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Warum ausschließlich das AMERICAN COLLEGE OF ORGONOMY? (Teil 2)

12. September 2025

Wie kaum ein anderer „Schulengründer“ im Bereich der Psychotherapie ist ausgerechnet Reich zu einem Leitstern von „Laientherapeuten“, d.h. Therapeuten ohne medizinische und psychiatrische Ausbildung geworden. Das ist aus zwei Gründen an Absurdität kaum zu überbieten: Reich gilt als Begründer der „Körpertherapien“ – die wie selbstverständlich von Politologen, Kindergärtnern und ähnlichen „Experten“ ausgeübt wird, die nichts, aber auch rein gar nichts mit Medizin („dem Körper“) zu tun haben; und zweitens hat sich Reich von Anfang an jenen schwierigen Patienten zugewendet, die nicht als „psychoanalysefähig“ galten – das perfekte Terrain für Nichtpsychiater… Das ist alles dermaßen GROTESK!

Hinsichtlich von Freuds ab den 1920er Jahren zunehmend liberalerer Haltung gegenüber Laientherapeuten meinte Reich 1952 im Interview mit Kurt Eissler: „(…) mir scheint, das war ein großer Fehler. Man hätte den Laien auf keinen Fall den Zugang zur wissenschaftlichen Psychoanalyse ermöglichen sollen“ (z.n. Bela Grunsberger und Janine Chasseguet-Smirgel: Freud oder Reich?, Frankfurt 1979, S. 160). Um wieviel mehr muß das für die Charakteranalyse, Vegetotherapie und Orgontherapie gelten!

In ihren Erinnerungen streicht die norwegische Psychiaterin Nic Waal, eine Patientin und Mitarbeiterin Reichs hervor, daß die charakteranalytische Vegetotherapie außergewöhnlich wirksam sei. Und sie fährt fort: „Diese Methode stellt jedoch hohe Ansprüche an den Therapeuten, seine Ausbildung und Diagnostik“ (z.n. Charles Rycroft: Wilhelm Reich, München 1972, S. 84).

Die größte Unverfrorenheit geht wohl von solchen Therapeuten aus, die ihr eigenes Unvermögen damit kaschieren, daß sie behaupten, der Reichsche Ansatz sei heute weitgehend unbrauchbar, da die Menschen heute alle „frühgestört“ seien. Deshalb bedürfe es aller möglichen Ergänzungen der Orgontherapie durch andere Therapiesysteme. Das ist natürlich alles hanebüchener Unsinn, denn am Anfang der Entwicklung der Orgontherapie stand Reichs Beschreibung des frühgestörten „triebhaften Charakters“. Es zeigt schlichtweg, daß diese Leute, die die Orgontherapie „weiterentwickeln“ wollen, schlecht bis gar nicht ausgebildet sind und deshalb die Lücken in ihrem Wissen und Können mit allem möglichen Firlefanz füllen müssen.

Tatsächlich ist dieser Firlefanz Flucht vor den Emotionen Lust, Angst, Wut, Sehnsucht und Trauer von Seiten des Therapeuten. In der Orgontherapie versucht der Patient ohnehin ihnen ständig auszuweichen, indem er „differenziert“ und alle möglichen anderen „Empfindungen“ und Gedankenkonstrukte vorschiebt, worauf der Therapeut nur so etwas sagen kann wie: „Nein, sie haben schlicht und ergreifend ANGST.“ Wer hätte sich jemals vorstellen können, daß sich ganze „Reichianische“ Therapiesysteme ausbilden könnten, die sich um nichts anderes drehen als die Unterstützung dieses von Orgontherapeuten ständig bekämpften Ausweichens vor dem Wesentlichen!

In der klassischen „tiefenpsychologisch fundierten“ Therapie geht es um Konflikte, in einer (vermeintlich!) ansonsten gesunden Psyche. Gewöhnlich wird ein „Autonomie-Abhängigkeits-Konflikt“ auf entsprechendes Geschehen in der Ursprungsfamilie zurückgeführt; dem Patienten gehen diese Zusammenhänge auf und er überwindet sein imgrunde kindliches Denken und Verhalten. Die entsprechenden Analysen sind manchmal bewundernswert komplex und werden zusätzlich mit dem Fundus der Fachbegriffe aus über 100 Jahren Psychotherapiegeschichte aufgepeppt. Tatsächlich ist das ganze aber kaum mehr als austauschbares Psychogelaber.

