Hier repräsentative Zitate aus dem Buch, die mich beeindruckt haben. Zunächst Töpfer ist at his best, wenn er dem Orgon nahekommt – was, trotz all der Wahrheitssuche, ansonsten praktisch nie der Fall ist:
Eine meiner tiefsten Sehnsüchte (…) bezieht sich darauf, daß ich mich mit der Welt verbinden will. Daß ich die Welt – die Luft, die Bäume, die Farben, alles – spüren und sehen will, ihre Lebendigkeit fühlen will. Ich habe einige wenige Male die Luft vibrieren gesehen; ich weiß genau, was ich meine. Dann hatte ich dieses wunderbare Gefühl, Teil der Welt zu sein, mitten in ihr zu sein. Sonst war die Welt stumpf, leer, und ich fühlte nur mich. Aber ich war nur eine Hülle. (Die Wahrheit, 2006, S. 283)
Die Lebewesen bestehen zu sehr großen Teilen, d.h. sie bestehen im Grunde ausschließlich aus Beweglichem, aus Instinkten, Bedürfnissen, aus Seele (sie „arbeiten“ andauernd), so daß es geradezu aberwitzig anmutet, zu denken, man könne mit Lebewesen und ihren Problemen umgehen wie mit leb- und seelenlosem Material. Genau das aber tut der heutige Mensch mit sich. Und genau so geht er auch vor, wenn er seine Sehnsucht nach Zufriedenheit befriedigen, wenn er die Wahrheit finden will: Dann glaubt er, in einigen Formeln, Gebeten, religiösen oder philosophischen Systemen sein Heil zu finden. Er bleibt fast ausschließlich auf der Ebene des Begrifflichen. Die Zufriedenheit kann sich aber nur einstellen, wenn wir ganz beteiligt sind. Da nützen auch keine „ganzheitlichen“, dialektischen und systemischen Philosophien etwas, sondern nur das ganze Leben, die ganze Person. Der heutige, der zivilisierte Mensch versteht gar nicht, was ich hier sage. Er versteht nicht, daß es hier um Realitäten geht, um „Materialitäten“, jedenfalls um sinnliche Dinge. Er sagt, er versteht es, zieht es aber sofort hoch ins Gedankliche, macht eine Theorie daraus. Aus lauter Angst vor dem wirklichen Leben schützt er sich vor ihm, indem er das wirkliche Leben mit einer Theorie zu erfassen versucht, die der ganzen Wirklichkeit gerecht wird („Das Ganze ist das Wahre“ u. drgl.). So umfassend und vollkommen seine Theorie auch ist – er bleibt immer nur Theoretiker. Die Theorie wird vielleicht der Wirklichkeit gerecht, der Theoretiker aber nicht sich selber. (S. 280)
Oder etwa:
Das Kino kann nie so bunt und aufregend sein wie das eigene Leben, wenn man es denn nur wahrnimmt. Das eigene Drama wahrzunehmen, darin liegen unendlich tiefere Gefühle als fremde Dramen wahrzunehmen. Die meisten haben kein bißchen Ahnung davon, welche Dramen sich in ihnen abspielen. Sie halten ihr Leben für eher trist und bedeutungslos. Aber in dem Moment, wo sie beginnen, sich der Tristesse bewußt zu werden, sie wirklich zu fühlen und anzunehmen, verwandelt sich ihr Leben in ein Drama, das so ergreifend ist, daß es eben schon wieder zu viel ist. Deshalb greifen sie lieber zu Drogen oder Filmen. (S. 68)
In unseren Breiten und Zeiten versteht man unter „Liebe“ nichts anderes als den Kampf um die Befriedigung der Bedürfnisse, die in unserer Kindheit nie befriedigt worden sind. Wir kämpfen darum, aus unseren „Liebes“partnern die Person zu machen, die unsere kindlichen Bedürfnisse nicht befriedigt hat. Wir wollen, daß diese Person es jetzt endlich tut. Es hat mit Liebe nichts zu tun. Ganz im Gegenteil verleugnen und verraten wir unsere erwachsenen Bedürfnisse: Wir tun alles dafür, daß das Kind in uns befriedigt wird. Es mag bei den sog. Liebesbeziehungen auch erwachsene Anteile geben, aber in den allermeisten Fällen ist das Verliebtsein nichts anderes als die große, uns berauschende Hoffnung und Vorfreude darauf, daß all die noch in uns schlummernden unbefriedigten Bedürfnisse nun endlich Befriedigung finden, daß unsere Sehnsucht gestillt, beruhigt und beendigt wird. Wir bilden uns dann möglicherweise ein, es sei unser erwachsenes und wahres Bedürfnis, eine Familie zu gründen. Wir haben nicht die geringste Ahnung davon, daß wir versuchen, ein früheres Bedürfnis zu befriedigen: in heilen und liebevollen Verhältnissen zu leben. (S. 77)
Sehr gut! Aufgestoßen ist mir in diesem Zusammenhang jedoch folgender etwas unglücklich formulierte Satz, dessen Bedeutung uns in späteren Folgen dieser Blogserie aufgehen wird: „Dann mag der Kunde [des Wahrheitsweges] irgendwann nachts aus dem Schlaf gerissen werden, und es kommt die Wahrheit seines Lebens plötzlich in Form der Einsicht zu ihm, wie sehr kalt und lieblos die Welt war, in der er aufgewachsen ist und daß er in einer wärmeren Welt leben und Liebe besonders mit Kindern austauschen möchte“ (S. 239).
