Charles Konia befaßt sich in seinem Artikel „Applied Orgonometry IV: Mysticism“ (The Journal of Orgonomy, Vol. 39, No. 2, Fall/Winter 2005, S. 60-69) u.a. mit einem recht überzeugenden Argument gegen die von Elsworth F. Baker entwickelte „sozio-politische Charakterologie“, derzufolge Konservative („verzerrter Kontakt zum Kern“) zum Mystizismus neigen, Liberale („fehlender Kontakt zum Kern“) eher zum Mechanismus. Seit den 1960er Jahren, d.h. seit dem Aufkommen der antiautoritären Gesellschaft, hat nämlich die Linke ein auffallendes Interesse für den Mystizismus gezeigt.
Wie diesen offensichtlichen Widerspruch erklären? Bakers Formulierungen gehen nicht tief genug, d.h. der alles entscheidende bioenergetische Unterschied zwischen Konservativen und Liberalen wird nicht klar formuliert: bei Konservativen steht die Emotion und das im Solar Plexus zentrierte „orgonotische System“ im Mittelpunkt, bei Liberalen die Sensation und das im Zentralen Nervensystem zentrierte „energetische Orgonom“.
Entsprechend können sich Liberale durchaus vom Ersatzkontakt „Mystizismus“ angesprochen fühlen, solange dieser ein „Head Trip“ bleibt. Während der „emotionale Rechte“ sich dem „unergründlichen Ratschluß Gottes“ unterwirft, versucht der „zerebrale Linke“, der sich zum Mystizismus hingezogen fühlt, die Welt in ihrem Innersten zu ergründen. Ein Gutteil dessen, was heute unter dem Titel „Orgonomie“ und 100 Prozent dessen, was unter dem Titel „Reichianismus“ abläuft, entspricht dieser Art von mystischer Perversion. Es ist Neurose, wenn nicht Emotionelle Pest und nichts außerdem.
Im Gegensatz zu den Mystikern der Rechten glauben die Mystiker der Linken, daß man im Diesseits Gesundheit („Ganzheit“) und Glück erlangen kann: holistische Medizin, spirituelles Wachstum, „Heilung“, etc. Typischerweise geht es um das Erlangen eines „höheren Bewußtseins“. Die Wahrheit hänge von der Sichtweise des Einzelnen ab, alles ist „relativ“. Von den etablierten Religionen, insbesondere aber von „Gott, dem Vater“ will man nichts wissen. Alles sei machbar.
Allen Arten von Mystizismus ist gemeinsam, daß sie Ersatz für sexuelle Befriedigung sind. Oder mit anderen Worten: ohne orgastische Impotenz kein Mystizismus.
Der Panzer verzerrt die ursprünglichen sexuellen Empfindungen und an ihre Stelle tritt der mystische Ersatzkontakt. Dieser ist antisexuell und gleichzeitig eben das: Ersatz für Sexualität. Bei den einen ist die Angst vor der Sexualität unmittelbar an die autoritäre Vaterfigur bzw. „Gott“ gebunden, bei anderen sind es pseudowissenschaftliche Theorien, die die antisexuelle Haltung rationalisieren. Man denke nur einmal daran, wie linke „Reichianer“ die Orgonomie mit Tantra, Taoismus, Yoga, Buddhismus und anderem extrem antisexuellen Theorien „erweitern“!
Zusammenfassend kann man sagen: Die religiösen Anwandlungen des Konservativen können inspirierend sein und auf tiefe zugrundeliegende Wahrheiten verweisen. Das zeigt sich etwa in Reichs Umgang mit dem Christentum in Christusmord. Die Entsprechung beim Linken bzw. „Liberalen“ ist fruchtlos, im Zweifelsfall destruktiv, in jedem Fall aber schlichtweg meschugge.
