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Buchrezension: Wilhelm Reich, Life Force Explorer
21. November 2020Literatur zu Reichs Leben und Werk
4. Januar 2017Es gibt im Netz zwei Listen von Reichs Büchern, die sich hervorragend für das Selbststudium der Orgonomie eignen. Auf Dr. Vittorio Nicolas Heimatseite sind Reichs auf Deutsch erschienenen Werke nach dem Erscheinen der Erstausgabe geordnet angeführt. Die meisten dieser Bücher lassen sich problemlos beschaffen und die Lektüre in dieser Reihenfolge sollte ein einigermaßen klares Bild des Reichschen Werk vermitteln.
Seit Jahren angekündigt ist die Gesamtausgabe von Reichs Zeitschrift für politische Psychologie und Sexualökonomie aus den 1930er Jahren.
Eine zweite etwas systematischere Anleitung zum Selbststudium findet sich am Ende meiner Einführung zu www.orgonomie.net.
Eine dritte Buchliste, diesmal zu Reichs Biographie, möchte ich hier präsentieren. Die folgenden sieben oder acht Bücher verschaffen ein lückenloses Bild vom Tag seiner Geburt 1897 bis zum Tag seines Todes 1957.
Zunächst wären da Reichs eigene selbstkritischen und schonungslosen Erinnerungen aus seiner Kindheit, Jugend, der Kriegszeit und der Nachkriegszeit: Leidenschaft der Jugend. Eine Autobiographie. 1897-1922.
Über diese Zeit kann nur Reich selbst sinnvoll berichten, was aber sein späteres Leben betrifft, sollte man sich weitgehend von seinen Selbstinszenierungen frei machen. Den Anfang macht ein Buch über Reich zwischen 1919 und 1930: Wilhelm Reich in Wien. Psychoanalyse und Politik (Geyer-Edition, 1988) von Karl Fallend.
Leider Gottes ist das Buch vergriffen, aber vielleicht über Bibliotheken beschaffbar. Ein kleiner Trost ist Fallends Beitrag in einem auch ansonsten lesenswerten Ausstellungskatalog, der von Birgit Johler herausgegeben wurde: Wilhelm Reich Revisited. Allein schon wegen der Bilder lohnt sich die Anschaffung!
Ein Buch, das sich auf Reichs Berliner Zeit zwischen 1930 und 1933 konzentriert (aber nicht beschränkt), stammt von Andreas Peglau: Unpolitische Wissenschaft? Wilhelm Reich und die Psychoanalyse im Nationalsozialismus.
Genauso uneingeschränkt lobenswert ist ein Buch von Christine Rothländer: Karl Motesiczky 1904 – 1943. Eine biographische Rekonstruktion. Es handelt sich hier um die Biographie von Reichs „politischem Sprecher“ Karl Teschitz und bietet (u.a.!) einen hervorragenden Einblick in Reichs skandinavische Zeit zwischen 1933 und 1939. Eine Ergänzung zu dieser Untersuchung ist das Buch über Reichs Sekretarin in Oslo und anfangs auch in New York, Gertrud Gaasland: Gertrud Meyer 1914 – 2002. Ein politisches Leben im Schatten Willy Brandts (1914 – 2002).
Reichs anfängliche Zeit in Amerika zwischen 1939 und 1947 war nach außen hin ziemlich ereignislos. Wichtigste Augenzeugin dieser Zeit ist eine Frau, die Reich über ihre gute Freundin Gaasland kennen- und liebengelernt hatte: Ilse Ollendorff. Ihre Biographie Reichs, die erste überhaupt, ist noch immer lesenswert und wird es auch bleiben: Wilhelm Reich. Das Leben des großen Psychoanalytikers und Forschers Wilhelm Reich, aufgezeichnet von seiner Frau und Mitarbeiterin.
Die ereignisreiche Zeit vom Beginn der Verfolgung durch die FDA 1947 bis zu ihrem Enderfolg 1957 dokumentiert Jerome Greenfield sehr ausführlich und kompetent in seinem Buch: USA gegen Wilhelm Reich.
Keiner der Autoren beschönigt etwas, alle stehen Reich mit einer gesunden Distanz gegenüber, alle sind objektiv. Mit einigem Engagement sollten sich alle diese Bücher besorgen oder zumindest ausleihen lassen!
Mundgeblasene Geschichte
12. August 2016Hitler und die Orgonomie (Teil 1)
14. August 2014Es hat etwas Befriedigendes, am Anfang einer Biographie über Joseph Goebbels (Narziß Goebbels. Eine psychohistorische Biographie) Reich zitiert zu sehen.
Im ersten Kapitel geht es um jene Gruppe, aus der Goebbels entwachsen ist und die die Hauptstütze des Nationalsozialismus war: das Kleinbürgertum, das durch den Untergang des wilhelminischen Deutschland sich gezwungen sieht, die sie tragenden gesellschaftlichen Strukturen so weit wie möglich aufrechtzuerhalten. Dazu diene insbesondere die Aufrechterhaltung der gewohnten Feindbilder.