Aber zum Grundthema des Buches:
Die meisten antworten, wenn sie gefragt werden, was wahr ist: „Die Erde ist rund.“ Wahrheit, das ist für sie etwas Äußeres. Sie können es gar nicht aufs Innere beziehen, denn. das wäre zu grausam, weil dort nichts wahr ist. Es ist doch klar, es ist doch selbstverständlich, daß wir nicht vom Inneren reden; nur das Äußere zählt und kann so etwas wie Wahrheit sein. So ist das Leben nun einmal. Eine Lebenslüge zeichnet sich gerade dadurch aus, daß sie der Betreffende überhaupt nicht wahrnimmt, und daß sie wie das Selbstverständlichste der Welt daherkommt. (S. 171)
Für Töpfer gibt es ganz im Gegenteil keine objektive, äußere Wahrheit, sondern nur die subjektive, innere Wahrheit. Wahrheit sei den Subjekten vorbehalten; „nur in deren Gehirnen fließen die Informationen zusammen und bilden Wahrheit“ (S. 190). Wahrheit ist für Töpfer also nicht etwas Organisches, wie das Neugeborene, das „unreflektiert“ direkt nach der Geburt automatisch die Brustwarze der Mutter sucht, sondern etwas Zerebrales.
Das, was wir als „objektive Wahrheit“ bezeichnen, müsse erst auf Grund zahlloser subjektiver Wahrheiten ausgehandelt werden: eine weitere Stufe des intellektualisierenden Brainfucks! Man erinnere sich an Cohn-Bendits „das Miteinander aushandeln“! Töpfer macht sich damit zum Feind des Logos und reiht sich in die pluralistische „Unsere Demokratie“ (Unsokratie) ein, also dem diametralen Gegenteil von Liebe, Arbeit und Wissen. Die Unsokratie will alles „ausdiskutieren“, so als ginge es um den Talmud und als sei DIE Wahrheit in Gestalt Christi nie auf Erden erschienen. Töpfer redet ganz im Sinne der Unsokratie:
Wenn die Existenz einer objektiven Wahrheit behauptet wird – daß es so etwas überhaupt gibt und gar eine solche proklamiert wird, dann schwächt das die Gemeinschaft, weil die Entstehung und Ermittlung der wirklich existierenden Wahrheit – die des Einzelnen – dadurch behindert wird und sich die Einzelnen nicht effektiv und erfolgreich verabreden und zu einer Gemeinschaft werden können. Abgesehen davon ist es eine Entwürdigung und Verletzung des Einzelnen und damit wiederum eine Schwächung der Gemeinschaft. (S. 190f)
Für Töpfer ist Wahrheit vom individuellen Bewußtsein abhängig (vgl. S. 241). „Die Wahrheit ist ein Zustand der Stimmigkeit, das Empfinden von einer bestimmten Richtigkeit“ (S. 280). „Wahrheit“ wird damit zu einer Sache des Gefühls, etwa das eines Transfraus! Es ist halt seine „Wahrheit“!
