß es die Unterdrückung hinnimmt, sogar für sie streitet, wollte Reich wie oben erörtert, diese inneren Hemmungen sozusagen austricksen.

Die Glieder der antiautoritären Gesellschaft sind leider ganz anders geartet, da von inneren Hemmungen nicht mehr die Rede sein kann. Die Massenindividuen sind tendenziell nicht mehr triebgehemmt, sondern ganz im Gegenteil triebhaft. Was also bewußtmachen?

Um diese Frage beantworten zu können, wäre es nützlich, zunächst die funktionelle Identität von Sexualität und Arbeit zu erfassen:

Wir nennen die Beziehung eines Menschen zu seiner Arbeit, wenn sie ihm Freude macht, „libidinös“; die Beziehung zur Arbeit ist, da Arbeit und Sexualität (im engsten und weitesten Sinne) aufs engste miteinander verflochten sind, gleichzeitig eine Frage der Sexualökonomie der Menschenmassen; von der Art, wie die Menschenmassen ihre biologische Energie anwenden und befriedigen, hängt die Hygiene des Arbeitsprozesses ab. Arbeit und Sexualität entstammen der gleichen biologischen Energie. (ebd., S. 263)

Anfang der 1930er Jahre war Arbeit geprägt von:

  1. gutem Handwerk („eine Sache um ihrer selbst willen tun“)
  2. Pflichtgefühl gegenüber dem Chef bzw. der Obrigkeit

Darauf (und zwar ausschließlich darauf) geht der Reichtum Deutschlands zurück. Wie kein anderes Land (vielleicht mit Ausnahme von Japan und Korea) verkörpert es eine autoritäre Gesellschaft – bzw. hat sie verkörpert.

Als leidgeprüfter Konsument und (Mit-) Produzent erfährt jeder tagtäglich, daß beide Grundlagen unserer Gesellschaft zusehends erodieren. An ihre Stelle tritt:

  1. Show („welchen Eindruck macht meine Arbeit?“)
  2. Egoismus („wie kann ich den Chef übervorteilen?“)

Oder mit anderen Worten: es geht darum, nicht „ausgebeutet“ zu werden. Dafür gibt es mittlerweile sogar „Ratgeber“ im Buchhandel: geschäftig tun, wenn der Vorgesetzte vorbeigeht, ansonsten nur das allernotwendigste leisten, damit das Nichtstun nicht auffällt.

Früher lebte man, um zu arbeiten, heute arbeitet man, um zu leben. Das „wahre Leben“ beginnt nach Arbeitsschluß. Die Menschen befinden sich in einem chronischen Expansionszustand und sind vollkommen kontaktlos, was man schon daran sieht, daß von der Substanz gelebt wird.

Was wäre also Sexpol-Arbeit heute? Zunächst einmal muß man sich bewußtmachen, daß Reichs sozusagen „gruppentherapeutischer“ Ansatz zu Sexpol-Zeiten funktionell identisch ist mit dem sich zeitlich unmittelbar daran anschließenden vegetotherapeutischen, also „körpertherapeutischen“ Ansatz: es ging um die Freilegung der biologischen Energie durch Beseitigung der Hemmungen.

In der antiautoritären Gesellschaft ist jedoch kein Platz mehr für die überkommene von Reich und Elsworth F. Baker entwickelte weitgehend körpertherapeutisch orientierte Orgontherapie, da die „Beseitigung von Hemmungen“ beim Neuen Menschen zu noch mehr Kontaktlosigkeit führt, also sich sein Zustand noch weiter verschlimmert.

Die vordringlichste Maßnahme ist deshalb die Wiederherstellung der Kontaktfähigkeit. Das bedeutet es heute, wenn man etwas „ins Licht des Bewußtseins“ rücken will! „Sexpol-Arbeit“ bedeutet heute nichts anderes als logisches, d.h. orgonometrisches Denken. Oder mit anderen Worten: sie kann nur bedeuten, den Massen die Orgonomie nahezubringen. Es geht also hier bei „Liebe, Arbeit und Wissen“ vor allem um das Wissen.

Die Frage ist, welche soziale Strömungen die Orgonomie heute nutzen kann. Früher waren Nationalsozialismus und Stalinismus unser Todfeind, heute sind es Political Correctness, Wokeness und Multikulturalismus (bzw. sind sie hinzugetreten). Früher war es der verzerrte Kontakt, heute ist es die Kontaktlosigkeit. Eine hervorragende Verkörperung jener Kräfte, die die Orgonomie nutzen kann, finden sich insbesondere dort, wo die Arbeitsfunktion unterstützt wird, also bei der sogenannten „Rechten“ mit ihrem bemerkenswert klaren und „amoralischem“ Denken.