So steht [das Kleinbürgertum] den Vertretern des Großkapitals feindlich gegenüber, und zwar als unbewußte Wahrnehmung der ökonomischen und damit auch der sexuellen Freiheit, wie Wilhelm Reich darstellt, weshalb es Adolf Hitler und Joseph Goebbels später ein Leichtes sein wird, aus einem latenten einen massiv-aggressiven Antisemitismus in der Bevölkerung aufzubauen. (S. 18)
Reichs Analyse fassen die Autoren wie folgt zusammen:
Eine politisch-gesellschaftliche Diktatur, wie der Nationalsozialismus sie darstellt, gründet ihr Fundament auf Begriffe wie Reinheit, Ehre, Pflicht, Tapferkeit und Disziplin, wodurch ein vermehrter Druck auf die zwangsmoralischen gesellschaftlichen Vorstellungen ausgeübt wird. Da diese permanente sexuelle Selbstbeherrschung und die Angst vor der eignen Sexualität den Kleinbürger überfordern, entsteht eine Führersehnsucht, um die eigene individuelle (und damit auch sexuelle Verantwortung) abzugeben, womit die Strukturlegung für den reaktionären Menschen gegeben ist. (S. 19)
Reich hält Hitlers Persönlichkeit, oder gar die eines Goebbels, für vollständig nebensächlich und denkbar uninteressant. Ihm ging es darum, wie die Massen auf solche Knallchargen haben hereinfallen können. Die Frage ist demnach: Was geht in den Massen vor?
Daß [die] Massenorganisierung gelang, lag an den Massen und nicht an Hitler. Es lag an der autoritären, freiheits-ängstlichen Struktur der Menschen, daß seine Propaganda Wurzeln fassen konnte. Daher kommt das, was an Hitler soziologisch wichtig ist, nicht aus seiner Persönlichkeit, sondern aus der Bedeutung, die er von den Massen bekommt. (Massenpsychologie des Faschismus, S. 57)
Es geht darum, ob die Massen ihr Leben selbst in die Hand nehmen oder irgendeinem „Obama“ folgen, weil der ihnen verspricht, er werde sie an die Hand nehmen und sie „betreuen“. Es geht um die Übernahme von Eigenverantwortung.
Die Grundlage von Eigenverantwortung ist der ungehinderte „psychische“ Kontakt mit seiner Umgebung. „Psychohistorie“, wie sie in immer neuen Büchern über die Nazi-Größen zelebriert wird, verlagert jedoch die Energie ins Gehirn („Grübelei“, „Logelei“) und verstärkt dadurch die Kontaktlosigkeit des Lesers. (Sie ist in etwa mit dem Marxismus vergleichbar, dessen „Analysen“ den gleichen blöde machenden Effekt haben. Kein Wunder, daß Psychoanalyse und Marxismus bei „Intellektuellen“ so beliebt sind!)
Und dann ist da etwas, was die Bücher über die Protagonisten des Dritten Reiches schlichtweg ungenießbar macht: Es wird nie diskutiert, daß Leute wie Hitler und Goebbels nicht einfach nur „böse“ waren und Lügen verbreitet haben, sondern vor allem auch Wahrheiten ausgesprochen haben, die nie über die Lippen unserer vermeintlichen „Demokraten“ kommen. Reich:
Es ist nie aus den Augen zu verlieren, daß Hitler stets an den berechtigten Haß des Massenmenschen gegen die Scheindemokratie und das Parlamentssystem anknüpfte – und mit viel Erfolg! (ebd., S. 233)
Für den gepanzerten Menschen ist Hitler ein absolutes Faszinosum. Manchmal will es scheinen, daß der Spiegel und das ZDF kein anderes Thema kennen und das Jahr ein, Jahr aus, über Jahrzehnte hinweg. Der paranoid-schizophrene Charakter Hitler hatte und hat diesen Erfolg seit nunmehr über 90 Jahren, weil er auf verzerrte Weise drei Dinge ansprach, die schlichtweg wahr sind:
- Seine Darstellung „des Juden“ ist fast eine perfekte Beschreibung der Emotionellen Pest im allgemeinen und des pestilenten Charakters im besonderen.
- Sein extremer Rassismus verweist darauf, daß der Mensch ein Tier ist und entsprechend gesellschaftliche Probleme letztendlich biologische Probleme sind.
- Sein Kampf gegen die christliche Mitleidskultur, mit dem er die abendländische Kultur vor dem Untergang bewahren wollte, ist von geradezu prophetischer Bedeutung.
Mit traumwandlerischer Sicherheit sind es gerade diese drei Aspekte, die dämonisiert werden: jedwede Analyse des Bösen als charakterologisches Problem ist Anathema, die biologische Bestimmtheit des Menschen, selbst seine Zweigeschlechtlichkeit, wird radikal infrage gestellt und christliche Tugenden werden auf masochistische Selbstverleugnung zugespitzt. Beide christliche Kirchen sind zu Todfeinden des deutschen Volkes mutiert. Auf diese Weise wird Hitler immer ein Faszinosum bleiben!