Wenn Reich sein Forschungsprogramm beschreibt, gemahnt das „irgendwie“ an Max Stirner. Reich schreibt:
Die Orgonphysik geht von vollkommen neuen Beobachtungen und neuen theoretischen Annahmen aus. Von einem prinzipiellen orgonomischen Standpunkt her muß das Denken selbst als eine Funktion der Natur im allgemeinen begriffen werden. Dementsprechend müssen die Ergebnisse bloßen Denkens als sekundär gegenüber den beobachtbaren Naturfunktionen angesehen werden. Als Funktionalisten sind wir in erster Linie an beobachtbaren Naturfunktionen interessiert; von da aus gelangen wir zu den Funktionen des menschlichen Denkens mittels der emotionalen (bioenergetischen) Funktionen im beobachtenden Menschen. Solange die beobachtbare Natur nicht den Ausgangspunkt für menschliches Denken bildet, und mehr noch, solange die Funktion des Denkens selbst nicht logisch und konsistent aus den beobachtbaren Naturfunktionen im Beobachter selbst abgeleitet wird, solange stellen sich gegenüber allen Resultaten bloßen Denkens, das nicht durch Beobachtung gestützt ist, grundlegende methodologische und faktische Fragen. (Äther, Gott und Teufel, S. 150f)
Mit „bloßem“, von den tatsächlichen Naturvorgängen abweichendem Denken meint Reich offensichtlich zweierlei: erstens ein Denken, das indirekt und eines das direkt fremdbestimmt ist. Bei ersterem handelt es sich um „gepanzertes Denken“, d.h. ein Denken, das auf das durch die Erziehung entstellte Funktionieren des Organismus zurückgeht, wobei die Eltern als Einflußagenten der Gesellschaft fungieren. Beim direkt fremdbestimmten Denken geht es um die unhinterfragte Übernahme der Meinungen von Autoritäten unabhängig von der Wirklichkeit, d.h. statt selbst zu beobachten und selbst zu forschen. Man folgt dem „Über-Ich“, weil man die gesellschaftlichen Vorgaben verinnerlicht hat und durch diese charakterstrukturell umgeformt wurde. Tierarten existieren, weil sie ihre Umwelt richtig wahrnehmen und sich entsprechend anpassen, sonst wären sie schon längst ausgestorben. Homo sapiens hingegen taumelt dem Untergang entgegen, da er weitgehend blind und verkrüppelt ist und irgendwelchen wirklichkeitswidrigen Wahngebilden hinterher tappt, statt auf den Weg zu achten. Er ist mit dem Kopf in den Wolken des „bloßen Denkens“.
Ansonsten haben der Stirnersche Eigner/Einziger und Reichs Orgon formal zweierlei gemeinsam:
1. Das Orgon funktioniert weder mechanisch (Aktion und Reaktion) noch mystisch (überweltliche „Wirkstrukturen“), also nicht sozusagen „nach Befehl und Gehorsam“, sondern es bewegt sich spontan aus sich selbst heraus, ist sozusagen „eigen“. Es ist sozusagen das Substrat der Selbstregulation.
2. Das, was wir als „Orgon“ bezeichnen, sind, so Reich, „die physikalischen Funktionen, die in der Orgonphysik als ‘Orgonenergie’ abstrahiert werden“ (ebd., S. 146). Es handelt sich nicht um ein geheimnisvolles „Sein“, sondern es sind konkrete Funktionen. Physik statt „Metaphysik“! Über sein Ich schreibt Stirner entsprechend bezugnehmend auf Feuerbachs pseudomaterialistische Philosophie: „‚[D]as Sein‘ ist Abstraktion, wie selbst ‚das Ich‘. Nur Ich bin nicht Abstraktion allein, Ich bin alles in allem, folglich selbst Abstraktion oder Nichts, Ich bin alles und Nichts; Ich bin kein bloßer Gedanke, aber Ich bin zugleich voller Gedanken, eine Gedankenwelt“ (Der Einzige und sein Eigentum, reclam, S. 381)
Das Orgon ist nur konkret greifbar, genauso wie der Eigner/Einzige. Das Orgon ist damit nicht schlichtweg identisch mit irgendwelchen „anderen“ Lebensenergie-Konzepten (Qi, Prana) oder dem „Äther“, also kein fixes metaphysisches oder mechanisches (bzw. „hydrodynamisches“ Modell), sondern nur unmittelbar, unvermittelt in der Beobachtung und im Experiment greifbar. Beispielsweise war der „Äther“ im 19. Jahrhundert bloß der Lückenbüßer für eine Leerstelle im mechanistischen Weltbild (die elektromagnetischen Wellen brauchten ein mechanisches Medium, so wie Wasserwellen Waser brauchen).
