Stapel von karteikartengroßen Papierzetteln über Wilhelm Reichs Biographie (undatiert, 1982?)

Wie paßt das zusammen, daß Reich zwischen 1928 und 1936 ein fanatischer Kommunist sein konnte, der, wie die „Antifa“ heute, kaum einen Unterschied zwischen Konservativen, Reaktionären und „Nazis“ machte; – und daß heute sein gegenwärtig einzig legitimer Nachfolger, Charles Konia, Linksliberale, Sozialdemokraten und Kommunisten unterschiedslos in einen Topf wirft?
Für Konia sind Leute wie Obama, Harris und Biden und alle anderen gegenwärtigen Führer der Demokratischen Partei der USA nichts anderes als rote Faschisten, – genauso wie es für Reich Ende der 1920er Jahre und Anfang der 1930er Jahre keinen Unterschied zwischen dem katholischen Zentrum, den Anhängern der Hohenzollern und den Nationalsozialisten gab.
Um das verstehen, muß man sich die damalige Presse und die damalige Justiz vergegenwärtigen: die ständige Hetze gegen fortschrittliche Leute wie Reich, und Gerichte, die die Schuldigen laufenließ, während Unschuldige, die die falsche politische Gesinnung hatten, mit einem Unrechtsurteil nach dem anderen in die Enge getrieben wurden. Es ist kein Zufall, daß der Justizpalast-Brand in Wien 1927, sein Vor- und Nachspiel, Reich politisch radikalisiert hat. „Funktionell“ betrachtet waren alle Akteure auf der Rechten unterschiedslos Feinde des Lebendigen, d.h. alle ihre Ideologien und entsprechenden Handlungen liefen auf das gleiche hinaus: die restlose Auslöschung der Orgonomie (d.h. des gesellschaftlich wirksamen Lebensimpulses). Es waren in Wien, Berlin, Kopenhagen, Malmö und Oslo unterschiedslos die gleichen Faschisten, ob sie sich nun katholisch, deutsch-national oder sozialdemokratisch gerierten. Sie lieben den Tod und wir lieben das Leben!
Und daran hat sich prinzipiell nichts geändert, obwohl es mittlerweile, beginnend mit den Jahren unmittelbar nach Reichs Tod, zu einer dramatischen „Rotverschiebung“ (Konia) gekommen ist, durch die sich nun das politische Spektrum sozusagen „links staut“ und alle Unterschiede auf der Linken nichtig macht. Die Medien sind nur noch „Rotbestrahlung“ und die Justiz verbreitet durchweg „Roten Terror“. Wir werden vom letzten Stalinistischen Abschaum regiert… Ich brauche das nicht weiter ausführen. Die Orgonomie, d.h. die Verkörperung des Lebendigen, ist die gleiche geblieben, sie ist die einzige letztgültige Wahrheit, nur die Zeitläufe haben sich geändert: aus einer sexualfeindlichen autoritären Gesellschaft ist eine permissive antiautoritäre Gesellschaft geworden; aus dem todestrunkenen Mystizismus der Reaktion ist der nihilistische Wahn des mechanistischen Transhumanismus geworden.
Ich habe den ersten Teil meiner 414seitigen Reich-Biographie überarbeitet:
Ein neuer Artikel auf http://www.orgonomie.net:
DER ROTE FADEN:
1. Aktion und Reaktion
a. Der Weg in den Kommunismus
b. Der Weg in den Faschismus (Wien)
c. Rassenhygiene
d. Der Weg in den Faschismus (Berlin und Kopenhagen)
e. Der Übermensch
f. Die Untermenschen
2. Der Weg in den Kalten Krieg
a. Das rote Berlin
b. Agenten des Roten Terrors
c. Der Friedenskämpfer Nr. 1
d. Der Kalte Krieger Nr. 1
e. Der Warmduscher
3. Mentalhygiene
a. Sexpol
b. Die sexuelle Revolution in der Sowjetunion
c. Psychoanalyse und Kommunismus
d. Otto Fenichel und seine „Rundbriefe“
e. Die Leninistische Organisation
4. Polithygiene
a. Reich in Norwegen
b. Reich und Marx
c. Reich und Lenin
Ein neuer Artikel auf http://www.orgonomie.net:
DER ROTE FADEN:
1. Aktion und Reaktion
a. Der Weg in den Kommunismus
b. Der Weg in den Faschismus (Wien)
c. Rassenhygiene
d. Der Weg in den Faschismus (Berlin und Kopenhagen)
e. Der Übermensch
f. Die Untermenschen
2. Der Weg in den Kalten Krieg
a. Das rote Berlin
b. Agenten des Roten Terrors
c. Der Friedenskämpfer Nr. 1
d. Der Kalte Krieger Nr. 1
e. Der Warmduscher
3. Mentalhygiene
a. Sexpol
b. Die sexuelle Revolution in der Sowjetunion
c. Psychoanalyse und Kommunismus
d. Otto Fenichel und seine „Rundbriefe“
e. Die Leninistische Organisation
4. Polithygiene
Es gibt im Netz zwei Listen von Reichs Büchern, die sich hervorragend für das Selbststudium der Orgonomie eignen. Auf Dr. Vittorio Nicolas Heimatseite sind Reichs auf Deutsch erschienenen Werke nach dem Erscheinen der Erstausgabe geordnet angeführt. Die meisten dieser Bücher lassen sich problemlos beschaffen und die Lektüre in dieser Reihenfolge sollte ein einigermaßen klares Bild des Reichschen Werk vermitteln.
