Max Stirner geht es nicht um Egoismus, sondern um Einzigkeit, d.h. darum, vor allem die Kinder von jenen inneren Instanzen freizuhalten, die sie von sich selbst entfremden und es ihnen unmöglich machen situationsgerecht und rational zu denken und zu handeln. Das ist Aufklärung in Stirners Sinne, während es etwa Kant darum ging, diese inneren Instanzen, etwa „Pflicht und Gewissen“, vor dem Zugriff der Aufklärung zu schützen. Im Anschluß hat Hegel diese Okkupationsmacht des Inneren weiter ausgebaut. Daran hat Marx‘ materialistische Wende nichts geändert, sondern ganz im Gegenteil den Einzelnen vollends zu einem bloßen „Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse“ gemacht.
Woher wissen „aufgeklärte“ Intellektuelle praktisch instantan worum es bei L & S & R geht bzw. daß das gefährlich ist? Sie regen sich auf, als wenn es um ihre schiere Existenz geht! Es ist keine im eigentlichen Sinne intellektuelle Reaktion, sondern eine energetische. Wer das „Gewissen“, die „inneren Hierarchien“, das Über-Ich angreift – mit einem Wort den eigentlichen Kern der Panzerung (ihren psychologischen Sinn) – der stellt sich gegen das DOR, versucht es zu sequestrieren. Umgekehrt versucht das DOR das OR zu sequestrieren. (siehe dazu auch den morgigen Blogbeitrag!)
LSR ist dermaßen energetisch aufgeladen, daß man bei Annäherung einen elektrischen Schlag verpaßt bekommt. Und das meine ich nicht nur im übertragenen Sinne. Es geht um PHYSIKALISCHE Vorgänge, die mit psychologischen Inhalten verknüpft sind – der terrorartigen Furcht, die Menschen dazu treibt, frei pulsierende, erstrahlende Babys zu domestizieren, d.h. ihnen ein schlechtes Gewissen, ein schlechtes Körper- und Eigengefühl zu verpassen und ihnen „Werte zu vermitteln“. Dem Toten, d.h. dem Gepanzerten (DOR), ist das Lebendige (OR) unerträglich, ruft unerträgliche Sehnsüchte hervor und erinnert an verdeckte unerträgliche Schmerzen eines verpfuschten Lebens. Man nimmt Rache, folgt seinem Ressentiment – das den Gegnern von LSR tief ins Gesicht gegraben ist.
Homo normalis reagiert aus seinem DOR-Sumpft heraus niemals derartig emotional heftig mit übersteuerten Haßreaktionen auf einen Mann wie Hegel und dessen bekanntes Diktum: „Die Pädagogik ist die Kunst, die Menschen sittlich zu machen.“ Kultur ginge vor Natur und man müsse die Eigentümlichkeit des Kindes brechen:
…bestimmt sich das Recht der Eltern über die Willkür der Kinder durch den Zweck, sie in Zucht zu halten und zu erziehen. Der Zweck von Bestrafungen ist nicht die Gerechtigkeit als solche, sondern subjektiver, moralischer Natur, Abschreckung der noch in Natur befangenen Freiheit und Erhebung des Allgemeinen in ihr Bewußtsein und ihren Willen. (Grundlinien der Philosophie des Rechts)
Gegen diese „Erhebung des Allgemeinen“, d.h. gegen die Zerstörung der Eigenheit des Kindes, die Zerschlagung seiner Fähigkeit zur Selbstregulation, die Zerstörung seiner freien Pulsationsfähigkeit, die Kreuzigung seiner Lebendigkeit sind nur drei Männer aufgestanden und haben dafür einen hohen Preis bezahlt: LaMettrie, Stirner und Reich. Ihre Gegner waren Diderot, Marx und Freud, die jeweils im Namen der Aufklärung alles in ihrer Macht taten, damit alle zukünftigen Kinder von Geburt an weiterhin „vergesellschaftet“ werden und das mit immer perfideren und durchschlagenderen Methoden. Ihr letztendliches Ziel war das Ersticken jedweder Lebendigkeit, der Triumph des Todes, DOR.
