Posts Tagged ‘Hegel’

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 139)

22. Juni 2024

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

Was wollte Laska? Was hat ihn getrieben? Für sich selbst Klarheit schaffen im Gewirr des intellektuellen Lebens. „Selbstvergewisserung“, wie er selbst immer wieder sagte. Warum aber dann ein lohnloser Achtstundentag am LSR-Schreibtisch, all seine Veröffentlichungen und Korrespondenzen? Warum hat er nicht einfach sein Leben genossen, indem er mit seinen geliebten Hunden durch den nahen Nürnberger Wald spazierenging? Weil er einer Utopie anhing. Zitat aus seiner Website: https://www.lsr-projekt.de/wrnega.html

Reich schloß seinen Aufsatz über den Erziehungszwang mit den Worten: „Wir müssen daran denken, daß die ursprüngliche lebendige Kraft, die der Erziehungszwang zähmen will, aus sich selbst heraus einmal Kultur geschaffen hat. Man darf großes Zutrauen zu ihr haben. Ist es gewagt, zu behaupten, daß sich das Leben seine notwendigen Daseinsformen selbst am besten zu schaffen vermag?“ Das war die Grundformel einer nichtpräskriptiven Utopie, die das Dilemma moderner Philosophie, in das sie der Zwang zur Vermeidung des sog. naturalistischen Fehlschlusses führt, überwindet.

In diesem Sinne war Laska ein Getriebener. „Das Leben“ in ihm hat nach außen gestrebt hin zu einer Utopie. Der Eigner (im Sinne Stirners) sehnt sich nach dem Verein – auch wenn der Jahrhunderte entfernt ist. Der Verein schafft sich in der Kooperation der Individuen spontan seine Regeln gemäß dem „rationalen Über-Ich“.

LaMettrie, Stirner und Reich haben durch ihren frühen, elenden Tod ihr Leben „geopfert“, weil sie sich ansonsten selbst verraten hätten. Aber wie das formulieren, ohne daß man im Sinne Hegels, Nietzsches und Heideggers vom Geist/Willen/Sein schwafelt, das einen benutzt, um sich zu verwirklichen – Stichwort „irrationales Über-Ich“?

Bei ihrem letzten Treffen, als sie über die sozialen Konsequenzen der Psychoanalyse sprachen und Reich für seinen sozialen Aktivismus warb, meinte Freud zu ihm „Der Eros [Geist/Lebenswille/Sein] wird eine Anstrengung machen“, was Reich zutiefst befremdet hat. Erinnert irgendwie an das „Verhältnis“ von Stirner und Schopenhauer, LaMettrie und Rousseaus „Naturkult“.

Die eigentlichen Feinde von LSR. Oder: Peter offenbart die letzten esoterischen Geheimnisse der Weltverschwörer (Teil 2, das energetische Orgonom)

19. Juni 2024

Ende der 1830er bis Mitte der 1840er Jahre haben die „Junghegelianer“ wirklich alles vorweggenommen, was die Geistesgeschichte in den fast zwei Jahrhunderten danach fabriziert hat. ALLES! Und der krönende Abschluß von allem war, unbestritten, Max Stirners Jahrtausend-, nein Menschheitsbuch Der Einzige und sein Eigentum, – das im Grunde kaum mehr ist als eine bloße Gelegenheitspolemik gegen die Junghegelianer im allgemeinen und Bruno Bauer im besonderen.

Der Marx-Forscher David McLellan behauptet in seinem Buch Die Jungehegelianer und Karl Marx (dtv 1974), daß Stirner „im Grunde nur die Gedanken der Brüder Bauer bis zum Äußersten weiterentwickelt“ habe (S. 51). Bruno und Edgar Bauer hätten ihrerseits nur versucht Hegel zu Ende zu denken. „Hegel habe versucht, bestimmte Prinzipien und Kräfte vom menschlichen Selbstbewußtsein zu trennen, die [Bauersche] Kritik habe jetzt aber bewiesen, daß das Selbstbewußtsein alles umfasse und als einzige im Universum wirksame Kraft auf alles andere einwirke“ (S. 67f).