Es wäre schrecklich, wenn uns das Christentum nie vom germanischen Aberglauben befreit hätte, der in vieler Hinsicht bis in die heutige Zeit das Leben vieler „Leute vom Land“ bestimmt. All der Aberglaube, unausrottbare Vorurteile, Astrologie etc. Für diese Menschen hängt der Himmel immer tief, die Welt hat etwas Klaustrophobisches an sich und alles, wirklich alles, hat eine Bedeutung; nichts existiert aus und für sich selbst. Ein im Grunde kindliches Denken, eine magische Welt. Tatsächlich sind christliche Missionare, etwa im heutigen Neuguinea richtiggehende Erlöser, wenn sie die Menschen aus ihrer in Magie, Tabus und Ängsten vor bösen Geistern verstellten Welt hinaus ins Licht, buchstäblich in die Lichtung führen.
Gleichzeitig möchte ich ums Verrecken nicht in einer christlichen Welt leben. Man nehme etwa Amerika, wo ganze Landstriche flächendeckend von „bibeltreuen Christen“ beherrscht werden. Ebenfalls eine enge Welt, die buchstäblich flach ist, vor etwa 6000 Jahren erschaffen wurde und von unbeschreiblich beschränkten, schichtweg dummen Menschen bevölkert ist. Es ist wirklich erschreckend, wenn man sich vergegenwärtigt, in was für einer schlichtweg bekloppten Geisteswelt zig Millionen „kreationistischer“ Amerikaner leben. Auch da möchte man die Fenster aufreißen und frische Luft hereinlassen.
Unser gutes altes Europa hatte, angefangen bei der Renaissance über das Barock bis hin zur Weimarer Klassik und darüber hinaus, die beste aller Welten erschaffen. Die nackte Venus und der Gekreuzigte konnten in der Kultur wie selbstverständlich nebeneinander existieren. Ein Goethe war dezidiert kein Christ, aber Faust ist eine der großartigsten christlichen Moritaten überhaupt. Zwar hatten die Heiden bereitwillig christliche Versatzstücke in ihre Riten und Glaubensvorstellungen aufgenommen, während die Christen umgekehrt alles Heidnische erbarmungslos zu sequestrieren trachteten, doch letztendlich waren sie es, die etwa die Edda schrieben. Oder man denke an Tolkiens durch und durch heidnisch inspiriertes Werk, mit seiner wirklich zutiefst christlichen Botschaft.
Ich muß unwillkürlich an meine eigene Kindheit denken. Donnar („Thor“) ist mein Gott, denn die Donnar-Nessel („Brennnessel“) ist ihm heilig. Er ist ein Gott, der vor Seuchen schützt und die Dämonen vertreibt. Er bekämpft die Felsriesen, Bergriesen. Die Eiche, dem Donnar geweiht, schützt vor bösen Geistern. Im Christentum wurde er durch Petrus (Peter) ersetzt und wenn es in meiner Kindheit gewitterte, war immer irgendwie von – mir die Rede. Es war die perfekte Balance zwischen einer verzauberten, „mythologischen“ Welt und der notwendigen rationalen, augenzwinkernden Distanz – eine Distanz, die meinen germanischen Vorfahren fehlte. Die brachten es fertig Donnar Menschenopfer darzubringen! Wobei sie genauso verblendet waren, wie der zynische, seelenlose Rationalist, der ein Innenleben wie ein Bioroboter hat und entsprechend tatsächlich nur – irrationalen Unsinn von sich gibt und nur scheiße baut. Was ich meine? Man schaue sich die seelenlosen Straßenzüge an, die diese seelenlosen „Menschen“ hochziehen!
Wir haben (oder eher hatten) das Beste aus beiden Welten, wobei die eine Welt jeweils den Wahnsinn der anderen in Schach hielt. Unsere Welt war dergestalt weitgehend rational, aber doch nicht leer. Nur ein vollkommen verblendeter Mensch kann glauben, daß eine rein rationalistische und „atheistische“ Welt überhaupt lebensfähig wäre. Es ist wie mit den Drogen: würde unser Körper nicht ununterbrochen Endorphine produzieren, könnten wir unser Leben wegen Schmerzen und Depressionen schlichtweg nicht ertragen. Und gerade deshalb sollte man ja auch die Hände von allen Drogen lassen, denn durch sie wird die körpereigene „Drogenproduktion“ gestört, teilweise sogar ganz eingestellt. Genauso gesellschaftlich: ohne eine von der Religion durchdrungenen Kultur könnten wir nicht leben – doch gleichzeitig ist die Religion ein absolutes Übel. Ausschließlich die großartige europäische Kultur hat, wie dargelegt, das Gleichgewicht von Verzauberung und Entzauberung der Welt gehalten. Sie steht sozusagen unter Endorphinen, aber nicht unter Drogen. (Ich weiß, der Vergleich hinkt an allen Ecken und Enden, aber ich glaube, er ist trotzdem hilfreich!)
