Posts Tagged ‘Kant’

Wilhelm Reich, Physiker: 1. Biophilosophie, d. Kant, Swedenborg, Newton und LaMettrie

16. Dezember 2025

Wilhelm Reich, Physiker: 1. Biophilosophie, d. Kant, Swedenborg, Newton und LaMettrie

Wilhelm Reich, Physiker: 1. Biophilosophie, c. Antifunktionalismus: Der Geist in der Maschine

6. Dezember 2025
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W:ilhelm Reich, Physiker: 1. Biophilosophie, c. Antifunktionalismus: Der Geist in der Maschine

Was ist der Unterschied von Arbeitsdemokratie und Kapitalismus? (Teil 2)

27. Oktober 2025

Kritik am Kapitalismus ist eine Selbstverständlichkeit. Beispielsweise sprach bereits Kant davon, der Mensch habe keinen „Preis“, sondern „Würde“:

Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes als Äquivalent gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde. (Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, z.n. Beatrix Himmelmann: Freiheit und Selbstbestimmung, Freiburg 1996, S. 355)

Menschen, die in dieser Tradition der Aufklärung stehen, fühlen sich zwangsläufig zu Marx hingezogen.

Es muß 1942 gewesen sein, als Reich dem Anfang der 1930er Jahre verfaßten Originalmanuskript der Massenpsychologie des Faschismus hinzufügt hat, daß „die Entwertung des Konkurrenten, meist einer jeder Ehrlichkeit bare Handlung, ein wesentliches Werkzeug des ‚Geschäfts‘ [ist]“ (Fischer TB, S. 67). Womit er eine antikapitalistische Passage des Originals weiter verschärfte.

Dies impliziert, daß er damals noch immer ein vehementer Kritiker des Kapitalismus war. Er war dies, weil die Mechanismen dieses Systems die „natürlich gewachsene und organisch funktionierende Organisation in der gesellschaftlichen Basis“ (ebd., S. 279) zerstören.

So einfach ist seine in der Tradition der Aufklärung stehende Kritik am Kapitalismus. Genauso einfach ist seine Kritik an den „progressiven“ Sozialisten:

Ich verstehe nicht, wie es Progressive fertigbringen, die einfachen Gegebenheiten der allgegenwärtig wirksamen Beziehungen zwischen den Menschen nicht zu sehen, die nur darauf warten, mit sozialer Macht ausgestattet zu werden. (American Odyssey, S. 388)

Reich glaubte, daß seine Kritik, sowohl am Kapitalismus als auch an den sozialistischen Kapitalismuskritikern, mit dem „grundlegenden Marx“ übereinstimmt. Er brachte dies sogar in einer seiner letzten schriftlichen Äußerungen, seiner Eingabe an den Supreme Court, zum Ausdruck.

Aber was für eine Art von „Ur-Marxismus“ (oder wie immer man es bezeichnen will) soll das sein?! Ich kann mir nichts „un-Marxistischeres“ vorstellen als eine „natürlich gewachsene und organisch funktionierende Organisation in der gesellschaftlichen Basis, die nur darauf wartet, mit sozialer Macht ausgestattet zu werden“.

Und das ganze auch noch von der Psychologie her gesehen:

Versteht man unter „Freiheit“ vor allem die Verantwortung jedes einzelnen Erdenbürgers für die rationale Führung der persönlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Existenz, dann gibt es keine größere Angst als die vor der Einrichtung der allgemeinen Freiheit. (Massenpsychologie des Faschismus, S. 284)

Was ist Marxismus? Daß man gesellschaftliche Phänomene eben nicht von der Befindlichkeit von einzelnen Menschen oder von Menschengruppen aus betrachtet. Beispielsweise kann es aus Marxistischer Sicht keinen anti-deutschen Rassismus von Seiten der „Migranten“ (Gasthartzvierler) geben, wenn man etwa an das Geschehen auf Schulhöfen denkt. Dazu schreiben zwei offensichtlich Marxistisch orientierte Journalisten:

Was in dieser Debatte als „Deutschenfeindlichkeit“ bezeichnet wird, ist mitnichten Rassismus. „So können Angehörige des gesellschaftlich hegemonialen Bevölkerungsteils – in Deutschland also weiße Deutsche – zwar individuelle Ausgrenzungserfahrungen machen, sie sind jedoch keinem strukturellen Rassismus ausgesetzt, der beispielsweise auf dem Arbeits- oder Wohnungsmarkt wirksam ist“. Rassismus ist immer in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext rassistischer Machtverteilung zu stellen, es funktioniert nicht, ihn anhand der Zahlenrelationen zwischen Mehr- und Minderheiten auf besagten Schulhöfen umgekehrt entdecken zu wollen.

Man muß, wenn man Marxistisch argumentieren will, gesellschaftliche Phänomene von den umfassenden Machtverhältnissen (vom Klassenkampf) her betrachten und nicht, wie Reich es tut, von der Befindlichkeit von Individuen oder auch Gruppen!

Stichwort Klassenkampf: Reich hat in der dritten Auflage der Massenpsychologie des Faschismus sogar den Begriff „Klassenbewußtsein“ durch „Fachbewußtsein“ bzw. durch den der „sozialen Verantwortung“ ersetzt.

