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Max Stirner, Soter (Teil 16)

18. Juli 2025

Jeder Mensch ist ein Egoist – aber ein „unfreiwilliger“, d.h. ein Egoist, der sich selbst nicht als solchen (an)erkennt. Zwar dient er immer nur sich selbst, bildet sich dabei aber ein, einem höheren Wesen oder größeren Sache zu Diensten zu sein (Der Einzige, S. 39). Diese Art von einseitigen, unaufgeschlossenen, bornierten Egoisten wird von einer Leidenschaft beherrscht, für deren Befriedigung sie alles andere opfern. „Egoistisch ist ihr ganzes Tun und Treiben, aber es ist ein einseitiger, unaufgeschlossener, bornierter Egoismus: es ist Besessenheit.“ Dagegen setzt Stirner den bewußten Egoisten (Der Einzige, S. 82). Den echten Egoismus darf man jedoch nicht mit „Selbstsucht“ verwechseln. Das Gegenteil ist wahr: der Selbstsüchtige ist verächtlich, da er sich nicht selbst bestimmt, sondern ein willenlos getriebener seiner Begierden ist, und entsprechend sich nicht gestaltet, nichts aus sich macht (Parerga, S. 123).

Wird der Egoismus auf das Wesentliche reduziert, stößt man auf die Einzigkeit (Der Einzige, S. 147). Hier gilt wieder, daß selbstverständlich jeder Mensch „einzig“ ist, genauso wie jedes Sandkorn „einzig“ ist. Zum Einzigen im Sinne Stirners wird ein Mensch, wenn er nicht nur der Tat und dem Sein nach, sondern auch für sein eigenes Bewußtsein „einzig“ ist (Der Einzige, S. 406). Schon bei Kleinkindern tut man alles, um die Ausbildung dieses störenden Selbstbewußtseins zu hintertreiben. Früher empfanden sich die Produkte einer derartigen Abrichtung als Werkzeuge Gottes oder von „Menschheitsideen“. Nachdem diese höheren Werte verflogen sind, bleibt als Rest nur noch das Grundgefühl, auf die die ganze Übung von jeher hinauslief: „ICH bin nichts wert!“ Entweder führt es zur Selbstzerstörung (regelrechter Selbstverstümmelung, wie sie gegenwärtig en vogue ist) oder zum Auffüllen der inneren Leere durch „Image“ (d.h. „Ich-Besessenheit“), Konsum und direktere Formen der Ersatzbefriedigung.

Erziehung wandelt sich zunehmend von einer Übermittlung von „Werten“ zu dem, was sie imgrunde schon immer war: einem bloßen Dressurakt. Und wie dressiert man Zirkustiere? Man „zerstückelt“ ihren natürlichen Egoismus, indem man den einen Antrieb, etwa die Furcht, gegen den anderen, etwa den Hunger, ausspielt. Genauso geschieht es mit den Kindern, denen der störende „Eigenwille“ dadurch ausgetrieben wird, daß ihnen eine Ersatzbefriedigung angeboten wird. An die einen Triebe wird appelliert, während die anderen erstickt werden. Resultat ist ein „betrogener Egoist“ (Der Einzige, S. 182), der nicht sich befriedigt (Stirner spricht von „Selbstgenuß“), sondern einen abgespalteten Persönlichkeitsanteil. Eine „Begierde“ wird befriedigt, „der er die übrigen zum Opfer bringt“ (Der Einzige, S. 81).

Der, wie Reich ihn nannte, „triebhafte Charakter“ ist ein willenloser Sklave seiner Begierden (Parerga, S. 123). Während beim einen sein „wahres und eigentliches Wesen“ sein Gespött mit ihm treibt (Der Einzige, S. 368), sind es beim anderen „seine“ Begierden. Beide sind durch Selbstverleugnung geprägt. Den einen läßt sie in die „entehrenste Erhabenheit“ aufsteigen, während sie den anderen nach und nach „ins vollste Maß selbstverleugnender Gemeinheit und Niedrigkeit“ versinken läßt. „Der Niedrige wie der Erhabene langen nach einem ‚Gute‘, jener nach dem materiellen, dieser nach dem ideelen, dem sogenannten ‚höchsten Gute‘, und beide ergänzen zuletzt auch einander wieder, indem der ‚materiell Gesinnte‘ einem ideelen Schemen Alles opfert, seiner Eitelkeit, der ‚geistlich Gesinnte‘ einem materiellen Genusse, dem Wohlleben“ (Der Einzige, S. 64).

Schwundgeld ist eine bioenergetische Fehlkalkulation

27. Juli 2023

Die Krebsschrumpfungsbiopathie ist das langsame Erlöschen des Lebensfunkens. Es ist ein buchstäbliches Verfaulen bei lebendigem Leibe. Das kann man sich im Alltag etwa anhand des Einkaufs im Supermarkt im Verlauf der letzten Jahre vergegenwärtigen: für das gleiche Geld wird der reale Warenkorb (nicht etwa der betrügerische „Warenkorb“, den uns die Gangster in der Regierung in der Tagesschau zeigen lassen) immer kleiner bis wir verhungert sind. Das ist die Inflation – und das Verhungern kann eine reale Folge von Inflation sein. Tatsächlich ist „Inflation“ nichts anderes als eine Besteuerung, d.h. DIEBSTAHL. Und dazu eine ziemlich perfide, denn sie hält dich vom Sparen ab, d.h. wohlüberlegten Konsum, und zwingt dich stattdessen, dich so schnell wie möglich in „Sachwerte“ zu flüchten. Bestenfalls sind dies dröge Konserven, Nudeln und Reis, die man länger lagern kann, schlimmstenfalls wird unüberlegt überflüssiges Zeugs gekauft, da das Geld bald eh nichts mehr wert ist und man sein Leben kurz vor Toresschluß noch genießen will. Das entspricht der „Panikreaktion“, die so typisch für den Grundmechanismus der Krebsschrumpfungsbiopathie ist: die Panikreaktion der mangels Energie erstickenden Körperzelle. Beim drohenden Ersticken gerät jeder Organismus, ob Mehr- oder Einzeller, in Panik und mobilisiert die letzten Reserven, was zu einer letzten Scheinblüte führt.

In normalen Zeiten hält man sich bei jeder Kaufentscheidung zurück. Das ruhige Abwägen geht mit einer wachsenden bioenergetischen Spannung einher. Auf diese Weise ist stets für ein hohes gesellschaftliches Energieniveau gesorgt. Das kann man durchaus mit dem „sexuellen Markt“ vergleichen: man fällt nicht lieblos zur reinen Triebabfuhr übereinander her, sondern man flirtet, gibt sich Mühe, macht was aus sich, sorgt für Verbindlichkeit und eine persönliche Beziehung. Tatsächlich lebt davon, d.h. vom Geschlechtsleben, ein Großteil der Ökonomie, wie ich an anderer Stelle ausgeführt haben. Natürlicherweise wird das Geld nicht „locker gemacht“, weil es sozusagen unter „Schwindsucht“ leidet (Krebsschrumpfungsbiopathie), sondern weil die Anbieter ihre Angebote immer paßgenauer und attraktiver zu machen versuchen (das sprießende Leben).

Anhänger von Silvio Gesell, wie etwa der unselige „Reichianer“ Bernd Senf, reden zwar davon, daß das Besteuern von Geld dich davon abhält, das Geld („die Energie“) zu horten, so daß Blockaden im gesellschaftlichen Organismus gelöst werden und „die Energie“ wieder frei fließen kann. Doch diese in jedem Sinne armselige Pseudo-Orgonomie entspricht einer fundamentalen Fehldeutung dessen, was „Geld“ ist. Geld ist Kredit, ein bioenergetischer Spannungszustand, der dafür sorgt, daß das Energie- und damit das Strukturniveau der Gesellschaft erhalten bleibt und sogar ansteigt. Das Geld künstlich zum „Verfaulen“ zu bringen (heute elektronisch, zu Gesells Zeiten, indem man gehortete Geldscheine buchstäblich „beschneiden“ wollte), um „die Energie zum Fließen zu bringen“, ist – Krebs!

Wenn du etwa einen Füllfederhalter von mir kaufst, also mir Geld (ein Fetzen buntes Papier!) für ihn gibst, dann tauschen wir ein Arbeitsprodukt gegen eine Anweisung für zukünftige Arbeitsleistungen ein. Da wir in einer arbeitsteiligen Gesellschaft leben, erwarte ich natürlich nicht, daß du jetzt meinen Rasen mähst und meine Wäsche wäscht, bis der Füllfederhalter (bzw. die Arbeit, die in seine Herstellung investiert wurde) abgegolten ist, sondern irgendwo wird irgendwann auf diesem Planeten jemand die Arbeit leisten, die dem besagten bunten Fetzen Papier erst seinen Wert verleiht. Das ist ein gigantisches, große Räume und vor allem lange Zeiträume umspannendes Geflecht (BIOENERGETISCHE SPANNUNGSBÖGEN), das Reich als „natürliche Arbeitsdemokratie“ bezeichnet hat. Am Geld herumzumanipulieren, um es „am Fließen zu halten“, ist theoretischer Schwachsinn und praktisch ein Verbrechen. Linke sind links, weil sie aus charakterologischen Gründen den besagten Spannungsbogen nicht ertragen können; sie werden zu Kommunisten (Verbrechern), wenn sie ihn deshalb unterbinden wollen. Gewöhnliches neurotisches Elend wird zu organisierter Emotioneller Pest.

Peter liest die kommentierte Neuauflage der Originalausgabe von Reichs MASSENPSYCHOLOGIE DES FASCHISMUS (Teil 1)

4. Dezember 2022

Ich nehme das von dem Psychoanalytiker und Historiker Andreas Peglau herausgegebene Buch Massenpsychologie des Faschismus (Der Originaltext von 1933, Gießen: Psychosozial-Verlag, 2020) in die Hand und als erstes fällt mein Blick auf zwei bezeichnende Passagen.