Seit Jahren angekündigt ist die Gesamtausgabe von Reichs Zeitschrift für politische Psychologie und Sexualökonomie aus den 1930er Jahren.
Eine zweite etwas systematischere Anleitung zum Selbststudium findet sich am Ende meiner Einführung zu www.orgonomie.net.
Eine dritte Buchliste, diesmal zu Reichs Biographie, möchte ich hier präsentieren. Die folgenden sieben oder acht Bücher verschaffen ein lückenloses Bild vom Tag seiner Geburt 1897 bis zum Tag seines Todes 1957.
Zunächst wären da Reichs eigene selbstkritischen und schonungslosen Erinnerungen aus seiner Kindheit, Jugend, der Kriegszeit und der Nachkriegszeit: Leidenschaft der Jugend. Eine Autobiographie. 1897-1922.
Über diese Zeit kann nur Reich selbst sinnvoll berichten, was aber sein späteres Leben betrifft, sollte man sich weitgehend von seinen Selbstinszenierungen frei machen. Den Anfang macht ein Buch über Reich zwischen 1919 und 1930: Wilhelm Reich in Wien. Psychoanalyse und Politik (Geyer-Edition, 1988) von Karl Fallend.
Leider Gottes ist das Buch vergriffen, aber vielleicht über Bibliotheken beschaffbar. Ein kleiner Trost ist Fallends Beitrag in einem auch ansonsten lesenswerten Ausstellungskatalog, der von Birgit Johler herausgegeben wurde: Wilhelm Reich Revisited. Allein schon wegen der Bilder lohnt sich die Anschaffung!
Ein Buch, das sich auf Reichs Berliner Zeit zwischen 1930 und 1933 konzentriert (aber nicht beschränkt), stammt von Andreas Peglau: Unpolitische Wissenschaft? Wilhelm Reich und die Psychoanalyse im Nationalsozialismus.
Genauso uneingeschränkt lobenswert ist ein Buch von Christine Rothländer: Karl Motesiczky 1904 – 1943. Eine biographische Rekonstruktion. Es handelt sich hier um die Biographie von Reichs „politischem Sprecher“ Karl Teschitz und bietet (u.a.!) einen hervorragenden Einblick in Reichs skandinavische Zeit zwischen 1933 und 1939. Eine Ergänzung zu dieser Untersuchung ist das Buch über Reichs Sekretarin in Oslo und anfangs auch in New York, Gertrud Gaasland: Gertrud Meyer 1914 – 2002. Ein politisches Leben im Schatten Willy Brandts (1914 – 2002).
Reichs anfängliche Zeit in Amerika zwischen 1939 und 1947 war nach außen hin ziemlich ereignislos. Wichtigste Augenzeugin dieser Zeit ist eine Frau, die Reich über ihre gute Freundin Gaasland kennen- und liebengelernt hatte: Ilse Ollendorff. Ihre Biographie Reichs, die erste überhaupt, ist noch immer lesenswert und wird es auch bleiben: Wilhelm Reich. Das Leben des großen Psychoanalytikers und Forschers Wilhelm Reich, aufgezeichnet von seiner Frau und Mitarbeiterin.
Die ereignisreiche Zeit vom Beginn der Verfolgung durch die FDA 1947 bis zu ihrem Enderfolg 1957 dokumentiert Jerome Greenfield sehr ausführlich und kompetent in seinem Buch: USA gegen Wilhelm Reich.