Was fasziniert uns am Heidentum, uns Deutsche am nordischen Heidentum? Was hat die Heiden stets am Christentum derartig fasziniert, daß das Heidentum so flächendeckend hinweggefegt werden konnte? Schauen wir uns dazu die Gruppe Heilung an, danach den „fünften Evangelisten“ Bach und lassen sie auf uns wirken:
Beides kann mich zu Tränen rühren! Doch das Heidnische spricht mehr unsere im Solar plexus zentrierte orgonotische Pulsation an, die mit der Erde verbunden ist, während das Christliche mehr unsere im Zentralen Nervensystem zentriertes energetisches Orgonom (die Kreiselwelle) anspricht, das uns mit den kosmischen Weiten verbindet. Gesundheit, d.h. Ganzheit ist, wenn diese beiden Seelen in unserer Brust in einem Verhältnis zueinander stehen, wie Pulsation und Kreiselwelle natürlicherweise immer stehen: in dem wechselseitiger Anziehung und wechselseitiger Verstärkung. Die folgende Gleichung ist die ultimative Gleichung der Gesundheit:
Man schaue sich die Kommentare unter den Videos mit Konzertausschnitten des Mahavishnu Orchestra (1971-1973) auf Youtube an. Auffällig oft bekunden die heute mittlerweile vielleicht 75 oder 80jährigen Kommentatoren, daß ihre damaligen Konzertbesuche lebensverändert gewesen waren. Ein Abend Mahavishnu Orchestra und es gibt ein Leben davor und ein Leben danach. Genauso ging es mir, als ich in den NDR-Radio-Sendungen des Jazz-Pianisten und -Journalisten Michael Naura 1972 das Mahavishnu Orchestra hörte. Selbst der Zyniker Frank Zappa zeigte, wie Zeitzeugen berichten, eine tiefgreifende Erschütterung, als er und seine Band kurz mit dem Mahavishnu Orchestra tourten. Nicht nur rein formal musikalisch, sondern auch was die emotionale „Betroffenheit“ und der existentielle Ernst betrifft, änderte sich seine Musik ab diesem Zeitpunkt fundamental.
Damals begann mein zweiter Lebensabschnitt und aus einem interesselosen und auffällig minderbegabten angehenden Jugendlichen wurde die heutige Person. Es war, als wäre ein Feuer in mir entfacht worden. Ähnliches beschreiben heutzutage Menschen über ihre Konzerterlebnisse mit der Gruppe Heilung. Jeder kann selbst die Kommentare unter den Youtube-Videos lesen. Das ist etwas anderes, als das normale „Fan-tum“ mit Led Zeppelin oder wie heute derartige Gruppen und Künstler heißen mögen. Im Jahrhundert davor war es Wagner. Es wird durch das „Ritual“ auf der Bühne, das um „Ätherisches“ wie „Götter“ kreist, etwas auf einer grundlegenden bioenergetischen Ebene im Organismus angesprochen und zwar nachhaltig wirkend über Jahrzehnte hinaus. Was das ist?
Der energetische, „feinstoffliche“ Körper wird angesprochen, die organismische Orgonenergie wird zum Erstrahlen gebracht und manchmal kommt es zu einer regelrechten Explosion: eine langsame Konzentration der Energie, gefolgt von einem überwältigenden Feuerwerk.