Aus Marxistischer Sicht macht diese Ausdrucksweise keinerlei Sinn. Tatsächlich hat Marx ganze Bände damit gefüllt, gegen die darin zum Ausdruck kommende Sichtweise anzukämpfen. Man kann entsprechend Spuren von Reichs späterem Konzept „Arbeitsdemokratie“ bei Proudhon und anderen Linken finden (kollektivistische Anarchisten, Sozialisten, prä-Marxistische Kommunisten) sowie bei Bastiat und anderen Rechten (Libertäre). Marx hat versucht, diese beiden “proto-arbeitsdemokratischen” Denkrichtungen zu vernichten und zwar mit genau der gleichen hirnzersetzenden Denkfigur, die die beiden oben zitierten dummdreisten Journalisten im Kampf gegen angebliche „Rassisten“ anwenden – um den wirklichen Rassismus zu verteidigen.

Marx hätte über Reichs Konzept der Arbeitsdemokratie das gleiche gesagt, was er über Bastiat in der Einführung zum Kapital geschrieben hat: er hätte Reich als den „flachsten und daher gelungensten Vertreter vulgärökonomischer Apologetik“ betrachtet.

Ein letzter Punkt: Zu einer Zeit, als westliche Marxisten damit begannen, den Marxismus in eine Art „Kulturtheorie“ umzuformen, und sich immer mehr auf Marx‘ frühe pseudo-Hegelianische Ergüsse über „Entfremdung“, „Fetischismus“ und anderes esoterisches Zeugs kaprizierten, stellte Reichs Reduktion des gesamten Marxismus auf den ökonomischen Kern der Marxschen Theorie (nämlich die Werttheorie) einen denkbar lauten Kontrapunkt dar, der als solcher m.E. noch gar nicht wahrgenommen wurde. Will sagen, Reichs Marx-Kapitel in Menschen im Staat war nicht nur ein Protest gegen den Stalinismus (ein Protest, der ins Leere ging), sondern im Nachhinein betrachtet auch einer gegen jenen „Kultur-Marxismus“, der mittlerweile (Stichwort „Political Correctness“) den gesamten gesellschaftlichen Diskurs dominiert.

Mit Menschen im Staat und insbesondere dem besagten Kapitel „Die lebendige Produktivkraft (Arbeitskraft) bei Karl Marx“ brachte Reich seinen Protest gegen „Kultur-Marxisten“ wie Fromm und Marcuse und die restlichen „Freudo-Marxisten“ zum Ausdruck, die keinerlei Beziehung zur Arbeiterbewegung und überhaupt zum allgemeinen Arbeitsprozeß hatten.

Deutschland und die Emotionelle Pest (Teil 10)

30. September 2025

Die wissenschaftlichen, technischen und kulturellen Beiträge unserer kleinen Nation (die kaum mehr als 1 Prozent der Weltbevölkerung ausmacht) zum Fortschritt der Menschheit sind erstaunlich. Unter anderem haben die Deutschen erfunden: den Buchdruck, die Glühbirne, das Auto, den Diesel-Motor, den Fernseher (das allererste gesendete TV-Programm war Hitlers Eröffnungsrede bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin), das Farbfernsehen, den Hubschrauber, den Kaffeefilter, den Teebeutel, die Antibabypille, den Computer, Aspirin, das Telefon (Reis machte vor Edison ein Ferngespräch), die Waschmaschine, das Elektronenmikroskop, das Düsenflugzeug, das Luftschiff (Zeppelin), Bier, Homöopathie, Papier, das Periodensystem der Elemente, den Dynamo, Bakteriologie (Koch 1896), die Straßenbahn, das Motorrad, den Plattenspieler, funkgesteuerte Uhren, den MP3-Player, den Airbag, die Kreditkarte, den Mikrochip, die Kernspaltung, das Röntgengerät und den Scanner! In der Liste der zehn wichtigsten technischen Erfindungen In der Geschichte der Menschheit stammen fünf von Deutschen.

Das waren technische Erfindungen, aber der Einfluß der Deutschen auf die internationale Kultur ist ebenso groß! In der Liste der zehn wichtigsten klassischen Komponisten gibt es sechs Deutsche/Österreicher: Beethoven, Mozart, Bach, Haydn, Liszt, Schubert, Brahms, Schönberg, Wagner. In der Liste der zehn wichtigsten Philosophen der Neuzeit gibt es acht Deutsche/Österreicher: Kant, Hegel, Schopenhauer, Marx, Engels, Nietzsche, Husserl, Wittgenstein. Was wäre die Welt der Physik ohne die Früchte der Forschung von Einstein, Hahn, Meitner, Fahrenheit, Röntgen, Gauß, Ohm, Planck, von Braun, Kopernikus, Heisenberg, Born, Euler, Mach, Meißner, von Ardenne, Warburg, Schrödinger, von Weizsäcker? Und was die Anthropologen, Psychologen und Psychiater betrifft: Franz Boas, Begründer der Kulturanthropologie, Wundt, der erste experimentelle Psychologe überhaupt, Kretschmer, Kraepelin, Jaspers, Kurt Schneider, Wagner-Jauregg, bei dem Reich seine Facharztausbildung absolvierte und der bis heute der einzige Psychiater war, der jemals den Nobelpreis erhielt, Reich, Freud, Adler, Melanie Klein, Karen Horney, Kernberg, Eysenck, etc. Unter den Schriftstellern nenne ich nur Goethe. (Man beachte hier bitte den Beitrag der jüdischen Deutschen!)