Als erstes auf der Rückseite des Einbandes die Aussage von Helmut Dahmer, daß acht Jahrzehnte nach der Veröffentlichung von Reichs Buch – „taucht nun der lang verdrängte ‚nationalsozialistische Untergrund‘ vor unseren Augen gespenstisch wieder auf. Da wird Reichs legendärer Originaltext von 1933 wieder gebraucht.“ Offenbar, um dem Dunkeldeutschland von NSU und AfD Paroli zu bieten! Siehe dazu meine Besprechung von Peglaus entsprechender Lehre aus Reichs Buch.

Mein zweiter Blick fällt auf das Impressum: „Umschlagabbildung: Wilhelm Reich, aufgenommen von Ludwig Gutman, geboren am 23.6.1869 in Horn, ermordet am 18.4.1943 im Ghetto Theresienstadt.“ Das Buch hebt also mit einem „Stolperstein“ an. Über Gutman gibt es einen eigenen Wikipedia-Beitrag. Moment mal! War das Reichs Intention 1933 und 1946 (als die grundlegend revidierte und stark erweiterte Ausgabe herauskam)? Dieser wohlfeile Holocaust- und Antisemitismus-Kult? Diese Heimholung Reichs zu den Freuds und Einsteins, die rein gar nichts mit Judentum zu schaffen hatten, aber ihr „Judentum“ plakativ vor sich hertrugen? (D.h. nicht, ich persönlich hätte irgendwas gegen Stolpersteine – ganz im Gegenteil…)

Nehmen wir nur den dezidierten „Juden“ Freud, während Reich ein dezidierter Nicht-Jude war. Warum war ausgerechnet Freud so kompromißlerisch, geradezu unterwürfig gegenüber den Nationalsozialisten, während ausgerechnet Reich derartig militant auftrat? Nun, wer überall nur Antisemitismus sieht, sich nur von Feinden eingekreist sieht, kann seine eigentlichen Feinde nicht mehr sehen und sich nicht mehr rational gegenüber ihnen verhalten. Er hat keine Prioritäten mehr. Leute wie Freud (und die heutigen Antifaschisten a la Dahmer und Peglau) leben in einer paranoiden mystischen pseudo-religiösen Wahnwelt, in der alle Unterschiede verschwimmen. Wer aber mit einer Brille, die mit Milchglasscheiben versehen ist, durchs Leben stolpert, kann nicht überleben. Hanna Arendt hat das anläßlich ihrer Analyse des Holocaust-Prozesses in Jerusalem zum Ausdruck gebracht:

Die Überzeugung von der Allgegenwärtigkeit und Ewigkeit des Antisemitismus ist nicht nur seit der Dreyfus-Affäre der wirksamste ideologische Bestandteil der zionistischen Bewegung gewesen, diese Überzeugung war auch der eigentliche Grund für die sonst schwerverständliche Bereitschaft des deutschen Judentums in allen seinen Teilen, sich sofort nach der Machtergreifung „auf den Boden der Tatsachen zu stellen“ und mit den Nazibehörden zu verhandeln. (…) Gerade aus dieser Überzeugung stammte die politisch so gefährliche Unfähigkeit, zwischen Freund und Feind zu unterscheiden; (…) weil sie dachten, daß alle Nichtjuden in der Judenfrage gleich denken und empfinden. Falls Ben Gurion [durch den Prozeß gegen Eichmann in Jerusalem] diese Art „jüdischen Bewußtseins“ zu intensivieren wünschte, war er schlecht beraten; denn daß diese Mentalität sich ändert, gehört zu den wirklich unerläßlichen Vorbedingungen für ein israelisches Staatsbewußtsein. Die Gründung des israelischen Staates hat aus den Juden ein Volk unter Völkern gemacht, eine Nation unter Nationen, einen Staat unter Staaten, der per definitionem auf eine Pluralität angewiesen ist, welche die jahrtausendealte und leider religiös so tief verankerte jüdische Zweiteilung der Welt in Juden und Nichtjuden nicht mehr zuläßt. (Hannah Arendt: Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen. Piper Verlag, München, 2011, S. 46)

Reich hat diesen gefährlichen Schwachsinn, diese Zweiteilung, nie mitgemacht, deshalb war er militanter Antifaschist, als man noch etwas ausrichten konnte, und deshalb hat er später, als die Katastrophe geschehen war, diese nicht mißbraucht, um die nächste Katastrophe vorzubereiten, indem er mit kultischem „antifaschistischen“ Kokolores Juden und Nichtjuden in eine immer höhere Hysterie treibt, a la „taucht nun der lang verdrängte ‚nationalsozialistische Untergrund‘ vor unseren Augen gespenstisch wieder auf“. Das Böse ist immer und überall…

Ich beginne das Buch zu lesen und stocke bereits bei Reichs allererstem Absatz:

Die deutsche Arbeiterklasse hat eine schwere Niederlage erlitten und mit ihr alles, was es an Fortschrittlichem, Revolutionärem, Kulturgründendem, den alten Freiheitszielen der arbeitenden Menschheit Zustrebendem gibt. Der Faschismus hat gesiegt und baut seine Positionen mit allen verfügbaren Mitteln, in erster Reihe durch kriegerische Umbildung der Jugend, stündlich aus. Aber der Kampf gegen das neuerstandene Mittelalter, gegen imperialistische Raubpolitik, Brutalität, Mystik und geistige Unterjochung, für die natürlichen Rechte der arbeitenden und schaffenden, von der wirtschaftlichen Ausbeutung durch eine Handvoll Geldfürsten schwer betroffenen Menschen, für die Beseitigung dieser mörderischen gesellschaftlichen Ordnung wird weitergehen. Doch kommt es nicht nur darauf an, daß er weitergeht, sondern in erster Linie ob, wie und in welcher Zeit er zum Siege des internationalen Sozialismus führen wird.

Gehen wir das Satz für Satz durch (bis auf den zeitgebundenen letzten) und übertragen das von 1933 auf das Jahr 2023:

„Die deutsche Arbeiterklasse hat eine schwere Niederlage erlitten und mit ihr alles, was es an Fortschrittlichem, Revolutionärem, Kulturgründendem, den alten Freiheitszielen der arbeitenden Menschheit Zustrebendem gibt.“ Die deutsche Arbeiterklasse steht 2023 vor dem Nichts. Dazu braucht der Hamburger Arbeiter nur abends durch Altona, Billstedt, Harburg, etc. spazierengehen! Spätestens, allerspätestens seit 2015, sind die Sozialkassen unrettbar ruiniert, Krankenkasse und Rentenversicherung kannst du dir in wenigen Jahren abschminken. Frage jeden beliebigen mittleren Finanzbeamten! Spätestens, allerspätestens 2030 wird Schluß sein. Deshalb das Gerede vom Great Reset, dem digitalen Zentralbankgeld, der alle Lebensbereiche bestimmende Ökoterror, etc. Deshalb auch die forcierte Umvolkung. Ein Volk kann man nicht kontrollieren, sehr wohl aber eine in sich gespaltene Be-Völkerung. Die einzige Partei, die gegen diesen Faschismus (Zentralstaat in engster Verschränkung mit dem Monopolkapital) eintritt und die Interessen der deutschen Werktätigen vertritt, ist die AfD.

„Der Faschismus hat gesiegt und baut seine Positionen mit allen verfügbaren Mitteln, in erster Reihe durch kriegerische Umbildung der Jugend, stündlich aus.“ Die heutige Jugend ist 2023 zweigeteilt: in eine vollkommen in Life Style, Karriere und Konsum aufgehende Majorität, die geradezu gespenstisch gleichgeschaltet ist, politisch korrekt bis zur Haarspitze, und zweitens eine vermeintlich rebellische Minorität, die auf „Punk“ macht, aber ideologisch 150% hinter den Plänen des Monopolkapitals steht. „Antifa ist durchgeimpft! Wir impfen euch alle!“

„Aber der Kampf gegen das neuerstandene Mittelalter, gegen imperialistische Raubpolitik, Brutalität, Mystik und geistige Unterjochung, für die natürlichen Rechte der arbeitenden und schaffenden, von der wirtschaftlichen Ausbeutung durch eine Handvoll Geldfürsten schwer betroffenen Menschen, für die Beseitigung dieser mörderischen gesellschaftlichen Ordnung wird weitergehen.“ Wer heute von „Geldfürsten“ a la George Soros spricht, wird sofort als „Antisemit“ gebrandmarkt, und WER steht denn heute für „das neuerstandene Mittelalter, (…) imperialistische Raubpolitik, Brutalität, Mystik und geistige Unterjochung“, wenn nicht die kriegsgeile Politsekte Die Grünen? Die ruinöse Sozial- und Wirtschaftspolitik der Nazis zielte auf einen Eroberungskrieg zu. Hitler brauchte den Krieg oder alles wäre (ohnehin) kollabiert. Genauso braucht der Grüne arbeiterfeindliche ABSCHAUM, der uns heute regiert, den Krieg mit Rußland, die Ökoapokalypse, den Great Reset, Armageddon.

Die bio-ökonomischen Grundlagen unseres Gesellschaftssystems (Teil 2: Das Geldsystem)

30. Januar 2020

Geld ist eine Anweisung auf menschliche Arbeit. Es ist eine Beziehung und hat mit Vertrauen zu tun, keine „Substanz“, die irgendwas speichert, auch keine „Energie“, die, frei nach Bernd Senf, „frei fließen“ muß oder was auch immer. Die Orgonenergie taucht an einer ganz anderen Stelle auf: das Beziehungsgeflecht gegenseitiger Verpflichtungen sorgt für ein gigantisches Netzwerk einfacher („sich gegenseitig anziehender“) orgonometrischer Gegensätze („→∫←“), die dazu führen, daß die Gesamterregung und der Orgonenergie-Pegel des Systems ansteigt (orgonomisches Potential). Dort, wo es nur Scheingeld gibt, wie in der einstigen „DDR“ mit ihren lächerlichen Aluminiumchips, die nichts bedeuteten, oder in der von Bernd Senf herbeigesehnten Silvio Gesellschen Utopie („Schwundgeld“ sic!), herrscht das mechanische Potential vor: ein einfacher Austausch von Gütern und Leistungen, ohne jede orgonotische Spannung. Wer vor 1989 bewußt gelebt hat und in der „DDR“ war, weiß wovon ich rede. Sozialistische Charaktere sehnen ein solches System herbei, weil sie keine bioenergetische Spannung aushalten. DESHALB, ausschließlich deshalb, sind diese Leute Antikapitalisten.