Das letzte, was Reich wollte, war ein weiteres „Weltmodell“ zu präsentieren, genausowenig wie Stirner eine weitere „Philosophie“ neben all die anderen zur Diskussion stellen wollte. Beiden ging es nicht um ein neues „Paradigma“, d.h. um eine neue Sicht auf die Welt oder eine neue „Brille“, sondern eben um die Beseitigung aller „Brillen“ (vgl. Clark, Frauchiger: Paradigm-Maker or Paradigm-Breaker: A Comparison between the Paradigm and Orgonomic Functionalism as Scientific Tools. The Journal of Orgonomy, 1986). Es ging um – Liquidar Super-Ego Radicalmente, um das Ausschalten „bloßen Denkens“, d.h. des Über-Ichs = der Panzerung.
Eine Parallele in der Philosophiegeschichte wäre die Phänomenologie (Stichwort Husserl, Heidegger, Hermann Schmitz), die den Anspruch erhob, die gesamte Philosophie neu anzufangen, indem sie beim unmittelbar Gegebenen frisch ansetzt und die – „Seinsvergessenheit“ angeht. Dazu ist zu sagen, daß die Phänomenologie zur Dezeptionsgeschichte Stirners gehört, daß das ihre einzige Bedeutung ist, (Bernd A. Laska: Ein dauerhafter Dissident, 1996) und Reichs Bonmot über Husserl („Zwangsgrübelei“, Äther, Gott und Teufel, S. 43) auf den eigentlichen Kern des Problems verweist: die Panzerung, insbesondere die Augenpanzerung – wieder: „bloßes Denken“!
Wahrheit ist Kontakt mit der Realität. (Wilhelm Reich)
Kontakt ist die Verschmelzung von Wahrnehmung und Erregung. (Charles Konia)
Wahrnehmung und Erregung sind die beiden Varianten des Strömens. (Charles Konia)
Trotz des Wortes ist „Strömen“ eine tiefere Funktion als nur „Bewegung“. (Robert Harman)
Strömen ist die Essenz (das Wesen, das Sein) der Realität.
Die Wirklichkeit ist Wahrnehmung der Erregung bzw. Erregung durch Wahrnehmung.
Daher ist die Wahrheit die Wirklichkeit und die Wirklichkeit die Wahrheit.
Beides geht verloren (a) durch die Augenpanzerung, die die Wahrnehmung von der Erregung trennt (Psychose) und umgekehrt (Hyperaktivitätsstörung), und (b) durch die Muskelpanzerung, die sowohl die Wahrnehmung als auch die Erregung abschwächt, d.h. das Strömen unterbindet.
Strömen (Wahrheit) ist das Gegenteil von Panzerung (Lüge). Letztlich ist es der Antagonismus von OR und DOR.
Am nächsten kommen wir der Erregung und Wahrnehmung, wenn wir im Orgonenergie-Akkumulator sitzen, der durch die gegenseitige Erregung von Organismus und ORAC funktioniert, sowie durch die Beobachtung des atmosphärischen Orgons, was die grundlegendste Form der Wahrnehmung ist. Der Medical DOR-Buster kommt dem Strömen am nächsten, da er sowohl „Bewegung“ induziert (siehe oben) als auch DOR eliminiert.
Das Strömen steht hinter der Antischwerkraft, wie jeder gewöhnliche Baum („Osmose“) und der menschliche Organismus, der der Schwerkraft trotzt, zeigen. Die „Essenz“ wird durch den Goldenen Schnitt, die Fibonacci-Reihe und all die anderen mathematischen Wunder, die in jedem Organismus zu sehen sind, eingraviert. Es ist der Logos, das Wort Gottes, die wahre Naturwissenschaft, die mit dem Naturrecht identisch ist.
Es gibt eine objektive Wahrheit – es gibt ein Naturrecht in jedem Sinne des Wortes. Reich starb ausdrücklich bei der Verteidigung dieses Gesetzes!
Frägt man einen Menschen jenseits der 80, wie es ist, so alt zu werden, antwortet er, daß man eine neue Ebene betritt, auf der die Unterschiede zwischen Traum und Wirklichkeit, Vergangenheit und Gegenwart, Realität und Vorstellung immer mehr verschwimmen. „Ist das real oder träume ich?“ Für mich hört sich das so an, als ob die Funktionen der relativen Bewegung (Pulsation, Fortbewegung, Strömungen, L/t) langsam abnehmen und durch Funktionen der ko-existierenden Wirkung (L –> t und t –> L) ersetzt werden – bis zu dem Tag, an dem endlich alle Bewegung aufhört. Am Anfang des Lebens ist es weitgehend umgekehrt: der Säugling wird immer wacher und aktiver, das Kind tritt aus seiner Märchenwelt heraus. Es hat eine tiefgehende orgon-energetische Bedeutung, wenn die Oma dem Kleinkind Märchen erzählt: die beiden weit auseinanderliegenden Generationen begegnen sich an einem Schnittpunkt auf gleicher Ebene, auf der Ebene der „magischen Welt“.