Wenn das im Becken geschieht, macht das bei der Frau den Unterschied zwischen einem klitoralen „Orgasmus“ und einem vaginalen Orgasmus aus. Der erstere kann, wie der Höhepunkt beim Mann, durch eine rein mechanische Reizung auch onanistisch „hervorgerufen“ werden, der letztere geschieht, wenn „die Chemie“ zwischen den Sexualpartnern stimmt; Magie, Intimität, Hingabe, das Ego sich auflöst. Durch den Rhythmus, der wellenförmige Melodieverlauf, der Zauber der Harmonie und vor allem durch eine überwältigende Dynamik läßt Musik ähnliches in uns anklingen. Wirklich tragend und durch die Bank, also praktisch bei jedem Hörer, tritt das aber nur bei ganz wenigen „Bands“ bzw. Komponisten auf. Jenseits der drei genannten fällt mir kein anderes Beispiel ein. Es geht hier natürlich nicht um das besagte „orgasmische Feuerwerk“, sondern um eine Ahnung desselben.
Damit so etwas auftritt, muß ein Element hinzutreten, für das Rationalisten und Atheisten keinerlei Gespür haben, weshalb auch ihre gesamte „Aufklärung“ von vornherein null und nichtig ist. Jungfrauen, die von Sex und Liebe schwatzen! Reich hat das in der Massenpsychologie des Faschismus von 1933 anklingen lassen: der Appell der „Wagnerianischen“ Hitler-Faschisten an das „mystische Gefühl“, „politische Religion“; etwas, mit dem jeder Sektenführer spielt. Das ganze läßt sich nur sexualökonomisch und orgon-energetisch erklären.
Wagner hat so etwas explizit geplant: seine Festspiele in Bayreuth sollten „die deutsche Seele erwecken“. Entsprechendes findet sich bei John McLaughlins Mahavishnu Orchestra (Neo-Hinduismus) und Heilung (Neo-Heidentum). Hinzu muß jeweils eine nicht kontrollierbare, spontan auftretende „Chemie“ auftreten, ein Zauber, der einen überspringenden Funken zum Publikum erzeugt. Dabei geht es eben nicht nur, um das Erzeugen starker Emotionen, sondern durch den Appell an einen nebulösen „Mythus“ um das Öffnen der Wahrnehmung, daß es eine Ebene der Wirklichkeit gibt, die bioenergetisch ist. Als ich das Mahavishnu Orchestra hörte, machte ich mich sofort auf die Suche und landete – über, was naheliegend war, Sri Aurobindo et al. und Tantra schnell bei der Orgonomie. Reichs Aufsatz über die „Ausdruckssprache des Lebendigen“ in der Charakteranalyse erklärte mit einem Schlag alles.
Mit seiner „Leibphilosophie“ besteht Hermann Schmitz darauf, daß wir nicht Gefühle haben, sondern von Gefühlen ergriffen werden. Damit ähnelt er durchaus Reich, der seit den bio-elektrischen Experimenten Mitte der 1930er Jahre darum bemüht war, Gefühle zu „objektivieren“ und umgekehrt Subjektivität in die Forschung zu integrieren: der Forscher selbst als wichtigstes Forschungsinstrument. Laska liegt eine solche Sichtweise fern oder, besser gesagt, ihm ist das Ergriffenwerden selbst das Grundproblem: Fremdsteuerung, Manipulation, Heteronomie, Über-Ich. Und tatsächlich sind alle „Lehren“, die die Objektivität von Gefühlen vertreten (der Mensch wird zu einem bloßen „Radioempfänger“!), etwa der tibetische Buddhismus oder Steiners Anthroposophie, dezidiert, wie soll ich sagen, „über-ich-affin“. Das zeigt sich ganz konkret an der Kindererziehung, die diametral dem orgonomischen „Summerhill-Modell“ widerspricht.