[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]
Menschen werden von inneren (in der Kindheit verinnerlichten!) Hierarchien bestimmt und sehen entsprechend die Natur von „Hierarchien“ bestimmt, d.h. betrachten sie mechano-mystisch. Charles Konia schreibt:
Eine wichtige Manifestation der Ahnungslosigkeit der Menschen ist ihre Unfähigkeit zu erkennen, daß die Bereiche der Biologie und Soziologie funktionell, d.h. energetisch, funktionieren und daß aufgrund ihrer Panzerung ihre Wahrnehmungen verzerrt sind und ihre Fähigkeit beeinträchtigt ist, entsprechend der Funktionsweise der Natur zu denken. Stattdessen betrachten gepanzerte Menschen die Natur so, wie sie sich selbst erleben, mechanistisch und mystisch. (Clueless, S. 178)
LSR mag ein Konstrukt sein, aber Konstrukte haben es an sich entweder bald mit einem „substantiellen“ Inhalt gefüllt zu werden oder sich wieder in nichts aufzulösen. Das beste Beispiel ist Freuds Konstrukt „Libido“, das Reich „gefüllt“ hat. Womit wird nun das Konstrukt „LSR“ gefüllt? Für mich ist das „Secundum naturam“, wobei die „Natur“ etwas grundlegend anderes ist als das, was heute Philosophie und Naturwissenschaft als „Natur“ auffassen.
Im folgenden geht es mir in keinster Weise um Einsteins Physik oder gar um seine gesellschaftliche Weltanschauung, sondern um die grundsätzliche Sichtweise, die sich zum Beispiel in seiner Verachtung für Konventionen und darin zeigte, daß er Leute wie Reich und Velikovsky ernstnahm. Angesichts des folgenden Zitats war meine genauso spontane wie absonderliche Idee, daß es doch hätte sein können, daß Einstein in seiner Jungend von Stirner inspiriert wurde (er war 14 als die Reclam-Ausgabe von Der Einzige und sein Eigentum erschien).
Begriffe, welche sich bei der Ordnung der Dinge als nützlich erwiesen haben, erlangen über uns leicht eine solche Autorität, daß wir ihres irdischen Ursprungs vergessen und sie als unabänderliche Gegebenheiten hinnehmen. Sie werden dann zu „Denkgewohnheiten“, „Gegebenen a priori“ usw. gestempelt. Der Weg des wissenschaftlichen Fortschritts wird durch solche Irrtümer oft für lange Zeit ungangbar gemacht. Es ist deshalb durchaus keine müßige Spielerei, wenn wir darin geübt werden, die längst geläufigen Begriffe zu analysieren und zu zeigen, von welchen Umständen ihre Berechtigung und Brauchbarkeit abhängt, wie sie im einzelnen aus den Gegebenheiten der Erfahrung herausgewachsen sind. Dadurch wird ihre allzu große Autorität gebrochen. Sie werden entfernt, wenn sie sich nicht ordentlich legitimieren können, korrigiert, wenn ihre Zuordnung zu den gegebenen Dingen allzu nachlässig war, durch andere ersetzt, wenn sich ein neues System aufstellen läßt, das wir aus irgendwelchen Gründen vorziehen. (Albert Einstein: „Über Kottlers Abhandlung ‚Einsteins Äquivalenzhypothese und die Gravisation’“, Annalen der Physik 51:639-642, 1916)
Begriffe erlangen über uns leicht eine solche „überweltliche“ Autorität, daß wir ihren rein irdischen Ursprung vergessen und sie als unabänderliche Gegebenheiten hinnehmen, das von LSR bekämpfte Über-Ich.
Bernd Laska schrieb mir vor zwei Jahrzehnten zu dieser Stelle:
Daß Einstein (wie Stalin, Trotzki u.a. Jg. 1879) von Stirner gehört, ihn vielleicht sogar gelesen hat, ist nicht unwahrscheinlich, da dessen „Renaissance“ in seine jungen Jahre fiel. Vielleicht hat Stirner ihn auch inspiriert. Aber was er in obigem Zitat sagt, klingt fast wörtlich nach der Sprachkritik Mauthners und Landauers, die sogar nachweislich sich mit Stirner auseinandergesetzt haben, aber vor „LSR“ zurückgewichen sind (vgl. mein Ein dauerhafter Dissident).