Unser Geldsystem, das angeblich Geld aus dem Nichts erzeugt, beruht demnach darauf, daß jeder Cent durch menschliche Arbeit gedeckt ist. Es muß zusammenbrechen, wenn die menschliche Arbeitsfunktion auf breiter Front signifikant nachläßt. Das äußert sich auf dreierlei Art und Weise:

  1. Politiker, die unabhängigen Zentralbanken und nicht zuletzt die internationalen Finanzinstitutionen reagieren auf die Erosion der menschlichen Arbeitsfunktion, die in der antiautoritären Gesellschaft zunehmend dramatischer wird, krypto-Gesellianisch, indem sie Kredite immer billiger machen und schließlich mit Negativzinsen den Leuten geradezu aufzwingen. Infolge werden vollkommen kontraproduktive Konsum- und Investitionsentscheidungen gefällt!
  2. Die Erosion der Arbeitsfunktion (und das damit verbundene Anwachsen der Augenpanzerung, d.h. Kontaktlosigkeit!) macht natürlich auch vor den Banken nicht halt. Im Rahmen des allgegenwärtigen Antiautoritarismus erhalten auf vollkommen unverantwortliche Weise Konsumenten, Produzenten und ganze Länder Kredite, die sie bei rationaler Abwägung niemals hätten erhalten dürfen, einfach weil sie das geliehene Geld nicht werden erarbeiten können.
  3. Die Massen suchen das Problem nicht bei sich, d.h. in der Bioenergetik, sondern ganz ökonomistisch beim „System“, dem „Bankensystem“, dem „Geldsystem“, dem „Zinssystem“, und verfallen immer mehr faschistischen Verschwörungstheorien, die teilweise vielleicht gar nicht so abwegig sind, doch das bioenergetische, d.h. charakterstrukturelle Grundproblem sieht niemand und es wird sozusagen sogar „immer unsichtbarer“.

Nachtrag zu Orgonometrie (Teil 2): Kapitel 3.e.: Die Marxsche Arbeitswertlehre als Emotionelle Pest (Teil 2)

16. Januar 2016

Wirklich dämonisch wird der Marxismus aber erst durch eine clevere Denkfigur, die ihn unverwundbar macht. In diesem Sinne ist er eine verblüffend genaue Entsprechung zur Neurose, die ja auch eine unentrinnbare Falle ist. So ist er im wahrsten Sinne des Wortes „der neurotische Irrationalismus auf dem sozialen Schauplatz“.

Am ehesten läßt sich diese Denkfigur anhand des Neurotikers und seiner Reaktion auf die Genitalität aufzeigen. Da der neurotische Charakter letztlich auf der Abwehr der Genitalität gebaut ist, sieht er diese stets im Lichte der von ihm direkt abgewehrten prägenitalen Impulse. Wenn er zum Kern sehen will, muß er immer durch die alles tönende Panzerung hindurchschauen. Weil er seine passiv-analen Tendenzen abwehrt, wird der phallisch-narzißtische Charakter den Genitalen Charakter als „schwul“ empfinden. Während der gleiche genital gesunde Mann dem passiv-femininen Charakter als zu phallisch-aggressiv, ja sadistisch erscheinen wird. Im Bezugsrahmen des Neurotikers ist es dergestalt völlig rational, die Genitalität abzulehnen. Ein Beweis für die Irrationalität der Neurose wird dadurch zu einem für die Irrationalität der Genitalität!

Genauso ist Marx’ Angriff auf unsere Gesellschaft geartet. Unter der Voraussetzung falscher Annahmen wird die Widerlegung seiner Theorie durch die kapitalistische Wirklichkeit zu ihrer Bestätigung! Denn natürlich wird das „wahre Wertmaß“ verzerrt, was aber keine Widerlegung des Kapitalismus, sondern der Marxschen Theorie vom wahren Wertmaß ist! Dieses hat sich nach dem konkreten Marktgeschehen zu richten und nicht umgekehrt. So sind ja auch nicht die Neurotiker das Maß aller Dinge, sondern einzig die Genitalität, weil sie nicht in Konflikt mit der kosmischen Orgonenergie steht und in diesem Sinne nicht realitätswidrig ist.

Einen Ansatz zu der realitätsgerechten, „genitalen“ Volkswirtschaftslehre findet sich in dem Aufsatz „Toward a Functional View of Economics“ von Curtis Barnes (Journal of Orgonomy, May 1979).

Damit, daß sie glaubten „Wert“ sei eine quantitative in Einheiten von Arbeit, Preisen oder irgendeiner anderen objektiven Skala meßbare Eigenschaften der Waren, haben, so Barnes, Ökonomen wie Marx einen „biologischen Rechenfehler“ begangen:

Man trifft immer noch Äußerungen wie „ein Pferd ist 10 Schafe wert“ [von solchen Gleichungen strotzt Marx’ Kapital], die die Tatsache ignorieren, daß es verschiedene menschliche Gefühle sind, worüber gesprochen wird, und nicht Pferde und Schafe. (…) Es ist schwer vorstellbar, daß irgendein Tausch vor sich geht, ohne daß zwei Menschen unterschiedliche Gefühle hinsichtlich der getauschten Objekte hätten. Die Artikel werden nicht nur verschieden bewertet, sondern solch Wert ist lebendig und veränderbar; es ist eine emotionale Äußerung in Menschen und ihren Beziehungen; etwas, was keine Untersuchung oder Messung des Arbeitsproduktes erklären kann.

Wert entsteht buchstäblich durch unsere „Bewertung“. Barnes weiter: Der Arbeiter beeinflußt

durch die Äußerung seiner Vorlieben und seiner Wahl von Arbeitsprodukten und seinem Austausch (…) die Art und Weise in der Materialien, Zeit, Aufwand und Fähigkeit angewandt werden. Die Gesellschaft wird eine Sache von Zusammenarbeit und wechselseitigem, wohltuendem Kontakt. (…) Die Marktfunktion erlaubt die Überlagerung von Arbeitsfunktionen in einer Art, die tiefe Wahrheiten über die Natur, bioenergetisches Funktionieren und subjektive emotionale Äußerungen offenbart.

Seinen Aufsatz hebt Barnes im Gegensatz zu Marx nicht mit irgendwelchen abstrakten „Elementarformen“ an, sondern mit dem Gesamtbild „Gesellschaft und Arbeit“, in dem wir täglich stehen. Dieses Netzwerk ist

ein funktionelles Ergebnis von (…) lebendigen Menschen, die Arbeit und Austausch nutzen, um Freude und Lust in ihr Leben zu bringen. Die Frage ist nicht, wie man diesen Prozeß verändern oder kontrollieren kann, sondern wie man ihn verstehen und dadurch sich entfalten lassen und beschützen kann.

Der Marxist reagiert auf eine solche Aussage mit einem zynischen, überheblichen Grinsen.

In diesem Zusammenhang beschreibt Barnes im Bereich der Arbeit eine Entsprechung zur Orgasmusformel (Spannung-Ladung-Entladung-Entspannung):

Arbeit entstammt bioenergetischer Spannung, die der Organismus als Gefühle von Sehnsucht, Verlangen oder Unbehagen erfährt; physische Arbeitstätigkeit folgt und schließlich ist Kontakt mit dem Arbeitsprodukt hergestellt, was ein Nachlassen der Spannung hervorruft, das als lustvolle Befriedigung empfunden wird.

So ist letztlich die Orgasmusfunktion der Dreh- und Angelpunkt des Wirtschaftslebens. Dabei ist die Entsprechung von Ökonomie und Sexualökonomie sehr weitgehend. Man denke etwa an die lustverneinende „Pflichtethik“ der autoritären Gesellschaft: „Arbeite um der Sache selbst willen und nicht für den Ertrag!“, während umgekehrt Sexualität kein Selbstzweck mehr sein darf, sondern der Fortpflanzung dienen muß (der Pflicht gegenüber der Familie oder sogar der „Rasse“). Mit dem Verneinen der Lust wird das Wesen von Arbeit und Sexualität jeweils ins Gegenteil verkehrt. (Auf diesen verqueren Maximen beruhen praktisch alle nicht europäisch geprägten Gesellschaften!)

Indem er die Orgasmusformel auf die Arbeitsenergie angewandt hat, ermöglichte Barnes eine orgonomische Wirtschaftstheorie. Barnes:

Erst das Erkennen der vitalen bioenergetischen Prozesse im Kern der Arbeitsfunktion macht eine direkte Anwendung orgonomischer Prinzipien bei der Untersuchung der Arbeit möglich. Ebenso ermöglicht es ein besseres Verstehen des Platzes, den die Arbeit in der Gesellschaft einnimmt, in Bezug darauf ob die Arbeiter/Arbeitsprodukt-Beziehung selbstgesteuert ist oder nicht.

Im Anschluß an Barnes beschreibt Charles Konia die Energieökonomie in der Gesellschaft als ganzer:

Im Prozeß der Entwicklung einer unbehinderten (arbeitsdemokratischen) Gesellschaft ruft eine gegebene Funktion (psychologisch „Bedürfnis“, ökonomisch „Bedarf“) spontan ein Variationspaar hervor: den Dienstleister bzw. Produzenten und den Käufer.