Für Schmitz ist die große, alles entscheidende Wende in der Menschheitsgeschichte die Philosophie Fichtes (zugespitzt durch Stirner): die radikale Subjektivität, wie sie in der romantischen Bewegung evident wurde, eine alles zersetzende Ironie, die in vielem unsere heutigen antiautoritären Verhältnisse, die alles beherrschende Beliebigkeit, vorwegnahm. Man spielt nur noch eine beliebige Rolle, kann sogar sein Geschlecht nach Belieben ändern und sogar neue „Geschlechter“, wenn nicht „neue Genitalien“ frei erfinden. Tatsächlich wird ja Stirner von vielen neosexuellen Transleuten vereinnahmt: „Ich habe meine Sache auf nichts gestellt!“ „Ich bin, wer ich bin!“
Aus dieser Perspektive blickt Schmitz auf Laska: als jemand der sich der Ergriffenheit, Betroffenheit entzieht. Beispielsweise hat Schmitz die „Utopie“, daß Europa eines Tages von „Hndugöttern“ ergriffen werden könnte, worauf Laska nur konsterniert kopfschüttelnd reagieren kann. Was Schmitz meint, wird wohl am besten durch das Phänomen „Heilung“ verkörpert. Man lese die Kommentare unter dem Video und beachte, wie viele Menschen es sich schon angeschaut haben!
Heilung im Sinne Schmitz‘! An sich ist der Mummenschanz lächerlich und fordert zur Ironie auf, aber die bleibt einem buchstäblich im Halse stecken, wenn man den Mut hat sich der Erfahrung zu öffnen – den Gefühlen zu öffnen.
Hier haben wir exakt das, was Wagner anstrebte und nicht zuletzt sein Adept Hitler. In Massenpsychologie des Faschismus hat sich Reich ausgiebig mit dem Phänomen des „Ergriffenseins“ beschäftigt. Gleichzeitig hat er eine Alternative angeboten; eine Alternative, die explizit gegen das Über-Ich gerichtet ist. Die Rede ist davon, daß in seinen „Sexpol-Gruppen“ die sexualpositive Massenatmosphäre, die durch die wortwörtliche „Aufklärung“ erzeugt wurde, die individuellen Hemmungen überwunden hat und den Impuls zur kollektiven Befreiung freisetzte. Ähnliches strebte er später mit seinem Konzept der „Arbeitsdemokratie“ in der Sphäre der Arbeit an. Das ist der sozusagen „menschentierliche“ „unbedingte Ernst“, der „‘tierisch‘ verankerte Lebenswille“, den Laska Schmitz nahebringen will, aber Schmitz sieht nur Kultur, verteidigt die Kultur, die „einpflanzende Situation“ – das Über-Ich. Faschismus! Seine Zukunftsvision sind „Hindugötter“! Heilung…
[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]
Reich schrieb 1940 in sein Tagebuch, „daß die Menschheit im gewöhnlichen Sinne des Wortes ‚krank‘ ist. Dies in Worte zu fassen, bedeutet sich dem Verdacht auszusetzen, daß man sich selbst für den einzigen gesunden Menschen hält. (…) Die Gesundheit (…) wohnt in allen Menschen. Die Tatsache, daß sie sie fürchten und verbergen, ist der Grundstein des Hitlerismus“ (American Odyssey, S. 30).
1. die Aussage, daß (so gut wie) alle Menschen Sexualkrüppel sind;
2. die „Max Stirner-Anmaßung“, die hinter einer solchen Diagnose steckt: der Einzige; und
3. die Aussage, daß es keine Heilung geben kann, da diese Krankheit das Fundament der durch und durch faschistischen (d.h. von sekundären Trieben beherrschten) Gesellschaft ist.
4. Was bleibt, ist Duplikate von sich selbst, dem „Einzigen“, der nicht krank ist, zu schaffen und mit ihnen die Zukunft zu bevölkern („Kinder der Zukunft“).
5. Natürlich ist man nicht „gesund“, bzw. man ist es nur in soweit, daß man sich nicht, wie alle anderen, „Hitleristisch“ gegen diese Gesundheit wendet!
6. Die Emotionelle Pest nicht an unsere Kinder weiterzugeben und so die Kette des Unheils zu unterbrechen, ist das Ziel.
Stirner:
Zur Wirksamkeit pfäffischer Geister gehört besonders das, was man häufig „moralischen Einfluß“ nennen hört.
