Gemeinhin liest man einen Philosophen, etwa Nietzsche, um daraus irgendwelche Lebensweisheiten zu schöpfen. Man schaut etwa, was Nietzsche über Künstler geschrieben hat, und wägt das dann mit den eigenen Erfahrungen mit Künstlern im eigenen Leben ab. Gemeinhin merkt man schnell, daß das nirgendwo hinführt und die eigene Positionierung in der Welt in keinster Weise erleichtert, sondern eher zu mehr Verwirrung führt. Fruchtbarer hingegen ist es die betreffende Stelle von Nietzsches Biographie her zu lesen, also beispielsweise als Kommentar über Wagner. In diesem Kontext wird alles plastischer und man findet alle möglichen Parallelen in der eigenen Wirklichkeit, denkt an den passionierten Wagnerianer Hitler oder die Verwirklichung des „Gesamtkunstwerks“ in Hollywood. Ein ansonsten läppischer Aphorismus aus der so ganz anderen Welt eines verkrachten Altphilologieprofessors vom Ende des 19. Jahrhunderts öffnet dergestalt den kritischen Zugang zu einer ganz neuen Sichtweise.
Oder man nehme läppisch wirkende Aussagen über Polypen in Teichen oder die Auswirkungen von Drogen auf das Gehirn. Der oberflächliche Leser zuckt nur mit den Schultern, während sich der vorgebildete Leser unvermittelt in einem aufregenden Gedankenstrudel wiederfindet, weil Nietzsche hier Teil der Aufklärung ist, die seit DesCartes das Lebendige und das Bewußtsein im Rahmen der Naturgesetze verstehen wollte. Nietzsche und mit ihm der Leser sind dann nicht mehr irgendwelche Spintisierer, sondern werden Teil einer sich durch die Geschichte ziehenden quasi autonomen „Bewußtwerdung“ der vegetativen Strömung, die dem Geschichtsprozeß zugrunde liegt, seit die Menschen vor Urzeiten das Sprechen und das Denken lernten.
Die Philosophiegeschichte ist dann nicht mehr eine langweilige, abseitige und im Grunde überflüssige Beschäftigung von Philosophiestudenten, die sich auf eine Existenz als Taxifahrer vorbereiten, sondern rückt in das Zentrum unserer Existenz als Mensch, wenn diese mehr sein soll als sinnleeres Fressen, Fernsehen und Ficken!
Warum Nietzsche oder irgendeinen anderen Denker lesen? Aus dem gleichen Grunde warum man sich für Ökonomie interessieren sollte: um sich im „ideellen“ (und materiellen) Fluß des Geschichtsprozesses zu positionieren. Entweder wird man Teil des nach vorne strebenden Lebensimpulses oder man geht zugrunde. Es ist wie der einzelne Soldat im Gefecht: entweder weiß er, wo genau der Feind und der Freund steht, wo er Deckung findet und wie er den jeweiligen Feind vernichten kann oder er bleibt als Kanonenfutter auf der Strecke; oder der, der sich noch immer auf die Stabilität der Fiatwährungen verläßt, während am Horizont sich bereits die wirtschaftliche Apokalypse abzeichnet.
Hinzu kommt der Trost, Teil von etwas zu sein, das umfassend ist, weit zurückweist und Zukunft hat. Ich könnte jetzt schreiben, daß sich im Menschen das Orgon seiner selbst bewußt wird und ich im Kern das Orgon bin, das sich in dem entfaltet, was wir als „Geschichtsprozeß“ bezeichnen… Das Problem dabei wäre, daß alles zu sehr an Hegel („Weltprozeß“), Heidegger („Seinsgeschichte“) und Konsorten (weitere neoplatonistische Vorstellungen) erinnerte, d.h. an mystisch verzerrte und pervers entstellte Ahnungen dessen, was ich hier zum Ausdruck bringen will – und es grundlegend verfehlt. Diese Systeme sind nämlich direkter Ausdruck von Kontaktlosigkeit und Augenpanzerung, während es hier um das diametrale Gegenteil geht. Es geht um das dreidimensionale Sehen, d.h. die umfassende Positionierung in Raum und Zeit. Es geht schlichtweg ums LEBEN, um Tiefe und Weite, um den Nietzscheschen Pathos im besten Sinne, sozusagen um… …den Pathos der Eigentlichkeit!
Man lese Werke wie F.A. Langes Geschichte des Materialismus, Reichs Äther, Gott und Teufel und Menschen im Staat, um einen Zugang zu dem hier angedeuteten zu finden.
Auf diesem Blog ist ständig von Bernd A. Laskas „LSR“ die Rede. Was soll das „an sich“ sein, jenseits von „LaMettrie plus Stirner plus Reich“?
Zunächst sind die Besonderheiten der drei Protagonisten nur Beiwerk. Beispielsweise hat LSR weder etwas mit „dem Menschen als Descartes’sche Maschine“ noch mit der Überwindung dieser Maschine durch irgendwelche drogeninduzierten Zauberwelten zu tun. Auch nichts damit, daß man nach Stirner vermeint alles als „bloßen Spuk“ abtun zu können, etwa seine nationale Herkunft oder gar sein Geschlecht. Von Reichs Entwicklung nach 1927 und selbst seinen psychoanalytischen Beiträgen brauchen wir gar nicht erst anfangen!
Was zum Geier bleibt dann von den drei Namensgebern des LSR-Projekts? Die Antwort haben ausgerechnet die Feinde und falschen Freunde von LaMettrie, Stirner und Reich (neuerdings auch von Laska!) tausendfach gegeben! Mit traumwandlerischer Sicherheit sind sie dem Kern von LSR ausgewichen und haben ihn dergestalt erst kenntlich gemacht: als weißen Fleck auf einem sonst von Ausweichmanövern geschwärzten Blatt Papier. Der Kern ist das, wovor heute auch die Rezipienten Laskas absolut panisch fliehen.
Dieses geheimnisvolle Etwas brachte Reich am besten in seiner Autobiographie zum Ausdruck: kein anderes Element seiner Theorie habe seine „Arbeit und Existenz derart gefährdet, wie (…) die Behauptung, daß Selbststeuerung möglich, natürlich vorhanden und allgemein durchführbar ist“ (Die Funktion des Orgasmus, Fischer TB, S. 141).
Die Selbststeuerung ist eine Utopie, die allein schon deshalb verwirklichbar ist, weil sie, wie die Arbeitsdemokratie im Kollektiv und die Genitalität im Individuum, stets untergründig gegenwärtig ist mit jedem Arbeitsschritt und mit jedem Herzschlag. Nicht nur das: diese „Theorie“ ist absolut alternativlos, denn „die moralische Regulierung des Trieblebens (schafft) gerade das, was sie bändigen zu können vorgibt: das asoziale Triebleben“ (Die sexuelle Revolution, Fischer TB, S. 43, Hervorhebung hinzugefügt).
