Ich habe mich anfangs gesperrt, einen derartigen „persönlichen“ Nachruf zu schreiben, weil sich über vier Jahrzehnte erstreckende Beziehung zwischen Laska und mir nie eng war. Dazu waren wir einfach zu unterschiedlich. Der Katholik Laska war über Karlheinz Deschners Religionskritik und die Anfänge der linken Studentenbewegung Mitte der 1960er Jahre als einer der ersten Nachkriegsdeutschen überhaupt auf Reich gestoßen. Ich war denkbar areligiös und „akulturell“ aufgewachsen und gerade deshalb hatten mich Religion und Kultur (Bildende Kunst und Musik) von früh an in ihren Bann gezogen – Dinge, die Laska, zunächst Bauzeichner und dann Ingenieur (Baustatiker), zeitlebens wirklich vollkommen kalt ließen. Nachdem meine kindlich-jugendlichen „Studien“ im „religiös-kulturellen“ Bereich und auch im naturwissenschaftlichen (ich laß eifrig das „X-Magazin“, „Bild der Wissenschaft“, die Bücher von beispielsweise Hoimar von Ditfurth etc.) nur meine wachsende Verachtung für all dieses Zeugs nährten, stieß ich schließlich auf Reich („Bingo!“) und wollte fortan nichts anderes sein als ein orthodoxer Anhänger der Orgonomie. Für mich war und ist sie die endgültige Wahrheit.
Mein Problem war damals, daß ich als Arbeiterkind (Laska war auch eins!) niemanden kannte, der auch nur im allerentferntesten meine wirklich extrem absonderlichen, da hochgestochenen Interessen teilte, und ich auf die paar Mitte der 1970er Jahre erhältlichen Reich-Bücher und irgendein „Reichianisches“ Zeugs a la Alexander Lowen reduziert war. In einem dieser Bücher stieß ich schließlich auf eine Annonce für Laskas Zeitschrift „Wilhelm Reich Blätter“, fand über diesen Umweg schnell Kontakt zu Jerome Eden, bestellte das „Journal of Orgonomy“ etc. Laska hatte eine ganze Welt für mich geöffnet, die Orgonomie war noch lebendig, wovon ich vorher keinerlei Ahnung hatte. Aber schon bald begann mein Konflikt mit Laska: ich verdammte ihn ob des Einflusses der amerikanischen Orgonomen auf mich sehr bald als „Reichianer“. Er war dabei, zu einem „Feind“ zu werden. Daß er es wagte, Artikel von Alexander Lowen zu veröffentlichen und gewisse andere Leute auch nur zu Wort kommen zu lassen! Ich erlebte über seine Zeitschrift sozusagen „live“ mit, wie er sich immer mehr Max Stirner zuneigte, was für mich der Anlaß war, Stirner auseinanderzunehmen. Einfach nur, weil Laska sich auf ihn berief! Das baldige, wirklich klägliche Scheitern meines Unterfangens Stirner zu „dekonstruieren“ und meine Einsicht, daß Laska in dieser Beziehung vollkommen recht behalten hatte, waren eine nachhaltige Lektion.
1982 stellte er wegen solcher hoffnungslosen Figuren wie mir seine Zeitschrift ein und begann zu erforschen, was die Essenz seiner beiden Helden Reich und Stirner sei. Schon bald kam LaMettrie hinzu und Laskas „LSR-Projekt“ nahm langsam Gestalt an. Ich war einer der erstaunlich wenigen alten Leser, die ihm auf diesem Weg treu blieben und seine Bücher von und über LaMettrie kauften, sowie das eine Buch mit Stirners Parerga. Er bewegte sich aber sozusagen am Rande meiner eklektischen Interessen (Orgonbiophysik, UFOs, Roter Faschismus, Saharasia, Orgonometrie, Hans Hass, christliche Theologie, Nietzsche, etc.), die kaum bis keinerlei Überschneidungspunkte mit ihm hatten. Unser persönliches Verhältnis blieb stets unterkühlt, obwohl wir uns einige Male trafen, wobei ich aber jeweils sozusagen nur „Anhängsel“ anderer war. Seine Website ließ meine alte Begeisterung für seine geistige Klarheit und nicht zu übertreffende „akademische“ Integrität immer wieder von neuem aufflammen bis hin zu regelmäßigen begeisterten „Bekenntnissen“ zu seinem LSR-Projekt. Er war sichtlich konsterniert, derartig enthusiastische Treueschwüre ausgerechnet von meiner Seite zu hören.