Abschließend zu diesem Teil meiner Reflektionen möchte ich noch folgendes einwerfen: Marx, Freud, Einstein. Alle drei hat Reich angebetet – na jedenfalls den „Kern-Marx“ (lebendige Arbeitskraft), den „Kern-Freud“ (Libidotheorie), den „Kern-Einstein“ („funktionalistische Physik“). Reichs verdammter Vaterkomplex, der ihn nicht sehen ließ, daß sie im Kern gegen ihn waren. Ich glaube, daß Reich persönlich ein „Vater-Imago“ brauchte, um psychisch zu überleben. Aber daß die „Reichianer“ selbst das nachäffen…
[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]
Wenn man die großen Gegenspieler der LSR-Aufklärung Revue passieren läßt (also Leute wie Diderot, Voltaire, Rousseau, Marx, Nietzsche, Freud) haben diese Gegner ein gemeinsames Grundanliegen: das Lebendige (sei es die ganze Menschheit oder der Einzelne) muß erst durch eine harte Schule, in der die „Eigenheit“ gebrochen wird, um schließlich sekundär zu einem souveränen Individuum und zu einer rationalen „selbstgesteuerten“ Gesellschaft zu werden. Etwa so, wie ein Jazz-Musiker durch eine harte Schule muß, um schließlich frei Improvisieren zu können: auf dem Klavier „herumzuklimmpern“ wie ein Kind.
Demgegenüber haben LaMettrie, Stirner und Reich ein Urvertrauen in die eingeborene Rationalität des Lebendigen: das Prinzip Summerhill. Und genau diese „Naivität“, die ihm bei den „Feitelbergs und Bernfelds“ so viel Verachtung eingetragen hat, hat auch seine wissenschaftliche Herangehensweise geprägt: eine LSR-Welt, die den DMFianern Einstein und Feynman prinzipiell verschlossen blieb, obwohl sie Experten waren und Reich nur ein Laie.
Diese Barriere wird jetzt auch wieder ganz deutlich bei Reich-Kritikern, die allen möglichen esoterischen Unsinn schlucken, aber das Orgon mit Verachtung überhäufen. Es ist die gleiche Emotion, die L und S und R verfolgt hat.
DMF bricht die Menschen, um sie wahnwitzigerweise „freiheitsfähig“ zu machen, LSR beläßt sie freiheitsfähig. Die ersteren sind gegen, die letzteren für die Natur – was sich natürlich auch im jeweiligen naturwissenschaftlichen Ansatz niederschlägt. LSR tangiert die Haltung zur Natur!
Meines Wissens gab es nur vier Orgonomen zu Reichs Lebzeiten: die siamesischen Zwillinge, der Psychiater Elsworth F. Baker, ursprünglich Chef der Frauenabteilung eines psychiatrischen Krankenhauses in New Jersey, und dessen Mitarbeiter und enger Freund, der GYNÄKOLOGE Dr. Chester M. Raphael, sowie das Todespaar Wilhelm Reich und Michael Meyer Silvert! Der Rest war nur Füllmasse. In den 1950er Jahren wurden in Reichs Zeitschrift (Orgone Energy Bulletin und CORE) sowie in Bakers Zeitschrift (Medical Orgonomy) James A. Willie, Victor Sobey und die anderen M.D.s jeweils als „medical orgone therapist“ tituliert, der einzige Nichtmediziner, Ola Raknes, als „orgone therapist“ und beispielsweise Walter Hoppe als „medical director of the OIRL, Israel“. Ausschließlich Baker, Raphael und Silvert wurden offiziell jeweils als „medical orgonomist“ geführt.
Von daher ist es auch vollkommen lächerlich, daß Bakers Erklärung in Zweifel gezogen wird, Reich habe ihm gesagt, er solle sich von den Therapeuten trennen und die Orgonomie mit neuen Orgonomen neu aufbauen. Silvert starb kurz nach Reich und war aus anderen Gründen auch sonst vollkommen indiskutabel (u.a. mußte ihm Reich verbieten, weiterhin weibliche Patienten zu behandeln!), Raphael hatte überhaupt keine psychiatrische und psychoanalytische Ausbildung, so daß es zu Baker keine Alternative gab, zumal der sowieso seit 1949 von Reich beauftragt wurde, die Ausbildung zukünftiger psychiatrischer Orgontherapeuten zu übernehmen, da sich Reich ganz auf die Forschung konzentrieren wollte. Baker hat diese Aufgabe bruchlos bis zu seinem Tod 1985 fortgeführt.