Die Beziehung zu unserem Thema ist offensichtlich: der Schritt ins Leben hinein und der aus dem Leben heraus sind Übergänge, bei denen nicht eine „Seele“ in einen anderen „Raum“ tritt, sondern Funktionen einander ablösen. Sie tun das auf eine Weise, die wir auf mechano-mystische Weise („immaterielle Gegenstände“!) so interpretieren, als gäbe es so etwas wie eine „unsterbliche Seele“.
Vertrete ich damit eine trostlose „seelenlose“ mechanistische Lebensanschauung? Nein, ganz im Gegenteil! Die Vorstellung eines „Dings“, das wir „Seele“ nennen, ist mechanistisch (und gleichzeitig mystisch); zutiefst abstoßend, da es uns letztendlich auf ein Gespenst reduziert. Wo wir herkommen, was wir sind und wo wir hingehen, läßt sich nicht anhand der Figuren eines Kasperletheaters erfassen, es läßt sich nur erahnen und erfühlen, in den Werken der großen Kunst, Dichtung, Musik, wenn alles in eins fließt und der Sinn des ganzen existentiell erfahrbar wird.
Schwieriges Thema, deshalb nochmal kurz:
Meine Idee war, daß im Alter die Funktionen der koexistierenden Wirkung (L –> t, t –> L) die Funktionen der relativen Bewegung (L/t) soweit verdrängen, bis sie schließlich aufhören (t/L). Religiöse Menschen glauben, daß sie in die geistige Welt eintreten. Interessanterweise bleibt angesichts von Krankheit, Verletzung und Tod, also wenn die Funktionen der relativen Bewegung zusammenbrechen, fast niemand Atheist!
Ähnliche Vorgänge beobachten wir am Anfang des Lebens: Das Baby und der Säugling befinden sich in einem traumähnlichen Zustand, einem Lala-Land, voller Drachen und anderer Märchen. Mit der Koordination von Pulsation und Kreiselwelle übernehmen die Funktionen der relativen Bewegung die Vorherrschaft und das Kind tritt in die Realität ein.
Beide Funktionsbereiche bedeuten, daß jeder Augenblick eine unendliche Tiefe hat – siehe Teil 2!
Heute abend sitze ich hier im Park und schreibe für den NACHRICHTENBRIEF. Eine Mutter geht mit ihrem kleinen Kind spazieren und starrt dabei ständig auf ihr Smartphone, tippt, starrt von neuem, während der kleine Junge das tut, was Kinder halt tun: Mama schau mal, guck mal, hier und da, etc. Die Mutter ist jedoch nur physisch anwesend. Was macht das mit einem Kind, zumal das ja ein Dauerzustand ist? Ständig ist die Mutter in einer anderen Welt, vielleicht tausende Kilometer entfernt. Tatsächlich wandeln hier nur Zombies durch die Gegend, die keinen Blick für die Wiesen, Blumenbeete, Büsche und Bäume haben, da sie ständig auf dieses Idiotenteil starren.
Wenn man dann noch bedenkt, daß diese Menschen durch drei weitere Mechanismen okular blockiert sind, ihre Umwelt ständig wie durch eine geriffelte Milchscheibe betrachten und zunehmend unfähiger werden orgonotischen Kontakt it anderen Menschen herzustellen… Die besagten Faktoren sind:
Sie sind Mitglieder einer religiösen Sekte, die sie ständig indoktriniert und tunlichst darauf achtet, daß sie keinen Kontakt mit der Wirklichkeit aufnehmen bzw. alles, was auf sie einströmt, im Sinne der Sektenideologie verarbeiten. Ihre Gedanken werden ständig kontrolliert durch die Tagesschau, Spielfilme und Werbung, die sich mehr und mehr vom Produkt löst und nur noch das Lebensgefühl der Sekte verbreitet; selbst im Betrieb wird der Pride Day gefeiert und eingehämmert, daß Diversity unsere Stärke ist. Fast immer ist das exakte Gegenteil der Sektenideologie wahr, um also psychisch überleben zu können, müssen sie ständig sozusagen „okular wegtreten“, um nicht unangenehm aufzufallen und das beständige Leben in der Lüge überhaupt ertragen zu können.