Das ist der denkbar radikalste Angriff auf die Grundfesten der Gesellschaft und die Abwehrmechanismen, den „Charakter“, jedes einzelne Individuum in ihr. Es ist, als würde man einem eingebildeten Krüppel, der weitaus besser ohne verkrüppelnde Hilfsmittel gehen könnte, androhen, ihm die Krücken wegzutreten! Sein mörderischer moralisch indignierter Haß wird grenzenlos sein! Die Wahrheit ist derartig brutal beängstigend, daß sie folgenlos verpufft, wenn „die Krüppel“ (die Menschen) nicht dazu gebracht werden, sie sich selbst zu erschließen, indem sie ihrer Abwehrmechanismen gewahr werden. Genau das war Laskas LSR-Projekt.
Es ist kaum zu glauben, mit was für aberwitzigen Widerständen man zu ringen hat, wenn man versucht, Laskas Arbeit fortzuführen. Das reicht von Sabotage durch Leute, die gestern noch Feuer und Flamme waren, und geht bis hin zur „Transzendierung“ und vermeintlichen Überwindung des Projekts. Die Panik ist greifbar und sie endet letztendlich immer entweder im Selbstmord oder im Mord. Nicht zuletzt deshalb nimmt Laskas Übersetzung von Reichs Christusmord so eine zentrale Stelle in seinem Lebenswerk ein. Das Buch wird nächstes Jahr in einer von ihm selbst anläßlich des 100sten Geburtstags 1997 umfassend verbesserten Version seiner Originalübersetzung von 1977 im Psychosozial-Verlag erscheinen.
Obwohl bei Stirner wenig bis nichts von der Sehnsucht nach genitalem Kontakt die Rede ist, sondern nur von der jugendlichen Sehnsucht nach dem jenseitigen „Idealen“ als Ersatzkontakt, entsprechen seine Ausführungen über die Struktur des Ich doch weitgehend Reichs Entdeckungen über die Struktur des Lebendigen, wie er sie 1951 in Die kosmische Überlagerung ausgeführt hat. Aus der massefreien Orgonenergie geht durch Überlagerung Materie im allgemeinen und die jedes Lebendige umhüllende Membran im besonderen hervor. Der so entstehende Widerspruch zwischen freier Orgonenergie und materieller Einschränkung ist Grundlage aller Entwicklung. Im emotionalen Bereich äußert sich dieser Gegensatz in der „kosmischen Sehnsucht“, d.h. dem Streben, sich aus der Membran wieder zu befreien. Das ist die gemeinsame Grundlage der Genitalität (das untere Ende des Orgonoms) und des Denkens (das obere Ende des Orgonoms).
Wie Reich bereits 1941 schrieb (Reich: Biophysical Functionalism and Mechanistic Natural Science, International Journal of Sex-Economy and Orgone Research 1(2), July 1942, S. 97-107), konnte der Mensch, der von jeher das kosmische Orgon in sich spürte, sich nur als Objekt und Werkzeug dieser Macht empfinden – der er sich gerne unterwarf, da sie ihm orgastische Erfüllung in Aussicht stellt. Dies erkläre, warum sich der Mensch so gerne und widerstandslos religiösen Gefühlen hingibt. Erst er, Reich, sei weitergegangen und habe diese Energie, die bisher als unerkennbarer Gott mystifiziert wurde, wissenschaftlich zugänglich und handhabbar gemacht. Erst er, Reich, habe die Angst vor dem Numinosen, dem Tabu, dem Heiligen überwunden.
Die ultimativ atheistische Haltung Stirners ist demnach nicht etwa eine Entfremdung von der kosmischen Orgonenergie und wahrhaft „religiösen“ Gefühlen im Sinne von echtem Kontakt zur Natur. Ganz im Gegenteil: es ist die Befreiung des „Triebes nach Selbstauflösung“ und die Abkehr von jedweder Entfremdung. Wenn Stirner gegen das „Heilige“ angeht, dann meint er Unaufgeschlossenheit (Un-Auf-Geschlossenheit) und natürlich nicht irgendwelche spontan aufkommenden natürlichen Gefühle, die man gegenüber seiner Geliebten, seinen Kindern, seinen Eltern, etc. hegt. Nicht das will er desavouieren, sondern alles, was keine spontane Sache des Herzens ist, sondern eine anerzogene „Gewissenssache“ (Der Einzige, S. 77) – im Sinne von „Über-Ich-Sache“.
Stirner unterscheidet beispielsweise zwischen dem Stolz einer Nation „anzugehören“, also ihr Eigentum zu sein, und dem Stolz eine Nationalität sein Eigentum zu nennen, genauso wie man etwa auf seine Körperstärke oder irgendeine andere seiner Eigenschaften stolz ist (Der Einzige, S. 270). Man ist „bezaubert“, „geht mit“, das Lächeln ist ansteckend, der Schmerz des anderen rührt einem das Herz, etc. Imgrunde ist es gar kein „Egoismus“ im Sinne von „Kalkül“, sondern ein spontanes Ausgreifen, eine Expansion des eigenen Egos: zeitweilige Erstrahlung („Gefühlsraum“). Im Unterschied dazu die Besessenheit und die „Liebe“, die der Papst predigt: unterschiedslos, unwandelbar und – letztendlich zynisch bedacht.
„Blind und toll wird die Liebe dadurch, daß ein Müssen sie meiner Gewalt entzieht (Vernarrtheit), romantisch dadurch, daß ein Sollen in sie eintritt, d.h. daß der ‚Gegenstand‘ Mir heilig wird, oder Ich durch Pflicht, Gewissen, Eid an ihn gebunden werde. Nun ist der Gegenstand nicht mehr für Mich, sondern Ich bin für ihn da“ (Der Einzige, S. 326). Man soll das achten, was die Menschen heilig halten, also ausgerechnet das, was sie zu gemeingefährlichen Trotteln macht. „Umgekehrt spricht sich der Egoist aus. Darum gerade, weil Du etwas heilig hältst, treibe Ich mit Dir mein Gespötte und, achtete Ich auch Alles an Dir, gerade dein Heiligtum achte Ich nicht“ (Der Einzige, S. 311).
Stirner hat den Weg zum Lebendigen geebnet, ist gegen die Kontaktlosigkeit angegangen, dem das Lebendige durch rigide Begriffe, Gesetze, Vorgaben ausgesetzt ist. Man denke vor allem an die „Moral“, aber auch allgemein an das Denken in Begriffen. Du bist dann nicht mehr das konkrete „Du“, sondern nur jemand, der für irgendeinen abstrakten Begriff steht! Descartes‘ cogito ergo sumhabe, so Stirner, den Sinn: „Man lebt nur, wenn man denkt!“ Auf diese Weise lebe nur der Geist. „Ebenso sind dann in der Natur nur die ‘ewigen Gesetze’, der Geist oder die Vernunft der Natur das wahre Leben derselben. Nur der Gedanke, im Menschen, wie in der Natur, lebt; alles Andere ist tot! Zu dieser Abstraktion, zum Leben der Allgemeinheiten oder des Leblosen muß es mit der Geschichte des Geistes kommen. Gott, welcher Geist ist, lebt allein. Es lebt nichts als das Gespenst“ (Der Einzige, S. 94). „Und was heißt vernünftig sein? Sich selbst vernehmen? Nein, die Vernunft ist ein Buch voll Gesetze, die alle gegen den Egoismus gegeben sind“ (Der Einzige, S. 372).