Deutsche Sportler gewannen bei den Olympiaden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die meisten Medaillen. Vor allem bei den Olympischen Spielen in Berlin von 1936 dominierten sie alle anderen Länder. Und bis zu seiner Niederlage gegen Lewis war der Deutsche Max Schmeling der weltweit beste Boxer. Auch in der „kulturellsten“ Sportart – dem Schach – waren in den Jahrzehnten vor und nach 1900 die zwei besten Schachspieler der Welt Deutsche/Österreicher (Steinitz und Lasker).

Außerdem denke ich, daß wirklich jeder in der Welt die Namen der 4 Deutschen/Österreicher Luther, Marx, Freud und Einstein kennt. Niemand hat die moderne Welt mehr als diese 4 beeinflußt! Hitler nicht zu vergessen. Wilhelm Reich, der in seinem ganzen Denken sehr „deutsch“ war. (Schließlich erhielt er seinen Vornamen zu Ehren von Kaiser Wilhelm!

Bis vor kurzem galt Deutschland in diversen Umfragen, etwa des BBC, als das beliebteste Land auf der Erde.

Allerdings, obwohl „Nationalstolz“ (Liebe zum eigenen Land, Patriotismus, d.h. Stolz auf die Errungenschaften des eigenen Volkes) ganz natürlich sein sollten, ist dies in Deutschland ein sehr heikles Thema und auch für mich eine mit Konflikten besetzte Angelegenheit. Das ist so, weil unser Stolz (auf die enormen Leistungen der deutschen Geschichte) stets mit starken Schuldgefühlen wegen Deutschlands Rolle im Zweiten Weltkrieg und vor allem in der Schoah vermischt sind. Während Amerikaner „stolz sind, Amerikaner zu sein“, Franzosen und Engländer sehr nationalistisch sind und stolz auf ihre Streitkräfte (einschließlich der Atombombe) und gerne Uniformen tragen, ist bei Deutschen der Nationalstolz irgendwie gehemmt. Beispielsweise wurde vor kurzem jemand von einigen linken Studenten fast zu Tode geprügelt, nur weil er es gewagt hatte, die deutsche Flagge in seinem Garten zu hissen.

In französischen und englischen Städten sind die meisten großen Straßen und öffentlichen Plätze nach den Kriegshelden oder berühmten Schlachten ihrer Nationalgeschichte benannt (wie Avenue Foch, Nelson Square, Trafalgar Square, Waterloo Bridge), und es finden sich überall entsprechende Statuen – während in Deutschland sogar die öffentlich bekundete Bewunderung etwa von preußischen Generälen schlichtweg undenkbar wäre. Es wäre in Deutschland völlig unmöglich, daß eine Straße nach einem unserer großen Siege im Ersten oder Zweiten Weltkrieg oder aus der Zeit der Preußen benannt werden würde. Allein, daß ich sage, es seien unsere Siege gewesen, bringt fast jeden „kritischen Geist“ auf die Palme!

Uniformen, die deutsche Flagge oder das Absingen der deutschen Nationalhymne werden in Deutschland automatisch mit einer rechtsextremen Einstellung verbunden. Diese seltsame Situation resultiert aus gerade mal 12 Jahren Nationalsozialismus (die Hälfte davon ohne Kriegsführung) innerhalb einer deutschen Geschichte von 1200 Jahren, die im allgemeinen weitaus friedlicher verliefen als bei fast allen unseren europäischen Nachbarn.

Wenn du dich also traust zu sagen, daß du „stolz darauf bist, ein Deutscher zu sein“ – wegen Deutschlands enormen Beiträgen zur weltweiten Wissenschaft und Kultur –, kannst du auf die Gegenfrage gefaßt sein: „Wie können Sie es wagen, solche schrecklichen Dinge zu sagen? Haben Sie Auschwitz vergessen?!“ Aber ich habe nie erlebt, daß sich US-Amerikaner Vorwürfe machen wegen der beiden Atombomben-Abwürfe auf Hiroshima und Nagasaki, die zigtausende Zivilisten töteten bzw. radioaktiv verstrahlten. Oder daß sich Engländer beschämt oder gar schuldig fühlen wegen der Verbrechen und der Völkermorde des britischen militanten Imperialismus seit Jahrhunderten. Oder das Gefühl, in ihrem Nationalstolz gehemmt zu sein wegen der Opfer der britischen Konzentrationslager in Südafrika, wo sie die Buren internierten. (In einer berühmten Rede sagte Hitler sinngemäß: „Wir haben einfach aus dem Wörterbuch gelernt, was ein Konzentrationslager ist, und das dann von den Briten kopiert!“).

Nicht nur die britischen Konzentrationslager in Südafrika, sondern noch viel mehr die sowjetischen Gulags waren die historischen Vorläufer der späteren deutschen Konzentrationslager. Ich denke, daß die Kompetenz der Kommunisten in Sachen Massenmord von anderen Bewegungen unerreicht ist, einschließlich der der Nationalsozialisten. Heutige Historiker sagen, daß die Opfer des kommunistischen Terrors sich bis auf 100 000 000 Menschen summieren. Man erinnere sich nur all der ethnischen Völkermorde in der UdSSR, der brutalen Schauprozesse der 1930er Jahre, des brutalen Überfalls auf Polen im Herbst 1939, der Folterung von Dissidenten, der Gulags in Sibirien und so weiter und so fort. Ein Teil des polnischen Offizierskorps hat nur überlebt, weil er nicht in sowjetische, sondern in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten war. Die Russen haben ausnahmslos alle polnischen Offiziere, derer sie habhaft werden konnten, ermordet.

