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Was ist der Unterschied von Arbeitsdemokratie und Kapitalismus? (Teil 3)

28. Oktober 2025

Für das bankrotte Frankreich, die Ukraine etc. und das Schleifen der Schuldenbremse werden die kleinen Leute in Deutschland, die die Volkszertreter in die Parlamente gewählt haben, durch die mit immer abenteuerlicheren Mitteln verschleierte Inflation bezahlen müssen. Die Aufgabe des Parlaments ist es, die Regierung zu kontrollieren, damit die mit unserem Geld nicht tun und lassen kann, was sie will. Leider hat sich das ins direkte Gegenteil verkehrt: mit immer neuen teuren Wahlgeschenken („Geschenke“, die wir selbst bezahlen bzw. die unsere Kinder werden bezahlen müssen!) kauft man uns unsere Stimmen ab, als wären wir debile Vollidioten. Nun, ähämmm, ja…

Die Aufgabe der Regierung ist es, für den Schutz unserer körperlichen Unversehrtheit und unserer materiellen Güter zu sorgen. Wird dies konsequent in Angriff genommen, bremsen sofort die Parlamentarier, die sich um die „Bürgerrechte“ von Kriminellen sorgen.

Die Großkriminellen, die Kapitalisten, werden sogar ausdrücklich geschützt. Das geht so weit, daß staatlicherseits potentielle Konkurrenz durch willkürliche Auflagen, die uns „schützen“ sollen, ausgeschaltet wird. Man denke dabei nur an Reichs Auseinandersetzung mit dem medizin-industriellen Komplex in Amerika!

Eine freie Marktwirtschaft, bzw. der „Kapitalismus“, kann nur funktionieren, wenn sie von einem starken „antikapitalistischen“ Staat beschützt wird, der einen rechtlichen Rahmen für die primäre bioenergetische Entfaltung der Wirtschaft zur Verfügung stellt und das System vor den eigenen Entartungen, den „sekundären Trieben“ schützt, also Ausbeutung, Wirtschaftskriminalität, Kartellbildung, Umweltverschmutzung, etc.

Für Reich lag die praktische soziale Aufgabe in der Sichtung erstens aller natürlichen Lebenskräfte im Individuum und in der Gesellschaft und zweitens aller Hindernisse, die ihrem spontanen Funktionieren entgegenwirken. „Die ersten müssen gefördert, die zweiten müssen ausgeschaltet werden“ (Massenpsychologie des Faschismus, Fischer TB, S. 313). Das ist die einzige rationale Funktion des Staates.

Eine entsprechende Auffassung hat bereits Adam Smith vertreten. Er betrachtete die Wirtschaft als ein System, das auf dem rücksichtslosen Eigennutz beruht. Erst die geheimnisvolle „unsichtbare Hand“ würde aus Bösem Gutes, aus Eigennutz Gemeinnutz machen.

Diese „unsichtbare Hand“, die quasi demokratisch alles zum besten der Allgemeinheit richtet, ist natürlich nichts anderes als das, was Reich „Arbeitsdemokratie“ genannt hat. Je besser diese funktioniert, desto weniger staatlicher Zwang ist notwendig.

Smith hat, angesichts des gegenwärtigen Zustandes der „menschlichen Natur“, dieser „unsichtbaren Hand“ nicht blind vertraut und gefordert, daß den „bösen“ Unternehmern von Staatswegen und durch eine ständig alerte kritische Öffentlichkeit unablässig auf die Finger geschaut werden müsse. Ohne Kontrolle würden die Kapitalisten ansonsten bestrebt sein, den Markt auszuschalten und durch geheime Absprachen die Löhne zu drücken und die Preise hochzuhalten.

Er konnte nicht den heutigen Finanzkapitalismus voraussehen, der dieses Problem ultimativ verschärft hat.

Was gegenwärtig abläuft, hat die französischen Zeitung Paris-Normandie vor einiger Zeit wie folgt zusammengefaßt:

Alle Staaten sind überschuldet und leihen sich von den Banken das Geld, das sie dann Griechenland leihen, damit dieses die Banken auszahlen kann. Die wiederum spekulieren darauf, daß die Staaten ihre Schulden nicht zurückzahlen können.

Der Staat wird zum Büttel der Mafia und deslegitimiert sich zunehmend. Das läßt sich beispielsweise (bzw. mit weit mehr Berechtigung) auch über Großbritannien oder gar Belgien sagen! Tatsächlich über jedes westliche Land. Der entscheidende Unterschied ist, daß jeder von uns ein grundgesetzlich verbrieftes WIDERSTANDSRECHT hat. „Stauffenberg“ ist im Grundgesetz verankert, weil Stauffenberg selbst keine gesetzliche Grundlage hatte.

Dem militärischen Widerstand im „Dritten Reich“ ging es nicht um „soziale Gerechtigkeit“, „Rechtsstaatlichkeit“ oder Demokratie (die hatte im Zweifelsfall eher die Nationalsozialisten auf ihrer Seite, wie u.a. die Reaktion der Bevölkerung auf das Hitler-Attentat zeigte), ihnen ging es einzig und allein um Deutschland. Sie wollten einen Psychopathen und seine Spießgesellen beseitigen, der Deutschland zu seiner Verfügungsmasse gemacht hatte.

Was ist das, „Deutschland“? Deutschland ist der Boden, auf dem seit unvordenklichen Zeiten unsere biologischen und kulturellen Vorfahren gelebt haben. Deutschland bedeutet ein enges (genetisches) Verwandtschaftsverhältnis, ein gemeinsames Rechtsgefühl und eine gemeinsame Kultur (von der Sprache, über die Alltagssitten bis hin zu Goethe).

Deutschland bedeutet vor allem Tiefe. Das heißt, daß wir nicht nur in der „flachen Gegenwart“ leben können, sondern immer unserer Vorfahren gedenken müssen, damit diese nicht umsonst gelebt haben. Und wir müssen vor allem, bei allem was wir tun, an unsere Kinder und Kindeskinder denken. Wir können nicht tun und lassen was wir wollen, da wir nur Glieder einer Kette sind. (Alles frei nach Edmund Burke.)

Der Leser mag einwenden: „Einen Scheiß muß ich!“ Aber das ist Pseudoegoismus, denn die beschriebene bioenergetische Spannung, die wir als „Zeitpfeil“ abstrahieren, trägt uns, macht uns aus, sorgt erst dafür, daß wir wir selbst bleiben und die Spannkraft haben, für uns selbst einzutreten.

Stattdessen wurden wir zu schwachen identitätslosen schizoiden Autisten gemacht, die zuließen, daß irgendwelche minderbegabten Marionetten („Politiker“) Millionen kulturfremde (bzw. „kulturfeindliche“) Menschen ins Land geholt haben, was das Wort „Deutschland“ (Land der Deutschen) schon bald rein demographisch ad absurdum führen wird. Sie haben durch eine Ent-Bildungspolitik die Kultur zerstört (man denke nur an die schwachsinnige Rechtschreibreform!). Sie haben mit einem allumfassenden Meinungsterror („Kampf gegen Rechts“) die Demokratie faktisch beseitigt. Sie haben das bißchen Souveränität, das dieses Land nach dem Zweiten Weltkrieg wieder erlangt hat, an Euro-Bürokraten und ein Pseudoparlament in Brüssel und groteskerweise Straßburg abgetreten. Sie haben dieses Land langfristig ruiniert, als sie die D-Mark mit dem Lira und der Drachme vereinigten. Kurz gesagt, haben sie in ihrem verblendeten Machbarkeitswahn alles organisch Gewachsene zerstört.

Wenn ich sehe, wie die Wiedergänger Hitlers Kränze am Bendlerblock niederlegen, schnürt es mir die Kehle zu. Nein, es sind keine „bösen Menschen“; es sind Kindsköpfe, die keinerlei Gefühl für Tiefe haben. Es sind lebensfremde Sabbelbütel.