Keiner der Autoren beschönigt etwas, alle stehen Reich mit einer gesunden Distanz gegenüber, alle sind objektiv. Mit einigem Engagement sollten sich alle diese Bücher besorgen oder zumindest ausleihen lassen!
Gastbeitrag von Robert (Berlin)
Review:
Mitchel G. Ash (Hrsg.)
Psychoanalyse in totalitären und autoritären Regimen
Brandes & Apsel Verlag, Frankfurt a. M. 2010
Kapitel:
Håvard Friis Nilsen: Widerstand in der Therapie und im Krieg 1933 – 1945 – Die Psychoanalyse vor und während der Besatzung Norwegens durch die Nationalsozialisten (S.176 – 210)
Der folgende Aufsatz wird von mir nur in Bezug auf W. Reich referiert, andere Themen werden beiseitegelassen.
Bisher war nicht bekannt, dass der norwegische Vasall des Hitlerfaschismus, Vidkun Quisling, sich direkt zu Reich geäußert hätte. Durch die neuere Forschung wird aber immer klarer, dass Reich in den Ländern, in denen er sich aufhielt, eine maßgebliche Rolle spielte. In einer Rede von 28. März 1941 äußerte sich Quisling folgenderweise: „Die Psychoanalyse [sei] eine Erfindung des Juden Freud“, Reich ein eingeschleuster „sexualpornografische(r) Psychoanalytiker“, der vom „jüdischen Geist durchtränkt“ wäre. Er meinte, Reich sei „ein jüdischer Pornograf und Pseudo-Wissenschaftler“, der – so offenbar der Eindruck von Quisling – „von allen Seiten als ein Mann mit neuen, fruchtbaren Ideen aufgenommen worden“ sei. Noch spannender wird dessen Ansicht, wenn er behauptet, dass Reich an der Universität „geherrscht“ habe, von „dekadenten Intellektuellen gepriesen und von der regierenden Partei (den Sozialisten) bejubelt“ worden sei. Auch wenn wir manches als propagandistische Übertreibung ansehen müssen, wird doch ein Teil der Wahrheit entsprechen.
Nilsen meint, dass die Psychoanalyse – mehr als in anderen Ländern – in Norwegen politisiert gewesen wäre, wobei Harald Schjelderup, ein Anhänger Reichs, eine maßgebliche Rolle spielte. „Schjelderup vertrat die Ansicht, Wilhelm Reichs Charakteranalyse sei die bislang beste Arbeit über psychoanalytische Therapie und Reichs therapeutische Neuerungen, speziell betreffend das Thema Widerstand, seien … bahnbrechend(…).“ Schjelderup war es auch, der Reich dazu bewog, nach Norwegen zu kommen.
Schjelderup erlebte, wie Reich 1934 in Luzern offiziell aus der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV) ausgeschlossen wurde. Wie inzwischen bekannt, ging man in der linken Psychoanalyse zuerst davon aus, dass Reich sich der skandinavischen Gruppe anschließen könnte. Als Voraussetzung für die Anerkennung dieser Gruppe in der IPV sollte jedoch jeglicher Kontakt zu Reich und seinen Schülern eingestellt werden. „Harald Schjelderup, Ola Raknes und Nic Hoel wollten diese Forderung grundsätzlich nicht akzeptieren. Seit sie Reich in Berlin kennengelernt hatten, waren sie von seiner Idee der Bedeutung des Körpers für die Analyse fasziniert, und die Art und Weise, wie Reich behandelt wurde, empörte sie.“
Auch Nic Hoel verteidigte Reich auf dem Luzerner Kongress. Sie sprach auf dem Kongress direkt zu den Zuhörern. „Laut Nic Hoel waren die Argumente der IPV gegen Reich defensiv und alles andere als überzeugend: »Die Argumentation eines Teils des Vorstands bezog sich nicht darauf, dass Reich Kommunist oder ‚Häretiker‘ war, sondern darauf, dass er aus psychoanalytischem klinischem Material gesellschaftliche Schlüsse zog.«“ W. Reich war sehr zufrieden, dass ihn Schjelderup trotz anderer politischer Ansichten unterstützte – und zwar mehr als seine marxistischen Kollegen. Ein Vorgriff auf spätere Erfahrungen mit Marxisten, die ihn verrieten oder bekämpften. Schjelderups Unterstützung war auch im Gegensatz zu der der marxistischen Psychoanalytiker kein Lippenbekenntnis, sondern Ausdruck seiner Hochachtung vor Reichs wissenschaftlicher Arbeit.