Nur Entfremdete, von Gespenster Besessene kümmern sich etwa um „die Sache der Menschheit“, der sie sich und andere opfern. Der sich selbst Genießende hingegen gibt sich wie ein Tier dem Fluß des Lebens hin. Wie dem „schweinischen“ Tiere, geht es ihm immer nur um seinen Lustgewinn, nie „um die Sache“ (Der Einzige, S. 400): „Kinder (…) haben kein heiliges Interesse und wissen nichts von einer ‚guten Sache‘. Desto genauer wissen sie, wonach ihnen der Sinn steht, und wie sie dazu gelangen sollen, das bedenken sie nach besten Kräften“ (Der Einzige, S. 392).
Wie angedeutet, spekuliert Reich im letzten Kapitel von Die kosmische Überlagerung über die Ursprünge der Panzerung des Menschen. Die Störung der Integration aller biologischen Funktionen könnte eingetreten sein, als der Mensch seine Aufmerksamkeit erstmals auf sich selbst gerichtet habe, was mit einem verwirrten Erschrecken einherging. Reich führt das Descartsche „Cogito, ergo sum“, den Schluß von der Denkfähigkeit auf die eigene Existenz, an und verweist auf den Schrecken, der den Menschen noch immer überkommt, wenn er intensiv nachdenkt, so als erinnere ihn diese Tätigkeit an die besagte existentielle Urkrise, bei der Selbstwahrnehmung und Selbsterkenntnis sein einheitliches Funktionieren zerstörten, er sozusagen des Paradieses verlustig wurde und den Garten Eden verlassen mußte.
Das sind Überlegungen, die von seinen Forschungen über Schizophrenie im letzten Kapitel von Charakteranalyse, wo es um die Spaltung zwischen Wahrnehmung und Erregung ging, beeinflußt worden sind. Reich zufolge ist die schizophrene Spaltung eng mit dem Ursprung der Panzerung verknüpft, weil hier im Vorgang der Selbstwahrnehmung die Erregung durch die Wahrnehmung gestört wird, indem die Aufmerksamkeit auf das eigene Ich gerichtet wird und es dergestalt zu einer Art unnatürlichem „Rückstau“ kommt. Der „Flow“ hört auf und die Panzerung setzt ein. Das ist ungefähr so, als würdest du dich unvermittelt beobachtet fühlen und könntest dich deshalb nicht mehr unbefangen und natürlich bewegen, „nicht mehr frei atmen“. Es ist kein Zufall, daß insbesondere für Schizophrene die Aufmerksamkeit anderer eine einzige Tortur sein kann. Die Hölle sind, frei nach Sartre, ihre Mitmenschen!
Die Unbefangenheit hört auf und der „Krampf“ fängt an! Mich gemahnt das an Goethes Aussage, die Suche nach sich selbst sei etwas „Unedles“. Selbstreflektion hat etwas zutiefst Krankhaftes, Entartetes an sich. Zwar ist „Selbstreflektion“ an und für sich lobenswert, aber es ist wie beim Sportübungen – man funktioniert nur gut, „ist bei der Sache“, „ist man selbst“, wenn man sich selbst vergißt und „selbstvergessen“ ganz im Flow ist. Sobald man seine Aufmerksamkeit auf sich selbst richtet (etwa weil man sich beobachtet fühlt), beginnt man zu stolpern und wird unbeholfen, d.h. beginnt gepanzert zu funktionieren. Es ist wie beim sprichwörtlichen Tausendfüßler, der anfängt über die eigenen Beine zu stolpern, sobald er seine Aufmerksamkeit darauf richtet, wie genau er seine „Füße“ bewegen muß, um nicht zu stolpern. Mit anderen Worten, man ist anfangs seiner selbst sicher und handelt dementsprechend; etwas was sofort zerstört wird, wenn man darüber „nach-denkt“. Es war Stirner, der sagte, daß man nicht in seinen Gedanken ist, seinen „Hirngespinsten“, sondern zwischen seinen Gedanken, d.h. wenn man nicht nach-denkt, sondern schlichtweg ist.
Hier sei mir die Zwischenbemerkung erlaubt, daß der Zusammenhang zwischen dem Gefühl des Beobachtetwerdens und dem eigenen „Verkrampfen“ auch ein entscheidendes Moment der medizinischen Orgontherapie ist. Zwar könnte man ein Gutteil dessen, was in einer Orgontherapiesitzung auf der Matratze passiert, auch allein zu Hause machen, aber trotzdem ist die Anwesenheit des beobachtenden Therapeuten das alles entscheidende Element: Erst durch das belastende Gefühl beobachtet zu werden und durch die ständige Aufforderung sich selbst zu beobachten, wird die Panzerung und ihre tiefste Ursache, d.h. der „Panzerungsmechanismus“ wirklich angesprochen. Ohne dieses Element sind das alles nur mechanische Übungen!
[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]
In seinen Ausführungen über „die Hybris der Vernunft“ und „das Elend der Aufklärung“ finden sich bei dem christlich-libertären Ökonomen Roland Baader, ein Schüler von Friedrich A. Hayek, folgende Aussagen:
Der Fortschritt der Naturwissenschaften führte dazu, daß mehr und mehr der Gesetzmäßigkeiten des materiellen Weltverlaufs entdeckt und erklärt werden konnten. Entsprechende Gesetzmäßigkeiten glaubte man deshalb auch im Geistigen, Sittlichen und Sozialen erkennen zu können, wenn nur die Denkmethoden entsprechend den logisch-exakten der Naturwissenschaften gestaltet werden könnten. In dieser Methodensuche wurde Descartes mit seiner Verfahrensweise des „methodischen Zweifels“ zum Wegbereiter des sogenannten philosophischen Kritizismus. Das wäre noch kein Beinbruch gewesen; der Weg dieser Erkenntnismethode jedoch führte über Hobbes und Locke zur Überzeugung, daß sich alle Erkenntnis aus der Erfahrung ableiten lasse. In einem solchen Denksystem ist Metaphysik nicht mehr möglich. Wo aber Metaphysik ausgeschlossen ist, da ist nur noch Physik. Übertragen auf Geistiges bedeutet das: krasser Materialismus. Physik als singuläre Erklärung und Substanz des Menschen, des Menschlichen und der Menschheit, der Person wie der Gesellschaft, endet konsequent in den Schlächtereien der Revolution, den Gaskammern von Auschwitz und den Friedhöfen der Gulags.
Institutionell und historisch wurde daraus anschließend die Säkularisation (modern: „Emanzipation“) nicht nur des Staates von der Kirche, sondern auch des Menschen von Gott, und schließlich die des Menschen von seinesgleichen und von sich selbst. In perfekter Konsequenz entspricht dem nur noch ein einziges „Glaubensbekenntnis“: der Nihilismus.