Zwischen diesen beiden Funktionen kommt es nun zum Energieaustausch:

Basierend auf wechselseitigem Bedürfnis und wechselseitiger Befriedigung „entlädt“ bzw. „gibt“ der Lieferant dem Kunden eine Dienstleistung oder ein Produkt. Umgekehrt wird er mit Geld bezahlt („er lädt auf“). Auf der anderen Seite gibt der Kunde Geld (er „entlädt“ oder „lädt auf“) und erhält im Gegenzug Waren und Dienstleistungen (das „Aufladen“ durch den Lieferanten). („Cancer and Communism“, Journal of Orgonomy, May 1986)

Konia vergleicht diesen Vorgang mit der biologischen Pulsation im Organismus, die z.B. über die Muskulatur Bewegung hervorruft. „Der identische Prozeß bewirkt im sozialen Bereich die ökonomische Aktivität.“ Die Gesellschaft wird freudlos und verarmt materiell, wenn dieses Streben nach wechselseitigem Lustgewinn und Profit unterbunden wird. Diesen Vorgang beobachten wir im Sozialismus (und in abgemilderter Form im gegenwärtigen Pseudo-Kapitalismus, bei dem sich der Staat in alles einmischt).

Aus diesen Erläuterungen läßt sich erschließen, daß der Antikapitalismus der Marxisten, Nationalsozialisten, Katholiken, Anthroposophen, Globalisierungsgegner, etc. eine direkte Entsprechung ihrer „Antisexualität“ ist. Antikapitalismus, wie immer er auch rational begründet wird, hat stets einen antisexuellen Kern – ist im eigentlichen Sinne reaktionär. Antikapitalismus ist gegen das Leben selbst gerichtet. In welcher Gestalt er auch immer sein Haupt erhebt: er ist nichts weiter als Emotionelle Pest. Zwar wäre es irreführend, Kapitalismus und Arbeitsdemokratie gleichzusetzen, aber ein Großteil jener, die antikapitalistische Argumente vorbringen, verfolgen damit alles andere als „emanzipatorische“ Ziele. Was sie wirklich am Kapitalismus abstößt, ist die Apotheose des Lebens, die er verkörpert – aktuell die angebliche „Dekadenz“ der „neoliberal entfesselten Gesellschaft“ (!), die enge Seelen in die gleiche giftgrüne (und fast durchweg antisemitische) Raserei treibt, wie einst Fourier, Proudhon, Bakunin, Marx, Hitler und Konsorten.

„Aber es gibt doch unverzeihliche Auswüchse!“ Ja, die gibt es aber auch im Bereich der Sexualität. Die Lösung kann nicht in immer weiteren Einschränkungen und Regularien stehen, in mehr „Abpanzerung“, sondern darin die Ursache des Chaos zu beseitigen, d.h. die Panzerung selbst.

Ohne ein Verständnis der Funktion des Orgasmus ist es unmöglich überhaupt irgendeine vernünftige Wirtschaftstheorie aufzustellen. Dementsprechend erinnern die politökonomischen Anregungen der Marxisten so verblüffend an die verantwortungslosen Vorschläge der Sexualwissenschaftler, die uns von der „Tyrannei der Genitalität“ befreien wollen. Nicht von ungefähr spricht etwa Trotzki davon „mit Hilfe der sozialistischen Organisation die blinde elementare Spontaneität aus den ökonomischen Verhältnissen ausmerzen“ zu wollen (Joel Carmichael: Trotzki, Frankfurt 1973, S. 256). In der gleichen Stelle fordert Trotzki „aufklärerisch“ und an Freud gemahnend die „rationale“ Beherrschung der Triebe und sogar, trotzky-typisch spintisierend, die bisher autonomen Körperfunktionen unter bewußte Kontrolle zu bringen. Sozialismus als alle Bereiche des Lebens bestimmende „Yoga-Kultur“ (vgl. Reichs Äther, Gott und Teufel).

Bronislaw Malinowski, auf den sich Reich immer wieder berufen hat, leitete aus seiner Untersuchung der Trobriander den Wert, wie in Funktionelle Ökonomie (Teil 1) erwähnt, aus dem emotionalen Wesen des Menschen ab. Am Anfang der Wirtschaft stand also der „Fetischcharakter der Waren“ nicht ihr angeblicher „wahrer“ Wert! Man nehme etwa einen typischen Gebrauchsgegenstand, wie etwa einen Suppenlöffel. In unserer maschinellen Zivilisation ist er (mal von vernachlässigbaren Ausnahmen abgesehen, die meine Argumentation aber ohnehin eher noch unterstützen) ganz auf seine nackte Funktion reduziert, während bei den „Primitiven“ jeder Gegenstand von Ornamenten und Ausschmückungen übersät ist, die seine Funktion nur behindern können. Nur so ist auch der „Wert“ der Gegenstände zu verstehen: sie wurden rein „subjektivistisch“ bewertet, etwa so wie heute ein Kunstsachverständiger Gegenstände betrachtet.

Wie die Ethnographen immer wieder festgestellt haben, scheint der Hauptlebensinhalt primitiver Gesellschaften der ständige, wirtschaftlich vollkommen sinnlose, Austausch von Geschenken zu sein. Aus Berichten über die Trobriander und andere Naturvölker läßt sich schließen, daß für sie Reichtum und der mit ihm verbundene soziale Status sehr wichtig ist. Man schaue nur, wieviel Wert Naturvölker auf Kleidung, Schmuck und schöne Körperformen legen. Für sie sind Sein und Schein ein und dasselbe. Sie sind ein einziger Hohn auf Erich Fromms zutiefst triebfeindliches, pfaffenhaftes und von Marx inspiriertes „Haben oder Sein“!

Malinowski hat gezeigt, daß die „Primitiven“ nicht etwa essen, um zu leben, sondern weil sie nach oraler Triebbefriedigung streben. Entsprechend war der Austausch lebensnotwendiger „Lebens-Mittel“ (von denen ein Großteil verfault, weil sie aus Prestigegründen zur Schau gestellt werden) ein zufälliges Abfallprodukt des Austausches von Luxusprodukten (Armreifen, Trophäen, magische Formeln und Zaubermittel, etc.) – genauso wie die Fortpflanzung ein zufälliges Nebenprodukt der Sexualität ist.

Bereits die grundlegende Dualität von Sexualität und Hunger, von der Freud (und mit seiner „Fetischismus-Theorie“ gewissermaßen auch Marx) ursprünglich ausging, um die Neurosen zu erklären, war ein triebfeindliches Konstrukt. So hat auch Reich, der doch angeblich das erste Triebkonzept der Psychoanalyse wiederbelebt haben soll, sich kaum je auf diese angeblich natürliche Dichotomie bezogen.

Für den Urmenschen hatte Ernährung kaum etwas mit bewußter Erhaltung zu tun, sondern war ursprünglich reine Triebbefriedigung. Malinowski schreibt, daß den Trobriandern

nur verschwommen gegenwärtig (ist), daß Essen Ernährungswert besitzt. Sie wissen zwar, daß das Nichtvorhandensein von „Grundnahrungsmitteln“ Hungersnot bedeutet, die sie zutiefst fürchten, aber die wichtigste Bedeutung des Essens liegt darin, daß es ein lebendiger Genuß ist – und der wird durch die Zutat von „Delikatessen“ erhöht und ausgedehnt. (Korallengärten und ihre Magie, Frankfurt 1981, S. 51)

Mit anderen Worten: Ernährung, ist wie jeder andere Luxus auch, ein Teilbereich der Sexualität, d.h. des Strebens nach Lust.

Von Anfang an wird dergestalt die Ökonomie nicht von „rationalen“ Überlegungen und rein quantitativ faßbaren Faktoren bestimmt, sondern von Gefühlen. Daß die Wirtschaft nicht primär auf Nützlichkeitserwägungen beruht, paßt natürlich weit besser zu Reichs „biologistischen“ Grundintentionen als der Pseudo-Rationalismus von Marx. Und tatsächlich gab es schon zu Marx‘ Zeiten eine entsprechende quasi „orgonomische“ Alternative zur Arbeitswertlehre.

Zeitgleich mit dem Aufkommen des psychologischen Denkens entstand um das Jahr 1870 eine „subjektive Wertlehre“ (die es bezüglich von Luxusgütern natürlich ansatzweise auch bei Adam Smith und den anderen klassischen Nationalökonomen gab). Da es einfach nicht gelingen wollte, zu erklären, wie genau in den Gütern „geronnene“ Arbeitszeit es schafft, auf dem Markt die Preise zu bestimmen. Die Ökonomen gaben die scholastische Arbeitswertlehre auf – genau zu dem Zeitpunkt als Marx mit seiner von vornherein hoffnungslos überholten, altertümlichen Wirtschaftslehre an die Öffentlichkeit trat. Ohnehin ist jede konsequent objektivistische Wertlehre a priori widersinnig, da Waren, die niemand will, wertlos sind, egal wie viel Arbeitszeit in sie investiert wurde. Sinn kann die Arbeitswertlehre grundsätzlich nur in einer sozialistischen Planwirtschaft machen – auf diese fatale Logik habe ich bereits angespielt.

Wie Marx mit dem offensichtlichen Unsinn „seiner“ auf die absurde Spitze getriebene Arbeitswertlehre fertiggeworden ist, macht m.E. das aus, was man heute „Marxismus“ nennt. Die von Marx sehr schwammig dargestellte sozialistische Utopie (merkwürdigerweise sind die Marxisten auf diesen Mangel an Konkretheit auch noch stolz) ist einfach eine auf maschinenhaften Niveau reorganisierte Gesellschaft, die der kruden Primitivität von Marx‘ Arbeitswertlehre entspricht. Die offensichtliche Widerlegung von Marx‘ Theorie durch die kapitalistische Wirklichkeit – wird zu einer Bestätigung der Marxschen Theorie und gleichzeitig zum zwingenden Motiv, die kapitalistische Gesellschaft in eine sozialistische umzuwandeln. Ein perfektes ideologisches Wahnsystem. Vielleicht das perfekteste, das je entwickelt wurde!

Der Realsozialismus, dessen Wirtschaftssystem Reich zufolge in „scharfem Gegensatz“ zur Weltsicht seiner geistigen Vätern „durch und durch mechanistisch“ ist (Christusmord, Freiburg 1978, S. 349), hat im Rahmen des Möglichen nur getreulich das nachvollzogen, was Marx‘ gefordert hatte. Und im übrigen sahen bereits Marx‘ Zeitgenossen bis ins Detail das voraus, was dann tatsächlich kommen sollte.