Baker, zu Reichs Lebzeiten der unbestrittene Anführer der vor allem in New York und Umgebung konzentrierten Orgontherapeuten, wurden neben seiner angeblichen „Anmaßung“ die Orgonomie nach Reichs Tod weiterzuführen vor allem folgendes vorgeworfen:
Die „rechtskonservative Politisierung“ der Orgonomie. Tatsächlich war es so, daß alle Orgontherapeuten „New Yorker Demokraten“, also nach europäischem Verständnis „linksliberal“ waren, mit Ausnahme von Baker, dessen Freund Robert Ing Duvall und Silvert. Spätestens anläßlich der Wahl von Eisenhower 1952 zwang Reich allen Orgonomen diese konservative Haltung auf: die Orgonomie unterstützt die Republikaner!
Nachgiebigkeit gegenüber der FDA und Verzicht auf den Orgonenergie-Akkumulator. Am Ende gab es zwei Extrempositionen unter Reichs Anhängern: auf der einen Seite Silvert, der den Kurs einer fundamentalen Opposition gegen die FDA einschlug und dadurch letztendlich für Reichs Inhaftierung und frühen Tod verantwortlich zeitigte, und auf der anderen Seite Baker, dem Reichs gesamter Ansatz gegen den Strich ging, weil er Reichs persönliche Sicherheit und die Zukunft der Orgonomie in Gefahr sah. Heute ist das Problem weniger die FDA, als vielmehr die obligatorische und in Amerika extrem teure Arzthaftpflichtversicherung, die kaum ein Ausscheren aus der medizinischen Orthodoxie erlaubt.
Eine unangebrachte „Re-Psychoanalytisierung“ der medizinischen Orgonomie. Zu Reichs Lebzeiten erlebte die Psychoanalyse einen Triumph nach dem anderen und es zeichnete sich ab, daß sie in Zukunft die Psychiatrie dominieren würde. Reich stellte seine „Biologie“ dagegen. Doch bereits Mitte der 1950er Jahre zeichnete sich mit der Einführung der ersten wirklichen Psychopharmaka eine ganz andersgeartete „Biologisierung“ der Psychiatrie ab, die Bakers Ansatz merkwürdig janusköpfig dastehen läßt, denn einerseits wollte er mit seiner auffallend psychoanalytisch geprägten Begrifflichkeit sicherlich an den psychiatrischen Mainstream anknüpfen, wie er sich ihm noch Anfang der 1960er Jahre darstellte, als er sein Buch Der Mensch in der Falle verfaßte – und andererseits stellte er sich damit gegen einen verhängnisvollen Trend, der die „Psyche“ aus der Psychiatrie zunehmend verdrängte und den Menschen auf eine Art „biochemischen Roboter“ reduzierte.
Der Vorwurf der „Anmaßung“ ist, wenn man so sagen kann, „ahistorisch“ und die drei Kritikpunkte sind zwar nachvollziehbar, aber zielen ins Leere. Diese vier Aspekte werden von Bakers Konservatismus zusammengehalten – und zwar „Konservatismus“ in wirklich jedem Sinne des Wortes: Tradition, Erhaltung, Vorsicht, Realismus und Strenge:
Die Orgonomie ist in Wirklichkeit eine sehr puritanische Disziplin. Sie läßt natürlich nicht jeden, der nicht mit ihr einverstanden sind, als Hexe hängen. Sie stützt sich auf Naturgesetze und läßt, wie die Natur, diejenigen, die den Naturgesetzen nicht folgen, durch das bestrafen, was sie im Leben versäumen. Es gibt nur eine Ausnahme, und das ist die Verpflichtung, diejenigen aktiv zu bekämpfen, die die Rechte anderer beeinträchtigen. Die Grundprinzipien sind individuelle Rechte und individuelle Verantwortung. (Elsworth F. Baker: Fourth Annual President’s Address, July 6, 1972, Journal of Orgonomy, Elsworth F. Baker Commemorative Issue, February 1986, S. 65-69)
[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]
Gesellschaften sind keine Ansammlungen von Individuen, sondern Individuen sind „Destillate“ von Gesellschaften. Außerhalb der Gesellschaft können wir weder physisch noch psychisch überleben. Das sieht man etwa daran, daß, wenn wir uns auf uns selbst zurückziehen, um „In-Dividuen“ zu werden, wir uns psychisch aufteilen, d.h. mit Selbstgesprächen anfangen und schließlich dem Irrsinn verfallen, weil unser Gehirn eine „Ersatzgesellschaft“ in unserem Inneren erzeugt. Das bedeutet, daß das Individuum durch und durch und durch „gesellschaftlich“ ist, einfach weil das Bewußtsein an sich und von seinem Inhalt her (Sprache) ein gesellschaftliches Phänomen ist, kein individuelles. Der Rest am „Individuum“ ist Natur.