Email (Die Nazis…) 2004

4. April 2025

Email (Die Nazis…) 2004

Laskas Randnotizen zu Hans G. Helms‘ DIE IDEOLOGIE DER ANONYMEN GESELLSCHAFT (Teil 9)

24. September 2024

Laskas Randnotizen zu Hans G. Helms‘ DIE IDEOLOGIE DER ANONYMEN GESELLSCHAFT (Teil 9)

Die „rotfaschistische Rückkehr“ Reichs nach Deutschland

19. September 2022

Wer hat eigentlich 1966 die Herausgabe von Die sexuelle Revolution initiiert und damit „Reich heim ins Reich geholt“? Vielleicht steckt ja die 1959 von Wolfgang Fritz Haug gegründete Zeitschrift Das Argument dahinter. Jedenfalls veröffentlichte er 1965 den Aufsatz

Bernhard Blanke/Reimut Reiche/Jürgen Werth, Die Faschismustheorie der DDR. In: Das Argument, H. 33/1965, S. 33-55

Dort (S. 48) wird die Faschismustheorie der DDR zwar kritisch betrachtet, aber prinzipiell der „bürgerlichen“ als überlegen erachtet. Von den Autoren wird neben linkskommunistischen Faschismus-Theoretikern wie August Thalheimer auch Wilhelm Reichs Theorie von der Massenpsychologie des Faschismus wegen ihres antibürgerlichen Gehalts positiv bewertet. (Hans-Helmuth Knütter: Die Faschismus-Keule. Das letzte Aufgebot der deutschen Linken, Frankfurt: Ullstein, 1993, S. 71)

Es kann gut sein, daß sich die Veröffentlichung des Reich-Buches gegen Ludwig Erhards angeblich faschistische Ideologie der „formierten Gesellschaft“ (vgl. Knütter, ebd.) und gegen seine damals aktuellen „anti-hedonistischen“ „Mäßigungs-Appelle“ richtete. (Geradezu tragikomisch ist dabei natürlich, daß Erhards Konzepte sich mit Reichs Konzept der Arbeitsdemokratie überschneiden. [Selbst Erhards bis heute immer wieder gerne ausgebudelte Rede vom journalistischen Ungeziefer und Schmeißfliegen könnte von Reich stammen „No see’ems“.])

Wirklich komisch ist aber der Satz des konservativen Politikwissenschaftlers Klaus Hornung: Das totalitäre Zeitalter, Berlin: Propyläen, 1993, S. 287: „Klassische Faschismus-Analysen aus der Zeit der Weimarer Republik von August Thalheimer und Arthur Rosenberg bis Wilhelm Reich und Herbert Marcuse kamen [zur Zeit der Studentenbewegung] wieder auf den Markt, die die These vom ‚Faschismus‘ als dem Agenten und Söldner des Großkapitals wiederaufnahmen.“ Reich als Vertreter der Dimitroff-Formel!

Schluß mit Schwurbel

8. Mai 2021

So die Überschrift eines anonymen Pamphlets aus meinem Briefkasten.

Beinahe jede Woche sieht man seit vielen Monaten in Deutschland dasselbe Bild: Ohne Abstand und Masken tanzen Querdenker*innen und Schwurbler*innen mit Nazis und Reichsbürger*innen Polonaise durch die Innenstädte, sei es im letzten Sommer in Berlin oder wie zuletzt in Leipzig, Kassel und Stuttgart. Auf den Bühnen wird dabei unter großem Applaus keine Chance ausgelassen, absichtlich wissenschaftliche Fakten zu verdrehen, mit Nazis und Pädophilen zu kuscheln und den Holocaust zu relativieren. In den krudesten Verschwörungstheorien wird vor allem Antisemitismus immer wieder befeuert. Nicht selten werden auf den Demonstrationen Journalist*innen und Gegendemonstrant*innen attackiert. Die Polizei läßt sie dabei gewähren, immer wieder tauchen Fotos von Polizist*innen auf, auf denen sie Hand in Hand mit Querdenker*innen gehen. Die Gegendemonstrationen hingegen werden mit Gewalt zerschlagen, obwohl sich hier an die Hygienemaßnahmen gehalten wird.