Dieses Pack hat nie gearbeitet, sondern immer nur doziert, wie andere zu arbeiten haben. Wie Hitler sind es persönlichkeitsgestörte Sonderlinge, die irgendwelchen fixen Ideen nachhängen. Beispielsweise wird uns gepredigt, wir sollten uns den Lebensgewohnheiten unserer Gäste anpassen. Die Politikanten identifizieren sich mit den fremden Asozialen, weil sie selbst außerhalb des Volkskörpers stehen.

„Nachhaltgkeit“ kennen diese Politiker nur dort, wo sie dem deutschen Volk schadet. Das betrifft insbesondere vom Klimawahn geprägte Energiepolitik, die im übrigen einer ungemeinen und praktisch irreversiblen Schädigung des Landschaftsbildes und sogar mit Umweltzerstörung einhergeht. Deutschland wird systematisch zerstört.

Man kann nicht häufig genug unterstreichen, daß es keine „soziale“, sondern ausschließlich eine charakterologische Frage gibt: die Freiheitsunfähigkeit, die Sklavenmentalität, der Massen, die von den Politikern ausgenutzt und perpetuiert wird. Mit anderen Worten: der Sozialismus ist das eine und einzige Problem. Das zeigt sich besonders schön am Beispiel Arbeitslosigkeit.

Ähnlich wie einst in der „DDR“ gedeiht in Deutschland unterhalb der politischen Gängelung eine sich selbst steuernde Schattenwirtschaft, was durch die Einführung des absurden Mindestlohns noch weiter verschärft wurde: ein schildbürgerliches Programm zur Förderung der Schwarzarbeit. Nach Schätzungen verbergen sich dort mehr als 8 Millionen Vollzeit-Arbeitsverhältnisse.

Wie in Hans Hass und der energetische Funktionalismus dargelegt, wird der Bedarf nach spezialisierten Arbeitsleistungen auch nicht annähernd befriedigt. Wir leben buchstäblich in einer sozialistischen Service-Wüste! Ohne „Sozialstaat“ und „Arbeitsmarktpolitik“, d.h. ohne gesellschaftliche Panzerung, hätten wir Vollbeschäftigung!

Das ganze zeigt auch, wie die gepanzerte Gesellschaft von der Arbeitsdemokratie aufrechterhalten wird, die weiterfunktioniert unabhängig davon, was die parasitäre politische Pest auch immer anrichten mag, etwa mit obszönen Absurditäten wie der „Agentur für Arbeit“ (sic!), die pro Mitarbeiter im Jahr ein Arbeitsverhältnis vermittelt. Siehe dazu Reichs Ausführungen in den Schlußkapiteln der Massenpsychologie des Faschismus.

Max Stirner, Soter (Teil 27)

9. September 2025

Durch Freundschaften, Handelsaustausch und andere Formen des lustvollen „Verkehrs“ löst sich die ursprüngliche Gesellschaft auf und es entsteht der Verein. Betrachtet man, so Stirner, das alltägliche Leben, hat man hunderte von solchen teils schnell vorübergehenden, teils dauernden egoistischen Vereinen vor sich: Kinder die sich zum Spielen zusammenfinden, Freundschaften, Liebespaare, etc. (Parerga, S. 204). Im Verein findet man zusammen, um einander zu genießen, wobei keiner der Partner „zu kurz kommt“ (Parerga, S. 204). Aus diesen Vereinen kann wiederum aufgrund der Charakter-Deformationen ihrer Mitglieder eine (sekundäre) Gesellschaft hervorgehen: die berüchtigte „Vereinsmeierei“, Gilden, Parteien, der Staat und andere „heilige“ Gebilde. Sie sind abgestorbene Vereine, in denen das unaufhörliche Sich-Vereinigen zum Stillstand gekommen ist (Der Einzige, S. 342). Reich hat beschrieben, wie aus Lustangst die Menschen aus den „Vereinen“ in eine Ersatzfamilie flüchten, in der das Heimatland die Mutter verkörpert und der „Führer“ den strengen, gerechten und gütigen Vater. (Darauf beruht heute der Antikapitalismus der roten und schwarzen Faschisten.)

Mit der Unterdrückung des Vereins, also des freien „bioenergetischen und arbeitsdemokratischen“ Austausches zwischen den Menschen, wird auch die primäre Gesellschaft zerstört. Das sieht man z.B. daran, daß die Eltern der öffentlichen Schule immer größere Teile der Erziehungsaufgabe zuschanzen. Mit dem generellen Zerfall der Gesellschaft bricht auch die ursprüngliche, die organisch gewachsene Gesellschaft, also die Familie, sogar die Mutter-Kind-Bindung, und damit der unverzichtbare „Mutterboden“ des Einzigen und des Vereins, zunehmend weg. Es ist wie Bodenerosion: die Wüste wächst. Stirner konnte noch wie selbstverständlich aus dem „Nichts“, d.h. der „schaffenden Gedankenlosigkeit“ (Der Einzige, S. 380), der Körperlichkeit, der „Natur“ schöpfen, während die gegenwärtig heranwachsende Generation buchstäblich ins „Nichts“ fällt, in ein inneres Vakuum. Daher die Sucht nach Unterhaltung und Ablenkung – die innere Leere soll gefüllt werden. Stirner konnte noch davon ausgehen, daß es nur Vorteile hat, wenn sich die Kinder von ihren Eltern loskoppeln und in freien Austausch mit ihren Altersgenossen treten (Der Einzige, S. 342). Heute ist es so, daß der Einfluß der Altersgenossen derartig negativ ist, daß verantwortungsvolle Eltern sich weigern müßten, ihre Kinder auf öffentliche Schulen zu schicken. Daß die Grundlage des Vereins zunehmend verschwindet, insbesondere dadurch, daß Frauen „sich selbst verwirklichen wollen“, ist der ultimative Verrat an der Aufklärung.

Neben den angeborenen Instinkten fehlt ihnen auch das erworbene Wissen, das sich quasi in einen „Trieb“ verwandelt hat. Stirner spricht bei diesem „Trieb“ von „bewußtlosem Wissen“ und „Instinkt des Geistes“ und nennt etwa das Taktgefühl (Parerga, S. 93). Zum Beispiel ist unser Organismus seit wir uns von Insektenfressern zu Halbaffen entwickelt haben, auf „Süßigkeiten“ programmiert: süße Früchte, die praktisch nie im Überfluß vorhanden sind. Heute werden wir damit bombardiert. Da ist Selbstzucht gefragt und es gilt Stirners Diktum:

Ich nehme mit Dank auf, was die Jahrhunderte der Bildung Mir erworben haben; nichts davon will Ich wegwerfen und aufgeben: Ich habe nicht umsonst gelebt. Die Erfahrung, daß Ich Gewalt über meine Natur habe und nicht der Sklave meiner Begierden zu sein brauche, soll Mir nicht verlorengehen; die Erfahrung, daß Ich durch Bildungsmittel die Welt bezwingen kann, ist zu teuer erkauft, als daß Ich sie vergessen könnte. Aber Ich will noch mehr. (Der Einzige, S. 374)

Auch spricht Stirner nicht dem sozialen Chaos das Wort. Selbstverständlich ist es den Menschen unbenommen sich zu wehren und „asoziales“ Verhalten zu bestrafen. „Das ist keine Sündenstrafe, keine Strafe für ein Verbrechen.“ Es geht dabei nicht um die Verletzung irgendwelcher „heiligen Gesetze“, sondern um den freien Entschluß des Einzelnen die Folgen etwaiger Taten tragen zu wollen oder nicht (Der Einzige, S. 263f). Es geht darum, daß sich die Geschädigten an jenen gütlich tun, die ihnen Gewalt angetan haben, nicht darum, daß irgendein „heiliges Recht“ befriedigt wird (Der Einzige, S. 266). Oder mit anderen Worten: die Gruppen von Menschen geben sich Regeln, die das Verbrechen zu einer Dummheit machen – oder die Regeln setzen sich so im Einzelnen fest, daß das Verbrechen zu einer Sünde wird.