Bruno Bauer beschrieb, stets im Anschluß an Hegel, 1841/42 den Untergang Roms und den Triumph des Christentums über die antike Welt wie folgt:

Es war alles jetzt, das Ich, und doch war es leer; es war jetzt die allgemeine Macht geworden, und doch mußte es auf den Trümmern der Welt vor sich selbst erschrecken und wegen des Verlustes verzweifeln; dem leeren, alles verschlingenden Ich graute vor sich selber, es wagte sich nicht als alles und als die allgemeine Macht zu fassen, d.h. es blieb noch der religiöse Geist und vollendete seine Entfremdung, indem es seine allgemeine Macht als eine fremde sich selbst gegenüberstellte und dieser Macht gegenüber in Furcht und Zittern für seine Erhaltung und Seligkeit arbeitete. (S. 70).

Genau so, angesichts der untergehenden christlichen Welt, sehen sich die Weltverschwörer heute! Nur, daß sie eben nicht „zu Kreuze kriechen“, sich nicht Christus unterwerfen. Wie Marx bereits in seiner von Bruno Bauer inspirierten Doktorarbeit schrieb: die Philosophie sei gegen „alle himmlischen und irdischen Götter, die das menschliche Selbstbewußtsein nicht als die oberste Gottheit anerkennen. Es soll keiner neben ihm sein“ (S. 86). Hier klingt Marx schon fast wie später Stirner: „…die Beweise für das Dasein Gottes sind nichts als Beweise für das Dasein des wesentlichen menschlichen Selbstbewußtseins, logische Explikationen desselben. Zum Beispiel der ontologische Beweis. Welches Sein ist unmittelbar, indem es gedacht wird? Das Selbstbewußtsein“ (S. 87).

Der alles entscheidende Unterschied ist, daß der Stirnersche Einzige nicht dem Wahn verfällt, gottgleich und quasi „großbürgerlich“ alles und allmächtig zu sein, also „frei“ zu sein, sondern GANZ IM GEGENTEIL schlichtweg, quasi „kleinbürgerlich“, gegen das Fremde auf seiner Eigenheit zu bestehen.

Bioenergetisch entspricht das dem Unterschied zwischen kontaktlosem Hochmut, bei dem die Energie weg vom Genital zum Kopf fließt (Stichwort „Kundalini“) und der Liebe, bei der die Energie vom Kopf zum Genital fließt. Mit anderen Worten, die Weltverschwörer sind nicht nur wegen der lustigen Verkleidungen auf ihren Festen (siehe das Video in Teil 1), sondern auch wegen ihrer Hochnäsigkeit – Pappnasen!

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 135)

6. Juni 2024

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

Diderot, Marx, Freud und Konsorten haben die Ausnahmestellung von LaMettrie, Stirner und Reich erkannt, was man von deren Bewunderern und Anhängern in aller Regel nicht sagen kann. Das ist imgrunde das LSR-Projekt in einem Satz.

Bei Wolfgang Röd fand ich folgende Stelle, die zeigt, warum Marx (bereits lange vor dem Einzigen) ein Ohr für Stirners (spätere) Sonderstellung hatte. Nach Hegel gab es nur zwei Wege weiterzugehen – einen beschritt Marx, den anderen Stirner:

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnte es nicht nur scheinen, als sei eine bestimmte Gestalt der Philosophie durch ihre Vollendung im Hegelschen System an die Grenze ihrer Entfaltungsmöglichkeiten gelangt, sondern als bereite sich auch die Geburt einer neuen Art Philosophie vor. Daß Marx die Situation so sah, zeigt sich schon in den Vorarbeiten zu seiner Doktor-Dissertation, wo sich der berühmte Hinweis auf Knotenpunkte in der Philosophie findet, an denen die gerade Linie der Entwicklung unterbrochen werde. Nach Marx wurde mit Hegels System ein solcher Knotenpunkt erreicht. Dies äußert sich einerseits in der Hinwendung zur Subjektivität als Reaktion auf den totalen Anspruch einer zur Vollendung gelangten Philosophie [PN: Stirner], andererseits in der Bemühung um Aufhebung der für abgeschlossen gehaltenen Art von Philosophie. An dieser Aufhebung mitzuwirken, sah Marx als seine Aufgabe an. Eine solche Aufhebung war seit längerem vorbereitet, und zwar nicht nur durch die Linkshegelianer und namentlich durch Feuerbach, sondern auch, ja vor allem durch die sogenannten utopischen Sozialisten. Was Feuerbach anbelangt, so zeigt sich bei ihm bereits jene Tendenz zur materialistischen Umstülpung der Hegelschen Philosophie, von der später Marx, Engels und deren Nachfolger sprechen sollten. (Wolfgang Röd: Dialektische Philosophie der Neuzeit, München: C.H.Beck, 1986, S. 196f)