Anders erklärt: Aus dem „richtigen“ Erkennen – so der aufgeklärte Geist – müsse das „richtige“ Tun folgen. „Richtiges“ Handeln heiße „sittliches“ Handeln, denn Elend, Mangel und Not könnten ihre tiefste Ursache nur in fehlender oder mangelhafter Einsicht haben; weshalb der durch Vernunftgebrauch vollständig erkennende oder nur das Vernünftige anerkennende Mensch auch nur noch tugendhaft (weil „richtig“) handeln könne.
Der entscheidende logische Schritt des Aufgeklärten: Die „Tugend“ muß (vermittels Vernunft) aus ihm selbst kommen. Somit lehnt der mit den Waffen der eigenen Vernunft Befreite die Bindung an moralische Autorität oder an Tradition ab.
Am Ende dieses Denkens stehen Männer wie Holbach und de la Mettrie – später auch Marx –, für die Metaphysik nur mystischer Firlefanz und dumpfes Unwissen bedeutet, und deren Theorien folglich in krassesten, primitivsten Materialismus münden. Soweit Tugend, Sittlichkeit, Moral, Religion überhaupt noch angeführt werden, sind sie zweckrationale Instrumente einer utilitaristisch-eudämonistischen Sinnes-Glückseligkeit. Logische Konsequenz dieser geistigen Bodenbereitung ist die politische (also faktische) Säkularisation. Ihr irdischer Gott ist der neue Staatsbegriff. Wenn das Individuum nicht mehr eingebunden ist in die (vermeintlich „unvernünftigen“) Zwänge der Tradition, der Religion und der hierarchischen Autoritäten, wer soll dann seinen autarken Willen zügeln? Wer soll die Souveränität des einen Bürgers daran hindern, die Souveränität des anderen Bürgers zu verletzen? Konstruktivistisch (und „systemlogisch“) gedacht, kann das nur einer leisten: die Summe der vernünftigen Einzelindividuen und ihrer Rechte, also die „Supervernunft“ und das „Superrecht“ – und somit die höchste und einzige Autorität mit unbeschränkter Souveränität: der neue Staat. Er ist das Ergebnis eines Vertragsschlusses seiner (vernünftigen) Mitglieder. (Rousseau’s Contract [PN: sic!] Social). (Baader: Kreide für den Wolf. Die tödliche Illusion vom besiegten Sozialismus, Böblingen: Anita Tykve Verlag, 1991, S. 87)
Das Problem mit derartigen Ausführungen ist, daß Holbach und La Mettrie natürlich denkbar scharfe Gegensätze waren, der erstere etwa eine „Ethokratie“ schrieb und LaMettrie einen „Wahnsinnigen“ nannte. Leute wie Holbach glaubten an die Gesellschaft und deren Ethik, während LaMettrie diese Gesellschaft transzendierte. Natürlich nicht im Sinne Baaders, denn er wußte, daß all das Böse, das Baader zurecht bekämpft, auf den Einfluß der Gesellschaft zurückgeht, dem die „frei Geborenen“ ausgesetzt sind, und daß die metaphysische Ethik (die stets an ihren „ethischen Dilemmata“ verreckt) nur eine pervers verzerrter Ausfluß dieses Naturempfindens sind.
Dagegen nun quasi „gnostisch“ zu argumentieren, daß es (ganz im Sinne der in Teil 53 erwähnten „Familie“) kein „Wahres im Unwahren“, kein „Gutes im Schlechten“ geben könne, also in Radikalopposition zu gehen, ist, wenn man so will, eine „linke“ Interpretation des LSR-Projekts. Eine die logisch-abstrakt durchaus zu rechtfertigen ist, die aber meiner „rechten“ Warte, die nicht an eine im Kern verdorbene Welt, einen „teuflischen Demiurgen“ glaubt, diametral entgegengesetzt ist: die „Familie“ ist mein Todfeind.
[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]
Ich kann nur zitieren, welche Bedeutung das ganze hat, kann ich nicht sagen:
Je mehr nun aber Einem die Furcht Ruhe läßt, desto mehr beunruhigen ihn die Wünsche, die Begierden und Ansprüche. Goethe’s so beliebtes Lied, „Ich hab‘ mein‘ Sach auf nichts gestellt“, besagt eigentlich, daß erst nachdem der Mensch aus allen möglichen Ansprüchen herausgetrieben und auf das nackte, kahle Dasein zurückgewiesen ist, er derjenigen Geistesruhe teilhaft wird (…) (Arthur Schopenhauer: Aphorismen zur Lebensweisheit, reclam 1953, S. 145)
Stirner und Goethe?! Aber wahrscheinlich habe ich hier mal wieder was „entdeckt“, was eh jeder außer mir wußte.
Auch sonst ist Schopenhauer für LSR interessant, denn z.B. äußert er sich begeistert zu Diderot und Seneca, Nietzsches Reaktion auf Stirner kann man wohl nur vor dem Schopenhauerschen Hintergrund verstehen; Freud (und selbst Reich) wurden von Schopenhauer beeinflußt, etc. Und ich habe auch den leisen Verdacht, daß sogar Stirner von Schopenhauer beeinflußt wurde. Ohnehin gibt es formal (natürlich nicht inhaltlich) viele Parallelen zwischen den beiden.
Goethes Lied von 1806 in seiner Gesamtheit:
Ich hab‘ meine Sach‘ auf nichts…
Ich hab' meine Sach' auf nichts gestellt, juchhe!
Drum ist so wohl mir in der Welt, juchhe!
Und wer will meine Kamerade sein,
Der stosse mit an, der stimme mit ein
Bei dieser Neige Wein.
Ich stellt' meine Sach' auf Geld und Gut, juchhe!
Darüber verlor ich Freud' und Mut, o weh!
Die Münze rollte hier und dort,
Und hascht' ich sie an einem Ort,
Am andern war sie fort.
Auf Weiber stellt' ich nun meine Sach', juchhe!
Daher mir kam viel Ungemach, o weh!
Die Falsche sucht' sich ein ander Teil,
Die Treue macht' mir Langeweil,
Die Beste war nicht feil.
Ich stellt' meine Sach' auf Reis' und Fahrt, juchhe!
Und ließ meine Vaterlandesart, o weh!
Und mir behagt' es nirgends recht,
Die Kost war fremd, das Bett war schlecht,
Niemand verstand mich recht.
Ich stellt' meine Sach' auf Ruhm und Ehr', juchhe!
Und sieh', gleich hat ein andrer mehr, o weh!
Wie ich mich hatt' hervorgetan,
Da sah'n die Leute scheel mich an,
Hatte keinem Recht getan.
Ich setzt' meine Sach' auf Kampf und Krieg, juchhe!
Und uns gelang so mancher Sieg, juchhe!
Wir zogen in Feindes Land hinein,
Dem Freunde sollt's nicht viel besser sein,
Und ich verlor ein Bein.
Nun hab' ich meine Sach' auf nichts gestellt, juchhe!
Und mein gehört die ganze Welt, juchhe!
Zu Ende geht nun Sang und Schmaus;
Nur trinkt mir alle Neigen aus,
Die letzte muß heraus!