Jene Hingebung an das Heilige bewirkt denn auch, daß man, ohne lebendigen, eigenen Anteil, die Übeltäter nur in die Hände der Polizei und Gerichte liefert: ein teilnahmsloses Überantworten an die Obrigkeit, „die ja das Heilige aufs Beste verwalten wird“. Das Volk ist ganz toll darauf, gegen Alles die Polizei zu hetzen, was ihm unsittlich, oft nur unanständig zu sein scheint, und diese Volkswut für das Sittliche beschützt mehr das Polizeiinstitut, als die Regierung es nur irgend schützen könnte. (Der Einzige, S. 267)

Die seit Kindertagen zurechtgestutzten „unterdrückten Massen“ betreiben ein universelles Mobbing gegen den Einzelnen, „den seine Kühnheit, sein Wille, seine Rücksichtslosigkeit und Furchtlosigkeit leitet (…) Das Volk – ihr gutherzigen Leute, denkt Wunder, was Ihr an ihm habt – das Volk steckt durch und durch voll Polizeigesinnung. – Nur wer sein Ich verleugnet, wer ‘Selbstverleugnung’ übt, ist dem Volke angenehm“ (Der Einzige, S. 219f).

Max Stirner, Soter (Teil 25)

30. August 2025

Stirners Vorgänger LaMettrie fordert uns auf, uns nicht von Schuldgefühlen zerfressen zu lassen, „diesen Henkern, diesen bitteren Früchten, die auf dem Baum der Erziehung, nie jedoch auf dem der Natur, gewachsen sind“ (Philosophie und Politik, S. 101); einer „Erziehung „die unsere Seele sozusagen beugt und unseren Organismus verändert“ (Anti-Seneca, S. 21). Einzig für diese seine Lehre von den Schuldgefühlen beansprucht er Priorität (Anti-Seneca, S. 11). Nur diese eine Wahrheit, daß die kontraproduktiven Schuldgefühle eine Plage für das Menschengeschlecht sind, sei die eine und einzige Wahrheit, „die zu kennen für die Menschen von Bedeutung ist, eine Wahrheit, der gegenüber all die anderen Wahrheiten Lappalien sind“ (Anti-Seneca, S. 22). Es geht um das Über-Ich:

Begeben wir uns zurück in unsere frühe Kindheit (…) und wir befinden uns dort, wo das Schuldgefühl entsteht. Das war zunächst einfach irgendein Gefühl, das unbewußt und ungeprüft übernommen wurde und sich so leicht in das Gehirn eingeprägt hat wie ein Petschaft in weichen Wachs. (…) jene frühen Prägungen, die einst das Gewissen gebildet haben (…) Ihre vielförmigen aktuellen Wirkungen sind das, was man als Schuldgefühle bezeichnet. (Anti-Seneca, S. 53f)

Stirner schrieb ein Jahrhundert später: „Die Macht der Worte folgt auf die der Dinge: erst wird man durch die Rute bezwungen, hernach durch Überzeugung“ (Der Einzige, S. 350). Man hat also die äußeren Machtverhältnisse verinnerlicht, ein Über-Ich gebildet. Furcht werde zu Ehrfurcht. „Hier wird nicht nur gefürchtet, sondern auch geehrt: das Gefürchtete ist zu einer innerlichen Macht geworden, der Ich Mich nicht mehr entziehen kann“ (Der Einzige, S. 81).

Einfacher geht es nicht! Man verfehlt Stirner grundsätzlich, wenn man in seinem Buch das „Philosophische, Tiefschürfende und gedanklich Tiefgründige“ sehen will, für das man superintelligent und supergebildet sein muß. Stirner jedenfalls hebt hervor, daß es nicht um Philosophie, Kritik und ein intellektuelles Projekt geht, sondern ganz im Gegenteil sieht er sich nicht als „Superkritiker“, der nur konsequenter kritisiert als alle anderen. Nein, über solche Leute sagt er:

Die Kritik ist der Kampf des Besessenen gegen die Besessenheit als solche, gegen alle Besessenheit, ein Kampf, der in dem Bewußtsein gegründet ist, daß überall Besessenheit oder, wie es der Kritiker nennt, religiöses und theologisches Verhältnis vorhanden ist. Er weiß, daß man nicht bloß gegen Gott, sondern ebenso gegen andere Ideen, wie Recht, Staat, Gesetz usw. sich religiös und gläubig verhält, d.h. er erkennt die Besessenheit allerorten. So will er durch das Denken die Gedanken auflösen, ich aber sage nur die Gedankenlosigkeit rettet Mich wirklich vor dem Gedanken. Nicht das Denken, sondern meine Gedankenlosigkeit oder ich, der Undenkbare, Unbegreifliche befreie mich aus der Besessenheit. (Der Einzige, S. 164, Hervorhebung hinzugefügt).

Stirner will sich nicht am „Logos“ abarbeiten, ihn entwickeln oder sonstwas, sondern einen Schritt darüber hinaus ins „Unsagbare“ tun (Der Einzige, S. 201): Selbstregulation, während die Philosophie für Regulation steht – „die Stimme des Gewissens“. Deshalb sollte man zu viel Achtung vor der „Intellektualität“, vor dem Denken, von sich weisen. Stirner:

Dies Letzte nun, das Denken selbst zu einer Sache des egoistischen Beliebens, einer Sache des Einzigen, gleichsam zu einer bloßen Kurzweil oder Liebhaberei zu machen und ihm die Bedeutung, „letzte entscheidende Macht zu sein“, abzunehmen, diese Herabsetzung und Entheiligung des Denkens, diese Gleichstellung des gedankenlosen und gedankenvollen Ich’s, diese plumpe, aber wirkliche „Gleichheit“ – vermag die Kritik nicht herzustellen, weil sie selbst nur Priesterin des Denkens ist und über das Denken hinaus nichts sieht als – die Sündflut. (Der Einzige, S. 166, Hervorhebung hinzugefügt)

Wenn Stirner gegen das „Heilige“ angeht, dann meint er bornierte, in sich verpanzerte Unaufgeschlossenheit – und nicht irgendwelche spontan aufkommenden natürlichen und alles andere als bornierten Gefühle, die man gegenüber seiner Geliebten, seinen Kindern, seinen Eltern, etc. hegt. Die Unaufgeschlossenen sind Besessene, die „gleich Brutus“, z.B. das natürliche Vatergefühl zu ersticken trachten (Parerga, S. 143) – für irgendwelche hehren Ideen. Nicht natürliche Gefühle will Stirner desavouieren, sondern alles, was keine spontane Sache des Herzens ist.

Stirners „Utopie“ ist der „unsittliche“ Naturzustand, der sich spontan ergibt, wenn Mensch auf Mensch trifft, ohne daß irgendwelche „heiligen“ Instanzen zwischen sie treten. Wie wir gesehen haben, ist dieser „Naturzustand“ nicht im platten Sinne „natürlich“, d.h. er fällt dem Menschen nicht in den Schoß, sondern beinhaltet neben angeborenen Instinkten, auch Wissen, das sich quasi in einen „Trieb“ verwandelt hat – „den Instinkt des Geistes, in ein bewußtloses Wissen, von dem sich jeder wenigstens eine Vorstellung zu machen vermag, wenn er es damit vergleicht, wie so viele und umfassende Erfahrungen bei ihm selbst in das einfache Gefühl sublimiert wurden, das man Takt nennt: alles aus jenen Erfahrungen gezogene weitläufige Wissen ist in ein augenblickliches Wissen konzentriert, wodurch er im Nu sein Handeln bestimmt“ (Parerga, S. 93).

Wie Reich ausgeführt hat, ist die Welt des Mechanisten wie tot, es ist unlebendig. In ihr ist alles determiniert, es gibt keinen Platz für das Schöpferische. Die Welt des Mystizismus ist genauso starr: „es lebt nichts als das Gespenst“. Anders ist es im Animismus, für den die Welt lebendig ist. Entsprechend spricht Stirner davon, daß die „Alten“, „die überall Götter sahen“, nicht wie die „Neuen“ (die Christen mit ihrer Mystik) zu Geistern, d.h. zu bloßen Gespenstern beteten, denn die heidnischen „Götter setzen die Welt nicht zu einem Schein herab und vergeistigen sie nicht“ (Der Einzige, S. 37). Im orgonomischen Funktionalismus begreift der Mensch die Zusammenhänge auch intellektuell und kann sie praktisch angehen: er nimmt die Welt in Besitz.