Stirner wird von Röd natürlich nicht erwähnt. Sah Marx schon, lange bevor Stirner in seinen Gesichtskreis trat, die Alternative zwischen „Hinwendung zur Subjektivität“ (d.h. sich dem „absoluten Geist“ entziehen) und „Aufhebung“ (beim Geist kann „Aufhebung“ nur „real werden“ bedeuten). Wenn dem so ist, dann hätte Marx selbst ein „Stirner“ werden können. Er war sich dessen bewußt (natürlich in anderer Begrifflichkeit und deshalb nicht ganz so klar): entweder sich dem Über-Ich entziehen und es liquidieren – oder diesen Geist (die Moral) aufheben, indem man ihn verwirklicht (= das Marxistische Paradies der Gerechtigkeit). Das wäre auch die Erklärung, warum nur er Stirners Bedeutung durchschaut hat. Deshalb hat er sich die Mühe gegeben ein Telefonbuch über Der Einzige und sein Eigentum zu schreiben: Die deutsche Ideologie.

Im Anschluß an Hegel gab es zwei Möglichkeiten: das System verlassen (mit dem Spintisieren aufhören) oder es weiterführen (das Spintisieren mit anderen, geeigneteren Mitteln fortführen). Vielleicht ist mein Röd-Zitat vollkommen belanglos. Das einzige, was ich interessant finde, ist das „Objektive“: daß prinzipiell diese Gabelung bevorstand, egal ob überhaupt jemand den einen Weg genommen hätte und egal, ob Stirner oder Marx je gelebt hätten.

Georges Bataille aufgespießt

30. Mai 2024

Georges Bataille aufgespießt

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 129)

18. Mai 2024

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

Imgrunde gibt es seit über 2000 Jahren nur zwei Fraktionen; rechts die Katholen und links die Gnostiker. Man denke etwa an den Gegensatz zwischen dem stets alle Widersprüche versöhnenden Hegel und die die Widersprüche bis zur revolutionären Umwälzung zuspitzenden Junghegelianern.

Die Katholen wollen die böse Natur unterdrücken und dergestalt sozusagen eine „Lichtung“ für die Wiederkehr Christi bereitstellen, der dann nach seinem Auftreten die Schöpfung so „auf-hebt“, wie sie ursprünglich geplant war – und im Urgrunde auch irgendwie schon ist („Und Gott sprach, es ist gut so wie es ist“). Die anderen, die Gnostiker, halten die Schöpfung für eine Tat des Teufels, d.h. sie ist durch und durch unrettbar verfehlt und es gilt dem Ruf einer außerweltlichen Macht zu folgen und dem Bösen zu entfliehen, die Schöpfung zu negieren.

Das Problem mit Reich ist, daß er ganz offensichtlich (man denke nur an das Dreischichtenmodell: „der Mensch ist böse, aber imgrunde doch gut“) nach rechts zu den Katholen gehört (wo er sich ja sogar schließlich ausdrücklich selbst verortete) – gleichzeitig aber verkörpert er geradezu archetypisch den gnostischen, „junghegelianischen“ Impuls: man muß das (genitale, ungepanzerte) Rationale vom (prägenitalen, gepanzerte) Irrationalen scheiden.

Ähnlich ist es mit LaMettrie und Stirner bestellt, die einerseits als harmlos dastehen, weil es bloße „Sexualromatiker“ sind bzw. nur das unterstreichen, was die „egoistische Gesellschaft“ eh von jeher bestimmt, andererseits aber als wilde „Nihilisten“ dastehen.

Es sei an das Symbol des orgonomischen Funktionalismus erinnert: Einheit und Gegensatz.