Im Vergleich zu ihm, habe ich mich immer als hemmungslosen „Dampfplauderer“ empfunden und es stets bedauert, daß er nicht „mehr Worte gemacht hat“. Welch ein Privileg ihn gekannt zu haben. Er war mein distanzierter Erzieher, ich sein letztendlich doch loyaler Schüler. Danke, Herr Laska!
Warum so grenzenlos empfindlich? Den Streit um die angeblichen Verunglimpfungen Mohammeds kann man nur verstehen, wenn man einen ganz anderen Streit berücksichtigt: den zwischen westlichen Islamwissenschaftlern, ob es Mohammed überhaupt gegeben hat!
Die erste Gelehrtenfraktion verweist darauf, daß in den Berichten der ersten Opfer der arabischen Expansion nie von Mohammed, dem Koran und einer neuen Religion die Rede ist. Vielmehr scheinen die Eroberer heterodoxe (d.h. antitrinitarische) Christen gewesen zu sein, die das Kreuz als ihr Symbol hatten und den Titel „Mohammed“ („der Gepriesene“) ähnlich für Jesus benutzten, wie wir von „Christus“ („der Gesalbte“) sprechen. Der „Prophet Mohammed“ und sein Koran sei, so diese Gelehrten, eine spätere Schöpfung.
Die zweite Fraktion der Islamwissenschaftler hat ein schlagendes Gegenargument: Es muß einen „historischen Mohammed“ gegeben haben, da ansonsten unerklärlich sei, warum die Araber über ihren Propheten derartig viele nicht gerade schmeichelhafte Dinge tradiert haben: „satanische Verse“, ein Selbstmordversuch, Opfer schwarzer Magie, ein kleines Mädchen ehelichen, Feinde solange foltern, bis sie ihre Geldverstecke preisgeben, Mord an Kritikern und Spöttern, sich nicht an die eigenen Offenbarungen halten (beispielsweise mehr als vier Ehefrauen haben), unedle und unritterliche Kriegsführung, etc. Die Liste ist wirklich endlos. Es ist deshalb praktisch unmöglich Mohammed nicht zu schmähen!
Nochmal: das Argument lautet, daß es schlichtweg undenkbar ist, daß die Araber diese Horror-Figur erfunden hätten. Und das ist ja noch nicht alles! Beispielsweise wird berichtet, daß ganze Suren des Koran verlorengegangen sind, etwa weil das einzige Manuskript von einer Ziege gefressen wurde. Wer würde so etwas erfinden?!
Wir stehen vor der Situation, daß es Belege, wenn nicht schlichtweg Beweise dafür gibt, daß Mohammed nie gelebt hat (Münzen, Inschriften, die Berichte der Eroberten) und wir haben auf der anderen Seite das wirklich schlagende Gegenargument.
Zwar gibt es im Islam diese Debatte nicht, aber dieser grundsätzliche Riß, dieser Riß im Fundament, durchwirkt doch das islamische Selbstverständnis: Man kann über Mohammed, den Koran und die Frühgeschichte des Islam, d.h. die drei Grundpfeiler dieser Religion, schlichtweg nicht sprechen, ohne Gotteslästerung zu begehen!
Was ist denn nun der Islam? Ganz offensichtlich waren die ursprünglichen arabischen Eroberer heterodoxe Christen, für die Jesus nur sozusagen „das Siegel der Propheten“ und der erste Diener Gottes war. Ihr Glaube ruhte auf abenteuerlich schlechten Übersetzungen christlicher und jüdischer Schriften, aus denen schließlich der „Koran“ zusammengestückelt wurde. Bei ihren Raubzügen wurden sie zunehmend korrumpiert und um den denkbar „unchristlichen“ Lebenswandel der „Kalifen“ zu rechtfertigen, wurde aus „Mohammed“ (ein Titel, der ursprünglich für Jesus stand, sich dann jedoch verselbständigte) ein Prophet und Staatsmann, der den besagten Lebenswandel vorgelebt hatte und so rechtfertigte.
Das ist wirklich die einzige Version des Geschehens, die einigermaßen Sinn macht!