Nach dem Luzerner Kongress zog Reich auf offizieller Einladung von Schjelderup im Oktober 1934 nach Norwegen.
Nilsen ist der Ansicht, dass Reich seine Experimente aufgrund derselben Einstellung wie Schjelderup durchführte: „Schjelderup und Reich teilten wichtige Ansichten: Beide waren skeptisch, was die neuen spekulativen Tendenzen der Psychoanalyse anbelangte, und beide fühlten sich dem Empirismus verpflichtet. Außerdem teilte Schjelderup die Ansicht, die Reich in der Diskussion über Laienanalyse vertreten hatte: Die Psychoanalyse sei eine klinische Spezialdisziplin und der Medizin zuzuordnen. (…)
Schjelderup nahm Reichs Charakteranalyse ebenso wie die folgenden Arbeiten, die in Richtung Vegetotherapie wiesen, zur Gänze an. Für ihn war Reich der wichtigste Pionier, wenn es darum ging, die Psychoanalyse zu einem stärker empirisch orientierten Fach zu machen, und er lobte Reichs Beitrag (…) öffentlich sowohl in wissenschaftlichen Vorträgen als auch bei internationalen Konferenzen.“
In einem Artikel von 1936 war Schjelderup war der Ansicht, „…dass Reichs neue Charakteranalysetechnik ein neues Zeitalter der Psychologie einläuten könnte:
»Es ist nicht länger der Traum, sondern das Verhalten, das den Königsweg, die Via Regia, zum Unbewußten darstellt. […] Ich verweise interessierte Leser auf Reichs Arbeiten Charakteranalyse und Psychischer Kontakt und vegetative Strömung. Meiner Meinung nach repräsentiert Reichs Charakteranalyse den wichtigsten Fortschritt in der Psychotherapie seit Freud.«
Aus diesem Artikel geht klar hervor, dass Reich von Schjelderup nicht etwa als freundliche Geste in politisch schwierigen Zeiten nach Norwegen eingeladen worden war.“
„Das widerspricht allen bisherigen Darstellungen der Geschichte der Psychoanalyse in Norwegen, die Schjelderup Skepsis gegenüber Reich in den Vordergrund gestellt hatten.“ Hier ist besonders R. Alnæs zu nennen, der häufig in deutschen Publikationen zum Thema zitiert wird.
Schjelderup hoffte mit Hilfe von Reichs Charakteranalyse den Brückenschlag zur „Mainstream-Psychologie in Form des Behaviorismus“ schlagen zu können und damit „einen Beitrag zur wissenschaftlichen Akzeptanz der Psychoanalyse“ zu leisten.
In Bezug auf Reichs „Forschungsprojekt“ zur „Erforschung vieler psychoanalytischer Grundsätze im Lichte anderer Wissenschaften wie der Physiologie und der Zellbiologie“ konstruiert Nilsen allerdings eine Chronologie der Ereignisse. „Reichs so genannte Bionen-Experimente und das später folgende Orgon-Konzept, das er in Oslo entwickelte, wurden zur damaligen Zeit von der Wissenschaft abgelehnt.“ Nebenbei sei festgestellt, dass die Psychoanalytiker zwar ständig behaupten, Reich hätte wissenschaftlichen Humbug betrieben, aber selbst sich nie die Mühe machen, dies auch wissenschaftlich zu belegen, mit der Begründung, Reichs Hypothesen und Experimente wären an sich unwissenschaftlich, so als wären die Psychoanalytiker an sich Experten in Physiologie oder Mikrobiologie.
Zwar ist es richtig, dass Reich schon in Norwegen eine Lebensenergie postulierte, aber die Orgon-Energie benannte er erst am Schluss seines Aufenthalts in Norwegen.