Der moralische Einfluß nimmt da seinen Anfang, wo die Demütigung beginnt, ja er ist nichts anderes, als diese Demütigung selbst, die Brechung und Beugung des Mutes zur Demut herab. Wenn Ich Jemand zurufe, bei Sprengung eines Felsens aus dessen Nähe zu gehen, so übe Ich keinen moralischen Einfluß durch diese Zumutung; wenn Ich dem Kinde sage, Du wirst hungern, willst Du nicht essen, was aufgetischt wird, so ist dies kein moralischer Einfluß. Sage Ich ihm aber: Du wirst beten, die Eltern ehren, das Kruzifix respektieren, die Wahrheit reden usw., denn dies gehört zum Menschen und ist der Beruf des Menschen, oder gar, dies ist Gottes Wille, so ist der moralische Einfluß fertig: ein Mensch soll sich da beugen vor dem Beruf des Menschen, soll folgsam sein, demütig werden, soll seinen Willen aufgeben gegen einen fremden, der als Regel und Gesetz aufgestellt wird; er soll sich erniedrigen vor einem Höheren: Selbsterniedrigung. „Wer sich selbst erniedrigt, wird erhöhet werden.“ Ja, ja, die Kinder müssen bei Zeiten zur Frömmigkeit, Gottseligkeit und Ehrbarkeit angehalten werden; ein Mensch von guter Erziehung ist Einer, dem „gute Grundsätze“ beigebracht und eingeprägt, eingetrichtert, eingebleut und eingepredigt worden sind.
Zuckt man hierüber die Achseln, gleich ringen die Guten verzweiflungsvoll die Hände und rufen: „Aber um’s Himmels willen, wenn man den Kindern keine guten Lehren geben soll, so laufen sie ja geraden Weges der Sünde in den Rachen, <108>und werden nichtsnutzige Rangen!“ Gemach, Ihr Unheilspropheten. Nichtsnutzige in eurem Sinne werden sie allerdings werden; aber Euer Sinn ist eben ein sehr nichtsnutziger Sinn. Die frechen Buben werden sich von Euch nichts mehr einschwatzen und vorgreinen lassen und kein Mitgefühl für all die Torheiten haben, für welche Ihr seit Menschengedenken schwärmt und faselt: sie werden das Erbrecht aufheben, d. h. sie werden Eure Dummheiten nicht erben wollen, wie Ihr sie von den Vätern geerbt habt; sie vertilgen die Erbsünde. Wenn Ihr ihnen befehlt: Beuge Dich vor dem Höchsten – so werden sie antworten: Wenn er Uns beugen will, so komme er selbst und tue es; Wir wenigstens wollen Uns nicht von freien Stücken beugen. Und wenn Ihr ihnen mit seinem Zorne und seinen Strafen droht, so werden sie’s nehmen, wie ein Drohen mit dem Wauwau. Glückt es Euch nicht mehr, ihnen Gespensterfurcht einzujagen, so ist die Herrschaft der Gespenster zu Ende, und die Ammenmärchen finden keinen – Glauben.
Und sind es nicht gerade wieder die Liberalen, die auf eine gute Erziehung und Verbesserung des Erziehungswesens dringen? Denn wie könnte auch ihr Liberalismus, ihre „Freiheit in den Grenzen des Gesetzes“ ohne Zucht zustande kommen? Erziehen sie auch nicht gerade zur Gottesfurcht, so fordern sie doch um so strenger Menschenfurcht, d.h. Furcht vor dem Menschen, und wecken durch Zucht die „Begeisterung für den wahrhaft menschlichen Beruf“. (Der Einzige und sein Eigentum, reclam, S. 88f)
„Positives Denken“ ist kein Denken. Ich glaube an das „ganzheitliche Denken“, das Denken an das Ganze
Mechanismus und Mystik
Wahrheit versus Haß
Die Wahrheit benutzt die Liebe als Vehikel
Über Moralismus
Ein guter Weg, um sicherzustellen, daß jemand niemals das tut, was man von ihm möchte, ist, ihn zu drängen, es zu tun
Sadismus und seine Verkleidungen
Verletzlichkeit, Glaube, Hoffnung, Vergebung, Genesung, Auferstehung, Flexibilität und die Fähigkeit, Wut und andere Abwehrmechanismen fahrenzulassen, sind miteinander verbundene Phänomene
Die Heil-Methode der Geistheilung ist etwas, das auf einem einfachen psychologischen Mechanismus beruht. „Eine genuine ‚Wunderheilung‘ bedeutet einfach, daß es sich dabei um eine Stimulierung biologischer Energie des autonomen Nervensystems gehandelt hatte“ (Myron Sharaf: „Die erste Orgonomische Konferenz auf Orgonon vom 30. August bis 3. September 1948“ Internationale Zeitschrift für Orgonomie I(1), April 1950, S. 36). Bereits in den 1920er Jahren finden sich ähnliche Aussagen Reichs, der sich damals intensiv mit Suggestion als Heilmethode auseinandersetzte!