Man kann es drehen und wenden wie man will, der Islam ist eine Lüge. Eine islamische Theologie, die mehr sein will als Scharia-Kunde, ist schlichtweg nicht vorstellbar. Was man etwa den Kindern im Islamunterricht beibringen will außer abergläubischen Tabus, zwangsneurotischen Reinigungsvorschriften und geschönten Lügenmärchen über Mohammeds Leben, die nichts mit den islamischen Quellen zu tun haben, wissen nur die total verpeilten Bildungspolitiker der Grünen und der SPD. Wie mit Kindern über das islamische Paradies und die islamische Hölle sprechen? Wie mit Kindern über einen Gott reden, der nur die Guten liebt – d.h. keine Vergebung und Liebe kennt? Wie über einen Gott, der identisch ist mit dem, was Christen als den Teufel bezeichnen?
Warum so empfindlich? Weil es den Islam gar nicht gibt! Er ist eine Chimäre, die mit blutiger Gewalt aufrechterhalten wird! Man kann nicht ernsthaft über Mohammed reden, nicht ernsthaft über den Koran, nicht mal ernsthaft über die islamische Theologie. Man kann sich nur willenlos unterwerfen und sein Denken einstellen – oder sich als „Gotteslästerer“ abschlachten lassen, sobald man überhaupt irgendetwas sagt. Zur Hölle!
„Philosophie“ bedeutet „Liebe zur Weisheit“. „Weisheit“ wiederum ist definiert als die „Tugend des Urteilsvermögens“. Sokrates zufolge führt Tugend zu „Glück und Erfüllung“. Tugend ist demnach also lustvoll. Beispielsweise läßt man sich, gemäß der Tugend der Tapferkeit, in einer Schlacht brav niedermetzeln, statt der ersten Eingebung des Selbsterhaltungstriebs zu folgen und sich davonzustehlen. Letztendlich ist nämlich, so Sokrates, der Heldentod befriedigender als das Dahinsiechen als elender Feigling. Praktische Philosophie, d.h. man bringt sein Urteilsvermögen zur Anwendung! Die Gegenposition zu dem, was sich später zum „Epikureismus“ entwickelte, bildete Seneca, der Tugend und Lust voneinander trennen wollte – scheinbar, denn auch bei ihm soll die Mäßigung letztendlich auch zu „Glück und Erfüllung“ führen, d.h. zu Lust. Ein schlagendes Beispiel wäre der Buddhismus, dessen letztendliches Ziel, trotz allem Verzicht und Altruismus, doch das „Nirwana“ ist – Glück und Erfüllung.
Hinter all dieser angeblichen Weisheit steckt die diese Gesellschaft konstituierende Abpanzerungsdressur: „Wenn du schön artig bist, bekommst du nachher ein Leckerli!“ Selbst hier dreht es sich bei allen philosophischen und religiösen Verrenkungen, egal wie gegensätzlich sie angeblich auch sein mögen, immer nur um das eine: die Reichsche Orgasmustheorie, d.h. das Verhältnis von Neurose (Irrationalismus) und Libidohaushalt (Frustration vs. Erfüllung), wobei das „Tugend führt zu Lust“ das Markenzeichen der orgastischen Impotenz ist.
Auch im Christentum geht es letztendlich darum im Paradies zu landen, wenn auch durch Selbstaufgabe „für den Nächsten“. Die Letzten werden letztendlich die Ersten sein! Es geht dem vermeintlichen Altruisten um das eigene Glück, die eigene Erfüllung! Erst die Reformation machte dieser eklatanten Verlogenheit, auf deren brüchigen, da inhärent widersprüchlichen Grundlage keine dauerhaft bestehende Gesellschaft zu errichten ist, ein Ende, als sie im Anschluß an Jesu Predigten gegen die verlogenen Pharisäer, insbesondere aber im Anschluß an Paulus‘ Theologie klarstellte, daß keine Tugendhaftigkeit der Welt vor Gottes Gerechtigkeit bestehen könne und daß wir nur auf die durch Jesus verkörperte willkürliche, da nicht verdienbare, also wahrhaft „bedingungslose“ Liebe Gottes setzen können. Hier führt dann nicht mehr die Tugend zur Erlösung (Lust), sondern die erlösende Liebe (also die erfüllende Lust) zur Tugend. Der erlöste Christ lebt selbstverständlich, sozusagen automatisch, tugendhaft, da er dank der Gnade Gottes gar nicht mehr das Bedürfnis zu sündigen verspürt.