Wenn sich ein Individuum gegen seine Gesellschaft „empört“, dann deshalb, weil das Individuum nicht nur ein „Destillat der Gesellschaft“, sondern auch ein Naturwesen ist. Imgrunde empört sich also nicht das Individuum, sondern die Natur bricht in die Kultur ein. Was solange geschieht bis Natur und Gesellschaft harmonieren. Das Individuum ist nur ein bloßes Schlachtfeld „höherer“ Mächte. Die Mystiker haben auf ihre verquere Weise also gar nicht so unrecht.
Das irrationale Über-Ich steht für ein Mehr. Es sind nicht nur „fremde Stimmen“, die dem Kind präkognitiv eingetrichtert wurden: es ist auch das, was den gepanzerten Organismus noch überhaupt irgendwie zusammenhält (eine geordnete und deshalb „rationale“ Panzerung) und es steht für „Gott“. Und zwar nicht nur für den „Gott“=Über-Ich, den der frühe Reich ausmerzen wollte (Kirche als Hauptfeind der Sexualökonomie), sondern für den gepanzerten Menschen ist es gleichzeitig auch eine Verbindung zu jenem „Gott“ auf den Reich stieß, als er den Mystizismus ernstnahm: die entstellte Wahrnehmung der Kernimpulse, die vom Panzer eingeschlossen werden. Und schließlich hat das irrationale Über-Ich eine gesellschaftliche Funktion: es sorgt dafür, daß die Menschen „selbstgesteuert“ funktionieren können. Und hier sind wieder zwei Aspekte zu unterscheiden: Es ist der „Polizist im Kopf“, der es uns erspart, hinter jeden gepanzerten Menschen einen Polizisten zu stellen, um dessen asoziales Verhalten zu kontrollieren. Das irrationale Über-Ich ist gleichzeitig aber auch eine beständige Erinnerung an rationales, „arbeitsdemokratisches“, „genitales“, selbstverantwortliches Verhalten aus dem Kern heraus.
Praktisch sieht das so aus, das über-ich-gesteuerte Menschen verhältnismäßig „autonom“ leben können, während „Anarchisten“ von außen gesteuert werden müssen (und in ihrer reaktiven Rebellion auf verquere Weise auch außengesteuert sind…). Man betrachte etwa die Entwicklung der jüdisch-christlichen-islamischen Religion aus den alten orientalischen Religionen. Imgrunde geht es da immer um ein und dieselbe Geschichte: Kulturheroen/Götter/Gott rettet die geordnete negentropische Welt von den entropischen Chaosmächten. Darum dreht sich unsere Kultur seit 6000 Jahren. Negentropische Ordnung gegen entropisches Chaos. Law and Order gegen die Gesetzlosigkeit. Die Hoffnung, es doch irgendwie hinzukriegen, gegen das anarchistische Gesindel.