Alle gesellschaftlichen Gebilde, die man auf dem Papier entwerfen kann, sind rein „mechanische Zusammensetzungen“. Gegen diese „abstrakten, leblosen Einheiten“ steht die lebendige Interaktion der sich befreienden Einzelnen (Der Einzige, S. 252-254). Ihr Verkehr bildet den „flüssigen“ Verein, während Gebilde wie der Staat (status) mechanisch starr sind (Der Einzige, S. 246). Der Verein ist im übrigen auch die heimliche Grundlage unserer kapitalitischen Wirtschaft: „(…) das Geld ist eine Ware, und zwar ein wesentliches Mittel oder Vermögen. Denn es schützt vor der Verknöcherung des Vermögens, hält es im Fluß und bewirkt seinen Umsatz. Wißt Ihr ein besseres Tauschmittel, immerhin; doch wird es wieder ein ‚Geld‘ sein“ (Der Einzige, S. 305).

Der Sozialismus, die Gesellschaft, der Staat oder die „Partei“ ist der „tote Verein, eine fix gewordene Idee“ (Der Einzige, S. 260), der „Leichnam des Vereins“ (Der Einzige, S. 342) der roboterhaft seinen vorgefaßten Vorurteilen bzw. willkürlichen Schnellurteilen folgt (das besagte „reine Denken“ der Narren). Genauso wie ein Mensch, der sich nicht selbst fühlt, nur eine Maschine ist (Parerga, S. 30), fühlt sich auch die Gesellschaft nicht selbst. Die „Gesamtmasse“ handelt genauso willkürlich wie der von der Interaktion abgetrennte „vereinzelte Einzelne“ (Parerga, S. 276). Die Masse ist dumm und verantwortungslos. Objektiv, bzw. „unparteiisch“ kann nur der Egoist nicht der „Parteigänger“ sein (Der Einzige, S. 260). Einzig und allein der souveräne und großzügige Egoismus des Einzelnen kann die Gesellschaft befrieden, während der „zurückgehaltene Egoismus“ der „ungeständigen Egoisten“ die Gesellschaften in ewigen Konflikten zerreißt: „Besessene in ihrem Glauben sind sie zugleich unbesessen von dem Glauben der Gegner, d.h. sie sind gegen diesen Egoisten“ (Der Einzige, S. 165).

Max Stirner, Soter (Teil 20)

11. August 2025

Das Kind bedarf aller möglichen intellektuellen Anregungen, also „Kultur“. Man sollte es ihm jedoch selbst überlassen, was es daraus macht. „Die kindliche Eigenwilligkeit und Ungezogenheit hat so gut ihr Recht als die kindliche Wißbegierde“ (Parerga, S. 94). Doch statt neben dem Wissenstrieb auch den „Willenstrieb“ zu fördern, wird der Eigenwille des Kindes gebrochen und ihm alle möglichen Gefühle eingegeben. Gefühle der Ehrfurcht, Ehrerbietung, Untertänigkeit, Unverletzlichkeit und des Schauders gegenüber Gott, irgendwelchen Menschen und „der Moral“. Sind die Kinder dann gehörig mit „eingegebenen Gefühlen“ vollgestopft, gelten sie als mündige Bürger – auch wenn sie in Wirklichkeit zu hilflosen Tollhäuslern verbogen wurden (Der Einzige, S. 70f).

Bleiben die Menschen unverformt, tragen sie ihr Gesetz in sich selbst und leben danach (Der Einzige, S. 223), doch Jahrtausende der Kultur haben sie von ihrer eigentlichen, d.h. „egoistischen“ Natur entfremdet und in den Wahn verstrickt, sie seien zu irgend etwas „berufen“ (Der Einzige, S. 181). Der Mut, d.h. die Fähigkeit zur Empörung, wird gebrochen und so gebeugt, daß „Demut“ entsteht (Der Einzige, S. 88). Sie sollen sich „einrichten“ (Kontraktion) und buchstäblich nie mehr „aufrichten“ (Expansion) (Der Einzige, S. 354). Erziehung soll sie „vernünftig“ machen, d.h. sie sollen nicht mehr auf sich selbst hören, sondern auf die Stimme des Gewissens (Der Einzige, S. 372). Entsprechend sind die Kinder geborene gewissenlose Verbrecher, – einfach weil sie zunächst nicht wissen, was dem Volk und dem Staat, in das sie zufälligerweise hineingeboren werden, als „heilig“ gilt. „Jedes Kind ist von Geburt schon ein Verbrecher gegen das Volk, den Staat“ (Der Einzige, S. 219).

Die Frage der Erziehung ist die wichtigste, wichtiger als alle sozialen Fragen, – die auf der Erziehungsfrage ruhen (Parerga, S. 75). Die heutige Erziehung bringt den „gesunden“, will heißen normalen Charakter, den starren Homo normalis hervor, der sich gegen das Leben und das Leiden abpanzert, d.h. er wird „unerschütterlich“. Der Charakter einer Gesellschaft ist abhängig von dem Charakter ihrer Mitglieder. Es ist Stirners „Massenpsychologie des Faschismus“:

Weil es kaum Jemand entgehen kann, daß die Gegenwart für keine Frage einen so lebendigen Anteil zeigt, als für die „soziale“, so hat man auf die Gesellschaft besonders sein Augenmerk zu richten. Ja, wäre das daran gefaßte Interesse weniger leidenschaftlich und verblendet, so würde man über die Gesellschaft nicht so sehr die Einzelnen darin aus den Augen verlieren, und erkennen, daß eine Gesellschaft nicht neu werden kann, solange diejenigen, welche sie ausmachen und konstituieren, die alten bleiben. (…) Wie Du bist, so gibst Du Dich, so benimmst Du Dich gegen die Menschen: ein Heuchler als Heuchler, ein Christ als Christ. Darum bestimmt den Charakter einer Gesellschaft der Charakter ihrer Mitglieder: sie sind die Schöpfer derselben. So viel müßte man wenigstens einsehen, wenn man auch den Begriff „Gesellschaft“ selbst nicht prüfen wollte. (Der Einzige, S. 231)

Homo normalis reproduziert die gegenwärtige Gesellschaft, während der lebendige, d.h. nicht festgelegte Charakter etwas grundsätzlich Neues hervorbringen würde; etwas, was Stirner als „Verein“ bezeichnet. Der Verein ist keine fixe Formation wie der „gesunde Charakter“ oder eine „wohlgeordnete Gesellschaft“, sondern ewiger Verkehr, ein „unaufhörliches Sich-Vereinigen“ (Der Einzige, S. 342).

„Verkehr ist Gegenseitigkeit“, während Gesellschaft nur eine von außen definierte rein mechanische Anordnung ist, – die durch den Verkehr zwischen Einzelnen nur gestört wird. Die Gesellschaft wird mehr schlecht als recht von heiligen Prinzipien zusammengehalten, der Verein von dem wechselseitigen Austausch zwischen Einzelnen zu beiderseitigem Genuß; ein subversiver Verkehr gegen den sich die ach so soziale Gesellschaft wehrt, da er ihre Heiligkeit untergräbt (Der Einzige, S. 239-241).

Tatsächlich ist es so, daß, je „sozialer“ es zugeht, die Menschen um so kälter miteinander umgehen, man betrachte etwa die Auswirkungen der „Pflegeversicherung“. Oder etwa der vergangene Realsozialismus, der genau dem entsprach, wie Stirner die „Gefängnis-Gesellschaft“ beschreibt, in der jeder Verkehr unterbunden wird, da dieser direkte zwischenmenschliche Kontakt als Keimzelle eines „Komplotts“ betrachtet wird (Der Einzige, S. 240f). „Der Staat kann es nicht dulden, daß der Mensch zum Menschen in einem direkten Verhältnisse stehe; er muß dazwischentreten als – Mittler, muß – intervenieren. (…) Er reißt den Menschen vom Menschen, um sich als ‚Geist‘ in die Mitte zu stellen“ (Der Einzige, S. 282f). Ebenso kann die Gesellschaft persönliche Auseinandersetzungen („Zweikämpfe“, die keinen Dritten irgend etwas angehen) nicht zulassen, – „es sei denn, daß nicht ein Ich auf ein Du losprügele, sondern etwa ein Familienhaupt auf das Kind: die Familie ist berechtigt, und in ihrem Namen der Vater, Ich als Einziger bin es nicht“ (Der Einzige, S. 205).