Proudhon meinte damals, der Kommunismus ließe sich

nie mit der Würde des Einzelnen und mit den Werten des Familienlebens vereinbaren; er strebe die Universalisierung des Elends an und die Unterdrückung des menschlichen Lebens in einem kasernenhaften Mittelmaß. Seine Befürworter hält er für Fanatiker der Macht, die zur Einführung der Allgewalt des Staates streben, der auf dem öffentlichen Eigentum basiert. In Wirklichkeit hebt der Kommunismus das Eigentum und dessen destruktive Folgen nicht nur nicht auf, sondern führt das Eigentum ad absurdum; im kommunistischen System besitzen die Individuen kein Eigentum, das gesamte Eigentumsrecht – oder vielmehr Unrecht – wird auf den Staat übertragen, der nicht nur zum Besitzer der materiellen Güter, sondern auch zum Besitzer seiner Bürger wird. Die einzelnen Menschen, ihre Bestrebungen, Talente, ihr Leben, das alles wird auf einen Schlag verstaatlicht. Das Prinzip des Monopols, welche Quelle allen sozialen Unheils ist, erfährt im Kommunismus seine höchste Steigerung; der Kommunismus ist nichts anderes als die Ankündigung des extremen Polizeidespotismus. (Leszek Kolakowski: Die Hauptströmungen des Marxismus (Bd. 1), München 1977, S. 237f)

Stalins Zwangsarbeitslager waren eben nicht nur eine „Kleine Mann-Entstellung“ von Marx‘ „menschliche Arbeitskraft schafft Mehrwert“ (vgl. Christusmord, S. 322), sondern dessen zwangsläufige, in der Sache selbst angelegte Folge!

Orgonometrie (Teil 2): Kapitel 3.d.

9. Januar 2016

orgonometrieteil12

1. Zusammenfassung

2. Die Hauptgleichung

3. Reichs „Freudo-Marxismus“

a. Dialektischer Materialismus

b. Massenpsychologie

c. Die autoritäre Gesellschaft

d. Die antiautoritäre Gesellschaft

Funktionelle Ökonomie

20. August 2015

In der (für diesen Blog) relevanten Diskussion um ökonomische Dinge, insbesondere angesichts der Griechenlandkrise, geht es um prinzipiell zwei Positionen: eine „rechte“, die frei nach der Eigentumsökonomik Heinsohns davon ausgeht, daß Schulden etwas Gutes sind, weil erst sie durch ihren Zwang den Kreditnehmer zu einer „wirtschaftlichen Ökonomie“ führen; und eine „linke“, die frei nach Gesell ganz im Gegenteil glaubt, daß der Kreditgeber durch sein egoistisches „Horten“ von Geld für ein ökonomisches Ungleichgewicht gesorgt hat, daß durch den Zins, den er bei Kreditvergabe erwirtschaftet, dann auch noch perpetuiert wird. Früher wurde der angedeutete Gegensatz von der individualistischen Österreichischen Schule (Hayek, etc.), auf die sich „rechte“ Orgonomen beriefen und dem kollektivistischen Marxismus bestimmt, auf den linke Reichianer bezugnahmen.

Für die rechte Seite dreht sich alles um rechtlich verbindliche Eigentumstitel. Das Eigentum schaffe durch Anreize Impulse, die letztendlich allen zugutekommen. Die linke Seite hingegen glaubt, daß Werte nur im gesellschaftlichen Zusammenspiel erarbeitet werden und entsprechend Eigentumstitel Teilbereiche abspalten und so die Entwicklung hemmen. Sie seien ohnehin ungerecht und deshalb nicht rechtens. Für die Rechte sind Eigentumstitel sakrosankt, weil nur sie dafür sorgen, daß produktiv gearbeitet wird. Eigentum generiere Reichtum und sei deshalb das genaue Gegenteil von „Diebstahl“. Hingegen gibt es für die Linke zu jedem gegebenen Zeitpunkt einen gesellschaftlichen Reichtum, der nach der Arbeitsleistung des Einzelnen, im Idealzustand aber nach den Bedürfnissen der Massen verteilt werden sollte – jeweils im Namen der Gerechtigkeit. Das ist der grundlegende Unterschied, der die beiden Seiten voneinander trennt: denen, die bei der Griechenlandkrise auf den geschlossenen Kreditverträgen beharren, und jenen, die Griechenland als Opfer sehen, dem man sofort alle Schulden erlassen und neues Geld geben müsse.

Was beide Seiten nicht sehen, sind die bioenergetischen Grundlagen der Wirtschaft, der energetische Metabolismus der Wirtschaft: Wertaufbewahrung (orgonomisches Potential, Aufladung, Eigentum, „Kapital“) und Tausch (mechanisches Potential, Entladung, Ausgleich, „Arbeit“).

Auf die Nachfrage, bzw. das Konsumverhalten, das der Regelmechanismus der Marktwirtschaft ist, richtete der Marxismus all seinen moralisierenden Haß. Durch den „Fetischismus“ der individuellen „subjektivistischen“ Wert-Schätzung der Güter wird dieser private Bereich des Konsums für den Marxismus so anrüchig wie die Sexualität. Dazu hat André Glucksmann in seinem Buch Die Meisterdenker geschrieben:

Alle modernen revolutionären Theorien ist eine Aufteilung der Welt gemeinsam, die durch den Gegensatz zwischen (guter) Öffentlichkeit und (schlechtem) Privatem gekennzeichnet ist. Die chinesischen Massen [waren in der Kulturrevolution] aufgerufen, „gegen den Egoismus“ zu kämpfen, gegen das individuelle, materielle Interesse, gegen den (sicher kleinbürgerlichen) Subjektivismus, im Namen des öffentlichen Geistes (…). Man findet diesen Gegensatz wieder in der Gegenüberstellung von (staatlichem, also wertmäßig anerkannten) öffentlichem und privatem Recht (Geld- und Sexangelegenheiten, also verabscheuungswürdig) (…).

Geld- und Sexangelegenheiten:

Normalerweise wird mehr Geld angesammelt, als der Mensch für sein tägliches Leben braucht; wenn dies Sparen immer so weiterginge, würde die Wirtschaft schließlich am Angebotsüberhang zugrundegehen. Um ein stabiles, ökonomisches Gleichgewicht aufrechtzuerhalten, muß das gesparte Geld in mehr oder weniger regelmäßigen Zeitabständen ausgegeben werden. Diese ökonomische Energieabfuhr ist die Funktion des Konsums.

Hier habe ich Elsworth F. Bakers folgende Darstellung der Orgasmustheorie paraphrasiert, was unmittelbar die funktionelle Identität von sexueller Energie und Geld aufzeigt:

Normalerweise wird mehr Energie aufgebaut, als der Körper entlädt; wenn dies immer so weiterginge, müßte der Organismus ständig wachsen und platzen. Um ein stabiles, ökonomisches Energieniveau aufrechtzuerhalten, muß die überschüssige Energie in mehr oder weniger regelmäßigen Zeitabständen abgeführt werden. Diese ökonomische Energieabfuhr ist die Funktion des Orgasmus.

Baker selber zieht die Verbindung von Geld und (sexueller) Energie, wenn er im Rahmen seiner Darstellung der Orgasmustheorie schreibt:

Normalerweise wird mehr Energie erzeugt, als verbraucht werden kann. Energie wird im Körper angesammelt wie Geld auf der Bank für Notlagen. (…)

Auch in der „Psychoökonomie“ wird Geld mit genitaler Libido gleichgesetzt (Gold mit analer Libido). So steigt der Wert des Dollars in Übereinstimmung mit dem Bild, das wir uns vom amerikanischen Präsidenten, von seiner „Potenz“ machen (dementsprechend steigt der Wert des Goldes, wenn der Präsident als schwach erscheint). Die Psychoökonomie behauptet auch, daß Geld, genauso wie die genitale Libido im moralischen Menschen, mit Schuld verbunden ist und daß deshalb reich gewordene Nationen alles tun, um ihren Reichtum wieder zu verlieren und sich so von den Schuldgefühlen zu befreien – durch Kriege, unsinnige babylonische Großprojekte oder durch „Revolution“ und Umsturz. Die sozialistische Ideologie lebt von diesen Schuldgefühlen!

Zu derartigen Vorstellungen, zu dieser kurzschlußartigen Verbindung von Psychoanalyse und Ökonomie, wäre ähnliches zu sagen wie meine Ausführungen über die „Psychohistorie“, aber ein Fünkchen Wahrheit steckt sicherlich drinnen.

Was den Energiecharakter des Geldes ganz allgemein betrifft, hat schon Heraklit gesagt:

Alles ist Austausch des Feuers [= Energie] und das Feuer Austausch von allem, gerade wie für Gold [= Geld] Waren und Waren für Gold eingetauscht werden.

Im Tausch liegt das wahre Geheimnis des Geldes. Genauso wie bei den Bionen Energie aus zerfallender Materie fließt, oder wie Reich die Energie aus den Muskelverspannungen löste, macht im wahrsten Sinne des Wortes Geld die Güter „liquide“. Es löst den Wert aus der Materie, es durchbricht die „Panzerung der Güter“ und läßt die Energie zwischen Geber und Nehmer ohne Einschränkung fließen. Erst durch das Geld können wir ein beliebiges Gut „verflüssigen“, erst so Teelöffel gegen eine Briefwaage eintauschen. Ich brauche eine Briefwaage, mein Bürobedarf-Händler aber nicht meine wertvollen Teelöffel, die ich erst beim Antiquitätenhändler in Geld auflösen muß, das mir den Austausch mit dem Händler für Bürobedarf ermöglicht.