Es gibt eine einflußreiche Schule in der Geschichtswissenschaft, die die deutschen Kriegsverbrechen und den Holocaust als kaum vermeidbare Gegenreaktion auf den sowjetischen Terror in der UdSSR interpretieren. Es sei auf den Historiker Ernst Nolte und sein berühmtes Diktum, wonach „die Gulags das Prius zu Auschwitz“ waren, verwiesen:

Katholische Familien, die ansonsten kaum etwas mit den Nazis am Hut hatten, wurden zu vehementen Unterstützern der deutschen Invasion in die UdSSR, nachdem sie gehört hatten, wie im spanischen Bürgerkrieg der 1930er Jahre katholische Priester von Kommunisten massakriert und Nonnen vergewaltigt wurden. Viel von dem brutalen Vorgehen der Wehrmacht und der SS in Rußland während des Zweiten Weltkrieges war eine Reaktion auf die unglaubliche Brutalität, die sie beobachtet und von Seiten der Kommunisten erlebt hatten. Wenn zum Beispiel russische Partisanen einen Wehrmachtssoldaten gefangennahmen, folterten sie ihn zu Tode – am häufigsten wurden die Deutschen kastriert und danach mit ihren eigenen abgeschnittenen Genitalien erstickt. Solche bestialischen „asiatischen“ Methoden waren zuvor in Europa unbekannt gewesen!

Nichtsdestotrotz galt die sowjetische Kriegführung gegen Deutschland immer als etwas „Heroisches“, und ich habe nie gesehen, daß je ein Russe ein schlechtes Gewissen wegen der Myriaden von Verbrechen hat, die sich in der russischen Geschichte zugetragen haben – immer wurden nur die Deutschen als die Bösewichte hingestellt. Entsprechend hatte es bei den Nürnberger Prozessen etwas Lächerliches, als die Sowjets forderten, daß alle deutschen Verbrechen streng geahndet werden, während die sowjetischen Ankläger selbst Ozeane von Blut an den eigenen Händen kleben hatten. Auch wurde in Nürnberg z.B. das geheime Zusatzprotokoll zum Hitler/Stalin-Pakt 1939 verschwiegen, aufgrund dessen die sowjetischen Streitkräfte keine zwei Wochen nach dem deutschen Einmarsch in die westliche Hälfte Polens – welcher bis heute als der Beweis schlechthin für die Alleinschuld der Deutschen an der Auslösung des Zweiten Weltkriegs gilt – die östliche Hälfte Polens mit ebenso großer Brutalität annektiert hatten; man erinnere sich an die Opfer von Katyn. England und Frankreich erklärten mit auffälliger Doppelmoral dem Deutschen Reich 1939 wegen des deutschen Einmarschs in Westpolen den Krieg, verbündeten sich aber paradoxerweise mit der UdSSR, die praktisch zeitgleich exakt dasselbe in Ostpolen getan hatte.

Die Nachgeborenen tragen nicht die Schuld, aber sie tragen die Verantwortung, schließlich genießt man ja auch, wie anfangs angedeutet, mit aller Selbstverständlichkeit all das, was an Gutem aus der Vergangenheit stammt. Funktionell betrachtet, gewährten uns unsere Vorväter einen Kredit, den wir abbezahlen, indem wir den Nachgeborenen eine bessere Welt hinterlassen. Zu diesen unseren Aufgaben als Nachlaßverwalter gehört die Aufarbeitung der Vergangenheit, d.h. das Wegräumen des Schutts der Lügen, des Vergessenmachens, der Verdrehungen und der Fehldeutungen, damit ein Neuanfang möglich ist. Das ist die funktionelle Aufgabe des Geschichtsforschers: er dient den Kindern der Zukunft!

Die innere und die äußere Welt

29. September 2025

Was niemand zu sehen scheint, ist ein entscheidender Unterschied zwischen der autoritären Gesellschaft und der gegenwärtigen woken antiautoritären Gesellschaft: In der konservativen autoritären Gesellschaft handelte jeder als Individuum, aber die inneren Werte, Gefühle und Kognitionen waren fast identisch. Das miteinander Diskutieren war einfach, weil alle im Wesentlichen auf der gleichen Wellenlänge waren. Heute, in der antiautoritären Gesellschaft, wollen die Menschen einen Job in der Regierung oder fügen sich nahtlos in bürokratische Großunternehmen mit ihrem Qualitätsmanagement und ihren Manuals ein, denen jeder Angestellte wie ein willenloser Roboter folgen muß. Im öffentlichen Raum verschwindet das Individuum. Im Gegensatz dazu hat jeder antiautoritäre Mensch ein „individuelles“ Innenleben, das so weit geht, daß jeder sein eigenes Geschlecht, eigene Pronomen und sogar seine eigene „Spezies“ („Furys“ usw.) hat. Jeder hat seine „eigene Sichtweise“ und es ist fast unmöglich, eine gemeinsame Basis zu finden. Die Menschen halten unverrückbar an ihren „Meinungen“ fest.