Die Familie, also die ursprüngliche Gesellschaft der „natürliche Bund“ (genauso wie etwa der Stamm, die Nation, die Menschheit) ist – nicht der Verein (Der Einzige, S. 349). Stirner ist nicht so naiv, daß er von Individuen ausgeht, die sozusagen in die Welt fallen, von Natur aus selbständig handeln können und dann aus rationalem Kalkül zueinanderfinden. Vielmehr ist die Gesellschaft der Naturzustand; eine „Natur“, die ausreichend Mutterboden für die Entfaltung der Individuen bietet.

Nicht die Isoliertheit oder das Alleinsein ist der ursprüngliche Zustand des Menschen, sondern die Gesellschaft. Mit der innigsten Verbindung beginnt unsere Existenz, da Wir schon, ehe Wir atmen, mit der Mutter zusammenleben; haben Wir dann das Licht der Welt erblickt, so liegen Wir gleich wieder an der Brust eines Menschen, seine Liebe wiegt Uns im Schoße, leitet Uns am Gängelbande und kettet Uns mit tausend Banden an seine Person. Die Gesellschaft ist unser Natur-Zustand. Darum wird auch, je mehr Wir Uns fühlen lernen, der früher innigste Verband immer lockerer, und die Auflösung der ursprünglichen Gesellschaft unverkennbarer. Die Mutter muß das Kind, welches einst unter ihrem Herzen lag, von der Straße und aus der Mitte seiner Spielgenossen holen, um es wieder einmal für sich zu haben. Es zieht das Kind den Verkehr, den es mit Seinesgleichen eingeht, der Gesellschaft vor, in welche es nicht eingegangen, in der es vielmehr nur geboren ist. (Der Einzige, S. 342)

Max Stirner, Soter (Teil 17)

23. Juli 2025

Statt Eigner ihrer selbst zu sein, sind, wie dargelegt, die Triebhaften genauso Besessene wie einst die triebgehemmten Religiösen oder Ideologen: bei den einen ist es der Teufel, der sie umtreibt, bei den anderen Gott. Beide sind Sklaven sowohl der triebhaften Unbeherrschtheit als auch der geistigen „Liebe“: „Gewiß sind Urteile, welche der Haß eingibt, gar nicht unsere eigenen Urteile, sondern Urteile des Uns beherrschenden Hasses, ‚gehässige Urteile‘. Aber sind Urteile, welche Uns die Liebe eingibt, mehr unsere eigenen? Sie sind Urteile der Uns beherrschenden Liebe, sind ‚liebevolle, nachsichtige‘ Urteile, sind nicht unsere eigenen, mithin gar nicht wirkliche Urteile“ (Der Einzige, S. 320).

Natürlich gilt wieder, daß jeder Mensch, wie besessen er auch immer sei, unbewußt der Eigenheit zustrebt. Zum Beispiel erlaubt sich jeder von uns diese oder jene „Emanzipation“, die eine oder andere kleine Revolte gegen diese oder jene „Glaubenswahrheit“. Aber stets flüchten wir die Freiheit wieder und verfallen in die alte oder in eine „alternative“ Besessenheit (Der Einzige, S. 403). Es ist gleichgültig, ob es sich dabei jeweils um „altruistische“ Gottesfurcht oder „egoistische“ Ehrsucht handelt (Der Einzige, S. 375), um ideele oder materielle Güter (Der Einzige, S. 64), es sind „feindliche Brüder“ (Parerga, S. 47f).

Der Besessenheit an sich, können wir uns nur entziehen – wenn wir uns entziehen, d.h. uns ständig selbst „auflösen“ und verbrauchen. Auf diese Weise erklären wir das Recht auf uns selbst. Wir machen uns zu unseren eigenen Geschöpfen, die wir nach Belieben kreieren und wieder auflösen können (Der Einzige, S. 39). Bernd A. Laska zitiert Stirner: „Alle Prädikate von den Gegenständen sind meine Aussagen, meine Urteile, meine – Geschöpfe.“ Stirner wolle nicht, so Laska, daß diese Herren über ihn werden. Stirner: „Wollen sie sich losreißen von Mir, und etwas für sich sein, oder gar Mir imponieren, so habe Ich nichts Eiligeres u tun, als sie in ihr Nichts, d.h. in Mich, den Schöpfer, zurückzunehmen“ (z.n. Laska: Max Stirner, S. 46f). So kommt Stirner zu der paradoxen Feststellung, daß man sich aufgibt, wenn man sich nicht auflösen, nicht aufgeben kann: man ist besessen, das Geschöpf eines anderen, man gehört einem anderen (Der Einzige, S. 324).

Während ein Tier sich „realisiert“, „indem es sich auslebt, d.h. auflöst, vergeht“, versucht der Mensch Begriffe zu „realisieren“, z.B. indem er bestrebt ist „Mensch“ zu sein (Der Einzige, S. 372). Doch der Mensch will mehr sein als ein Tier, stemmt sich gegen die Zeit – und wird zum Opfer seiner eignen Geschöpfe, die seinen Fluß, seine Auflösung hemmen: er wird zum Gefangenen der Vergangenheit (Der Einzige, S. 215).

Als Naturwesen tut der Eigner seiner selbst einfach das, „was er nicht lassen kann“. Er steht jenseits von Ideen wie „Pflicht“ oder „Freiheit“ und ist trotzdem kein „Abgrund von regel- und gesetzlosen Trieben, Begierden, Wünschen, Leidenschaften“, kein „Chaos ohne Licht und Leitstern“, sondern ein Tier, das wie jedes andere Tier auch in seiner „Nacktheit und Natürlichkeit“ seinem Antriebe, d.h. nicht der Gewissensstimme, sondern der „Naturstimme“ folgt (Der Einzige, S. 178f). Damit meint Stirner „die wirkliche Nacktheit, die Entblößung von allem Fremden“ (Der Einzige, S. 153f). Der Egoist ist der „Unheilige“, „Barbar“, „natürliche Mensch“ (Der Einzige, S. 263).

Stirner verwahrt sich jedoch gegen das Mißverständnis, er wolle einen Naturzustand preisen (Der Einzige, S. 411). „(…) Ließe es nicht das Mißverständnis zu, als sollte ein Naturzustand gepriesen werden, so könnte man an Lenaus ‚Drei Zigeuner‘ erinnern. – (…) Ich lebe so wenig nach einem Berufe, als die Blume nach einem Berufe wächst und duftet“ (Der Einzige, S. 411). Aber genau dieses „Mißverständnis“ drängt sich dem Leser ständig auf. Stirner war z.B. der Auffassung, daß wir nicht vor unserer „Nacktheit und Natürlichkeit“ erschrecken brauchen, d.h. wie die Tiere getrost unseren Antrieben vertrauen können (Der Einzige, S. 178). Oder z.B. scheiterte etwa, Stirner zufolge, der deutsche Idealismus, der durch Einsicht den Mensch aus seinen irrationalen Verstrickungen lösen und zu einem sittlichen, vernünftigen, frommen, menschlichen Wesen machen wollte, „an der unbezwinglichen Ichheit, an der eigenen Natur, am Egoismus“ (Der Einzige, S. 373). Die innere Natur stellt sich gegen Zumutungen, die von außen an sie herangetragen werden. Das Heil liegt in der Widerspenstigkeit dieser Natur.