Führt man sich nun die „Reichianische“ Literatur zu Gemüte, sieht man den Versuch, Reichs angeblich „holzschnittartige“ Betrachtung von der Charakterstruktur des Patienten her aufzugeben und stattdessen „zu differenzieren“ – stattdessen mehr auf die Konflikte einzugehen. Unversehens findet man sich in dem genannten endlosen Gelaber wieder, das die Psychoszene beherrscht und nur eine Funktion zu haben scheint: Ablenkung von der alles entscheidenden Charakterstruktur des Patienten.

Und schließlich ist da noch eine ganz spezielle Spezies: „Orgontherapeuten“ (außerhalb des American College of Orgonomy), teilweise Ärzte und Psychiater, die ganz besonders „funktionell“ sein wollen und deshalb ganz auf eine „mechanistische“ Charakterdiagnose meinen verzichten zu können. Obwohl die biopsychiatrische Diagnose die einzige Diagnose ist, die logischerweise in der Orgonomie wichtig sein sollte, klingt deren Ablehnung teilweise theoretisch ganz gut, geradezu vernünftig („keine Schablonen!“), doch tatsächlich haben diese „Orgontherapeuten“ keine Ahnung, „sie wissen nicht, was sie tun“. Sie (be-)handeln ungefähr so, wie ein Tierarzt, der nicht weiß, ob er ein Meerschweinchen oder eine Schildkröte vor sich auf dem Behandlungstisch liegen hat. Eine Schizophrene muß ganz anders therapiert werden als eine Hysterikerin, ein Zwangscharakter ganz anders als ein manisch depressiver Charakter. Das „orgontherapeutische Programm“ abarbeiten (Mobilisierung der Atmung, Befreiung der Panzersegment, etc.), egal wie „intuitiv“ und „funktionell“ man dabei auch immer vorgehen wird, wird ohne eine Charakterdiagnose bestenfalls zu nichts führen, schlimmstenfalls in die Katastrophe.

Arbeitsdemokratie, Emotionelle Pest und Sozialismus (Teil 32)

11. März 2021

Es gibt einen profunden Unterschied zwischen der Sexualität einer Hysterikerin, die sich „sexuell befreit“ gibt, und einer richtigen, d.h. „tiefen“ Frau, die sich kühl und sachlich gibt. Ähnlich ist auch die „Progressivität“ der Linken und die „Rigidität“ der Rechten zu bewerten. Hinter dem ersten verbirgt sich doch nur Angst vor wirklichem Fortschritt, vor Bewegung, vor wirklicher Lebensfreude, während im zweiten Fall wenigstens noch ein genuines Potential für Bewegung vorhanden ist.

Dies hat sehr viel mit dem Problem der Kontaktlosigkeit zu tun. Wer war denn für die Freigabe der Pornographie in den 1970er Jahren? Und wer hatte mehr Kontakt zum gesunden Wesenskern, jene die „progressiv“ für die Freigabe waren oder jene die „rigide“ dagegen waren?

Rebellion führt zu nichts! Das ist wie in der „Primärtherapie“: du schreist und strampelst – und die Panzerung verschlimmert sich! Kontakt ist das Zauberwort sowohl in der Orgontherapie als auch in der Befreiung der Gesellschaft. Und hier halte ich von den linken „Emanzipationsbewegungen“ genausowenig wie von wilden „Reichianischen“ Therapeuten.

Dabei hebt niemand den Konservativen in den Himmel. Sicherlich nicht Elsworth F. Baker und Charles Konia, wäre ja auch schlecht möglich, da Reich so viel über und gegen den Konservativen geschrieben hat – und ich sehe nicht, wo dies in der neueren Orgonomie zurückgenommen wurde. Nur ist die Kritik an den Konservativen mittlerweile Allgemeingut. Und da dies so ist, ist es wohl nötig, daß auch endlich mal den „guten Menschen“ die Maske vom Gesicht gerissen wird. Es ist wirklich nicht sehr originell heutzutage auf den Konservativen einzudreschen!