Es wäre natürlich lächerlich einfach zu behaupten, daß wir einen Teelöffel in Geld auflösen könnten. Was wirklich „aufgelöst“ wird, ist das „Mana“ im Teelöffel. (Nicht ohne Grund sprach Marx vom „Fetischcharakter der Waren“!) Es ist das Wert-Gefühl, das wir mit dem Teelöffel verbinden. Dies heißt, in Wirklichkeit tauschen wir keine Teelöffel gegen Briefwaagen, sondern die Gefühle, die wir mit ihnen verbinden. Das Geld ist hier einfach nur das Wertzeichen – die Verkörperung des Mana. (Man denke an das Geschehen auf einem Flohmarkt!)

Genau wie die Sexualität wird so auch die Ökonomie nicht von „rationalen“ Überlegungen und rein quantitativ faßbaren Faktoren bestimmt, sondern von Gefühlen. Wert entsteht buchstäblich durch unsere „Bewertung“. Wird die freie Welt nicht vom linksliberalen Charakter kastriert, verhält sie sich in dieser Hinsicht auch nicht anders als jede Gruppe genital gesunder „Wilder“. So schloß Bronislaw Malinowski, auf den sich ja Reich immer wieder berufen hat, aus seiner Untersuchung der Ökonomie der Trobriander in Argonauten des westlichen Pazifik (Frankfurt 1984), daß Wert aus den Emotionen erwächst, die die Dinge umgeben,

die durch Befriedigung menschlicher Bedürfnisse Empfindungen zu wecken vermöge. Auch der Wert handwerklich hergestellter Gebrauchsgegenstände muß aus dem emotionalen Wesen des Menschen erklärt werden (…).

Dem hingegen hat Marx in seiner objektivistischen Wertlehre den „Wert“ vollständig vom Gefühlsleben des Menschen abgetrennt. In Das Kapital erklärt er den Tauschwert mechanistisch als „eine bestimmte gesellschaftliche Manier (…), die auf ein Ding verwandte Arbeit auszudrücken.“ Wie genau in den Gütern „geronnene“ Arbeitszeit es schafft, auf dem Markt die Preise zu bestimmen, hat aber noch nie jemand erklären können. So gaben die Ökonomen die traditionelle scholastische und mechanizistische Arbeitswertlehre auf (Marx war als Ideologe nur ihr konsequentester Vertreter) und ersetzten sie durch die „subjektive Wertlehre“: mechanistische „Physik“ wurde durch Psychologie ersetzt.

Nun werfen die Marxisten gerade Reich den „umfassenden Versuch einer psychologischen Revision des Marxismus“ vor (so z.B. Siegfried Kätzel in seiner ideologiegeschichtlichen Studie Marxismus und Psychoanalyse, Berlin „DDR“ 1987). Unbegreiflicherweise ist aber in der Reich-Marx-Diskussion m.W. noch nie ein Zusammenhang zur Wertlehre hergestellt worden, entstand doch die subjektive Wertlehre um das Jahr 1870 gleichzeitig mit dem Aufkommen des psychologischen Denkens.

Marx ging also vom Produzenten und seinem Arbeitsaufwand aus. Dazu gehörte auch, daß im „Historischen Materialismus“ die Produktion und nicht die biologische Bedürfnisstruktur des Menschen „Unterbau“ der gesellschaftlichen Entwicklung ist. So ist es bezeichnend, daß die Marxisten Reich des weiteren vorhielten, er wäre kein „historischer Materialist“ und daß er stattdessen „einem primitiven Bedürfnismaterialismus, der nur eine Kehrseite des Idealismus ist“, fröne. Kätzel wirft Reich vor, mit der Einordnung der biologischen Grundbedürfnisse in den Unterbau, habe Reich „die marxistische Bestimmung des Verhältnisses von Produktion und Bedürfnis verfehlt“. Denn für Marx habe „die Produktion den Ausgangspunkt und das übergreifende Element der Entwicklung dargestellt, während die Konsumption als Bedürfnis selbst inneres Moment der produktiven Tätigkeit ist“. Demgegenüber habe jedoch Reich durch sein „extrem biologistisches Herangehen“, den Menschen aus dem „letztlich durch sozialökonomische Verhältnisse determinierten Lebensprozeß der Menschen“ herausgerissen.

Kätzel weist darauf hin, daß bereits 1932 der spätere Präsident der „DDR“, Wilhelm Pieck, als Vertreter des ZK der KPD Reich vorhielt: „Ihr geht von der Konsumption aus, wir aber von der Produktion; ihr seid daher keine Marxisten“ (Was ist Klassenbewußtsein?). Auf diese Auslassung Piecks stellte Reich die Frage, „ob die Bedürfnisse um die Produktion willen erfolgen oder ob nicht umgekehrt die Produktion der Bedürfnisbefriedigung diene“.

Wie wir aus den obigen Erläuterungen Kätzels ersehen, spießt genau diese Frage die Unvereinbarkeit der Reichschen und der Marxschen Herangehensweisen auf. Aus dieser theoretischen Konfliktsituation mit dem Marxismus entwickelte Reich langsam ein vollständig neues „Unterbau-Konzept“, das er „Arbeitsdemokratie“ nannte:

Da alle Arbeitsprozesse voneinander abhängen und miteinander organisch verflochten sind; da ferner die Konsumption die Produktion bestimmt, ist eine natürlich gewachsene und organisch funktionierende Organisation in der gesellschaftlichen Basis gegeben. (Massenpsychologie des Faschismus)

Dieser wirtschaftliche Organismus wird von einem ähnlichen orgonotischen Viertakt bestimmt wie der biologische Organismus:

Die funktionelle Identität von Arbeit und Sexualität gehört zu unseren täglichen Grunderfahrungen: Ich habe das Bedürfnis mich in diesem Blogbeitrag auszudrücken, meine Energie fließt zur Peripherie und verrichtet Arbeit, dadurch entsteht eine ständig ansteigende „Arbeitsspannung“, die mich dazu drängt, endlich die Frucht meiner Anstrengungen auf WordPress vor mir zu haben, woraufhin ich mich befriedigt und entspannt zurücklehne. Das daraus resultierende Selbstbewußtsein speist meine Sexualität, genauso wie diese für neue Inspiration und Motivation sorgt. So pendelt das Leben zwischen diesen beiden Polen:

Dem entspricht auch:

Grundlage dieser Pulsation ist die biologische Energie und ihr Viertakt. Marx hat diesen Viertakt negiert, indem er statt der Biologie die sozioökonomischen Verhältnisse als die Grundlage des Wirtschaftens nimmt. Diese Negierung zeigt sich insbesondere in seiner Wertlehre. Die Erstarrung, zu der dies führt, sieht man besonders klar in der von ihm geforderten Abschaffung des Geldes, mit dessen Hilfe wir die Güter „verflüssigen“. Letztlich läuft das ganze auf eine reglementierte Zuteilungswirtschaft hinaus, in der dem Träger des Arbeitsprozesses die Spannungslösung an seinem Arbeitsprodukt vorenthalten wird, was genauso verheerend ist wie ein Coitus interruptus.

Aus Sicht der Energontheorie von Hans Hass kann man Marx eine Drangsalierung des Wirtschaftsorganismus vorwerfen, denn „dem Menschen die Früchte seiner Tätigkeit zu entziehen bedeutet (…), dem Lebensstrom seinen stärksten und ursprünglichsten Impuls zu nehmen.“ Hass schreibt weiter:

Das Streben nach allem, was „Glück“ und Annehmlichkeiten schafft, wurde (…) zum stärksten Impuls für die Energonbildung – zur stärksten aller die Evolution vorantreibenden Kräfte. (Naturphilosophische Schriften, München 1987, Bd. 3)

Gerade diese Kräfte hat Marx mit seiner Dialektik der Entwertung des Lebendigen zerstört.

Trotzdem Hass, was die funktionelle Identität von „Wirtschaftsökonomie“ und Sexualökonomie betrifft, Marx einiges voraus hat, hängt Hass doch inkonsequenterweise der Marxschen Werttheorie an. Für Hass ist Geld „immer und ausschließlich ein Anweisungsschein auf menschliche Arbeitsleistung – deren Wert je nach Angebot und Nachfrage sowie sonstigen Umständen schwankt“. Karl Marx sei ebenfalls dieser Ansicht gewesen, denn nach Marx sei „durch die zu seiner Produktion erheischte Arbeitszeit“ der Wert des Geldes bestimmt und drücke sich „in jedem Quantum jeder anderen Ware aus, worin gleich viel Arbeit geronnen ist“. Hass‘ Anlehnung an Marx ist deshalb inkonsequent, weil Hass ständig die Rolle der Nachfrage hervorhebt und den Wert nach ihr schwanken läßt.

Dazu hat Alfred Stobbe in Gesamtwirtschaftliche Theorie (Berlin 1975) geschrieben:

Die generelle Hypothese, daß die relativen Preise der Güter allein durch die zu ihrer Herstellung gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit erklärt werden können, wird schon durch die Tatsache widerlegt, daß Preise aus Angebot und Nachfrage entstehen und sich demnach erst auf dem Markt entscheidet, wieviel Arbeitszeit gesellschaftlich notwendig ist.

Die Übereinstimmung in der Werttheorie führt bei Hass zu ähnlichen mechanistischen Konsequenzen wie bei Marx. So will Hass das „gerechte Abstimmungsverhältnis“ zwischen Arbeitgeber und -nehmer mit Hilfe des Computers bestimmen. Während heute die „gerechte Abstimmung zwischen Energonen verschiedener Integrationsniveaus“ (Angestellter-Betrieb, Bürger-Staat, Betrieb-Staat, etc.) nur durch „Daumenpeilung, Erfahrung und jeweilige Interessen“ versucht werde, würde man dies mit Hilfe der Energontheorie „nüchtern und gerecht“ durch Computer berechnen können. Andererseits sagt Hass aber auch wieder, daß nur in einer durch die Nachfrage geregelten Marktwirtschaft „die divergierende Interessen von Mensch und Lebensstrom einen Ausgleich finden“.