Das sagte Stirner zu einer Zeit, als im Geiste der Aufklärung das Denkvermögen als höchste Instanz galt. Sollte man sich einst gedankenlos Gott und seinen Offenbarungen unterwerfen, galt es nun in „platonistischer“ Tradition selbstevidente „Begriffe“ zu verwirklichen, d.h. insbesondere ein „Mensch“ zu sein. Es war dieser Glaube an die „allgemeine Vernunft“, zu der man gelangt, wenn man alle Individualität von sich abstreift, gegen den Stirner anging.

„Der Staat bemüht sich den Begehrlichen zu zähmen, mit anderen Worten, er sucht dessen Begierde allein auf ihn [den Staat] zu richten und mit dem sie zu befriedigen, was er ihr [der Begierde] bietet“ (Der Einzige, S. 350). Ob es nun um unser „Seelenheil“ oder unser „Menschentum“ geht, es ist stets so wie beim plattesten Materialismus: es geht nicht um mich den Leibhaftigen, sondern um mein Besitztum, meine Eigenschaften: meinen „Geist“, meine „Menschlichkeit“ mein Geld; „man heiratet gleichsam, was Ich habe, nicht was Ich bin“ (Der Einzige, S. 191).

Der Staat ist ein asoziales menschfressendes dämonisches Monster, das gegenwärtig jeden terrorisiert, der „unsere Demokratie“ in dieser Hinsicht entblößt: „Haß und Hetze“. Stirner schreibt, daß ein Mensch sich nur selbst wahrnimmt, wenn er sich gegenüber anderen ausdrückt. „Indem Ich Mich vernehmen lasse und so Mich selbst vernehme, genießen Andere sowohl als Ich selber Mich, und verzehren Mich zugleich“ (Der Einzige, S. 388). Wer sich vernimmt, d.h. Kontakt zum eigenen Selbst hat, der handelt frei (d.h. „egoistisch“) und gleichzeitig vernünftig (verantwortungsbewußt, d.h. „sozial“) (Parerga, S. 124).

Der Mißbrauch der MASSENPSYCHOLOGIE DES FASCHISMUS durch sogenannte „Reichianer“

12. Juli 2025

Der (verzögerte) Einzug des Todesengels mit den bösen Augen in das oberste Gericht Deutschlands ist ein passendes Beispiel: oberflächlich geht es um Sexualökonomie (Schwangerschaftsabbruch), Rationalität (der Staat als Speerspitze der Wissenschaft gegen die irrationalen Impfverweigerer) und Antifaschismus (Verbot der „Nazis“); Dinge, in denen sich die meisten „Reichianer“ suhlen wie Schweine im Dreck, doch tatsächlich geht es ihnen um die Herrschaft einer „Platonischen“ Elite von vermeintlich Aufgeklärten, d.h. um blanken Roten Faschismus. Das sieht man auch an der zweiten Kandidatin der Kommunistischen Partei Deutschlands (der sogenannten „SPD“), bei der sich alles um die „Klimarettung“, Kollektivismus und um Enteignung („Ent-Eignung“) dreht, d.h. um das Ende von Demokratie und Arbeitsdemokratie, da, wie einst in der Sowjetunion, alles von den Vorgaben der Klimadiktatur bestimmt werden soll. Im übrigen: man schaue sich diese Gestalten an und lasse nicht nur ihre mörderischen Worte, sondern vor allem ihren mörderische Ausstrahlung auf einen wirken!

Es gibt Leute, deren gesamtes „Reichianertum“ um diese linke Agenda kreist und die sich gar nicht wieder einkriegen können in ihrer Begeisterung für derartige „antifaschistische“ Helden. Sie Feiern sogar „den Geist des Tages der Bastille“ vom kommenden 14. Juli und setzen die blutige Französische Revolution, diesem mörderische Ausbruch der Emotionellen Pest, implizit mit der „inneren Revolution“ gleich, die die Orgonomie durch Therapie, vor allem aber durch Prophylaxe erreichen will. Dabei sondern diese Leute ständig „Reichianische“ Doktrin ab, von der Funktion des Orgasmus bis zur Entdeckung des Orgons, vom orgonomischen Funktionalismus bis zu ORANUR und CORE, – nur ein Element ist auffällig unterbelichtet; jenes Element, um das sich beim NACHRICHTENBRIEF wirklich alles dreht: die Rolle von Schuld und Scham.

Die gesamte von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (CDU/CSU/SPD/Grüne/Linke) und den von ihr zu 99% kontrollierten Medien und der gleichgeschalteten „Wissenschaft“ propagierte Agenda dreht sich einzig und allein darum dir Schuldgefühe aufzuoktroyieren, weil du für DEINE Tradition, DEINE Interessen, DEIN Eigentum, kurz für DICH eintrittst. Der Schuldkult ist universell: „deutsche Schuld“, Kolonialismus, Rassismus, Sexismus, Spezieismus, Klassismus, Weißismus, Leckmichamarschduverdammterblöderlinkerwichserismus etc. und wird dir 24 Stunden, Baerbocksche 560 Tage im Jahr eingebleut, bis du dich nicht mehr traust, auch nur piep zu sagen. Tust du es trotzdem, klingeln morgens um 6 Uhr die Schergen der BRD-Stasi und beschlagnahmen deine elektronischen Geräte. Hausdurchsuchungen sind das wuchtigste Schwert der Justiz und nur Kapitalverbrechen vorbehalten! Allein daran sieht man die Prioritäten dieses Regimes. Den rotfaschistischen Staat erkennt man immer daran, daß Verbrecher wie „klassennahe Elemente“ gehätschelt und „Dissidenten“ wie Schwerstkriminelle behandelt werden.

Hinzu kommt die Durchsetzung der sozialen Scham, die natürlich letztendlich immer genitale Scham ist. Es ist kein Problem für dieses Unrechtsregime, wenn Islamisten das Kalifat auf deutschem Boden ausrufen und mit ihren schwarzweißen Fahnen durch die Städte ziehen, aber jedes überalterte Grüppchen von „Reichsbürgern“ wird von ihren Rollatoren gerissen und erfährt die volle Härte der Staatswillkür. Bei entsprechenden Demos von Rechten werden schwarzweißrote Fahnen verboten, wie erst vor einer Woche in Münster geschehen. Du mußt ja schon mit Problemen rechnen, wenn du die schwarzrotgoldenen Farben des Heiligen Reiches Deutscher Nation zeigst! In England werden Massengebete von Mohammedanern, die den Verkehr ganzer Stadtteile lahmlegen, mit einem wohlwollenden Lächeln toleriert, während stille (!) Gebete von einzelnen Christen vor Abtreibungskliniken konsequent verfolgt werden und sie ins Gefängnis bringen können. Mit anderen Worten: die einen dürfen auf der Straße ungeniert ihre Notdurft verrichten, während du dich voller Scham verstecken mußt, wenn du dir mit einem Taschentuch nur die Nase putzen willst!

Das ist der Terror der rotfaschistischen Todesengel, die im 20. Jahrhundert 100 000 000 Menschen ermordet haben und deren Blutdurst noch nicht mal annähernd gestillt ist. Ihre Waffen sind seit Rousseau und der Französischen Revolution, seit Marx und der Russischen Revolution und seit Freud und der modernen „freudo-marxistischen“ Unkultur der Schuldkult und die öffentliche Beschämung und Erniedrigung. Die einzige, die EINZIGE, Antwort ist – LSR, die systematische Freilegung und langfristige Beseitigung der individuellen und gesellschaftlichen Panzerung. Liquidar Super-Ego Radicalmente! Julien Offray de La Mettrie! Max Stirner! Wilhelm Reich!

Zum Abschluß noch zwei Punkte:

Die besagten „Reichianer“ erinnern mich an die Christen, die mit Versatzstücken aus dem Neuen Testament, mit „Liebe“ und „Gericht“, nur so um sich werfen, aber vom Kern von „Leben und Lehre Jesu“, wie er von Reich in Christusmord erstmals offengelegt wurde, nicht den blassesten Schimmer haben.