Es ist eine Welt, die auf dem Kopf steht und von innen nach außen gekehrt ist! Das Innenleben ist zersplittert, als gehöre es in den orgonometrischen Bereich der „relativen Bewegung“, und die äußere Welt wird auf psychotische Weise behandelt, als gehöre sie in den orgonometrischen Bereich der „koexistenten Wirkung“. Man vergleiche nur Bilder von einem Straßenzug aus der Wilhelminischen Ära mit den gleichen Straßenzügen heute: früher war die äußere Welt ein Dschungel voller exotischer Gewächse, während die Menschen innerlich grundlegend gleich waren, heute ist die äußere Welt eine kubistische Langeweile, während das Innenleben der Menschen ein wilder Urwald ist.

Wie Reich bereits 1927 in seinem Buch Die Funktion des Orgasmus feststellte, ist jeder wirkliche Orgasmus bei Männern und Frauen gleichgeartet und gleich stark ausgeprägt. Es ist alles andere als abwegig, dies auf das gesamte innere Erleben gesunder Menschen auszudehnen. Schon damals konterten die Psychoanalytiker, daß Reich „Individualität“ akzeptieren solle, daß jeder „Orgasmus“ individuell sei und daß Perverse etc. ihre eigene Art von „Orgasmem“ hätten etc. Heute hat jeder Antiautoritäre seine „eigene“ Sexualität. Wie Reich in Die sexuelle Revolution schrieb: „Die sogenannte individuelle Differenzierung der Menschen ist heute im wesentlichen ein Ausdruck überwuchernder, neurotischer Verhaltensweisen“ (Fischer TB, S. 29).

Aber fangen wir von vorne an: Es gibt eine Frage, die mich seit Jahren, ja Jahrzehnten beschäftigt. Betrachten wir „Dinge“ wie Bäume. Jeder Baum ist anders und einzigartig, aber dennoch ist jeder von ihnen ein „Baum“. Man nehme nun hingegen innere „Dinge“ wie Langeweile, Liebe, Schmerz usw. Auch hier ist jeder davon überzeugt, daß seine Langeweile, seine Liebe, sein Schmerz usw. ebenso einzigartig wären wie ein bestimmter Baum und daß die Begriffe „Langeweile“, „Liebe“, „Schmerz“ usw. ebenso substanzlos sind wie der abstrakte Begriff „Baum“. Das Problem ist, daß ein Baum ein separates mechanisches Ding ist, das ich fällen, verbrennen, umarmen und was auch immer kann. Bei Gefühlen und anderen „Bewußtseinsinhalten“, d.h. dem gesamten emotionalen und kognitiven Innenleben, ist es jedoch grundlegend anders. Sie sind überhaupt keine separaten „Dinge“ mit Teilen und Ausdehnung, sondern, nun ja, in Ermangelung eines besseren Begriffs, eher „Platonische Ideen“. Ich kann sie nicht „zerschneiden“, „verbrennen“, „umarmen“ oder irgendetwas Mechanisches mit ihnen machen, weil sie funktionelle Ganzheiten darstellen. Und deshalb stelle ich in Frage, ob sie „individuell“ sind; d.h. Peters Langeweile, Liebe, Schmerz usw. ist genau dasselbe wie Ludwigs Langeweile, Liebe, Schmerz usw. Sie sind absolut identisch. Wir alle empfinden genau die gleichen „Dinge“!

Jeder normal denkende Mensch wird empört einwenden: „Ich würde sagen, daß meine Liebe und mein Schmerz und deine Liebe und dein Schmerz unterschiedlicher sind als zwei Bäume derselben Art.“ Das antwortet jeder vernünftige Mensch, eigentlich 99,99 Prozent aller Menschen weltweit. Aber dennoch: Man kann beweisen, daß kein Baum mit einem anderen Baum völlig identisch ist. Bei unserem Innenleben ist die Situation völlig anders. Wir nehmen an, daß jeder einzelne Schmerz einzigartig ist. Aber das bezweifle ich. Nehmen wir zum Beispiel zwei Bäume. Alle „zwei Bäume“ auf der Welt sind anders als alle anderen „zwei Bäume“. Aber die abstrakte „Zwei“ (die Zahl 2) ist identisch. Oder man nehme ein Sandkorn: Es unterscheidet sich von jedem anderen Sandkorn auf der Welt. Sie alle sind einzigartige Individuen. Aber sie sind aus Molekülen, Atomen und Elementarteilchen (Protonen, Neutronen und Elektronen) zusammengesetzt. Und diese Grundelemente sind, wie jeder Physiker bestätigen wird, absolut ununterscheidbar identisch. Ich erinnere an die absurde, merkwürdig „psychische“ Welt der Quantenphysik!

Wie wäre ein Gespräch, eine Sprache oder sogar Liebe oder jedes andere wechselseitige Einfühlen möglich, wenn wir „Individuen“ und absolut einzigartig wären? Wie können wir über Schmerz oder etwas anderes sprechen? Wie ist eine Therapie möglich, wenn wir füreinander „terra incognita“ sind? Vielleicht ist sie nur deshalb möglich, weil es nur einen Schmerz gibt? Es war Reich, der sagte, daß Lust Expansion ist, Angst Kontraktion usw. Er reduzierte die „individuellen“, „einzigartigen“ Gefühle auf einfache universelle Funktionen, was ihm bis heute von feinfühligen Psychologen zutiefst übelgenommen wird.

Ist das nicht der Grund, warum die Menschen aus Orgasmusangst vor der Orgonomie weglaufen: weil sie ihre angebliche „Individualität“ gefährdet und sie auf „pulsierendes Protoplasma“ und das „Orgonom“ reduziert? Was ist Orgasmusangst, wenn nicht die Angst, sich selbst zu verlieren? Die Angst vor dem Schlaf, letztlich die Angst vor dem Tod.