Was die Begriffe „Liberaler“ und „Konservativer“ betrifft: was soll man denn sonst für Begriffe nehmen? Mit diesen allgemeinen Termini kann man sich wenigstens noch der Umwelt verständlich machen, während orgonomische Begriffe (z.B. „Fassaden-Charakter“ und „verzerrter Kernkontakt-Charakter“) uns halt auf orgonomische Zirkel beschränken würde. Und so schlecht ist der Begriff „Liberaler“ gar nicht. Max Stirner benutzt ihn z.B. orgonomisch ziemlich korrekt:

  1. den politischen Liberalismus [heute würde man wohl von „Nationalliberalismus“ sprechen]: der „die Völker“ durch Knechtung des Einzelnen unter die Staatsidee erzeugt;
  2. den sozialen Liberalismus: der die „Gerechtigkeit“ dadurch erzwingt, daß allen das Eigentum genommen wird und alle „gleiche Lumpe“ werden; und
  3. den humanen Liberalismus: der die „Menschlichkeit“ dadurch erzwingt, daß er alles Individuelle negiert.

Kurz: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.

Und wofür steht die Rechte?

  1. für die Unfreiheit, die dem Einzelnen ermöglicht frei zu sein, da er nicht für die Sache der „Freiheit“ einstehen muß, sondern für sich – also frei sein kann;
  2. für die Ungleichheit, d.h. es gibt nicht das Eigentum, das niemandem gehört, sondern viele Eigentümer;
  3. für die Inhumanität, d.h. es gibt nicht den Menschen, sondern die Menschen dürfen sie selber sein.
  4. Was ist denn so schrecklich Schlimmes am Kommunismus?

    Was ist denn so arbeitsdemokratisch am konservativen Lebensentwurf?

    Für uns Deutsche ist es trotz der Erfahrung mit der Mauer sehr schwer antikommunistisch zu sein. Erst mal wegen der Nazis („zuerst holten sie die Kommunisten und dann die Juden… und ich schwieg“) und dann auch, weil wir wegen unserer geographischen und geschichtlichen Lage mit den Regierungen des Ostens zusammenarbeiten mußten. So verdrängten wir den satanischen Charakter des Kommunismus aus unserem Blickfeld. Dieser läßt sich zwiefach festmachen:

    1. Von Hegel über Marx zu Stalin ging es immer zentral um einen Mythos (der nicht nur marginal rassistisch ist – besonders bei Marx): die Judenherrschaft muß gebrochen werden, um einerseits die „Anarchie“ (es wird ohne Plan produziert und konsumiert) zu brechen und andererseits die geknechtete Arbeit zu befreien. Dieses mythologische Grundmuster ist der Ausgangspunkt für alle möglichen pestilenten Projektionen. Jerome Eden hat dies sehr schön in Die kosmische Revolution dargelegt: man projiziert das eigene DOR (die Panzerung) nach draußen und versucht es auf dem sozialen Schauplatz zu bekämpfen. Bei manchen „Reichianern“ wird dies sogar explizit: Kapitalismus = Panzerung.
    2. Die KP ist im engsten Sinne des Wortes eine kriminelle Vereinigung. Da gibt es verblüffende Parallelen zur Mafia, die ja auch als eine Art von „Befreiungsorganisation“ angefangen hat. Und genauso wie in Filmen wie Der Pate geradezu Propaganda für das „romantische Verbrechen“ gemacht wird, leistet die Linke der KP Schützenhilfe. In Rußland hat sich die kommunistische Herrschaft in eine der mafiösen Oligarchen verwandelt und in China ist die KP selbst nichts anderes als die Mafia. Das erinnert einen an die geschniegelten Mafia-Manager in den USA, die ins normale Wirtschaftsleben ein Standbein hineinbekommen wollen (Der Pate, Teil 2 und 3).

    Beides, der „psychomagische“ und „quasireligiöse“ Hintergrund hier und das Parasitentum dort, kennzeichnet den Kommunismus: beides kann man letztlich nur als „Projektionsmechanismus in DORifizierten Organismen“ und als „Umsichgreifen des DORs“ verstehen (Subversion).

    Und grade hier klinkt sich der liberale Charakter ein, der gegen das Bestehende (seine Eltern) rebelliert. Der konservative Charakter tut dies nicht, er identifiziert sich mit seinem Hintergrund.

    Das erklärt auch, warum ich für eine „konservative Wende“ bin:

    Wir haben nichts mehr zu fürchten, als das Chaos, d.h. die Zerstörung der Lebensenergie durch das DOR: Pornographie im weitesten Sinne (die Linke war immer dafür), Drogen, Rebellion und das Verkünden von Wahrheiten ohne die Gegenwahrheiten zu erwägen. Wird dies nicht eingedämmt und sprießen Die Grünen weiter, haben wir bald entweder eine Gegenreaktion a la LePen oder eine „grüne“ Diktatur über Europa, die dann zur Errichtung der „sozialen Demokratie“ als Übergang zum Sozialismus führen würde. Und das wäre das Ende der Arbeitsdemokratie, die im Grunde nur eins ist: Verantwortung für sich selbst, damit Verantwortung für die die man liebt, damit Verantwortung für alle Menschen und damit Verantwortung für die Natur. Dies sind alles spezifisch konservierende bzw. „konservative“ Werte.