Elsworth F. Baker hat gesagt, daß er als Orgontherapeut an einer entscheidenden Stelle versagt hat, wenn bei Abschluß der Therapie aus einem Liberalen kein Konservativer geworden ist. Die Panzerung (das Über-Ich) ist nicht wirklich besiegt, solange genitale Schuld und Scham, die beim liberalen Charakter wirklich alles bestimmen und wegen seiner sozialen Dominanz die Gesellschaft als ganzes zerstören, nicht restlos ausgemerzt worden sind und stattdessen LaMettries „tugendhafte Lust“ das Leben zu 100% bestimmt.

Max Stirner, Soter (Teil 9)

25. Mai 2025

Das Recht ist die Gewalt des Staates, das Verbrechen die Gewalt des Einzelnen (Der Einzige, S. 216). „Und die Gesetze eines Volkes umgehe Ich, bis Ich Kraft gesammelt habe, sie zu stürzen“ (Der Einzige, S. 183). „Das Recht ist der Geist der Gesellschaft“ (Der Einzige, S. 204) – und stempelt mich zum Verbrecher, wenn ich ich bin. Das Recht, ursprünglich bzw. rationalerweise ein Interessenausgleich zwischen Individuen, ein Werkzeug meiner Macht, wurde zu einer heiligen fixen Idee, die mich, ihren Schöpfer, auslöschen will. Die Energontheorie Hans Hass‘ beschreibt nichts anderes: der Mensch erschuf sich seine Umwelt, um leben zu können und brachte es zu einer ungeheuren Machtsteigerung – nur um festzustellen, daß sich alles gegen ihn, den Schöpfer, wendet; manipuliert, abhängig und kurz vor der Auslöschung. Was bei Stirner der „Einzige“ ist, ist bei Hass die „Keimzelle Mensch“.

Stirner polemisiert insbesondere gegen das „Naturrecht“. Nicht „die Natur“ gebe mir etwas, sondern einzig und allein meine Macht. Es behauptet beispielsweise, die Eltern hätten „von Natur“ Rechte gegen ihre Kinder, was die anderen (die Kommunisten) ebenfalls mit Berufung auf „die Natur“ bestreiten (Der Einzige, S. 206). Dieser Streit „Recht gegen Recht“ wird beendet und ein gedeihliches Zusammenleben erst möglich durch etwas Drittes (siehe dazu aber weiter unten in diesem Post!), das den Streit aufhebt: den Einzigen. „Ich und das Egoistische ist das wirklich Allgemeine, da jeder ein Egoist ist und sich über alles geht“ (Der Einzige, S. 198). „Ob Ich Recht habe oder nicht, darüber gibt es keinen andern Richter, als Mich selbst. Darüber nur können Andere urteilen und richten, ob sie meinem Rechte beistimmen, und ob es auch für sie als Recht bestehe“ (Der Einzige, S. 205). Nur das garantiert die Gleichheit freier Personen, d.h. es ist die einzige Möglichkeit einer Einheit von Freiheit und Gleichheit (Parerga, S. 96).

Die vollendete Trennung schlägt in den Verein, die „Verein-igung“ um. Während derjenige, der nach dem Ideal, nach Wahrsein, Gutsein, Sittlichsein u.dgl. strebt, jeden scheel ansieht, „der nicht dasselbe ‚Was‘ anerkennt, dieselbe Sittlichkeit sucht, denselben Glauben hat: er verjagt die ‚Separatisten, Ketzer, Sekten‘ usw.“ (Der Einzige, S. 372) – und sorgt durch seinen Vereinigungsfimmel für ewigen Streit und Konflikt. Stirner weist beispielsweise darauf hin, daß es nichts bringe, wenn man die damaligen 38 deutschen Staaten dadurch vereinigen wollte, indem man die Bevölkerungen auf das ihnen gemeinsame „Deutschtum“ verweisen würde. Denn nur Einzelne können miteinander in Verein treten, „und alle Völker-Allianzen und Bünde sind und bleiben mechanische Zusammensetzungen, weil die Zusammentretenden, soweit wenigstens die ‚Völker‘ als die Zusammengetretenen angesehen werden, willenlos sind. Erst mit der letzten Separation endigt die Separation selbst und schlägt in Vereinigung um.“ Das „Deutschtum“ trage die Notwendigkeit der Spaltungen und Separationen in sich, „ohne gleichwohl bis zur letzten Separation vorzudringen, wo mit der vollständigen Durchführung des Separierens das Ende desselben erscheint: Ich meine, bis zur Separation des Menschen vom Menschen“ (Der Einzige, S. 254).

Man hat immer versucht die „Andersdenkenden“ zu integrieren, indem man das umfassendere Gemeinsame suchte. „Allein warum sollte Ich nur anders über eine Sache denken, warum nicht das Andersdenken bis zu seiner letzten Spitze treiben, nämlich zu der, gar nichts mehr von der Sache zu halten, also ihr Nichts zu denken, sie zu [vernichten]?“ (Der Einzige, S. 379).

Der letzte und entschiedenste Gegensatz, der des Einzigen gegen den Einzigen, ist im Grunde über das, was Gegensatz heißt, hinaus, ohne aber in die „Einheit“ und Einigkeit zurückgesunken zu sein. Du hast als Einziger nichts Gemeinsames mehr mit dem Andern und darum auch nichts Trennendes oder Feindliches; Du suchst nicht gegen ihn vor einem Dritten Recht und stehst mit ihm weder auf dem „Rechtsboden“, noch sonst einem gemeinschaftlichen Boden. Der Gegensatz verschwindet in der vollkommenen – Geschiedenheit oder Einzigkeit. Diese könnte zwar für das neue Gemeinsame oder eine neue Gleichheit angesehen werden, allein die Gleichheit besteht hier eben in der Ungleichheit und ist selbst nichts als Ungleichheit: eine gleiche Ungleichheit, und zwar nur für denjenigen, der eine „Vergleichung“ anstellt. (Der Einzige, S. 229)

Max Stirner, Soter (Teil 1)

2. April 2025

Reichs Konzept „Kinder der Zukunft“ war denkbar einfach: die Kinder von Anfang an so erziehen, daß sie freiheitsfähig werden, bzw. bleiben, bis sich die Menschheit nach einigen Generationen ganz von der Unfreiheit, der Unfähigkeit frei zu sein, – befreit hat.

Bereits ein Jahrhundert zuvor hatte Max Stirner dargelegt, daß, während ein Tier sich „realisiert“, „indem es sich auslebt, d.h. auflöst, vergeht“, das Kind nicht es selbst sein darf, sondern „Mensch“ werden und entsprechende Begriffe „realisieren“ soll. Es darf sich nicht „ausleben“, da dies identisch mit der Auflösung eben dieser Ideen wäre (Der Einzige und sein Eigentum, reclam, S. 372). Stirner spricht von der inkorporierten Welt der fixen Ideen, die wir zunächst nicht „auflösen“ dürfen und später nicht wieder „auflösen“ können; es wird ein „Jenseits in Uns“ (Der Einzige, S. 170) errichtet – wir panzern uns ab bzw. bilden ein fremdes „Über-Ich“ heraus; bewirten einen Besatzer.

Ja, selbstverständlich bedarf das Kind aller möglichen intellektuellen Anregungen, also den Kontakt mit „Ideen“, man sollte es ihm jedoch selbst überlassen, was es daraus macht. Zum Denken und Sprechen braucht es die in Worten niedergelegten „Wahrheiten“ der Menschen, die, obwohl sie nur im Geist existieren, genauso vorhanden sind wie die Dinge der Außenwelt (Der Einzige, S. 391). „Das Gedachte ist so gut als das Nicht-Gedachte, der Stein auf der Straße ist und meine Vorstellung von ihm ist auch. Beide sind nur in verschiedenen Räumen, jener im luftigen, dieser in meinem Kopfe, in Mir: denn Ich bin Raum wie die Straße“ (Der Einzige, S. 383). Aber dann hat zu gelten, daß, so wie einst der Mensch die äußere Welt unterwarf und sich dienstbar machte, sich auch die innere Welt, die Welt der Gedanken und Ideen ganz der Macht des Menschen, des einzelnen Menschen, zu unterwerfen hat (Der Einzige, S. 402). Es sind bloße Werkzeuge!