Das ganze ist mit dem Kern, oder sagen wir lieber der Grundtendenz, von Reichs Arbeit verbunden:

Die Sache der Psychoanalyse war groß und stark. Sie schlug dem üblichen menschlichen Denken ins Gesicht. Du glaubst, daß du mit freiem Willen dein Handeln bestimmst? Falsch! Dein bewußtes Handeln ist nur ein Tropfen auf der Oberfläche eines Meeres unbewußter Vorgänge, von denen du nichts wissen kannst, die zu wissen du fürchtest. Du bist stolz auf die „Individualität deiner Persönlichkeit“ und die „Weite deines Geistes“? Falsch! Du bist im Grunde nur ein Spielball deiner Triebe, die mit dir tun, was sie wollen. Das kränkt deine Eitelkeit schwer, gewiß! Doch ebenso kränktest du dich, als du erfahren mußtest, daß du von den Affen abstammst und daß die Erde, auf der du kriechst, nicht das Zentrum der Sternenwelt ist, wie du einmal gerne glaubtest. Du glaubst noch immer, daß die Erde unter den Milliarden Sternen als einziger Stern belebte Materie trägt. Du bist kurzerhand bestimmt von Vorgängen, die du nicht beherrschst, nicht kennst, fürchtest und falsch auslegst. Es gibt eine seelische Wirklichkeit, die weit über dein Bewußtsein reicht. Dein Unbewußtes ist wie das Kantsche „Ding an sich“: Es ist nie selbst zu fassen, es gibt sich nur in Äußerungen zu erkennen. (Die Funktion des Orgasmus, Fischer TB, S. 38)

Ähnliches hat Reich in Bezug auf Marx geschrieben! Ich werde darauf sogleich zurückkommen! Letztlich geht es hier um die mittelalterlich, scholastische Diskussion zwischen Nominalismus und Realismus (Platonismus: Platons Ideen sind real = „Realismus“). Ich glaube, daß Reich in dieser Hinsicht stark von Marx und Freud beeinflußt wurde, die beide mit einer nominalistischen Kritik an Wissenschaft und Gesellschaft begannen, jeweils jedoch mit einer ausgeprägten (Platonistisch) realistischen Perspektive endeten. Reich hatte eine ähnliche Entwicklung, die in seinem Buch Die kosmische Überlagerung kulminierte, das eine deutlich (Platonistisch) realistische Ausrichtung hat.

Marx hob, nicht zuletzt durch Max Stirner inspiriert, mit einer nominalistischen Kritik des Hegelschen Idealismus an und wandte sich den Individuen und ihrem konkreten Leben zu, ging aber letztlich doch davon aus, daß abstrakte soziale Konzepte reale, autonome Wirkungen haben und nicht allein auf individuelle Handlungen reduziert werden können. Er glaubte, daß soziale Strukturen, wie z.B. Klassenbeziehungen, real sind und eine Autonomie besitzen, die über den bewußten Willen der Individuen hinausgeht. Nicht zuletzt seine Werttheorie („Mehrwert“) macht nur vor dem Hintergrund von „Universalien“ Sinn. Eine ähnliche Herangehensweise findet sich, wie bereits angeschnitten, bei Freud, der als erster das Individuum und dessen je eigene innere Erfahrungswelt wirklich ernst nahm, um dann doch mittels der „Universalien“ das „Es“, das „Unbewußte“ und nicht zuletzt die psychische Energie „Libido“, aus der die individuellen Existenzen hervorgehen, eine (Platonistisch) realistische Perspektive einzunehmen.

Ironistische Verfehlung und implantierende Situation

10. Mai 2025

Das folgende ist vor dem Hintergrund des gestrigen Blogeintrags zu lesen:

Die „ironistische Verfehlung“, von der der Philosoph Hermann Schmitz spricht, beinhaltet schlicht, daß das Subjekt nicht zur Welt gehört und mit dieser nach Belieben seinen Spott treiben kann. Nichts muß man ernst nehmen, von nichts berührt werden, weil alles nur ein Spiel sei. Ein passendes Beispiel ist der psychopathische Massenmörder Hannibal Lector, der seine höhnische Distanz bei Vivisektionen von Menschen zeigt. „Frischer geht Leber nicht. Lecker!“

Hermann Schmitz ist auf diese alles menschliche Leben zerstörende Geisteshaltung vor allem in seinem Buch über Adolf Hitler in der Geschichte (Bonn 1999) eingegangen. Einer der ersten Übeltäter, neben Plotin und dessen selbstbezogenem Streben nach Glückseligkeit, sei Augustinus gewesen. Augustinus, der das Ende der Antike und den Anfang des Mittelalters markiert. Er war der Erste, der „Ich“ gesagt, eine Autobiographie geschrieben hat. Schmitz schreibt über ihn etwas, was uns Augustinus, Kirchenvater der Westkirche und damit des Westens schlechthin, sofort als ersten modernen Menschen erweist:

Jeder Mensch – das ist der Kern der Anthropologie Augustins – will vor allem glücklich sein und alles andere nur deshalb. Das letzte Ziel alles menschlichen Strebens ist das Glück. Die richtige Ordnung der Bestrebungen ist daher durch den Weg zum Glück vorgegeben. Glück ist Privatsache: Durch das Glück eines Anderen wird kein Mensch glücklich. Dieses streng auf den Einzelnen zugeschnittene Glück wird dem Seligen im ewigen Leben bei Gott zuteil. (Schmitz, S. 142)

Und weiter auf den eigentlichen Punkt kommend: „Wenn wirklich die Sehnsucht nach Glück das höchste Streben des Menschen und Genuß bei und an Gott dessen einzige Erfüllung ist, dann wird Gott nicht um seiner selbst willen geliebt, sondern als Mittel zur Erlangung des Glücks, das nur bei ihm zu finden ist“ (Schmitz, S. 144). Wenn sogar Gott ein bloßes Mittel zum Zweck ist, wie jede beliebige Prostituierte, ist ein „ironistisches“ Verhältnis zur Welt konstituiert.