Man sieht den Widerspruch, bzw. die Inkonsequenz: Wird der Wert nun durch Arbeitsleistung bestimmt oder durch den Markt? Und kann man Arbeitsleistung durch die Arbeitszeit bestimmen? Werden Interessen nun durch Computer oder das freie Spiel der Kräfte, bzw. durch Angebot und Nachfrage ausgeglichen? Diese Art von Inkonsequenz findet sich auch dort, wo Hass einen Konflikt zwischen den Konsuminteressen des Individuums und den Interessen des Lebensstroms postuliert, was ja wieder seiner zuletzt zitierten Aussage widerspricht. Hass sagt einerseits:

Wo (…) Luxusstreben zum Selbstzweck wird, Schwäche erzeugt und zur Leistungsverweigerung führt, verliert es seien Selektionswert und wird zur Ursache des Untergangs der Kulturen. (Hass/Lange-Prollius: Die Schöpfung geht weiter, Stuttgart 1978)

Also schwächt der Konsum den Lebensstrom? Nein, er schwächt das Individuum, denn an anderer Stelle schreibt Hass, daß, vom einzelnen Energon aus gesehen, alle Gewinne „die in Luxuskanäle fließen, ein klarer Verlust“ sind.

Für den Lebensstrom dagegen sind sie es nicht. Vielmehr heizen sie die Gesamtentwicklung an – nicht unähnlich der kannibalischen Tätigkeit aller tierischen Energone. (ebd.)

Diese Widersprüche in der Energontheorie fußen sicherlich auch in einem mangelnden Verständnis der biosexuellen Funktionen in der Konsumption. Ist doch die Sexualität in sich selbst auch „widersprüchlich“, denn einerseits ist sie eine Entladungsfunktion, andererseits aber gibt sie unserem Energiesystem neuen Schwung und frische Energie. (Der Organismus erhöht automatisch sein Energieniveau, wenn eine geregelte Entladung gesichert ist.)

Die von den Massenmedien propagierte „nicht-koitale“ klitorale, phallische, prägenitale und pornographische Sexualität (in der die Genitalität mehr tabuisiert wird als im reaktionärsten Katholizismus) führt nicht zu Entladung und wohliger Entspannung, sondern erhöht nur die innere Spannung. Das dazu korrespondierende „fickende“ Konsumverhalten führt entsprechend zu innerer Leere und zur Zerstörung der Umwelt. Die Menschen finden keine Erfüllung und Entspannung mehr und suchen deshalb immer zerstörerische Reize. Es gibt demnach eine funktionelle Identität von kontaktloser Promiskuität und kontaktlosem Konsumrausch. Beide sind das Gegenteil dessen, als was sie oberflächlich erscheinen. In Wirklichkeit haben sie mit Sexualität und Konsum nichts zu tun.

Die Identität von Sexualität und Konsum sieht man auch daran, daß beide Ausdrucksformen überschüssiger Energie unglaublich prägbar, sublimierbar und pervertierbar sind. Hierzu schreibt Hass:

Essen, Kleidung, Wohnung, Ehe schaffen einen ziemlich festliegenden, ziemlich klar vorgezeichneten Bedarf. Alles, was darüber hinausgeht, aller „Kultur“- und „Luxusbedarf“, ist dagegen labil und beeinflußbar. Erziehung, Prägung und Mode spielen hier eine entscheidende Rolle. Sind erst die Grundbedürfnisse befriedigt, dann eröffnet sich eine Vielheit von Möglichkeiten, gewonnene Überschüsse annehmlichkeitssteigernd zu verwenden. (Naturphilosophische Schriften, Bd. 2)

Interessant ist auch, daß sich im Vergleich zum Tierreich erst beim Menschen Sexualität und Konsum ganz entfaltet haben. Hass:

Tiere freuen sich ebenfalls ihres Lebens, rollen zum puren Vergnügen auf dem Boden herum. Viel mehr „Luxus“ können sie sich aber mit ihren Überschüssen nicht leisten. Geht es einem Tier gut – dann pflanzt es sich fort. Beim Menschen ist es ebenfalls noch so – darüber hinaus aber wurde er zu einem Spezialisten in Schaffen von „Annehmlichkeiten“. (ebd.)

Neben der Entladungsfunktion von Sexualität und Konsum gibt es, wie gesagt, den revitalisierenden Aspekt. Durch Verkümmerung von Sexualität (Zwangsmoral) und Konsum (sozialistische Verzichtsideologie) entwickelt sich beim Individuum und im gesellschaftlichen Organismus langsam eine „Schrumpfungbiopathie“. Die Menschen dörren buchstäblich aus, weil ihre „Luxus-Bedürfnisse“ immer wieder frustriert werden und ihnen immer wieder eingebleut wird, sie sollten ihre „biologistischen“ Wünsche dem „sozialistischen“ Wohl opfern. Auch für die Gesellschaft als Ganzes bedeutet dies, daß sie langsam verfault, denn die „menschlichen Luxuswünsche“ sind der Antrieb der zweiten Hälfte der Evolution. Würden sie „erlöschen, dann fiele der gigantische vom Menschen geschaffene Energonbau wie ein Kartenhaus in sich zusammen“ (Hass/Lange-Prollius: Die Schöpfung geht weiter, Stuttgart 1978). Genauso wie für alle Tiere letztlich die Pflanzen die Energiequelle sind, ist in der Menschenwelt der Bedarf die Energiequelle der Berufstätigen. Konsumverzicht entspricht also genau einer Dürre in der Umwelt – DOR!

Daß sich eine orgonomische Ökonomie, wie sie Reich schon als „Marxist“ zu formulieren begann, nur im Kapitalismus entfalten kann, verdeutlicht folgende von Hass zitierte Aussage des Nationalökonomen Walter Eucken:

Bei Konkurrenz bestimmen die Konsumenten über Art und Umfang der Produktion, wobei die Unternehmer letztlich, wenn auch mit einem gewissen Spielraum, in ihrem Auftrag handeln.

Und was kapitalistische Besitzverhältnisse in einer Arbeitsdemokratie betrifft, hat Malinowski darauf hingewiesen, daß es keinerlei ethnographische Belege für einen „Urkommunismus“ gibt. Er nennt die Meinung, daß „Wilde keinen individuellen Besitz haben, (…) ein altes Vorurteil, besonders bei der Begründung (…) der sogenannten materialistischen Geschichtsauffassung.“ Obwohl „Großzügigkeit und Teilen der einzige Gegenstand strenger moralischer Grundsätze unter den Eingeborenen ist“, sei diese weitverbreitete falsche Auffassung genauso völlig irrig „wie die entgegengesetzte Phantasievorstellung vom besitzhungrigen, ohne Erbarmen alles zusammenraffenden Eingeborenen.“

In Christusmord warnt Reich vor jenen,

die die kämpferische Liebe zum Menschen (…) zu dem üblen Prinzip entstellten, daß der Mensch alles, was er besitzt, ohne Gegenleistung an Modju abtreten soll.

Sie verewigen nur das menschliche Elend. So „sind Sozialisten Feinde des Menschen“, denn

sozialistische Gesinnung führt unweigerlich zu Dirigismus (…) und zwar in dem Ausmaß, in dem Sozialismus ernstgenommen wurde.

Tatsächlich ist der internationale Kapitalismus und das internationale Finanzkapital, das ihn erst möglich macht, das größte Friedensprojekt der Menschheitsgeschichte. Roman Zakharenko (HSE International College of Economics and Finance) et al. zufolge verringert der Abbau von Handelsschranken zwischen Ländern die Wahrscheinlichkeit eines bewaffneten Konflikts und führt zu einer Senkung der Verteidigungsausgaben. Auch wirkt er sich positiv auf die Situation in benachbarten Ländern und der Welt als Ganzer aus. Die Forscher konzentrierten sich dabei auf drei Länderpaare: Israel und Jordanien, Nordkorea und Südkorea, Rußland und die Vereinigten Staaten. Was Israel und Jordanien betrifft, führte vermehrter Handel nicht nur zu einem Rückgang der Verteidigungsausgaben der beiden Länder, sondern auch der USA, Ägyptens und Saudi-Arabiens. Zakharenko zufolge führt jede zusätzliche Milliarde Dollar, die zwischen Rußland und den USA gehandelt wird, zu einer Reduzierung der Verteidigungsausgaben in der Welt von 115 Millionen US-Dollar. Entsprechend könnte ein Abbau der gegenwärtigen Handelsschranken zwischen den beiden Ländern aufgrund wechselseitiger Sanktionen zu einer Auflösung der bestehenden Konflikte beitragen. Wäre Rußland der Welthandelsorganisation 10 Jahre früher beigetreten, wäre es, so Zakharenko, vielleicht gar nicht zu Sanktionen gekommen. Die Mitgliedschaft in internationalen Organisationen und die Entwicklung der Transportinfrastruktur trage dazu bei politische Spannungen zu lindern.

Kapitalismus und die Funktion des Orgasmus (Teil 5)

2. Juli 2015

In Ökonomie und Sexualökonomie habe ich dargestellt, wie die Befreiung der Sexualität aus ihren mittelalterlichen Fesseln den Kapitalismus hervorgerufen hat und daß die planwirtschaftliche Zersetzung des Kapitalismus uns zurück ins Mittelalter treibt (wie bereits 1933 infolge der Weltwirtschaftskrise geschehen).

Durch die Verkümmerung von Sexualität (Zwangsmoral) und Konsum (sozialistische Verzichtsideologie) kommt es beim Individuum und im gesellschaftlichen Organismus langsam zur „Schrumpfungsbiopathie“. Der Marxismus läuft auf eine reglementierte Zuteilungswirtschaft hinaus, in der dem Träger des Arbeitsprozesses die Spannungslösung an seinem Arbeitsprodukt vorenthalten wird, was genauso verheerend ist wie ein Coitus interruptus. Die Beschneidung der Arbeitsenergie rächt sich ähnlich wie die Nichtbeachtung der sexualökonomischen Naturgesetze.

Die „gesellschaftlicher Abpanzerung“ der Sexualenergie ist funktionell identisch mit der „gesellschaftlichen Abpanzerung“ der Arbeitsenergie.