Man kann dieses, Goethes Lied Schopenhauerisch interpretieren, nämlich das eh alles sinnlos ist und der Wille, der all diese Pein hervorruft, im Geistigen Zuflucht suchen sollte. Ähnlich wie Freuds Vorstellung von der „Sublimierung“. Oder eben Stirnerisch: wenn du nicht deine Interessen vertrittst, andere werden es definitiv nicht tun, also laß dich nicht von dieser Welt einwickeln.
Dazu passen Goethes und Schillers Aussagen über das „Ich“ bei Descartes, Spinoza, Berkeley, Leibniz, Kant und Fichte in den Xenien (Nr. 374-384). Man vergleiche etwa die Xenie „Denk‘ ich, so bin ich. Wohl! Doch wer wird immer auch denken? Oft schon war ich und hab‘ wirklich an gar nichts gedacht“ – mit Stirners entsprechender Aussage in Der Einzige und sein Eigentum, Reclam S. 389, die ich im vorangegangenen Teil dieser Reflektionen erwähnt habe.
Auch erinnert mich folgendes Stirner-Zitat: „(…) es ist ein mächtiger Unterschied, ob Ich Mich zum Ausgangs- oder zum Zielpunkt mache. Als letzteren habe Ich Mich nicht, bin mir mithin noch fremd, bin mein Wesen, mein ‚wahres Wesen‘, und dieses Mir fremde ‚wahre Wesen‘ wird als Spuk von tausenderlei Namen sein Gespött mit mir treiben“ (Max Stirner: Der Einzige und sein Eigentum, reclam, S. 368) – an Goethe, der mal an den Rath Schlosser schrieb: „Wahrhaft hochachten kann man nur, wer sich nicht selbst sucht“ (z.n. Nietzsches Jenseits von Gut und Böse, Aphorismus Nr. 266).
Natürlich ist Stirner kein „Nachläufer“ Goethes (etwas, was mangels Quellen, sowieso nie mit Sicherheit erschlossen werden kann), aber für einen Goethe-Kenner wie Nietzsche muß dieser „Gleichklang“ von Stirner und Goethe wirklich frappierend gewesen sein. Kann es nicht sein, daß sich bei Nietzsche doch Aussagen über Stirner finden lassen: nur daß Stirner von Nietzsche zur Tarnung die Maske Goethes verpaßt bekommen hat?
Manuel schrieb 2011: Das EINZIGE was Sinn macht, ist nach einem „persönlichen Motiv“ zu suchen!
Das Hitler seinen Selbsthass und seine Selbstverachtung auf „die Juden“ projeziert hat – ist das etwa kein „persönliches“ Motiv ?
Das Hitler an einer einzigen Stelle – dem Arzt gegenüber, der seine Mutter behandelte- so etwas wie Mitgefühl zeigte – was könnte „persönlicher“ sein?
Das Hitler von allen Deutschen einen Nachweis der „arischen“ Abstammung bis in die dritte Generation verlangte, den er selbst nicht erbringen konnte – ist das nichts „persönliches“??
Das Hitler seinen Vater hasste – von dem er annahm, daß er jüdischer Herkunft war – weil dieser ihn einsperrte, täglich schlug, verspottete (zB. wegen angeblich mangelnder Intelligenz!) und nicht mit seinem Namen, sondern mit einem Pfiff -wie einen Hund- rief, weil dieser Vater seine „arische“ Mutter mit „jüdischer“ Grausamkeit behandelte…
keine persönlichen Motive?
Mir reicht die genaue Betrachtung der Kindheit Adolf Hitlers aus, um das Phänomen Hitler vollständig und logisch zu erklären. Für den Rachefeldzug gegen seine in der Kindheit erlittenen Demütigungen standen dem Führer genügend Menschen zur Verfügung, die aufgrund ähnlicher Kindheitserfahrungen ähnlich strukturiert waren.
Diese Geschichte ist kein Rätsel mehr – dank Alice Miller ( „Am Anfang war Erziehung“).
Hitler hat übrigens versucht, die Spuren seiner Herkunft zu tilgen – er ist sogar so weit gegangen, Gräber seiner Vorfahren zerstören zu lassen!
Trotzdem ist seine Kindheit aussergewöhnlich gut durch übereinstimmende Zeugenaussagen seiner Verwandten und Bekannten dokumenmtiert, so daß es keinen Zweifel an der Situation geben kann, in der er aufgewachsen ist.
Dazu Peter: An Hitlers Werdegang von der Geburt an ist kaum etwas Außergewöhnliches. Nichts unterschied ihn von Millionen anderen. Der Bruch zum exterminatorischen Antisemiten mit Messiaskomplex fand irgendwann zwischen Ende 1918 und Herbst 1919 statt. Was nun der Auslöser war, wird sich wohl kaum je rekonstruieren lassen, zumal bei einem paranoid-schizophrenen Charakter, der darüber hinaus durch eine lange Reihe von Inzucht erblich vorbelastet war, wirklich so gut wie alle Anlässe sonst was auslösen können.
Reich hatte in vieler Hinsicht eine weitaus traumatischere Kindheít, Jugend, Kriegszeit und Nachkriegszeit als Hitler!
Peter: Noch mal zur Verdeutlichung: es geht um MASSENpsychologie, sozusagen um Statistik, nicht um individuelle Biographien. Es gibt genitale Charaktere, die aus einer Familienhölle mit Alkoholismus und Mißbrauch hervorgegangen sind, und es gibt neurotische Wracks, deren Eltern Orgonomen waren.
Statistik wie sie DeMeo in seiner Saharasia-Arbeit vorexerziert hat. Individuelle Biographien sind ziemlicher Quark. Es hilft kaum etwas beim Psychotherapeuten und erst recht nicht bei „Fernanalysen“, die etwa Fromm und Miller bei Hitler vorgenommen haben. Das erinnert mich an eine Möchtegerntherapeutin, bei der ich mal in „Therapie“ war und der ich mal von mir erzählt habe: Ich konnte ihr einfach nicht mehr ausreden, daß meine Kindheit von Gewalt geprägt war. Vollkommener Quatsch! „Arbeiterkind >> Gewalt gegen Kinder!“ Und wenn man dagegen argumentiert, ist das Ausdruck von „Verdrängung“!
Ein Orgontherapeut interessiert sich ausschließlich für das Hier und Jetzt und nicht für irgendwelche mythischen Vergangenheiten – die eh eine Funktion der Gegenwart sind. Ja, diese Gegenwart ist aus der Vergangenheit hervorgegangen, aber das ist ein massenpsychologisches Problem.
Reich: erst Biologie (die Gegenwart), dann Soziologie (Massenpsychologie) und schließlich weit abgeschlagen ein bißchen Psychologie (Freud). Bei Miller und Konsorten ist diese Reihenfolge umgekehrt.