Email [Hegel] (2003)

6. Mai 2024

Email [Hegel] (2003)

Aus Laskas Email-Verkehr Anfang der 2000er Jahre: Über die Einsamkeit

11. April 2024

Aus Laskas Email-Verkehr Anfang der 2000er Jahre: Über die Einsamkeit

Humana conditio ex orgonomico prospectu: Stichwort „Anarchismus” und folgende

25. Februar 2024

Humana conditio ex orgonomico prospectu: Stichwort „Anarchismus“ und folgende

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 106)

13. Februar 2024

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

Das Zentrum von Hegels Philosophie ist die Frage, wie Bewegung überhaupt möglich ist. Jeder kennt das Paradoxon des Zenon: Ein Pfeil kann sich vom „philosophischen Standpunkt“ aus nicht bewegen, denn in jedem Moment, in dem wir den Pfeil mit unserem „philosophischen Auge“ betrachten, steht er still, wie die Einzelbilder eines Kinofilms. Nach Hegel ist die Bewegung nur möglich, weil zwei sich gegenseitig ausschließende Tatsachen (wie: der Pfeil ist entweder hier oder der Pfeil ist dort) koexistieren können (Bewegung des Pfeils). Diese Einheit von „hier“ und „dort“ ist (sic!) das synthetische Funktionieren des Verstandes, und so ist alles um uns herum eigentlich nichts als Geist oder vielmehr die Entfaltung des „reinen Geistes“ der Logik und ihrer Bewegungsgesetze jenseits von Zeit und Raum: (schrecklich verkürzt) These, Antithese, Synthese.

Dieser „Geist“ ist autonom, d.h. weder mein Geist („hier“) noch dein Geist („dort“), sondern universeller Geist. Der reine und dann entfaltete Geist wird zum „absoluten Geist“, wenn er sich in Kunst und Musik, Religion und Philosophie manifestiert, wo bzw. weil sich der Geist schließlich seiner selbst bewußt und damit „absolut“ wird. Der „absolute Geist“ ist die höhere Synthese aus dem „subjektiven Geist“ des Einzelnen und dem „objektiven Geist“ der Ethik: Familie, Gesellschaft, Staat. Der „objektive Geist“ wiederum manifestiert sich in der Geschichte der Welt, und die Geschichte der Welt ist nichts anderes als die Geschichte der Staaten, Reiche und Dynastien. Das Endziel dieser Entwicklung ist, wie gesagt, der „absolute Geist“. Deshalb muß das egoistische Individuum, das die Entwicklung des „objektiven Geistes“ behindert, um jeden Preis unterworfen werden, d.h. es muß vollständig der Ethik untergeordnet werden. Der Staat ist alles, denn der Staat ist die Manifestation Gottes, bzw. der Staat führt zu Gottes endgültiger Manifestation als absoluter Geist. So waren „Staaten mit philosophischem Ziel“ wie Nazi-Deutschland und die (in philosophischer Hinsicht durch und durch „germanische“) Sowjetunion die höchsten Manifestationen des Hegelschen Denkens.

Marx war die Fortsetzung von Hegel: die vollständige Unterwerfung des egoistischen Individuums unter die Idee der Humanität, d.h. die preußische Schule. Stirner war das Gegenteil von Hegel: „egoistische“ Selbstregulierung, d.h. sozusagen Neills Summerhill. Stirner war ein Todfeind der Ethik an sich. Er war gegen das „Über-Ich“ und für die Kinder der Zukunft, genau wie LaMettrie und Reich.

Man denke auch an die Liebesaffäre zwischen der Adlerschen und Freudschen Psychoanalyse auf der einen und dem „Trotzkistischen“ Bolschewismus auf der anderen Seite. Über die „Bucharinistische Pädologie“ reichte bis zum Stalinschen Terror eine gerade und vollkommen logische Linie: das Animalische im Menschen „vermenschlichen“ und das „Individualistische“ kollektivieren. Schaut man zurück auf Hegels Ausgangspunkt bei Zenon beruht im Dialektischen Materialismus die Bewegung der Materie selbst letztendlich auf dem Über-Ich (Gott!) – und der Marxismus erweist sich als allerfinsterste Reaktion: alles geht auf den „Geist“ zurück und zielt auf dessen Absolutierung – auf das triumphierende Über-Ich.

Der Rote Faden (Band 2): 58. Marx und die Orgonbiophysik

7. Januar 2024

DER ROTE FADEN (Band 2): 58. Marx und die Orgonbiophysik