Trotz dieser Ablehnung führte „Reichs Einfluss (…) dazu, dass die norwegische Psychoanalyse die Standardtherapie um die Berücksichtigung von Körpersprache, Muskelspannungen, Gesichtsausdruck, Tonfall, Atmungsweise (…) anreicherte.“
Dann geht Nilsen auf Nic Waal näher ein. Er schreibt: „Sowohl Nic als auch Sigurd Hoel zählten während Wilhelm Reichs Aufenthalts in Norwegen zu seinen engsten Freunden und Kollegen.“ Zu den weiteren Freunden zählt Nilsen Arnulf Øverland, der „ein berühmter Autor, Dichter und Herausgeber [und] …neben Sigurd Hoel der wichtigste Exponent und Pionier des Freudianismus in der Literatur war; er stand Reich auch während dessen Aufenthalt in Oslo nahe. Das Gedicht »Du sollst nicht schlafen«, das erstmals in Wilhelm Reichs Zeitschrift für Politische Psychologie und Sexualtheorie erschien, beschreibt einen Traum und stellt Øverlands Treue zur Psychoanalyse von Anfang an unter Beweis. […]
Reich, der ob der mangelnden Ernsthaftigkeit der Norweger und ihrer Ignoranz gegenüber dem Extremismus und der Gefahr, die das Hitler-Regimedarstellte, tief verärgert war, ließ Øverlands Gedicht stolz auf der ersten Seite seines Journals abdrucken – ein Text, der mehr bewirkte als jeder Leitartikel.“
Hier ist anzumerken, dass Reichs Journal Zeitschrift für politische Psychologie und Sexualökonomie (und nicht „Sexualtheorie“ wie Freuds Buch von 1905) hieß.
Bevor Reich Norwegen verließ, kam es zu schweren Spannungen zwischen ihm und Schjelderup. Wahrscheinlich Ende September 1939 schrieb er einen Brief an Schjelderup, „…in dem er ihm mitteilte, dass es Schjelderup nicht länger erlaubt sei, die Begriffe »Charakteranalyse« oder »Vegetotherapie« zu verwenden, da diese seine, Reichs, Erfindungen seien und nur in Zusammenarbeit mit ihm angewendet werden dürften. Reichs bitterer Tonfall war Ausdruck seines Gefühls, von Schjelderup verraten worden zu sein, doch Schjelderup war seinerseits ebenso frustriert von der Art und Weise…“, wie Reich seine Reputation und die der Psychoanalyse durch seine Öffentlichkeitsarbeit geschadet hatte. Schjelderup sah sich gezwungen, wegen Reichs schlechtem Ruf sich von ihm in der Öffentlichkeit zu distanzieren. 1940 veröffentlichte er ein Buch Neurosen und der neurotische Charakter mit Angriffen auf „… den Reichschen Sexualismus und seine Überzeugung, eine befreite Sexualität sei das Allheilmittel gegen sämtliche Neurosen.“ Um sich in der Öffentlichkeit von Reich reinzuwaschen, unterstellte er ihm Positionen, die er gar nicht vertrat, während er therapeutisch weiter mit Reichs Charakteranalyse arbeitete. Während Hoel ihm von der Veröffentlichung während und wegen der deutschen Besetzung abriet, auch weil die darin Kritisierten sich nicht mehr dazu äußern konnten, weil sie auf der Flucht waren, wurde Schjelderup vom prodeutschen Hitleranhänger Klaus Hansen ermuntert, das Buch zu veröffentlichen – was dann auch geschah. Hoel brach daraufhin die Beziehung zu Schjelderup ab, der allerdings in einer Widerstandsgruppe an der Universität mitmachte. Am 15. Oktober 1943 kam er deswegen in ein Konzentrationslager in der Nähe zu Oslo, was er knapp überlebte.
Ein weiterer Anhänger Reichs war Nina Hasvold. Sie stammte ursprünglich aus St. Petersburg, war Kindergärtnerin und ließ sich psychoanalytisch ausbilden. Sie besuchte Reichs Seminare in Berlin und zog 1936 nach Norwegen. Dort bekam sie eine zweijährige Charakteranalyse durch Nic Waal. Sie leitete ein Kinderheim für jüdische Flüchtlingskinder, manche kamen aus kommunistischen Familien. Nach der deutschen Besatzung rettete sie die Kinder in einer verwegenen Flucht nach Schweden.
Ob Hasvold in der ZPPS mitschrieb, wäre m. E. noch zu klären. Ebenso ist ungeklärt, ob Reich bei der Rettung der Kinder aus Deutschland 1938 mitwirkte.
Interessant ist ebenso, dass Trygve Braatøy, Ola Raknes und Sigurd Hoel nach Schweden flüchteten.
Nach dem Krieg verhinderte der ehemalige Einfluss Reichs den Anschluss der Norweger an die IPV. Erst nach dem Tod von Schjelderup 1975 wurde die norwegische Vereinigung in die IPV aufgenommen.