Manuel: „Es ist auffallend, daß alle Charakterisierungen des Juden, auf die Nazis am besten selbst zutreffen.“
Diesem Punkt möchte ich aus eigener Erfahrung zustimmen. Ich hatte einmal einen Alt-Nazi als Chef, der im Geschäftsgebaren alle den Juden zugeschriebenen Eigenschaften zeigte. Er selbst bemerkte das natürlich überhaupt nicht, sondern fühlte sich „arisch-rein“. Das war damals ein Aha-Erlebnis für mich -ich hatte einen Grundmechanismus des Antisemitismus „entdeckt“ (d.h. live erlebt und somit seine Wahrheit bestätigt). Wie wohltuend war es für diesen Mann, all seine miesen PERSÖNLICHEN Eigenschaften einem Sündenbock -den Juden- zuschreiben zu können und sich selbst gut und rein und stark zu fühlen. Vor diesem Erlebnis hatte ich es nicht für möglich gehalten, das die Motivation für antisemitischen Hass so einfach und durchschaubar und bloß auf persönlichen Defiziten basieren könnte, von denen man sich befreien möchte ohne an sich „arbeiten“ zu müssen.
Was Reichs traumatische Kindheit angeht: Reich hatte keinen emotionalen Rückhalt in seiner Familie aber zB. bei seinem Hauslehrer. Ich denke, das hat ihm sehr geholfen und seinen späteren Lebensweg als Wissenschaftler stark beeinflußt. Adolf Hitler ist aber scheinbar ohne eine EINZIGE Person aufgewachsen, die ihm liebevolle Zuwendung gegeben hätte.
Manuel: Ich bin gerade auf folgenden Artikel gestoßen: http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/zeitgeschichte/michael-grandt/adolf-hitler-teufel-daemon-oder-schwer-misshandeltes-kind-.html
Leider wird hier die möglicherweise jüdische Herkunft des Vaters als „Ammenmärchen“ abgetan. Es ist aber wahrscheinlich, daß Hitler dieses Gerücht in seiner Kindheit zu hören bekommen hat. Die Ungewißheit hat in jedem Fall an ihm genagt, denn er versuchte alles über seine Herkunft herauszufinden und gleichzeitig so viele Spuren wie möglich zu verwischen.
O.: Was mich immer erstaunte, war, dass es soviel schwule Nazis gab, die aber nicht offen so auftreten konnten. Und gerade aus diesem Zwiespalt wurde der eigenen Trieb (Neigung) ständig unterdrückt und suchte sich um so heftiger ein Ventil …
Ebenso ist die „Elite“ alles andere als arisch, sportlich (athletisch) und nordisch. Auch heute noch sieht die Nazi Szene nicht als typisch arisch aus und würde nach eigenen Maßstäben „ausgesondert“ werden. Aber da sie ihren Hass nach außen projezieren können, scheint die Verdrängung der eigenen Häßlichkeit zu glücken. Je mehr sie sich selbst für minderwertig halten, desto brutaler gehen sie vor. Und wenn die neue „Elite“ besser zu sein scheint, gibt es dann den inszenierten „Röhm-Putsch“ und sie werden vernichtet.
Die Liquidation des SA durch die SS zeigte dem Volk, dass jeder willkürlich vernichtet werden könne, der nicht richtig spurt und ein Widerwort gibt.
Man müsste sich noch einmal die Attribute anschauen, die den Juden angedichtet worden sind: Diese passen wohl am besten zur eigenen Lebensweise und Motivation. (Projektion)
Dennoch kann man nicht die Macht des geschlossenen Gedankensystems, der Propaganda und der Einbeziehung jeder gesellschaftlichen und beruflichen Gruppe in ihrer Wirkung unterschätzen. Und das ist genau das Problem, dass uns heute nicht mehr der „Zauber“ gegenwärtig ist, den die Nazis wirkungsvoll und theatralisch aufgebaut haben.
Peter: Bei der ganzen „Bewegun“g ging es immer nur um eins: Sex, insbesondere Sadomaso. Allein schon der Uniformenfetisch. Das ganze nahm seinen Anfang mit Wagners Musikdramen und all den hysterischen, schwulen Wagnerianern, die bei der „überwältigenden“ Musik zu Gelee wurden. Wirklich alles war auf „Überwältigung“ ausgerichtet.
Manuel Says:
25. März 2011 um 12:52 | Antwort
Und wie kommt es, daß Sex mit Sadomasochistischen Vorstellungen besetzt wird?
Damit schließt sich der Kreis zu dem, was ich Eingangs schon erwähnte
O.: Ich stutze über diesen Satz:
„Nietzsche hat diese „negative Egologie“ [gemeint war Stirner] in eine positive umgeformt, indem er den theologischen Bezugsrahmen zu einem biologischen machte:…“
Ich würde umgekehrt eher von positiver „Egologie“ sprechen bei Max Stirner, da er einen positiv besetzten Egoismusbegriff diskutiert. Beim hier gezeigten Nitzsche Zitat gilt das „Ich“ als „negative besetztes Ich“ mit allen destruktiven Anteilen (sekundäre Schicht bei Reich) und das „Selbst“ bei Nitzsche – als positives Gegenstück (der biologische Kern bei Reich). Die Selbst-Psychologie scheint diesen Begriff dann wohl von Nietzsche übernommen zu haben …
Peter: Anfang des 19. Jahrhunderts hat Stirner die Theologie, die besagt, daß man Gott durch Festlegungen nicht dem Menschen verfügbar machen kann, radikal umgekehrt: ICH bin nicht verfügbar – „habe meine Sache auf nichts gestellt“, bin eigenschaftslos wie Gott. Am Ende des Jahrhunderts war der Bezugrahmen nicht mehr theologisch bzw. antitheologisch, sondern biologistisch: „Ich bin eine wilde Bestie“, d.h. nicht domestiziert – aber ich habe jede Menge „positive“ (definierbare) Eigenschaften.
Erik Jan van Hanussen: Naja Alice Miller hat Adolf Hitler unter die Lupe genommen mit Biographien die auf undurchsichtigen Quellen beruhen.
So ist von der Nekrophilie Hitlers die Rede, der sich gern unter scheissende Frauen gelegt hat und der den Orgasmus bekam wenn er mit Tritten penetriert wurde. Die Quelle ist der damalige englische Geheimdienst OSS.
Den Werdegang von Hitler logisch zu erklären schafft niemand, warum hat er denn während des 2. Weltkriegs jeden Tag das eiserne Kreuz getragen was ihm von einem jüdischen Offizier überreicht wurde? Warum hat er Amerika den Krieg erklärt zu einem Zeitpunkt wo man sich vor Moskau zurückzog?
Vielleicht wurde ihm ja wirklich der Zippedäus von einer Ziege abgebissen sowie es ein Mitschüler aus Leonding später an der Ostfront erzählt und deshalb vom NS-Gericht zum Tode verurteilt wird. Man kann und wird es wohl niemals begreifen.