Im Mittelalter selbst findet sich Meister Eckhart mit einer einzigen eher zufälligen und folgenlosen Äußerung, die zumindest ansatzweise in die gleiche Kerbe schlägt. Eckhart:

Mir kam einmal der Gedanke, es ist noch nicht lange her: Daß ich ein Mensch bin, das hat auch ein anderer Mensch mit mir gemein; daß ich sehe und höre und esse, das tut auch das Vieh; aber was ich bin, das gehört keinem Menschen sonst zu als mir allein, keinem Menschen noch Engel noch Gott, außer soweit ich eins mit ihm bin; es ist eine Lauterkeit und eine Einheit. (z.n. Schmitz, S. 169).

Seit Fichte, also mit dem Beginn der romantischen Bewegung, sei, so Schmitz, dieses Bewußtsein „massenwirksam“ wach geworden. Um 1800 beginnt sozusagen der echte Atheismus. Vorher betrachteten sich die Menschen noch als Objekte (Gottes) – selbst wenn sie sich als „Atheisten“ sahen, danach kam es sozusagen zu einem perspektivischen Wechsel. Dieses Erwachen zum „Ich“, dieser echte Atheismus, bei dem dem dergestalt „ironischen“ Subjekt alles distanzierte Travestie ist, hätte die endgültige Befreiung bringen können – hat aber stattdessen den endgültigen Untergang heraufbeschworen. Wir erinnern uns an Hannibal Lector: er hat wie kein anderer die Verlogenheit und Kontraproduktivität von Moral und Ethik, kurz dem „Über-Ich“ durchschaut, aber… – Nach Schmitz liegt die Tragik darin, daß sich der Mensch endlich findet – und im gleichen Augenblick endgültig verliert, da er sich als von allem separiertes Subjekt nicht mehr in der Welt der objektiven Tatsachen einreihen kann und so alles verspielt, nicht zuletzt sich selbst: „Weltverlust“ und „Selbstverlust“ sind ein und dasselbe.

Der Mensch hatte sich stets analog zu den Dingen betrachtet. Selbst für Descartes war das Ich von „Ich denke also bin ich!“ letztendlich, ob ausgedehnt oder nicht, auch nur ein „denkendes Ding“. Selbst Kant ist nicht darüber hinweggekommen und gehört noch ins überkommene Denken. Erst Fichte hat erkannt, daß „Ich“ kein Ding ist, sondern wirklich ein Subjekt. Aber was haben Fichte und seine Nachfolger, Schmitz zufolge insbesondere auch Stirner, aus der Einsicht gemacht, daß „ich“ kein Ding in der Welt bin? Sie haben das Ich von der Welt separiert, als sei es ein – Un-Ding, statt überhaupt Objektivität und Subjektivität, damit die ironische Distanz zu überwinden. Überwinden im Sinne einer „Atmosphäre“, bei der das Subjekt und die objektive Welt in eins fließen. Gefühle kommen dann nicht mehr von innen, sondern von außen, d.h. übermannen uns. Beispielsweise kann ich einen Sonnenuntergang auf einem Feld nur erleben, wenn ich integraler Bestandteil dieses einheitlichen „Situation“ werde. Wenn ich ihn distanziert, „ironisch“ betrachte, erlebe ich keinen Sonnenuntergang im eigentlichen Sinne. Die Welt wird leer und deshalb verschwinde auch ich. Nihilismus im eigentlichen Sinne!

Wie angedeutet reiht Schmitz auch Stirner in diese „ironistische Verfehlung“ ein, von daher ja seine epische Korrespondenz mit Laska: der wichtigste Briefwechsel der Menschheitsgeschichte. Was Schmitz nicht sieht, ist, daß Stirner den „verdinglichenden“ Faktor dingfest gemacht hat, nämlich die Vergesellschaftung des Menschen, seine „Verdinglichung“, seine Abtrennung von sich selbst und von den anderen Selbsten durch das, was Laska in Anlehnung an Freud „Über-Ich“ nennen sollte. Es geht schlichtweg um den Panzer, der den bioenergetischen Kern von der Umwelt und damit von sich selbst trennt. Das organismische und das kosmische Orgon sind ein und dasselbe, solange sie nicht durch den Panzer getrennt werden.