Erst durch diese Umkehr des universellen Moralgesetzes einer dressierten Menschheit, „ich bin Tugendhaft, weil das am Ende die größte Lust verschafft“ (das ist beispielsweise die Lebensmaxime jedes Moslems!), zum protestantischen „ich bin erlöst und deshalb tugendhaft“ wurden Kapitalismus, Wissenschaft und Demokratie möglich. Diese beruhen nämlich durchweg darauf, daß ich ohne kleinliches Lustkalkül handele, d.h. ohne Fokus auf einen zukünftigen Lustgewinn, sondern vollkommen sachlich im Hier und Jetzt agiere. Man tut etwas um der Sache willen! Gingen in der Wirtschaft, im Labor, in der Politik ständig alle im obigen Sinne berechnend vor, würde jede Gesellschaft, die auf Vertrauen aufgebaut ist, kollabieren. (Man lese dazu die ganz auf „Sachzwänge“ zielenden Ausführungen über die „Arbeitsdemokratie“ in Reichs Massenpsychologie des Faschismus.)
Problem ist natürlich, daß die christliche (protestantische) Erlösung als Massenpsychose illusorisch ist und entsprechend auch die „protestantische Tugend“ auf wackeligen Beinen steht. Mit dem Tod Gottes folgt in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik ein Betrugsskandal dem anderen und das Kartenhaus wird bald endgültig kollabieren. Die einzige, DIE EINZIGE, Alternative ist das wahrhaftige „Lust führt zu Tugend“, die tugendhafte Lust, wie sie von LaMettrie und Reich beschrieben wurde.
Wenn ich befriedigt bin, bin ich automatisch „tugendhaft“. Orgastische Potenz führt über den Kapitalismus hinaus zur Arbeitsdemokratie, bei der der wirtschaftliche Erfolg des Gegenübers mit dem meinigen einhergeht. Wissenschaft muß nicht ständig durch Doppelblindexperimente vom vermeintlichen „Wissenschaftler“ geschützt werden, sondern ist wirklicher Kontakt mit der Natur. Und was für Wirtschaft und Wissenschaft gilt, gilt erst recht für die Administration der gesellschaftlichen Beziehungen. Gelingt uns diese tatsächliche Umkehr von gepanzerter „Tugend –> Lust“ zu ungepanzerter „Lust –> Tugend“ nicht, hat die Menschheit keinerlei Überlebenschance, da wirkliche Liebe zur Weisheit GENITALE LIEBE ist – die tugendhafte Lust!
Für Reich war Christus ein genitaler Charakter, der sein Anderssein innerhalb der Begriffswelt seines ererbten pharisäischen Judentums zum Ausdruck zu bringen versuchte – bzw. gar nicht anders konnte. Das Christentum entstand aus dem Versuch seiner Jünger diesen Mann irgendwie zu verstehen. Für sie war er ein Mensch, aber auf unbestimmte Weise auch etwas darüber hinaus; nach ihrem jüdisch-hellenistischen Weltbild ein „Gottmensch“. In der griechischen und orientalischen Kirche wurde dann mehr die göttliche Seite hervorgehoben, was ihn unnahbar machte, die Religion „orthodox“ erstarren ließ und ganz zu einem Machtinstrument des Staates machte.
In der römischen Kirche und im Anschluß daran in der evangelischen wurde mehr die menschliche Seite hervorgehoben. Man denke nur an all die Kruzifixe mit dem zerschundenen, erniedrigten und leidenden Heiland, – während im Osten selbst der am Kreuz hängende Jesus noch immer der souveräne Kaiser des Universums ist.
Auf beiden Seiten triumphierte dergestalt die Emotionelle Pest, indem sie den lebendigen Impuls „Christus“ zum Erstarren brachte. Wobei der Westen auch noch der gnostischen Häresie verfiel, die sozusagen das Menschliche, Allzumenschliche an Jesus wieder wettmachen sollte. Aus dem souveränen Herrscher des Universums wurde der Botschafter aus einer Lichtwelt, der die Frohe Botschaft in die absolute Finsternis trägt. Das sieht man im zentralen Satz der Theologie der Westkirche, den ich wie folgt formulieren möchte: „Ohne die Gnade Gottes sind wir alle elende, verkommene Sünder, die die Hölle und die Strafe Gottes verdienen. Jedes gute Potential, überhaupt schlichtweg alles Gute in uns kommt einzig und allein von Gott und der Kraft des Heiligen Geistes, wenn wir uns taufen lassen und unser Herz Christus schenken.“ Dieser Satz ist die Emotionelle Pest des Abendlandes: Du bist weniger als nichts, das Über-Ich ist alles.