Peter: Was Hitler letztendlich angetrieben hat, ist ziemlich gleichgültig, Vielleicht war es ja die lange Linie von Inzucht, aus der er hervorgegangen ist. So wie der süße „reinrassige“ Familienhund, der aus heiterem Himmel zur Bestie wird und von der Polizei erschossen werden muß. Wichtig ist nur, daß solch ein Individuum nur wirksam wird, „wenn seine persönlichen Anschauungen, seine Ideologie oder sein Programm am die durchschnittliche Struktur einer breiten Schicht von Massenindividuen anklingt“ (Massenpsychologie des Faschismus, S. 53). Meines Erachtens war dies bei Hitler seine widersprüchliche Doppelstruktur: einerseits das Feige und Beharrende (ein unglaublich willensschwacher Mann, der keine Entscheidungen traf = die Panzerung) und andererseits das Treibende, Kompromißlose (die radikalsten Lösungen wurden jeweils bewilligt = die aufgestaute Energie will RAUS). Das treibt die Massen bis heute: eine alles erstickende feige reaktionäre Indolenz hier und doch der Traum von Glorie, revolutionärer Rache und Befreiung da. Man schaue sich doch die zahllosen heimlichen bis unheimlichen Hitler-Fans im Internet an: sie glauben heroisch gegen den Zeitgeist anzukämpfen, doch tatsächlich verkörpern sie diesen wie kaum welche.
Tzindaro schrieb 2016: Hitler was not unusual. His attitudes toward Judaism was close to the Central European norm, in a tradition going back centuries. Look at the anti-semitic writings of Martin Luther for example. Anyone writing such things today would be arrested for volkverhetzung.
The anti-semitic teachings of the Catholic church over hundreds of years set the stage for the extermination of the Jews. If there was any single root cause of Nazism, that was it. Hitler and almost all the Nazi leadership were brought up in the church and instructed in it’s teachings. They remained church members in good standing throughout their lives. In fact, when they had lost the war, many Nazis were helped to escape by the church, which hid them in monasteries and got them safe passage to South America, where they were granted refuge at the request of the Vatican.
Seen from the long viewpoint of history, Nazi anti-semitism was only the latest outbreak of the long-term program of the Catholic Church to rid Europe of the main competing religion. Nazism, like Lutheranism, was only a sect of the Christian culture that created it.
Fortunately, Europe since the war has rejected religion of all kinds and embarked on an experiment: the first truely secular society in history. An agressive secularism, following the French model, is the best hope of avoiding any future holocausts.
Robert schrieb 2011: Der Hinweis auf Rainer Zitelmann war mir neu. Bei Wikipedia steht etwas über ihn.
Ich frage mich, ob Theleweits „Männerphantasien“ ebenfalls durch Reich angeschoben wurden und ob es neben Zitelmann noch weitere Geisteswissenschaftler gibt, für die Reich den Anstoß gab.
Robert weiter: Diskussion „Hitler Heute“ von 1995 mit Rainer Zitelmann:
Manuel 2011: Die widersprüchliche Persönlichkeitsstruktur Hitlers, die Wilhelm Reich treffend mit den Worten charakterisiert: „Rebellion gegen die Autorität mit gleichzeitiger Anerkennung und Unterwerfung“ lässt sich nur durch die Kindheitssituation Hitlers erklären: Als Kind eines brutalen, sadistischen (usw.) Vaters muss man sich auflehnen und rebellieren um als eigenständiges Wesen zu überleben, gleichzeitig muss man seine Autorität anerkennen, ihn lieben und bewundern, sonst könnte man als KIND emotional (und manchmal auch physisch) nicht überleben.
O.: Rainer Zitelmann scheint Hitler positiv als „Revolutionär“ zu verstehen (Wikipedia) und kann seine Begeisterung auch in der Gesprächsrunde kaum unterdrücken, zumindest passt sein Bart zur inneren Haltung, von der er sich wohl frei glaubt. Ein 25-jähriger Zuschauer betitelt ihn als „mother fucker“, da er Frau M. Mitscherlich aufdringlich widersprechen muss und stellt die interessante Frage, die nicht beantwortet wird: Ob die Deutschen nicht Hitler gegen Ende des Krieges darüber getäuscht haben, dass sie noch hinter ihm stehen würden und vielmehr boykottieren würden?
Die Reduzierung von des deutschen Faschismus auf Hitlers Wahn und die Vernichtung der Juden, wie es in dieser Sendung Tenor ist, verkennt, dass die Basis für einen neuen Faschismus weiter existiert. Um meine Oma zu zitieren: „Hitler war nicht verkehrt, nur das mit den Juden, hätte er nicht machen sollen.“ Hitler hat begeistert und fasziniert und die damalige „deutsche“ Jugend in seinem Sine erzogen, ein Erbe, dass weiter besteht. Insbesondere bei den Arbeitern konnte er Punkten … und seine SA/SS-Terrorherrschaft ausbauen.
Wo Bildung fehlt – wie heute – wird Faschismus geschaffen, an Führer/innen fehlt es nicht. Nur ein neues Feindbild müßte her …
Da der Mut fehlt, W.R.´s Massenpsychologie des Faschismus zu verstehen, gibt es kein Jenseits des Faschismus. Er lebt in den autoritären Gesellschaftsstrukturen weiter und Hitler-Analysen sind Heucheleien.
Hitler war „nicht“ wahnsinnig, sondern hat den üblichen Wahnsinn auf die Spitze getrieben und ihn benutzt. Er hat den Faschismus in der „Demokratie“ entlarvt, in dem er den Faschismus offen ausgelebt hat. Dass er nicht siegreich war, verdanken wir nicht einem „deutschen Widerstand“ (des Militärs) – sondern seiner Dummheit, stets den größten Unsinn zu verzapfen. Wäre er nur ansatzweise genial gewesen, nicht auszudenken, wo wir jetzt leben würden.
Dennoch wird ihm nachgeeifert aller Orten.
Ob Reich hier die (einzig) richtige Antwort gefunden hat, ist schwer zu sagen, doch es ist ein Anfang, die Sache zu verstehen.
Robert: Um meine Oma zu zitieren: „Hitler war nicht verkehrt, nur das mit den Juden, hätte er nicht machen sollen.“
Jede Zeit hat ihre Mythen und heutzutage wird geglaubt, unsere Urgroßeltern wären alle verführte Trottel gewesen, die einem geisteskranken Schreihals hinterherrannten. Womöglich wird man ebenso in 70 Jahren unsere heutige Überzeugung als Unsinn entlarven.
Meiner Überzeugung nach besteht das Problem mit M. Mitscherlich mit ihrem Psychologismus, der bar der Fakten Psyche erklärt. Das Gleiche passt übrigens zu Reichs „Massenpsychologie des Faschismus“ von 1933, die geprägt ist von Reichs kommunistischer Ideologie, die letzlich die eigene Position als Selbstverständlich voraussetzt.
Bei den letzten freien Wahlen waren immerhin 60% der Wähler gegen Hitler, also schneiden unsere Vorfahren gar nicht so schlecht ab. Verwechselt werden heutzutage ständig Volksabstimmungen über Gebiete mit Parlamentswahlen.
Meiner Erfahrung nach ist historisches Faktenwissen zur damaligen Zeit sehr gering. Da liegt der Hang zum Psychologismus nahe.