    Und wofür steht der Sozialismus? Für Verantwortungslosigkeit auf jeder Ebene: ich erinnere an Tschernobyl. Dem wird entgegengehalten, man könnte mit dieser einseitigen Parteinahme „innerhalb der Falle“ nicht einverstanden sein, weil man gegen JEDE Lebensverneinung sei. Gut, heißt das, daß du in Polen nicht für die Solidarnosc eingetreten wärst, weil die Katholische Kirche zutiefst lebensfeindlich ist? Das Fatale an einer solchen kompromißlos „lebenspositiven“ Haltung ist doch, daß sie letztlich nur der Lebensfeindlichkeit gute Dienste leistet, also hier der KP.

David Holbrook, M.D.: LIEBE UND ORGASMUSANGST BEI EINEM PARANOID-SCHIZOPHRENEN CHARAKTER (Teil 3)

14. Dezember 2020

 

DAVID HOLBROOK, M.D.:

 

Liebe und Orgasmusangst bei einem paranoid-schizophrenen Charakter

 

nachrichtenbrief163

26. Juli 2020

Lore Rubin Reich: ERINNERUNGEN AN EINE CHAOTISCHE WELT

26. März 2020

Dieses Buch ist eine Übersetzung des unveröffentlichten Originalmanuskripts. Obwohl die Autorin diese Übersetzung ausdrücklich lobt (S. 9), ist sie holprig und voller Fehler. Sätze wie: „Es gab kein Bedürfnis nach einer Revolution und auch kein Verlangen danach“ (S. 218). Es gab keinen Bedarf! Fast alle unterschätzen, wie schwer das Übersetzen vom Englischen ins Deutsche ist. Außerdem sollte der Übersetzer sich im Sujet auskennen. Wie kann man etwa von „Kamerad Thomas“ sprechen, statt „Genosse Thomas“! Und dann Reichs Tochter Lore selbst: wie, äh, aaarghhhh muß man sein, um Reichs Theorie damit zu „erklären“, daß nur der Orgasmus Neurosen auflösen könne (S. 30)?! Das macht ebensoviel Sinn, als behauptete man, nur Geschlechtsverkehr könne erektive Impotenz heilen oder nur das Gehen einen Querschnittgelähmten. Oder etwa zu schreiben: „Ich bin mir sicher, daß er seine Patienten dazu brachte, ihre Hemmungen soweit fallen zu lassen, daß sie vor ihm einen Orgasmus hatten“ (S. 155). Sic! Aus dem ganzen spricht einfach nur Böswilligkeit und Verachtung! Und dann sich fragen, warum Reich so „aggressiv“ gewesen sei!

Trotzdem verlohnt es „Mein Leben als Tochter von Annie Reich und Wilhelm Reich“ zu lesen, einfach weil es die Reich-Biographie plastischer macht. Da wäre die graue Kindheit der beiden Reich-Töchter und die Knappheit der Mittel, die es zum Problem machte eine vernünftige Hauskraft/Kindermädchen anzustellen. Die Familie war imgrunde arm, weil Reich nur genausoviel zur Familienkasse beitrug wie Annie, die als Mutter und psychoanalytische Anfängerin nur wenig verdiente. Wo erfährt man sonst, daß Annie sieben Abtreibungen hatte oder daß Lore dem armen Reich aufgedrängt wurde, um die Ehe zu einer Zeit zu retten, als Reich „politisch“ aktiv wurde. Entsprechend betrachtete er Lore stets als Annies Kind. Die ungemütlichen Wohnverhältnisse, da, wie damals bei Psychoanalytikern üblich, zuhause gearbeitet wurde; Reichs aufbrausendes und manchmal verstörendes Temperament; dazu das Kontrastprogramm: der dickliche und kleine Genosse Thomas als „Hausfrau“ (S. 140); bis hin zur Beschreibung von Reichs Beerdigung, bei der die Familie an den Rand gedrängt wurde. Lore hatte große Probleme im trüben November zum abgelegenen Orgonon zu gelangen, nur um auf der Beerdigung zu erfahren, daß gleich drei ihrer Kollegen an der psychiatrischen Klinik, in der sie zu der Zeit tätig war, führende Orgonomen waren und einen Flug nach Orgonon organisiert hatten. Sie hatten sich ihr nie zu erkennen gegeben und ignorierten sie auch auf der Beerdigung demonstrativ (S. 247f).