Die im Westen triumphierende Gnosis betrachtet die Schöpfung und damit auch jedes einzelne menschliche Herz als zutiefst verfehlt und böse von Natur aus. Wir müssen innerlich ersterben, damit der Lichtbringer aus einer anderen Welt, Christus, in uns leben kann. Das zeigte sich unmittelbar in der Kindererziehung. Kinder, die in evangelikalen und fundamentalistisch katholischen Sekten aufgewachsen sind, können Geschichten aus den Abgründen der Hölle erzählen… Selbst unsere eigenen Kinder sind weniger Wert als Hundekot, wenn wir nicht Christus in sie hineinprügeln. Unsere eigenen Triebe, überhaupt alles an uns, ist des Teufels, solange nicht ganz allein Christus in uns herrscht.
Kann man sich einen schlimmeren Verrat an der „Lehre“ des vor 2000 Jahren ermordeten Christus Jesus vorstellen? In der antignostischen Orthodoxie scheint immerhin das genaue Gegenteil durch: daß die Schöpfung und damit der Mensch von Grund auf gut ist:
Die von Gott gegebene Würde wird durch das Vorhandensein der sittlichen Grundsätze in jedem Menschen bestätigt, die durch die Stimme des Gewissens erkannt werden. Darüber schreibt der heilige Apostel Paulus im Brief an die Römer: „Die Forderung des Gesetzes ist ihnen ins Herz geschrieben; ihr Gewissen legt Zeugnis davon ab, ihre Gedanken klagen sich gegenseitig an und verteidigen sich” (Röm 2, 15). Namentlich deshalb offenbaren die sittlichen Normen, die der menschlichen Natur eigen sind, wie auch die sittlichen Normen, die in der Göttlichen Offenbarung enthalten sind, den Plan Gottes mit dem Menschen und seine Bestimmung. Sie sind wegweisend für ein glückseliges Leben, das der von Gott geschaffenen Natur des Menschen würdig ist. Das größte Vorbild eines solchen Lebens hat der Welt der Herr Jesus Christus offenbart.
Unwürdig ist das Leben eines Menschen in Sünde, weil es den Menschen selbst zerstört und anderen Menschen sowie der Umwelt Schaden zufügt. Die Sünde stellt die Hierarchie der Beziehungen in der Natur des Menschen auf den Kopf. Statt daß der Geist Macht über den Leib hat, unterwirft er sich in der Sünde dem Fleisch. Der Heilige Johannes Chrysostomus verweist hierauf und sagt: „Wir haben die Ordnung verkehrt und das Böse ist so stark geworden, daß wir die Seele zwingen, den Wünschen des Fleisches zu folgen” (Gespräch 12 Homilien über Genesis). Das Leben nach den Gesetzen des Fleisches ist den Geboten Gottes zuwider und entspricht nicht den sittlichen Grundsätzen, die von Gott in die Natur des Menschen hineingelegt wurden. In den Beziehungen zu anderen Menschen handelt der Mensch unter dem Einfluß der Sünde als Egoist, der sich nur um die Befriedigung seiner Bedürfnisse auf Kosten der Nächsten kümmert. Ein solches Leben ist gefährlich für eine Person, für eine Gesellschaft und für die Umwelt, weil es die Harmonie des Seins zerstört und mit seelischen und körperlichen Leiden, Krankheiten und Hilflosigkeit gegenüber den Folgen der Zerstörung der Umwelt endet. Ontologisch führt ein sittlich unwürdiges Leben nicht zur Zerstörung der von Gott gegebenen Würde, aber es trübt sie so weit ein, daß sie kaum wahrnehmbar ist. Gerade deshalb bedarf es einer starken Willensanstrengung, um die natürliche Würde eines Schwerverbrechers oder eines Tyrannen zu sehen und erst recht, um sie anzuerkennen. (https://www.kas.de/c/document_library/get_file?uuid=5633845a-d204-d782-ad23-56ddf784c6b9&groupId=252038)
Bei allem Kampf gegen „das Fleisch und den Egoismus“, der natürlich auch die Ostkirche prägt, bleibt doch zumindest die Würde des Menschen erhalten. Ich habe das zitiert, weil man hieran sehen kann, wie aus der „Lehre Christi“ sich die frühe Kirchenlehre entwickelte und aus diesem bereits lebensfeindlichen, pestilenten Kern der gnostische Nihilismus des Westens – der schließlich im Tod Gottes mündete.