Mit der Rede von der „Atmosphäre“ vertritt Schmitz diese Einsicht – und umgeht sie gleichzeitig. Schmitz will den entfremdeten Menschen wieder in der Welt heimisch machen. Die „Atmosphäre“ ist ein Faktor, der sowohl die eigene Subjektivität und die Objektivität der Außenwelt in einer allumfassenden – ja, „Atmosphäre“ aufnimmt. Daß dieser „Neo-Animismus“, bei aller grundsätzlichen Berechtigung (siehe Reichs Äther, Gott und Teufel), die wahren Ursachen der Entfremdung nur verkleistert und sogar heiligt, war Schmitz nicht zugänglich zu machen. Was ist etwa mit der autoritären (heute „antiautoritären“) „Familienatmosphäre“ bzw. dem, was Schmitz wie blind hinsichtlich der eigentlichen Problematik ausgerechnet „implantierende Situation“ nennt?!

Email [Über Adorno] 2004

19. März 2025

Email [Über Adorno] 2004

Humana conditio ex orgonomico prospectu: Stichwort „Schlaf” und folgende

8. März 2025

Humana conditio ex orgonomico prospectu: Stichwort „Schlaf“ und folgende

Kant, Swedenborg, Newton und LaMettrie, oder: Der biophilosophische Hintergrund des „Reichianismus“ (Blauer Faschismus)

17. August 2024

Wilhelm Reich, Physiker: 1. Biophilosophie, d. Kant, Swedenborg, Newton und LaMettrie

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 145)

28. Juli 2024

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

1929 hat Reich in seiner Schrift Psychoanalyse und Dialektischer Materialismus Marx als Verkörperung der Bewußtwerdung der ökonomischen Gesetze, bzw. der ökonomischen Ausbeutung, gedeutet und parallel dazu Freud im Bereich des Sexuellen die gleiche Stellung zugewiesen (die Lebensreform- und Mentalhygiene-Bewegung seit der Zeit des Jugendstils). Alles im Sinne des Historischen Materialismus, dem sich Reich kurz zuvor verschrieben hatte. Später, mit Verstreichen der 1930er Jahre, hat er das dann zunehmend im Sinne einer „objektiven Logik“ gesehen, der Logik der Entfaltung der „vegetativen Energie“ und sich selbst als bloßes Werkzeug dieser Logik. Es ist nur konsequent Stirner an die Stelle von Marx zu setzen und Reich selbst an die Stelle von Freud. Und das dann auf LaMettrie auszudehnen, der an die Stelle von Kant und Rousseau tritt.

Apropos „Wellen“: Kann man Schopenhauers und Nietzsches Einfluß auf die Deutschen unterschätzen? Aber die beiden sind auch nicht vom Himmel gefallen, sondern wurzeln in der romantischen Strömung. Es ist immer die Frage nach dem Huhn und dem Ei. War zuerst die gesellschaftliche Strömung da, die in Deutschland zweifellos bis auf die Bauernkriege und dann den 30jährigen Krieg zurückgeht, dann der Pietismus, etc. also „das Huhn“ – oder war es „das Ei“, irgendein Denker. Kann man etwa Luthers Einfluß überhaupt unterschätzen? Was ist die „Ideengeschichte“ neben der „materiellen Geschichte“? Man nehme etwa die Rolle der „ideelen“ Jugendmusik (d.h. Negermusik) und der „materiellen“ Pille in den letzten 60 Jahren!

Nach Reich war etwa Hitler vollkommen unbedeutend, ein echter Fliegenschiß in der Geschichte. Bedeutsam wurde er nur, weil seine Charakterstruktur so paßgenau zu der des durchschnittlichen Deutschen gepaßt hat. Aber wo wären wir heute ohne Hitlers nicht weiter reduzierbaren persönlichen Idiosynkrasien? Ein mehr maritim orientierter Mensch hätte den Krieg gewonnen: die ansonsten ziemlich nutzlose deutsche Marine überfällt Leningrad, Gibraltar, ohne das das Britische Empire nicht lebensfähig ist, wird von einem mit deutschen Konzessionen überschütteten Spanien heim geholt und eine weitaus größere U-Boot-Flotte sperrt den Atlantik. Das hätten weder Rußland noch England überlebt und Italien hätte keinen Schaden mehr anrichten können.

Es gab zwei alles entscheidende Umbrüche in der Menschheitsgeschichte: etwa 4000 Jahre vor Christi die Entstehung der Panzerung („der Einbruch der sexuellen Zwangsmoral“) und etwa 1960 der (Anfang des) Zusammenbruch(s) eben dieser Panzerung („die sexuelle Revolution“). Das ist der Wechsel von der autoritären zur antiautoritären Gesellschaft und die Umstrukturierung des Menschen von der Muskel- zur Augenpanzerung. In Begriffen des Über-Ichs der Wechsel von einem mehr oder weniger in die psychische Struktur gut integrierten Über-Ich zu einem „isolierten Über-Ich“, wie Reich es bereits 1925 in seiner Beschreibung von „Lumpenproletariern“ und „Perversen“ beschrieben hat (Der triebhafte Charakter). Dieses „isolierte Über-Ich“ agiert wie eine unkontrollierbare autodestruktive Triebregung und führt zu Drogenmißbrauch, Selbstverstümmelung und all dem, was heute die „woke“ antiautoritäre Gesellschaft und ihr ausgeklügeltes Selbstmordprogramm auszeichnet.

Die philosophischen Strömungen mit „gesellschaftlicher Relevanz“ sind all die, die den besagten welthistorischen Umbruch entweder getreulich widerspiegeln (insbesondere die „Dekonstruktion“ a la Derrida) oder sich ihm explizit entgegenstellen (all die sich politisch verdächtig machenden Philosophen, beispielsweise, keine Ahnung, Sloterdijk?) bzw. über ihn hinausweisen (Laska).