„Nazis und Pädophile“! Das ist ein beliebtes Sujet vermeintlich „linker“ Propaganda schon zu Zeiten der Weimarer Republik: daß „die Rechten“ mit allen Arten abscheulicher Perversionen in Zusammenhang gebracht werden. Irgendwann bricht das ganze Toleranzgedöns der Linken in sich zusammen – und sie erweisen sich als dieselben ressentimentbehafteten, haßerfüllten Kleingeister wie die „Nazis“. Und, jaja. „krudeste Verschwörungstheorien und Antisemitismus“… Und das von Leuten, die die Wirklichkeit auf den Kopf stellen, denn die Gewalt auf den besagten Demonstrationen geht immer von der „Anti“fa aus, die so die Bilder für die Propagandisten dieses Unrechtsregimes fabrizieren und nicht zuletzt den Schergen des Regimes die Rechtfertigung liefern, auf harmlose Bürger einzuprügeln, als wären wir in Weißrußland. – In diesem bösartigen Pamphlet wird wirklich alles auf den Kopf gestellt.

Auch in Hamburg gab es mehrfach größere Demonstrationen, auf denen sich dieses Bild gezeigt hat. Von rechten und rechtsextremen Parteien und Gruppierungen hat man schon von Anfang an ein großes Interesse an der sogenannten „Querdenken-Bewegung“ beobachten können. Dabei beteiligen sie sich aktiv an Demonstrationen und übernehmen Themen und Parolen. NPD, AfD und auch gewaltbereite Bruderschaften sehen in der Bewegung ein großes Mobilisierungspotential für sich und versuchen dadurch massiv neue Wähler*innen und Mitstreiter*innen zu gewinnen.

Als wären unser Pamphletisten beim sogenannten „Verfassungsschutz“ (Staatsschutz), wird mittels konstruierter Kontaktschuld und Gleichsetzen von Gruppen (bzw. „Gruppen“), die nichts miteinander zu schaffen haben, die Rechtfertigung für den Entzug aller Bürgerrechte fabriziert, letztendlich des Lebensrechts selbst. Wenn du dein demokratisches Demonstrationsrecht wahrnimmst und dir eine andere Meinung als die offizielle dieses Unrechtsregimes erlaubst, bist du unversehens – nicht besser als Himmler und Heydrich!

In diesem Zusammenhang kann man auch in Hamburg wieder ein verstärktes Auftreten rechtsextremer Gruppierungen beobachten, so hat die npd in letzter Zeit auch in Hamburg Nord großflächig plakatiert und auch völkische Gruppen wie die sogenannte „Identitäre Bewegung“ treten immer selbstbewußter auf. Recherchen des Online-Portals „EXIF“, die durch die WDR-Sendung „Monitor“ bestätgt wurden, legen ein breites Netzwerk an Mitstreiter*innen rund um die rechtsextreme sogenannte „Gruppe 5“ offen, die Terroranschläge in ganz Deutschland plante. Auch Hamburger Neonazis waren darin verstrickt, die in öffentlichen faschistischen Facebookgruppen verkündeten, daß sie dabei sind, sich zu bewaffnen. Nach den rassistischen Anschlägen in Halle, Hanau und der Ermordung Walter Lübckes müssen solche Ankündigungen mit aller Ernsthaftigkeit verfolgt werden. Die Hamburger Behörden lassen diese Vorfälle jedoch ohne Konsequenzen geschehen.

Unsere Staatsjugend beruft sich auf die Staatsmedien und die steuerfinanzierte, staatlich gelenkte „Zivilgesellschaft“, um ein „Härter durchgreifen!“ zu fordern.

Wie kommt dann Charles Konia dazu, so etwas als „antiautoritär“ zu bezeichnen? Es ist wie „1968“: es werden nur die unmittelbaren Autoritäten angegriffen und als verachtenswerte „wirre Schwurbler“ diffamiert, während man gleichzeitig der Wirklichkeit enthobene mythische Lichtgestalten anhimmelt. Früher waren das Mao und Marcuse, heute sind es Drosten und Merkel, obwohl diese nachweislich nur Unsinn von sich geben.

Die „Querdenken-Bewegung“ wirkt wie ein Nährboden, auf dem die alten vergammelten rechtsextremen und faschistischen Ideologien wieder neu und ungestört gedeihen können. Indem sie sich mit antisemitischen Verschwörungstheorien und pseudo-wissenschaftlichen Falschbehauptungen verflechten, schaffen sie ein brandgefährliches Klima, dem wir uns entschlossen entgegenstellen müssen.