Manuel: „Hitler war nicht verkehrt, nur das mit den Juden, hätte er nicht machen sollen.“
Ja, so ähnlich habe ich das auch schon öfter von Menschen dieser Generation gehört. Mir scheint, daß ausser einzelnen Perversen kaum jemand in Deutschland die „Endlösung“ wollte – trotz allgemeinem (latenten) Antisemitismus. Ohne Hitler hätten wir einen „ganz normalen“ Faschismus gehabt, so wie in Italien, Spanien etc.
Der Verlauf des Krieges und die Obsession der Judenvernichtung zeigen, daß Hitler wirklich wahnsinnig war und nicht „bloß“ ein manipulativer politischer Stratege.
Robert schrieb 2011: Deswegen auch der irrsinnige Hass auf Sarrazin, der sich Gedanken über Genetik und Intelligenz gemacht hat. Für die linken „Antifaschisten“ soll es soviel Inzucht und künstliche Auslese Richtung Verblödung geben wie nur möglich. https://i0.wp.com/www.spiegel.de/images/image-20024-panoV9free-ljud.jpg?zoom=2
O.: … Dann wäre die freie und selbstbestimmte Partnerwahl der „Wissenschaft“ geopfert und die Liebe hätte (auch wieder) keine Chance, so wie der Gutsherr, der bestimmt, welcher Knecht welche Magd ehelichen dürfe oder der Vater, der den Schwiegersohn für die Tochter aussucht, was wir ja in der muslimischen Welt noch so als Brauch haben. … „Schöne neue Welt“ – da war es doch ähnlich. Retortenkinder (ohne energetischen Zeugungskontakt), ausgesucht nach deren Erbmaterial.
O.: Was soll die Genetik hervorbringen?
Resistente und somatisch gesunde „Körper“? – Oder das Konstrukt, von dem wir glauben, jemand sei intelligent?
Demnach wäre Intelligenz vererbbar??? Darüber ließe sich trefflich philosophieren und, weiß Gott, streiten.
Mit der Intelligenz verhält es sich so, dass das gemessene IQ-Kontrukt (meist sprach- und kulturgebunden, sowie altersgebunden) eine Varianz um den Mittelwert 100 für die meisten Menschen misst (so ist der Test angelegt). Wer zwei Standardabweichungen drunter oder drüber liegt, bekommt einen auffallenden Wert, der klinisch interessant werden könnte, da er aus dem Rahmen fällt. Nun mag man sich freuen, wenn ein Kind einen höheren IQ nach HAWIK hat als 130, doch was sagt diese Intelligenz für die soziale Realität aus?
Das Kind ist „überbegabt“ (hochbegabt) und wird Probleme bekommen, die nur mit Soziapädagogik auszugleichen wären. Die wenigsten finden eine Nische, in der sie mit ihren einseitgien Fähigkeiten etwas anfangen können. Die meisten werden scheitern. Die Hochbegabung wird zur „quasi-geistigen Behinderung“, wie für jemanden der unter 70 IQ-Punkten liegt. Was nützt also das Geschwafel von der Intelligenz? Jeder normal Begabte hat die Möglichkeit sich besser zu entwickeln und dies hängt von sozialen und finanziellen Mitteln ab.
Hätte Hr. Sarrazin einen Bachelor in Psychologie und hätte die Vorlesung in Differenzielle Psychologie besucht, müssten die Leser nicht solch Laienwissen sich anhören, behaupte ich mal. Ebenso wird es sich mit seinen Genetikkenntnissen verhalten. Aber als Politiker reicht es ja meist nur fürs Jurastudium und dies behaupte ich mit Nichtwissen, wie es Juristen zu tun pflegen.
Robert: Ich habe mich schon als Jugendlicher mit der Kritik der IQ-Messung beschäftigt. Das Problem ist, die Literatur ist leider ideologische Pseudo-Wissenschaft. Während im Physischen jederman akzeptiert, dass es unterschiede gibt, soll es im geistigen nicht gelten. Klar ist es schwieriger, Intelligenz statt Renngeschwindigkeit zu messen, ohne Frage. Doch es funktioniert, sogar weltweit.. Man kann Japaner mit Afrikaner vergleichen usw. Die Unterschiede von Völkern, Rassen und Individuen anzuerkennen, heißt nicht automatisch, sie in schlecht oder gut einzuteilen.
Peter: Leute, die die „Gleichheit aller Menschen“ propagieren, vermeinen mehr Humanität zu verbreiten. In Wirklichkeit verbreiten sie Terror. Man denke nur an all die armen durchschnittlich, vielleicht sogar unterdurchschnittlich intelligenten Kinder, die von ehrgeizigen Eltern durchs Gymnasium gepeitscht werden. Früher hatte jedes Unterschichtkind normale Rechtschreib- und Rechenkenntnisse. Heute, wo wirklich alle Kinder mit hochwissenschaftlichen Methoden unterrichtet werden, bleiben die weniger intelligenten Kinder auf der Strecke und lernen gar nichts. Beispielsweise macht aus abstrakt mathematischer Sicht es wirklich Sinn mit der Mengentheorie anzufangen (weil die Menge fundamentaler ist als die Zahl) – mit der aber leider kein Mensch etwas anfangen kann, der nicht Mathematik studieren will.
Diese Gleichmache sind zutiefst inhuman. Es geht eh nur darum, daß SIE (die Gleichmacher) sich gut fühlen. „Ich bin kein Rassist!“
claus schrieb 2015:
“ […] manche Leute können einfach nicht genug kriegen von Hitler und Konsorten. Es bringt Bewegung in die erstarrten Glieder.“
Er ist das einzige, was alle Hauptschüler von deutscher Geschichte kennen. Und viele (alte Linke) behaupten immer noch, man laufe Gefahr, den NS nicht ausreichend zu behandeln. Was ja stimmt: Es fehlt Kontext – also Geschichte vor dem NS.
claus: Sehe gerade: „Neuheidentum“ auf dem mittleren Strang. Nee, das ist ähnlich wie Schuler, Wolfskehl, … eher schon etwas, das den NS auf einem Seitenstrang vorbereitet. Es ist einfach zu ästhetisch, träumerisch, versponnen. Man denke auch an Georges Maximin-Kult, der sicher sehr verwandt damit ist, und auch an den theosophischen Runenforscher, dessen Name mir nicht einfällt, …
„Reichianer“ leben in einer Cartesianischen Welt aus „Energiebewegung und Wirbeln“, in der eine Art kosmische Sauce alles und jedes bestimmt. Der Unterschied zur mechanistischen Weltanschauung ist nur graduell. Ursache und Wirkung werden hydrodynamisch statt mechanisch erklärt. Für eine gleichzeitige bzw. nicht-lokale Wirkung ist kein Platz. Die schmerzliche freibleibende Lücke wird dann mit mystischen Konzepten notdürftig verkleistert. Ganz ähnlich mußte Descartes die res extensa, in der sich alles infolge von Druck und Stoß ergibt, durch eine ausdehnungslose res cogitans ergänzen. Zwei zusammenhanglose Reiche, zwischen denen nur der unerkennbare Gott vermitteln kann.