Gemeinhin wird von „Geistheilern“ zu Beginn die unbedingte Überzeugung vermittelt, daß die Methode auf jeden Fall wirkt. Es heißt nicht etwa: „Versuchen wir es mal, vielleicht klappt es ja, aber dazu müssen Sie mitarbeiten“, sondern es wird der Eindruck vermittelt, daß es unfehlbar immer wirkt und so wird der Patient perfekt konditioniert. Sagt der „Patient“, daß er nicht an die Methode glauben würde und sich fürchte, sich unbewußt gegen die Heilung zu sperren und diese dergestalt vielleicht zu hintertreiben, antwortet der „Therapeut“: „Das macht gar nichts, die Methode wirkt unabhängig von Ihrer Einstellung.“ Dies, die Unterlaufung jedes Widerstandes, ist die perfekte Methode, einen Placebo-Effekt zu provozieren, d.h. die besagte Stimulierung des Körperorgons. Hinzu kommt das ganze Umfeld: mystisches Geraune und Geschichten über einen geheimnisvollen Wundermann im Hintergrund.
Als nächster Schritt wird dann der durch den Placebo-Effekt praktisch überzeugte „Patient“ langsam in die Gedankenwelt des Geistheilers hineingezogen, so daß es ein sich selbsterhaltender Prozeß wird, d.h. man ist schließlich auch dann davon überzeugt, wenn Effekte schließlich ausbleiben, was praktisch immer der Fall ist. Am Ende steht dann die finanzielle Ausbeutung, indem man in ein teures Kurssystem hineingezogen wird. Unterstützt wird dies dann auch noch durch eine hohe Ethik: „Ich nehme kein Geld für eine Behandlung, die auf reiner Liebe beruht.“ Wieder wird jeder Widerstand unterlaufen. Der Weg aus dieser Guru-Sekte ist unmöglich, denn erstens gibt es die positiven unleugbaren Anfangserfahrungen und zweitens wird sich niemand eingestehen, daß er soviel Lebenszeit und vor allem (trotz aller gegenteiligen Beteuerungen) Geld für solch einen offensichtlichen Quatsch verschwendet hat. So wird gerade die Absurdität des Systems zu einer seiner Hauptstützen.
Letztendlich darf man auch nicht vergessen, daß die Esoterik all das in perfekter Weise verspricht, wonach sich der Kleine Mann sehnt: übermenschliche „kosmische“ Bedeutung der eigenen Person und die anstrengungslose Lösung aller Probleme, aller Schmerzen und aller Unsicherheit.
Dabei möchte ich einen gewissen orgon-energetischen Effekt der „Spiritualität“ auf den Gläubigen nicht ganz von der Hand weisen: „Von Eduard Zeller erzählte Steiner die Anekdote, daß dieser noch als Neunzigjähriger in Berlin ‚mit ungeheurer Lebhaftigkeit‘ habe dozieren können, weil er, da nicht Materialist, nicht verkalkte, während ein siebzigjähriger Kollege, der nur Gedanken gehabt, ‚die im Materialismus drinnen stecken‘ Arterienverkalkung bekam“ (Friedrich Heyer: Anthroposophie – ein Stehen in höheren Welten?, Friedrich Bahn Verlag, Konstanz, 1993, S. 109).