Die ganze Dynamik von Reichs erster Ehe wird in einer Szene deutlich, die gleichzeitig das definitive Ende der Beziehung zwischen Annie und Wilhelm beschreibt. Reich floh nach dem Reichstagsbrand sofort mit seiner Frau Richtung Österreich und zwar als Bergtouristen getarnt, um Grenzkontrollen zu entgehen. „Meine Mutter berichtete, daß mein Vater voller Angst war. Auf einmal verspürte sie eine enorme Verachtung ihm und seiner Angst gegenüber. In diesem Moment konnte sie sich endlich von der Knechtschaft, in der er sie gefangenhielt, befreien. Deswegen konnte sie umkehren und ihn auf dem Berggipfel alleine lassen. Sie kehrte nach Berlin zurück und organisierte den Umzug der Möbel aus der Wohnung“ (S. 38). Offensichtlich war bei einer Hysterikerin die Übertragung zerbrochen, als sich der angebetete Held selbst „hysterisch“ benahm.

Oder wie inflationär und laienhaft der Begriff „verrückt“ von Psychoanalytikern benutzt wurde, um das Renommee „abtrünniger“ Psychoanalytiker nachhaltig zu zerstören. Nicht nur Reich war Opfer dieser Taktik, sondern auch Rado, Rank, Jung, Adler, Tausk, Ferenczi, Melanie Klein und deren Tochter Melitta Schmiedeberg (S. 67). „Mein Vater war ein naiver und vertrauensvoller Mann“, der die psychotherapeutische Behandlung seiner Tochter Eva zwei Frauen überließ, nämlich Berta Bornstein und Anna Freud, welche Bornstein supervidierte, „die voller Haß ihm gegenüber waren“ (S. 77). Beide lebten „ihre Neurose wie bösartige Geister unter dem Deckmantel der psychoanalytischen Rechtschaffenheit aus“ (S. 80).

Lores Buch bietet einige Ergänzungen zu Der Rote Faden etwa, daß viele fanatische Trotzkisten später Neokonservative wurden. Lore selbst war von den späten 1940er bis zu den frühen 1960er Jahren in einer Trotzkistischen „Partei“ (Sekte!) aktiv. Oder etwa, wenn sie beschreibt, unter welcher Daueranspannung ihr Schwiegervater Genosse Thomas litt: „Eines Tages sah er in unserem Wohnhaus einen Psychoanalytiker in Begleitung eines Agenten der sowjetischen Geheimpolizei, den Thomas kannte. Aus Angst entdeckt zu werden, eilte er zurück in den Aufzug; er war schockiert von diesem Vorfall“ (S. 140). Dieser Vorfall habe, so Lore, auch gezeigt, welchen Zuspruch Stalins KP noch in den USA genoß. So hätten auch Psychoanalytiker Umgang mit der KP gepflegt, trotz all der Greueltaten.

Sie beschreibt die kommunistische Unterwanderung Amerikas sehr gut: Während sie in Europa nur Menschen getroffen hatte, die von der KP desillusioniert waren, traf sie in Amerika viele Erwachsene, die Kommunisten waren. New York sei voller genauso idealistischer wie ignoranter Leute gewesen, die die UdSSR verherrlichten. „Jahrelang, sogar nach dem Krieg, bis Mitte der 1950er Jahre, folgten diese Leute der kommunistischen Parteilinie ohne zu wissen, daß diese von Moskau aus diktiert wurde, marschierten in Maiparaden und hielten sich für ‚die Guten‘.“ Sie hielten sich stets an die jeweilige Linie der Partei, selbst wenn die, wie zu Anfang des Krieges, die Unterstützung Hitlers vorsah. „Heute sind Menschen der Meinung, daß man damals ‚unter jedem Bett einen Kommunisten sah‘ und verleugnen, wie groß die Anhängerschaft, zumindest in New York, war. Natürlich waren diese Menschen keine Spitzel, da sie diese Überzeugungen offen zur Schau stellten. Stattdessen übten sie enormen Druck auf die öffentliche Meinung, die Kunst und die Medien aus“ (S. 145f).

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