Die Polizei stellt gegen diese Umtriebe nicht nur immer wieder ihre eigene Unfähigkeit unter Beweis, vielmehr sieht man nicht nur anhand der immer wieder aufgedeckten rechtsextremen Netzwerke in der Polizei, daß sie selber tief in diesen verwurzelt ist. Deshalb ist die Organisation und Vernetzung eines stabilen antifaschistischen Widerstandes um so wichtiger. Kein Fußbreit den Faschisten und Leerdenker*innen in Hamburg Nord!

Die Linken HASSEN Traditionen (die Verwurzelung, die den Einzelnen stark und unabhängig macht), Selberdenken („kontrarevolutionäre Fraktionsbildung“) und natürlich sämtliche Autoritäten – deren härteres Durchgreifen sie gleichzeitig fordern. Eben diese Rebellion gegen den Staat bei gleichzeitiger Vergötterung des Staates, die Gleichzeitigkeit von pseudo-anarchischer Rebellion und feigem Untertanengeist, macht den Faschismus (in diesem Fall den roten Faschismus) aus. „Rebellen“, die sich an Anstands…, Verzeihung: Abstandsregeln halten!

FÜR EINEN SOLIDARISCHEN UMGANG IN DER KRISE

Corona ist so real wie alle knapp 80.000 Todesfälle (stand 5. April), die es bisher allein in Deutschland gefordert hat. Ohne uns von der zweiten Welle aus dem Januar erholt zu haben, befinden wir uns jetzt schon mitten in der dritten Welle. Das ist die Folge vorschneller Lockerungen und eines zu schwachen Lockdowns, der nur die Freizeit einschränkt und die Wirtschaft weiter laufen läßt. Immer wieder kommt auch der Vorschlag für eine Ausgangssperre auf, auch bei uns in Hamburg wurde über Ostern und erstmal bis zum 18. April eine solche beschlossen – Das Problem: Während die Ausgangssperre sich weiter nur auf das Privatleben auswirkt, bleiben Fabriken und Betriebe weiter offen. Die Kosten für diese inkonsequente Ausklammerung der Wirtschaft müssen sowohl Kultur, Gastronomie und Einzelhandel, die seit Monaten geschlossen bleiben müssen, als auch die Gesellschaft, die trotz harter Einschränkungen in der Freizeit immer mehr Tote zu beklagen hat.

Ganz eindeutig: „die Wirtschaft“, d.h. der Kapitalismus hat an dieser mittelschweren Grippewelle Schuld… Wobei man die Millionen zusätzlicher Hunger- und Armutstoten, inbesondere in Afrika, getrost vergißt. Rassen…, Verzeihung: Klassenkampf:

Auch im Privaten trifft die Krise nicht alle gleich. Während sich die Quarantäne in exklusiven Villen mit großen Gärten an der Alster und uneingeschränkten Online-Möglichkeiten ganz gut aushalten läßt, fällt den Menschen in vielen anderen Haushalten mit viel zu kleinen Wohnungen die Decke auf den Kopf. Auch die technischen Voraussetzungen reichen oft nicht fürs Home-Office oder -Schooling. Die Folgen sind unter anderem eine Zunahme häuslicher Gewalt, Jugendliche, die in der Schule nicht mehr mitkommen und totale Überforderung. Durch die Umstellung auf Kurzarbeit oder dem kompletten Verlust des Arbeitsplatzes kommt noch ein größeres Armutsrisiko dazu. Trotzdem schütten die Konzerne, die ihren Mitarbeiter*innen jetzt weniger Lohn geben, Rekord-Dividenden an Aktionäre aus, die Kluft zwischen Arm und Reich wird durch die Krise nochmal deutlich größer. Die kapitalistische Absurdität und soziale Ungerechtigkeiten zeigen sich in der aktuellen Krise unverschönt!

Äh, das hätten so auch Querdenker schreiben können! Aber zum Glück geht es weiter:

Wir fordern einen echten solidarischen Lockdown, der im Interesse der Menschen steht und nicht nur das kapitalistische System schützt. Um unzählige weitere Todesfälle zu verhindern, müssen alle nicht lebensnotwendigen Betriebe für ein paar Wochen geschlossen werden und zwar bei vollem Lohnausgleich für die Beschäftigten, finanziert durch die Profite der Krisengewinnler!

Kommt mit uns auf die Straße! Stellt euch dem Verschwörungswahn und den neuen rechten Umtrieben entschlossen entgegen und erkämpft euch einen solidarischen Lockdown!