Ein weiteres Moment wird gerne verdrängt, da es zu sehr nach Apologetik klingt. Rechte Bewegungen appellieren immer an das Gesunde im Menschen, das „gesunde Volksempfinden“, während die Linke immer an das Kranke in den Menschen appelliert: wie bedürftig (infantil) doch alle „Unterdrückten“ seien, man müsse „Widerstand“ (sic!) leisten. Der Nationalsozialismus hingegen handelte zentral von nichts anderem als von Gesundheit und Schönheit und ihrer Erhaltung („Rassereinheit“). Siehe dazu den ausgezeichneten Film von Peter Cohen Architecture of Doom.
Die Frage stellt sich, ob die Nationalsozialisten wirklich „Rechte waren“, betrachtete sich doch Hitler als „Deutschen Lenin“. Man führe sich dazu folgendes Video zu Gemüte:
Es läßt sich trefflich darüber streiten, ob der „Kampf gegen Rechts“ nicht Etikettenschwindel ist. Bzw. kann man streiten, solange man auf der oberflächlichen Ebene von Politik, Ökonomie, Soziologie und Psychologie verharrt.
Die Orgonomie behauptet, daß der ideologische Unterschied zwischen Liberalen („Linken“) und Konservativen letztendlich auf strukturellen Unterschieden beruht, d.h. grundsätzlich unterschiedliche Charakterstrukturen vorliegen. Den grundlegenden bioenergetischen Unterschied zwischen „Linken“ und „Rechten“ hat Charles Konia in seinem Blog herausgearbeitet.
Aber zurück zur Frage, ob „Nazis“ wirklich „rechts“ stünden. Das obige Video will uns suggerieren, daß dies vollkommener Unsinn sei: natürlich seien National-Sozialisten Linke, was denn sonst?! Nun, die meisten Menschen haben dieses ach so „offensichtliche Faktum“ nicht so gesehen. Aber man kann dieses Thema von der Warte der Ideologie her ohnehin nicht sinnvoll behandeln.
Die beste Annäherung an das Thema ist, wie stets bei solchen Dingen, wenn man nach einem entsprechenden Problem in der Gegenwart sucht. Hier bietet sich der Islamismus an, der ohne jeden Zweifel „rechts“ ist: es geht um konsequente Fortschrittsfeindlichkeit, um blinden Glauben an Autoritäten, um Frauenfeindlichkeit, Kulturimperialismus, Rassismus, Geschäftemacherei, Machismo, Klassenunterschiede, Gewaltverherrlichung, etc.pp. Am eindeutigsten „rechts“ ist der alles durchdringende Mystizismus im Islam.
Der Islam ist zweifellos rechts und zweifellos wurde er von Menschen geschaffen und geprägt, die auch von ihrer Charakterstruktur rechts waren. Aber wie Charles Konia in seinem Buch The Emotional Plague (S. 256) ausführt, gibt es auch im Islam Menschen mit einer „linken“ Charakterstruktur. Konia zufolge erkennt man sie daran, daß es ihnen vor allem um ihre kulturelle Identität zu tun ist.
Wie ihre pseudo-liberale Entsprechung im Westen zieht es sie zu linksgerichteten politischen Versammlungen, etwa Demonstrationen von Feministinnen, oder sie schließen sich antiamerikanischen Antikriegs-Bewegungen an. Sie identifizieren sich mit den Unterprivilegierten und Außenseitern und betrachten Amerikaner als Rassisten, die gegen Moslems Vorurteile hegen. Ihre Identität gruppiert sich um die muslimische „Opferrolle“ und nicht um das westliche Land, das sie aufgenommen hat. Sie tragen Schleier nicht so sehr aus religiöser Überzeugung, sondern als Zeichen des Protests und um ihre „Gruppenidentität“ zu feiern. Sie blühen auf, wenn sie Kontroversen hervorrufen und beim Debattieren sozialer und politischer Fragen, weil auf diese Weise Energie in ihr Gehirn hochgezogen wird.
Ähnlich muß man die Nationalsozialisten betrachten. Beispielsweise war Goebbels von der Charakterstruktur her wohl doch eher ein „Linker“, während Himmler ein „Rechter“ war.
Die Frage, wie man die „Bewegung“ als ganzes einordnen soll, läßt sich nur beantworten, wenn man den Nationalsozialismus in die gesamte Geschichte des Abendlandes einordnet, wie Konia es getan hat. Dann geht es schlicht um die Frage, ob intellektuell durchschaubare mechanische Kräfte das Geschehen bestimmen (Mechanismus) oder ein undurchschaubarer Gott bzw. „die Vorsehung“ (Mystizismus). Diese beiden grundsätzlich unvereinbaren Weltanschauungen gehen auf die Charakterstruktur ihrer Anhänger zurück. Diese bioenergetische Ebene wird zwar von politischen, ökonomischen, soziologischen und psychologischen Verwerfungen überlagert, teilweise bis zur Unkenntlichkeit verzerrt, kommt aber letztendlich doch zum tragen.