Die beiden humanbiologischen Grundfunktionen Sexualität und Arbeit sind ursprünglich in der gleichen Institution beheimatet: der Familie („Familie“ im weitesten Sinne des Wortes!). Die Familie geht aus der sexuellen Gemeinschaft hervor, die wiederum auf der Überlagerungsfunktion gründet („genitale Umarmung“). Mit der Familie kommt es zur ersten Teilung der Aufgaben im Überlebenskampf: die Funktion „Arbeit“ taucht auf. Diese neue Funktion, mit all ihren „Sachzwängen“, steht in einem gewissen Gegensatz zur Sexualität. Zum Beispiel gibt es, damit das reibungslose Funktionieren der Arbeitsteilung garantiert ist, in ausnahmslos allen Kulturen (die noch nicht ganz vom Patriarchat untergraben wurden) das Inzesttabu, sowie (wenn auch weniger ausgeprägt) die öffentliche Tabuisierung der sexuellen Gemeinschaft der Eheleute. Zum Beispiel ist das schlimmste denkbare Schimpfwort der Trobriander: „Beschlafe deine Frau!“ Ähnlich ist die Sexualität in der späteren arbeitsteiligen Gesellschaft am Arbeitsplatz tabuisiert. Ihr Ort ist die „Freizeit“.

Bei aller Gegensätzlichkeit gibt es in den Bereichen Sexualenergie und Arbeitsenergie ganz ähnliche Störungen aufgrund von Panzerung im Individuum. Zum Beispiel kann man den Kapitalismus als eine Art „gesellschaftlicher Orgontherapie“ betrachten, weil er die Menschen dazu zwingt, aufzustehen und sich zu bewegen. Wer „sitzt“ kommt unter die Räder. (Das ist im übrigen auch der tiefere, bioenergetische Beweggrund für die „Globalisierungsgegner“ in Deutschland: sie wollen angesichts einer sich bewegenden Welt sitzen bleiben.) Genauso ist es in der Sexualität: wer sich nicht ständig bemüht, findet keinen Partner, kann ihn nicht halten oder endet in einer festgefahrenen lustlosen Beziehung, die nur noch die Bequemlichkeit zusammenhält. Das einzige, was uns davon abhält materiell und sexuell erfolgreich, glücklich und reich zu sein, ist unsere Panzerung, die uns dermaßen verkrüppelt, daß jeder Maulwurfshügel zu einem unüberwindbaren Bergmassiv wird. (Auf unverantwortlich freiheitskrämerische Weise spielen sogenannte „Motivationstrainer“ mit dieser Wahrheit – die in ihren Händen zu einer gemeinen Lüge wird.)

Hinzu kommt die „gesellschaftliche Abpanzerung“. Man denke etwa an die Trennung der Geschlechter in islamischen Ländern, die das „Heiratsmarktgeschehen“ behindert, wenn nicht unmöglich macht und zu sexuellen Übergriffen in den Familien führt, wo wegen der Polygamie ohnehin alle Unterschiede verwischt sind. (Tatsächlich werden in islamischen Ländern fast flächendeckend immer die Cousinen bzw. Cousins geheiratet, was in Jordanien z.B. zu einer Epidemie erblicher Blindheit geführt hat.) Diese Art gesellschaftlicher Abpanzerung der Sexualenergie ist funktionell identisch mit der gesellschaftlichen Abpanzerung der Arbeitsenergie, z.B. wenn sich zwischen dem Produzenten und den Konsumenten diverse Zwischenglieder schieben, die, anstatt das Marktgeschehen zu unterstützen, es behindern (Bürokratien, politische Interessenvertreter, Zwischen- und Großhändler, Gewerkschaften, das Rechtssystem, die Einkommenssteuer: kurz alle mittelalterlichen Restbestände aus der vorkapitalistischen, ständischen Welt der Zünfte).

Jerome Eden schrieb dazu:

Aus seiner gepanzerten Struktur heraus produziert ARM [der gepanzerte Mensch, armored man] die Zwillingsbrüder seiner Versklavung – den „Mittelsmann“ und den Politiker. Wie die Mittlere Schicht seiner gepanzerten Struktur besteuert der Mittelsmann die Energie, die Früchte bioenergetischer Arbeit, weil ARM nicht fähig ist, für seine eigene Produktivität, für den Verkauf und die Verteilung seiner selbst erzeugten Güter die Verantwortung zu übernehmen. Der Politiker repräsentiert ARMs oberflächliche Fassade. Beide sind wesentlich für die Fortdauer der gepanzerten Gesellschaft. Sie können in einer arbeitsdemokratischen Gesellschaft nicht geduldet werden. (The Value of Values, Careywood, Idaho: Jerome Eden, 1980)

Hierher gehört auch das Problem des Geldes, das den Austausch zwischen Produzenten und Konsumenten erst ermöglicht. Wird das Geld so manipuliert, daß es seine zentrale Funktion, einen reibungslosen Austausch zwischen den Marktteilnehmern zu gewährleisten, nicht mehr erfüllen kann, also nicht mehr für Gerechtigkeit sorgt, sondern ganz im Gegenteil das Gift der Ungerechtigkeit in die Gesellschaft trägt, trifft das die Arbeitsdemokratie ins Mark.

Kapitalismus und die Funktion des Orgasmus (Teil 2)

29. Juni 2015

Curtis Barnes zufolge spüren wir eine innere Erregung, die sich als Tätigkeitsdrang äußert und zur Entladung in produktiver Arbeit drängt. Es ist ein angenehmes Gefühl, nach all der Anstrengung sein Arbeitsprodukt schließlich in den Händen zu halten. „Der identische Prozeß bewirkt“, so Barnes, „im sozialen Bereich die ökonomische Aktivität.“ Wird dieses Streben nach Lustgewinn und Profit unterbunden, wird die Gesellschaft freudlos und verarmt materiell.

Ähnlich wie die orgastisch impotente Sexualität nicht zur Entladung, sondern zur Erhöhung der inneren Spannung führt, führt auch ein entsprechendes Konsumverhalten zu innerer Leere und zur Zerstörung der Umwelt. Der Kapitalismus krankt an seinen kranken Menschen. Beispielsweise drückt im freien Medienmarkt mit den vielen Privatsendern der Pöbel alles auf das niedrigste mögliche Niveau. Freie Marktwirtschaft kann nur funktionieren, wenn richtig „bewertet“ wird, z.B. wäre in einer rationalen Gesellschaft Heroin wertlos, egal wie rar es ist, während wissenschaftliche Publikationen breites Interesse fänden. Ein anderes Beispiel ist, daß das organisierte Verbrechen von den Perversionen lebt, die der Sexualunterdrückung entspringen. Freie Marktwirtschaft ist nur in einer sexuell gesunden Gesellschaft möglich.

Es gibt eine funktionelle Identität von kontaktloser Promiskuität und kontaktlosem Konsumrausch. Beide sind das Gegenteil dessen, als was sie oberflächlich erscheinen. In Wirklichkeit haben sie mit gesunder Sexualität und Konsum nichts zu tun. Eine genital gesunde Menschheit würde sich nicht ins Arbeitsjoch spannen, nur um ewig unbefriedigt sinnlosen Konsumgütern nachzujagen, sondern zu einem Gleichgewicht zwischen Produktion und Konsumption finden. Ein ausgeglichener gesunder Libidohaushalt wäre funktionell identisch mit einer ausgeglichenen gesunden Wirtschaft.

Dafür gibt es hinreichend Belege in „primitiven“ Gesellschaften, wo nicht etwa der hochangesehen ist, der viel hat, sondern der viel gibt. (Reste davon findet man im Mäzenatentum.) In solchen Gesellschaften sind Feste der Motor der Wirtschaft, denn sie verteilen die erwirtschafteten Erträge zurück in die Gemeinschaft: Ladung und Konzentration auf dem Markt → Entladung und Verteilung bei den von den Erfolgreichen veranstalteten Festen → Ladung und Konzentration auf dem Markt → Entladung und Verteilung bei den von den Erfolgreichen veranstalteten Festen → Ladung und Konzentration auf dem Markt, etc.

In primitiven Gesellschaften dreht sich alles um gegenseitiges Beschenken, so als würde man eine heiße Kartoffel so schnell wie möglich weiterreichen, um sich nicht die Finger zu verbrennen. Der Austausch von Geschenken, englisch „gift“, beinhaltet den Austausch von „Gift“ – Begriffe, die den gleichen etymologischen Ursprung haben. Diese etymologische Doppeldeutigkeit weist auf eine unbewußte Wahrheit hin, denn, wie Reich dargelegt hat, verrät die Wortbildung die Ausdrucksweise des Lebendigen (Charakteranalyse). Jemanden ein Geschenk zu überreichen, bedeutet das eigene Gift loszuwerden, so daß der Beschenkte es weiterreichen muß – und so fort in einem ewigen Kreislauf.

Freigebigkeit wird hochangesehen, während Knauserigkeit verachtet wird. Dieses weniger ethische als vielmehr ästhetische Urteil scheint damit zusammenzuhängen, daß beim krampfhaften Festhalten der Tauschgüter eine energetische Stagnation eintritt und buchstäblich giftiges DOR akkumuliert wird. Um diesen unappetitlichen Fäulnisprozeß zu verhindern, wird das statische Resultat energetischer Überlagerung in Bewegung gehalten – es soll sich in ORgon zurückverwandeln. Schon als Kind ist mir aus persönlichem Augenschein bei einem familiären Überschneiden der „Klassengrenzen“ aufgefallen, daß Menschen, die im Luxus leben, daran wirklich buchstäblich ersticken. Sie haben etwas seltsam „Unappetitliches“ an sich, strahlen eine merkwürdig „übersättigte Schwermut“ aus. Ein Gefühl, wie wenn man zu viele Süßigkeiten zu sich genommen hat und alles klebrig geworden ist. Ich glaube, es ist eine wirkliche DOR-Krankheit. (Der Begriff „stinkreich“ stammt daher, daß sich im 18. Jahrhundert die Aristokratie nie gewaschen und buchstäblich in die Ecken geschissen hat. Der unerträgliche Gestank in den Schlössern wurde mit Parfüm überdeckt.)