Ein offenbar blutdurstiger und gleichzeitig gerechtigkeitsfanatischer Gott läßt seinen einzigen Sohn ermorden, um ein über die Generationen übermittelte „Erbschuld“ zu tilgen, für die er selbst verantwortlich war und auf deren Tilgung er hätte verzichten können. Nach Reich verbirgt sich hinter dieser absurden, alptraumhaften Geschichte der Haß auf das Lebendige allgemein und auf das Neugeborene („das eigene Kind“) insbesondere.
Interessanterweise war Reichs dezidiert jüdischer Lehrer Freud von einem geradezu gegenteiligen Mythos beseelt: die „Urhorde“ wird vom „Urvater“ tyrannisiert, bis sich dessen Söhne zusammenrotten und ihn erschlagen. Der Christusmythos würde, so Freud, seine befreiende Kraft dadurch gewinnen, daß am „Gottessohn“ die Sühne für den „Urvatermord“ vollstreckt wird. Aber noch heute seien es geborene Mörder, die Vaterfiguren wie Freud ständig bedrohen, – wie Reich es tat.
Um zu begreifen, was sich tatsächlich hinter dem Christusmord verbirgt, müssen wir zu Abraham zurück, der seinen Sohn Isaak zu opfern bereit war, weil Gott dies zur Schuldtilgung von ihm verlangte. Doch stattdessen befielt in letzter Sekunde ein mit allen Vollmachten ausgestatteter Engel Gottes (tatsächlich der präinkarnierte Christus) Abraham, als Ersatz für das Sohnesopfer ein Lamm zu nehmen, das an Stelle von Isaak geschlachtet wird. Und schließlich, im Neuen Testament, opfert sich der nunmehr inkarnierte Christus selbst in Gestalt „des Lammes“ (die zweite Person Gottes). Statt einen Sohn von den Menschen zu fordern, gibt Gott den Menschen seinen eigenen einzigen Sohn. Die Botschaft ist also: hört damit auf eure Kinder zu morden, um mir, dem Gottvater, zu dienen.
Dazu passen die vorangegangenen Reden Jesu, die sich durchgehend darum drehen, daß Gott alles tut, ins dreckigste Schlammloch oder den dichtesten Dornenbusch kriecht, um auch noch das letzte „verlorene Schaf“ zu retten. Es ist Gott, der mit seiner Liebe die Menschen verfolgt. Er will keine Opfer, sondern ganz im Gegenteil opfert er sich selbst. Man muß nichts tun, außer sich als sein Schaf zu erkennen geben („man muß an ihn glauben“), dann schenkt er, der gute Hirte, einem die durch nichts sonst verdiente Rettung.
Uns heutigen sagt das rein gar nichts. Schafe? Schuld? Buße? Opfern? Rettung? Gott? Doch bis vor zweitausend Jahren und noch heute in der gesamten nichtchristlichen Welt, reichen Menschen durch buchstäbliche Opfergaben oder durch die Befolgung religiöser Vorschriften Gott etwas dar, damit er sich ihrer erbarmt. Sie dienen sich Gott an, verfolgen ihn sehnsuchtsvoll, buhlen um seine Liebe. Die mörderischen Kinder flehen den Vater an, ihnen doch zu verzeihen! Deshalb kann die christliche Lehre vom bedingungslos liebenden Gott für einen Israeli, einen Iraner, einen Koreaner, einen Ureinwohner Neuguineas etc. etwas ungemein Befreiendes sein und etwas zutiefst Überzeugendes haben, eine revolutionäre Offenbarung, – während wir in der Wolle gefärbten christlichen Europäer nur desinteressiert mit den Schultern zucken.