Ja, das Kind braucht die Geborgenheit und Wärme der Familie, – um dann in der Lage zu sein, in der Welt seinen Mann zu stehen, unabhängig zu sein. Genauso müssen wir in einer überkommenen Ideenwelt aufwachsen, allein schon um die Sprache lernen zu können, aber das ist nur die Voraussetzung für das schließliche freie, d.h. selbstherrliche Denken und Handeln. „Wie für die Christen die Wirklichkeit (…), so ist für mich die Wahrheit ‚eitel und nichtig‘. Sie existiert gerade so gut, als die Dinge dieser Welt fortexistieren, obgleich der Christ ihre Nichtigkeit bewiesen hat; aber sie ist eitel, weil sie ihren Wert nicht in sich hat, sondern in Mir. Für sich ist sie wertlos“ (Der Einzige, S. 398f).

„Weder die göttliche noch die menschliche Vernunft, sondern allein deine und jedesmalige Vernunft ist wirklich, wie und weil Du und Ich es sind“ (Der Einzige, S. 225). „Wahr ist, was mein ist, unwahr das, dem Ich eigen bin; wahr z.B. der Verein, unwahr der Staat und die Gesellschaft“ (Der Einzige, S. 400). Für Reich ist Wahrheit Kontakt mit der Wirklichkeit, für Stirner ist Wahrheit bewältigte, zum Eigentum gemachte, „be-griffene“ Wirklichkeit (Der Einzige, S. 396-399). Beiden Anschauungen gemeinsam ist, daß die Wahrheit nicht an und für sich existiert, sondern immer nur in bezug auf (das jeweilige) mich.

Das Denken hört auf ein kontaktloses Eigenleben zu führen, das uns tyrannisiert, d.h. dem Denken geht nicht mehr der Gedanke voraus, sondern der Eigner des Denkens (Der Einzige, S. 394f). Die freien bioenergetischen Strömungen gehen den Strukturen voraus, lösen sie wieder auf und bilden neue. Auf diese Weise stehen die heiligen „fixen Ideen“ (Der Einzige, S. 225) ständig zur Disposition, genauso wie uns die äußeren Dinge zur Disposition stehen, es sind, wie gesagt, nur unsere Werkzeuge – statt umgekehrt. Das bedeutet, daß dieser Mensch realitätsgerecht denken und entsprechend handeln kann, während denen, die nur ständig „Ideen realisieren“ wenig an den Realitäten liegt (Der Einzige, S. 408f). Sie sind blind gegen die Unmittelbarkeit der Dinge und unfähig sie zu meistern.

Gegen den infantilen Glauben, daß man von Begriffen ausgehend quasi autistisch die Welt „begreifen“ und beherrschen könne, setzt Stirner die unwiederholbare, der jeweiligen Situation angepaßte Vernunft des erwachsenen Individuums (Der Einzige, S. 225). Laßt die Kinder in der Geborgenheit der natürlichen „Gesellschaft“ Familie aufwachsen und dann als unabhängige Individuen sich vereinen („Verein“), um die Ideen als bloße Werkzeuge benutzen können, so wie man Hammer, Schraubenzieher und Granatwerfer benutzt! Niemand und nichts wird jemals mehr emanzipierte Menschen benutzen können. Das ist kein Spiel, sondern die radikale, endgültige Kampfansage gegen die Reaktion.

Humana conditio ex orgonomico prospectu: Stichwort „Der Staat” und folgende

25. März 2025

Humana conditio ex orgonomico prospectu: Stichwort „Der Staat“ und folgende

Die faschistische Partei Wilhelm Reichs (Teil 1)

18. Januar 2025

Was bedeutet der Begriff „Faschismus“? Ursprünglich beschrieb er die Einheit von Staat, Gewerkschaften, Kapitalisten, Medien und der akademischen Welt. In diesem strengen Sinne einer gleichgeschalteten Einheitsfront ist die Bundesregierung faschistisch, und zwar wörtlich, denn der Staatsapparat, die Gewerkschaften, die Kapitalisten, die Medien und die Wissenschaft sind eine große liberale Einheit: „ein Bündel“ (fascio). Reich hingegen benutzte eine lockerere Interpretation des Begriffs „Faschismus“, indem er auf den emotionalen Inhalt der Bewegung Mussolinis, Hitlers und Stalins Bezug nahm, die der Inbegriff des Funktionierens der zweiten Schicht, also der destruktiven, perversen Schicht der Charakterstruktur waren.

In der Einleitung zu Massenpsychologie des Faschismus beschreibt Reich drei Charaktere: Der genitale Charakter hat Kontakt mit seinem bioenergetischen Kern. Das ist das Reich der Arbeitsdemokratie, wie es Reich am Ende des Buches beschreibt. Der liberale Charakter geht ganz in seiner Fassade auf und der Faschist agiert aus seiner sekundären Schicht heraus. Genauer gesagt hat der schwarze Faschist einen verzerrten Kontakt mit dem Kern („Blut und Ehre“) und propagiert typischerweise ein Konzept einer mystischen „Lebensenergie“. Sowohl Hitler als auch Himmler taten dies. Ihr Gott war Odin (bzw. Wotan) und sie glaubten dementsprechend u.a. an Karl Freiherr von Reichenbachs „Od“, was sie dem „blauen Faschismus“, den ich sogleich beschreiben werde, recht nahe bringt. In ihrem Buch Hitlers Wien (1998) führt die Historikerin Brigitte Hamann aus, welchen Einfluß u.a. Reichenbach auf das Milieu hatte, aus dem Hitler und der Nationalsozialismus erwachsen sind. Beispielsweise betrachtete man das menschliche Gehirn als „Od-Akkumulator“. Tatsächlich ist Reich heute bei einigen Neonazis im Zeichen des „Vril“ überraschend populär!

Der rote Faschist, den Elsworth F. Baker in Der Mensch in der Falle beschreibt, funktioniert von seiner sekundären Schicht aus, gibt aber vor, ein Liberaler zu sein, um subversiv wirken zu können. Das rückt ihn ebenfalls in die Nähe des „blauen Faschismus“, denn genau diese „Subversion“ richtet sich gegen das Über-Ich (Panzerung). Ich erinnere daran, wie beliebt ausgerechnet die Maoistische Kulturrevolution in der „Reichianischen“ Kinderladenbewegung der 1970er Jahre war. Der denkwürdige Konnex zwischen Überwindung des Über-Ichs und dem roten Faschismus („Kulturrevolution“) erklärt auch, warum Reich eine ganze Zeitlang ein glühender Kommunist war. Auch bei manchen roten Faschisten ist entsprechend Reich bis heute eine Autorität!

Und was genau ist ein „blauer Faschist“? In der christlichen Vorstellungswelt ist das Böse bzw. der Böse jemand, der sich gegen Gottes Liebe sperrt und deshalb von ihr förmlich zerrissen wird, so wie der Grashalm auf einer Wiese, der sich vorher im Wind wiegte, von dem gleichen Wind zerbrochen wird, wenn dieser Halm verholzt und dadurch starr wird. Man denke auch an Jesu Gleichnis von dem neuen, noch gärenden Wein, der die alten brüchig gewordenen Weinschläuche zerreißt. Der Hauch des Heiligen Geistes und die expansive Liebe Gottes erzeugt entsprechend „teuflisches“ Ressentiment in verhärteten Seelen. Ein Element davon ist, daß die christliche Botschaft von den „Antichristen“ entstellt und unterminiert wird, um die so sehr schmerzende „Liebesbotschaft“ aus der Welt zu schaffen. Entsprechend erzeugt das Orgon, das in gepanzerte Organismen fließt, eine ungeheure Sehnsucht nach Erfüllung, aber gleichzeitig dabei auch einen untergründigen Haß gegen die Orgonomie, weil diese Sehnsucht nicht erfüllt werden kann. „Blauer Faschismus“ ist entsprechend das ultimative Ressentiment gegen das Leben selbst. (Das Blau bezieht sich natürlich auf die Bläue des Orgons.)