Politik und Polizei werden uns nicht helfen – wir müssen selber aktiv werden!

„Erkämpft euch einen solidarischen Lockdown!“ Aber am besten finde ich noch die Illustration dieses Pamphlets, die derartig voller ungewollter, selbstentlarvender Ironie ist… Linke Trottel!

Buchbesprechung: THE MASS PSYCHOLOGY OF FASCISM (Teil 4)

23. Oktober 2020

von Paul N. Mathews

 

Entgegen den jüngsten Rezensionen dieses Buches in der New York Times (3, 4) ist Reich weder gegen die Familie noch impliziert er, dass sich alle patriarchalischen Gesellschaften zu einem organisierten faschistischen Staat entwickeln müssen. Ihm geht es um die patriarchalische Zwangsfamilie, nicht um die natürliche Familie, und um jene Aspekte der menschlichen Charakterstruktur, die in einem faschistischen Staat kulminieren können. Eine weitere Implikation in diesen Rezensionen betraf Frauen in Nazi-Deutschland, die angeblich „ihren Sex genauso genossen haben wie die heutigen Mitglieder der Frauenbefreiungsligen“. Ein elementares Verständnis von Reichs Orgasmus-Theorie hätte ein solches Beispiel ausschließen können, denn Tatsache ist, dass sexuelle Aktivität und orgastische Potenz nicht identisch sind und dass „klitorale Orgasmen“ vaginale Orgasmen nicht ersetzen können (5).

Mit unfehlbarer Logik zeichnet Reich den Niedergang der Sozialdemokratie in der Weimarer Republik und ihren Verfall zum Nationalsozialismus nach. Und den vergleichbaren Prozess in der Sowjetunion nach den ersten Jahren, der zum Stalinismus und Roten Faschismus führte. In beiden Fällen weist Reich auf die charakterologischen Unfähigkeiten der Massen zu echter Sozialdemokratie hin und ihre starken Reaktionen auf ideologische Appelle, die auf Patriarchat, sexuellen Ängsten, Mystizismus und Chauvinismus beruhen.

Ich muss jedoch Reichs Einschätzung von Lenin widersprechen, dem er meines Erachtens mehr als verdiente Anerkennung sowohl für seine humanen Beweggründe als auch für sein funktionelles Verständnis der charakterologischen Unfähigkeit zu Freiheit seitens der Massen zollt.

Jüngste Dokumentationen, wie Robert Paynes The Life and Death of Lenin (6)g weisen darauf hin, dass Lenins Motivationen erheblich weniger human und funktionell waren, als Reich ihm zuschreibt:

Nachdem Lenin entschieden hatte, dass alle Mittel zulässig seien, um die Diktatur des Proletariats zu errichten, wobei er selbst im Namen des Proletariats regierte, hatte er Russland in unerträglicher Weise der menschlichen Freiheit beraubt. Seine Macht war nackte Macht; seine Waffe war die Vernichtung; sein Ziel war die Verlängerung seiner eigenen Diktatur. Er konnte schreiben: „Europa in Flammen setzen“ und sich nichts dabei denken. Er konnte den Tod von Tausenden und Abertausenden von Menschen anordnen und ihr Tod war unerheblich, weil sie nur Statistiken waren, die den Fortschritt seiner Theorie behinderten. Das Gemetzel in den Kellern der Lubjanka interessierte ihn nicht. Er kaperte die russische Revolution und verriet sie dann und in diesem Moment machte er Stalin unausweichlich (6, S.631).

Obwohl man Payne widersprechen muss, es sei Lenin und nicht die russischen Massen gewesen, die „Stalin unvermeidlich machten“, ist klar, dass Lenin kein humanitärer Mensch war.

 

Anmerkungen des Übersetzers

g Deutsch: Lenin und sein Tod. Rütten & Loening, München 1965.

 

Literatur

3. Lacqueur, W.: „The Mass Psychology of Fascism,“ New York Times Sunday Book Review, Dec. 20, 1970.
4. Lehman-Haupt, C. : „Again Into the Orgone Box,“ New York Times, Jan. 4, 1971.
5. Herskowitz, M.: „Orgasm in the Human Female,“ Journal of Orgonomy, 3:92-101, 1969.
6. Payne, R. : The Life and Death of Lenin. New York: Simon and Schuster, 1964.

 

Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Charles Konia.
Journal of Orgonomy, Jahrgang 5 (1971), Nr. 1, S. 107-112.
Übersetzt von Robert (Berlin)