Ein erstaunlich hoher Bevölkerungsanteil ist praktisch ständig auf einer legalen oder illegalen Psychodroge, insbesondere Cannabis. Das erzeugt vor allem einen Zustand, in dem man keinen Zugang mehr zu seinen Emotionen hat. Diese Menschen sind sozusagen „emotional kastriert“. Es berührt sie so gut wie nichts mehr wirklich. Selbst ihre Gedankentätigkeit ist nur noch rudimentär, weil sie nichts wirklich zuende denken können.
Biologisch sind wir immer noch Jäger und Sammler, d.h. wenn wir hungrig sind, sind wir wach und zielstrebig. Wenn wir uns die Wampe bis zum Platzen vollgeschlagen haben (damals gab es keinerlei Möglichkeit Fleisch und Früchte zu konservieren!), legen wir uns in eine Ecke, damit sich die überbeanspruchten Gelenke regenerieren können und „betrachten uns von Innen“. In einer übersättigten Wohlstandsgesellschaft sind wir praktisch ständig in diesem debilen Dämmerzustand!
Mit dem bevorstehenden Zusammenbruch unserer Zivilisation werden die Menschen wieder gezwungen werden funktionell zu leben, d.h. sich von der virtuellen Welt zu lösen und wirklichen Kontakt mit ihren Mitmenschen und der Wirklichkeit aufzunehmen.
Warum ist die Wirklichkeit, und damit die Wahrheit, so widersprüchlich?
Gegen meine Ausführungen in Teil 3 kann man einwenden, daß Krebs und andere Biopathien sympathisch sind, nicht parasympathisch. Nun, Krebs ist natürlich sympathisch, aber was hat es mit der Bildung von Protozoen-Krebszellen auf Grund der Reorganisation von blauen Bionen aus dem ursprünglichen Krebsgewebe auf sich? Was hat es mit der Entstehung und Ausbreitung von Tumoren auf sich, einem eindeutig parasympathischen Prozeß? (siehe dazu beispielsweise https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4865610/). Schließlich ist „Krebs“ nichts anderes als das Bestreben des Organismus, sich nach all dem sympathischen Zerfall neu zu organisieren (wenn auch auf einer primitiveren Ebene). Auch ist Krebsgewebe in seinen Anfangsstadien kaum von entzündetem Gewebe zu unterscheiden. Die karzinomatöse Krebsbiopathie ist ein sympathisches Theater mit vielen parasympathischen Ereignissen in seinen Sälen, ähnlich dem parasympathischen Asthma, das einen sympathischen Kern hat. Man denke auch an all die parasympathischen entzündlichen Erkrankungen des Darms, der Haut usw.
Dasselbe geschieht heute in der amerikanischen und europäischen Gesellschaft mit der Bildung von „Krebszellen“, d.h. kommunistischen Zellen, der Bildung von „Tumoren“ in Seattle, Stuttgart, Berlin, Hamburg und anderswo, der linksradikalen Ent-Zündung allerorten usw.
Dies ähnelt der Charakteranalyse im psychologischen Bereich mit all den Trieben und Gegentrieben (Abwehr), die gegeneinander arbeiten, während sie als Ganzes wie eine Zwiebel organisiert sind. Bei somatischen Biopathien haben wir ähnliche Schichten von sympathischen und parasympathischen Innervationen. Dasselbe gilt für soziale Biopathien, z.B. das extrem autoritäre Nazi-Regime, das unter der Oberfläche eindeutig antiautoritäre Züge trug, so wie die Adenauer-Demokratie der Nachkriegszeit unter dem „demokratisch-freien“ äußeren viele extrem reaktionäre Züge unter der Oberfläche hatte.
In allen Bereichen ist die menschliche Wirklichkeit dergestalt in sich widersprüchlich: wie bei einer Zwiebel finden sich unter jedem Impuls ein Gegenimpuls, unter dem wiederum dazu einen Gegenimpuls und so immer fort bis zum Kern. Das muß man wissen, um in der Psychotherapie, in der Soziologie („Politik“) und in der Medizin auch nur annäherungsweise vorankommen zu können. Andernfalls muß man nämlich zwangsläufig an der „widersprüchlichen Wirklichkeit“ kläglich scheitern, wie bisher ausnahmslos alle Ansätze letztendlich kläglich gescheitert sind. Außerhalb der Orgonomie, d.h. in der gepanzerten Welt, gibt es letztendlich nur die Lüge!