Ihnen – die alle ihren Göttern bis heute Lämmer oder irgendwelche anderen Tiere opfern! – sagt der christliche Glaube geradezu das Gegenteil dessen, was er uns „Post-Christen“ sagt. Wir sehen in Christus den sinnlos geopferten Isaak, während sie ganz im Gegenteil die Botschaft aufnehmen: „Höre auf Isaak zu opfern!“ Gott will Isaak nicht, auch kein Surrogat, sondern ganz im Gegenteil gibt er seinen eigenen Sohn. Gott will nicht, daß du ihn mit deiner Liebe beschwichtigst, sondern ganz im Gegenteil, daß du seine Liebe akzeptierst, – daß du glaubst, vertrauen hast, dich hingibst, UNGEPANZERT bist.
Man verstehe mich nicht falsch: Ich bin dezidiert kein Christ! Ich glaube aber (Reich hat das angedeutet), daß keine andere Religion so „orgonomisch“ ist, wie das Christentum. Außerdem glaube ich, daß das Christentum das Römische Reich und damit die menschliche Zivilisation schlechthin gerettet hat. Ohne Christentum gäbe es keine Wissenschaft, es gäbe schlichtweg keine Welt, sondern nur irgendwelche von einander isolierten Reiche die ohne gemeinsame Geschichte kommen und gehen! Die Orgonomie wird diese Welt vor dem Untergang in die Barbarei retten, ähnlich wie es das Christentum in Bezug auf das Römische Reich getan hat. Der Anfang ist genauso mickrig und Mitleid erregend wie damals.
Man betrachte etwa Enten im Winter. Alles ist naßkalt. Trotz passender Winterkleidung frierst du dir den Arsch ab, die Hände kannst du kaum noch bewegen und die Füße sind Eisklumpen – und vor dir verbringen diese Viecher 24/7 im Wasser! Sie sind quietsch vergnügt und agil, während der Himmel bedeckt ist, es nieselig ist und der Baker-DOR-Index seit Tagen bei satten 10 liegt. Rein orgonenergetisch ist das nicht zu erklären, d.h. „nackte Orgonsäcke“ müßten ihre orgonenergetische Umwelt getreulich widerspiegeln. Bei Warmblütern sorgen Bione (Rote Blutkörperchen), die aufgrund ihres Eisenkerns (Hämoglobin) wie kleine Orgonenergie-Akkumulatoren funktionieren, für ein hohes konstantes Energieniveau, so daß sie weitgehend unabhängig von ihrer Umgebung sind. Hinzu kommt, daß die Biochemie und die Biomechanik dafür sorgen, daß die Organismen wie Roboter sich weitgehend vom Orgon emanzipieren können. Beim Menschen setzen sich diese natürlichen Organe in den künstlichen Organen (Kleidung, Häuser, Infrastruktur, etc.) fort.
Wenn du im Winter nackt irgendwo in der Pampa ausgesetzt wirst, wirst du unmittelbar erfahren, wovon ich hier rede! Der nächste Schritt wäre die Beseitigung der „natürlichen Organe“ – der Tod. Deine „Seele“ wird vollkommen nackt und schutzlos sein – wenn sie denn überhaupt „ist“. Glaubst du wirklich, du wirst dich umstandslos in einem wohligen Energiemeer auflösen? Oder entspricht das, was dir wirklich bevorsteht, nicht eher den „Luftmauthäusern“ (Telonia) der christlich-orthodoxen Theologie? Nach dem Tod würden wir ein von Dämonen bevölkertes „Luftreich“ durchqueren, die alles versuchen, um uns ins Verderben zu ziehen, d.h. in die Hölle der Gottferne.
Vermeintliche Esoteriker erzählen dir von einer Existenz nach dem Leben in einer „höherdimensionalen“ (was immer das auch bedeuten mag!) Welt des Lichts, der Schönheit, der Güte, des Friedens, der Freiheit und der Liebe, wo du auf überweltliche weise Lichtwesen triffst, auf deren liebevolle Führung du vertrauen kannst. Nun, ähh, schau dir deren irdische Vertreter, all die „Lichtarbeiter“ an, d.h. beschäftige dich mit Sekten: am Ende wird dich immer das ultimative Böse anstarren!
Ich bin darauf an anderer Stelle und in einem ganz anderen Zusammenhang eingegangen: siehe „Außerirdische Seelenfänger“ hier, S. 93.
Wie gesagt, schwieriges Thema… Wie bei den besagten Enten im Winter: unser Organismus schützt uns, hält uns auf einem hohen Niveau. Was ist, wenn das wegbricht – und unsere „Seele“ nach dem Tod des Körpers plötzlich auf eine nichttriviale Art und Weise energetisch „nackt“ dasteht?