Willkürlich greife ich ein entsprechendes Erlebnis aus ziemlich vielen heraus. Aus dem Zusammenhang gerissen erwähnte jemand im Büro mir gegenüber einen „Problemkunden“, Herrn xyzabz. Alles andere als ein gewöhnlicher Name! Wir unterhielten uns humorvoll über ihn, und dabei ging ich zum Fenster auf der anderen Seite des Büros und schaute auf die Straße hinunter. Ich sah (zum ersten Mal in meinem Leben) dort unten auf dem großen städtischen Platz ein Auto eines Beerdigungsunternehmens mit der großen Aufschrift „xyzabc“ auf dem Rückfenster. Wir alle waren völlig verblüfft. Es war ganz so, als ob „das Universum“ einen (wirklich passenden!) „Kommentar“ zu unserem Gespräch über Herrn xyzabc abgeben würde! Von dem astronomischen Zufall ganz zu schweigen!
Irgendetwas „stimmt“ nicht mit der Realität selbst. Das ist auch der Grund, warum Verschwörungstheorien bei mir nicht so gut funktionieren. „Ist es nicht bemerkenswert, daß zur Zeit und am Ort des JFK-Attentats, bei 9/11 usw. dieses und jenes geschah?!“ „Nun ja…“ Es gibt einen Bereich jenseits von oder, besser gesagt, neben Ursache und Wirkung. Etwas, das eng mit dem Bewußtsein selbst verbunden ist. Und auch das Bewußtsein ist etwas, das von Ursache und Wirkung getrennt ist. Wie Dr. Robert A. Harman aufgezeigt hat, hat dieser Bereich etwas mit kosmischer Überlagerung, Schwerkraft usw. zu tun, mit KOORDINIERUNG jenseits von Raum und Zeit.
Reich wurde beeinflußt von Kant (über F.A. Lange), Hegel (über Marx/Engels) und Platon (gewissermaßen über Freud: Eros, Thanatos, die Triebe, Ödipus usw. sind platonische Ideen, wie in Jungs Archetypen deutlich wird; siehe auch, was Freud über sein Konzept der „Libido“ und Platon schrieb). Alle drei verbinden Bewußtsein und Realität auf einer fundamentalen Ebene. Wie Kant betonte, muß es etwas „Transzendentales“ geben, damit wir überhaupt etwas über die Realität verstehen können (siehe auch Leibniz‘ „prästabilierte Harmonie“), nach Hegel bewegen sich Realität und Bewußtsein nach ein und denselben Regeln und nach Platon ist die Wirklichkeit bloßer flacher Schatten „überwirklicher“ mehrdimensionaler Ideen.
All dies wird verdaulicher mit Nietzsches Vision der ewigen Wiederkehr des Gleichen, die impliziert, daß dein Ich/Selbst/Bewußtsein eine Illusion ist: wir sind das Universum, was bedeutet, daß dieser Moment unseres Bewußtseins mit diesem Moment des gesamten Universums identisch ist. Wir sind keine „freischwebenden Geister“, sondern gehören in einem grundlegenderen Sinne hierher, als wir uns das jemals ausmalen könnten. Und in Momenten der „Synchronizität“ erkennen oder vielmehr ahnen wir schwach etwas von einer Überrealität, die tiefer ist, als jede ach so tiefgründige Religion je erfassen könnte. „Tiefer“ im Sinne des berühmten Nietzsche-Gedichts!
Synchronizität ist letztendlich mit der Kosmologie verbunden, die man auf den Kampf mit Paradoxa, etwa das Olbers’sche Paradoxon, reduzieren kann… Gegenwärtig habe ich das Gefühl, daß dieser Kampf darauf hinausläuft, das ich die Beziehung zwischen relativer Bewegung und koexistierender Wirkung nicht verstehe. Ich kann Geschichte, Entwicklung usw. verstehen (Heraklit) und ich kann „Existenz“ (Parmenides) verstehen, aber es ist nicht einfach, sie miteinander zu verbinden.
Historisch wurde dies durch strömende Atome gelöst (Demokrit), die der Vorläufer der Orgonenergie sind (siehe Äther, Gott und Teufel). Aber dies war offensichtlich nichts weiter als ein billiger Kompromiß, der nichts wirklich löste. Reich versuchte voranzukommen, indem er alle mechanischen Konzepte hinter sich ließ und sich ausschließlich auf die Bioenergetik konzentrierte, mit dem Psychiater als dem ultimativen Naturwissenschaftler. Womit wir wieder am Anfang dieses Beitrags wären… Wir haben bisher nicht mal annähernd verstanden, was die Wirklichkeit „wirklich“ ist!
Gemeinhin, d.h. im liberalen Weltbild des Westens und in der „Weisheit des Ostens“, werden Wahrheit und Wirklichkeit (und damit auch Sollen und Sein) streng geschieden, da es ja unterschiedliche Standpunkte (Blickwinkel unter denen man die eine Wirklichkeit betrachtet) und damit Wahrheiten geben könne.
Mit der Unterscheidung zwischen Wahrheit und Wirklichkeit sitzt man jedoch einer „bürgerlichen Ideologie“ auf, während für den Dialektischen Materialisten sich eine Wahrheit immer nur in der Praxis erweist. Für Nietzsche ist Wahrheit eine Funktion der Gerechtigkeit, die wiederum stets ein Richten (also ein Handeln) in sich schließt.
Wenn man mit der Unterscheidung zwischen Wahrheit und Wirklichkeit recht hätte, gäbe es auch einen Unterschied Zwischen Weg und Ziel, aber für Reich ist der Weg schon das Ziel. Und man würde auch implizieren, daß es den Geist („den Standpunkt“) unabhängig von der Natur gäbe, aber Reich zufolge sind alle derartigen Annahmen mystisch und damit vollkommen unorgonomisch.
Gleichzeitig muß das Gleichheitszeichen zwischen Wahrheit und Wirklichkeit durch das funktionelle Gleichheitssymbol ersetzt werden, das uns auf die tiefere gemeinsame Funktionsebene verweist, die beide Elemente beeinflußt, welche so dann keine abgetrennte, „ideale“ Existenz mehr führen. Diese Funktionsebene, das Gemeinsame Funktionsprinzip (CFP), ist der Kontakt, der aber wiederum eng mit der Funktion des Ich korreliert ist. Ohne Ich, wie in der extremen Psychose, gibt es keinen Kontakt, keine Wahrheit und keine Wirklichkeit. (Mystiker setzen die entsprechende intuitive Erkenntnis in Theorien über eine überweltliche „Seele“ um, die aus sich heraus die Welt gebiert.)
An Stelle von Wirklichkeit tritt Unwirklichkeit und die Gegenwahrheit des Neurotikers, der alles im Lichte seiner irrationalen Ängste, Aggressionen, Lüste, etc. sieht. Der pestilente Charakter („Modju“) nutzt diese strukturelle Hilflosigkeit (Infantilität) aus, um seine Gegenwirklichkeit und die Unwahrheit durchzudrücken. Man denke etwa an die Hetze gegen „kosmopolitische“ Dissidenten im Realsozialismus.
Das wirkliche Problem liegt entsprechend nicht im Bereich von Wahrheit und Wirklichkeit, sondern selbstverständlich im Kontakt, also letztlich in der biophysikalischen Struktur des Menschen. Für den gepanzerten Mensch wird die Wahrheit zu einer tödlichen Gefahr, denn in seiner Kontaktlosigkeit kann er mit der Wahrheit nur Unheil anrichten und die Wahrheit kann an ihm Unheil anrichten, weshalb ja auch Reich zufolge die Gegenwahrheit, die dem gepanzerten Menschen gemäß ist und zu seiner Unwirklichkeit paßt, vor der Wahrheit geschützt werden muß. Ständig mit Wahrheiten nur so um sich zu werfen, zur Befriedigung von Egobedürfnissen, ist schlicht verbrecherisch. Außerdem ist es eine typische Taktik Modjus, indem er Wahrheiten auf andere zielt, hält er die Wahrheit von sich selbst fern, so daß die Wahrheit letztlich zur Lüge wird.
Dies wird einsichtiger, wenn man sich orgonometrisch vergegenwärtigt, daß die Lüge auf einer tieferen Ebene natürlich nicht „substantiell“ existent ist und nur als Unwahrheit definierbar ist, damit aber letztlich in der Wahrheit aufgeht („jeder hat irgendwo Recht“, Reich), denn die Unwahrheit unterscheidet sich von der Wahrheit einfach nur dadurch, daß sie nur einen Teil der Wahrheit ausmacht, was wiederum dem selektiven Kontakt Modjus entspricht („Vorurteil“, „Voreingenommenheit“).