[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]
Wenn man den Glauben der Menschen angreift, ihre Moral, ihr Über-Ich, ist es, als würde man ihren ureigensten Wesenskern attackieren. Und tatsächlich ist es auf eine ungute, tragische, perverse Weise so, daß das religiöse Irrationale nicht nur „fixe Ideen“ sind, sondern sich bioenergetische Gegebenheiten dahinter verbergen. Das ist so, weil das irrationale Über-Ich, das berühmte „Gewissen“, das über allem steht und für das wir bereitwillig in den Tod gehen, für den vermeintlich „eigenen Wesenskern“ steht, den freilich die meisten Menschen später für ihren ureigenen halten, d.h. etwa der Katholik hält sich sozusagen für einen „geborenen Katholiken“! Gemeinhin spricht man vom „höheren Selbst“, sozusagen das „Über-Ich“, wenn man von dem spricht, was wir als „bioenergetischen Kern“ bezeichnen. Kriegsdienstverweigerer haben sich beispielsweise darauf berufen.
Es ist fatal, diese Verwechslung des „Glaubens“ mit dem Ureigenen durch „Aufklärung“ einfach vom Tisch wischen zu wollen, d.h. die „Gewissensnot“ nicht ernst zu nehmen. Es geht ums Eingemachte, so daß, wenn denn die „Aufklärung“ überhaupt funktioniert, es allenfalls zu einer Verlagerung kommen wird. Wie Stirner so schön sagte: unsere angeblichen Atheisten sind doch nur Pfaffen, nur daß sie jetzt „die Menschheit“ oder „die Humanität“ anbeten. Und dieses Festklammern an einen Ersatzkontakt ist nicht einfach „irrational“, sondern hat eine verquere Rationalität – denn letztendlich verteidigt man sein vermeintlich Eigenes. Man lebt zwar ein gebeuteltes, verpanzertes Leben, aber es wird lebenswert, indem man für „sein“ Vaterland, „seine“ Religion, „seine“ Überzeugungen etc. streitet. Wie Reich in Äther, Gott und Teufel darlegte, muß sich der durch die Panzerung „bewegungsängstlich“ gewordene Mensch („Orgasmusangst“) an etwas Absolutes festklammern.
Waren für den Konservativen das Absolute, Gott, Natur, Volk etc., der das Individuum und seine Eigenheit geopfert werden, sind es für den Liberalen Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Wir haben nach Stirner:
den politischen Liberalismus (Freiheit): Erzeugung „freier Völker“ durch Knechtung des Einzelnen unter die Staatsidee;
den sozialen Liberalismus (Gleichheit): Erzwingung der „Gerechtigkeit“ dadurch, daß allen das Eigentum genommen wird und alle „gleiche Lumpe“ werden; und
den humanen Liberalismus (Brüderlichkeit): der die „Menschlichkeit“ erzeugt, indem er alles Individuelle negiert.
Dieser Schwachsinn funktioniert, weil die Menschen auf dem Weg in die Versklavung vermeinen, sie würden für sich selbst eintreten, wenn sie fanatisch für die Götzen „Freiheit“, „Gleichheit“ und „Brüderlichkeit“ eintreten. Es geht um das Geheimnis der Religion – der Rückbindung an das eigene Selbst.
Linke haben keinen Kontakt zum bioenergetischen Kern, was für uns alle absolut verheerende Folgen hat, denn das bedeutet, daß sie „Erlösung und Vergebung“ nur in der Außenwelt finden. Unsereins findet das bei „Gott“ bzw. in der Natur, sie nur in der „Gesellschaft“. Wir Konservativen ruhen in uns selbst und sind folglich vollkommen zufrieden, wenn man uns schlichtweg in Ruhe läßt, sie hingegen müssen stets irgendwelche „Mißstände“ geraderichten und uns dabei gewaltig auf die Nerven gehen. Nutzlose Zecken!
Das Schlimme ist, daß sie niemals „zufrieden“ sind, d.h. je mehr vermeintlichen Erfolg sie bei ihrer Zersetzungsarbeit haben, desto unruhiger und hysterischer werden sie. Und das aus drei Gründen:
Ihre vollkommen kontaktlosen „Programme“ führen stets dazu, daß, damit nicht alles kollabiert, schließlich doch immer wieder die Stimme der Vernunft zum Zuge kommt. Das interpretieren die Linken folgerichtig als „Roll Back“, die Rückkehr der Reaktion, als Argument, daß sie von vornherein nicht radikal genug vorgegangen sind, etc. Ergebnis ist dann, daß dieses Ungeziefer seine Zersetzungsarbeit noch weiter intensiviert und dabei immer fanatischer und unmenschlicher wird. Es kommt zu noch schlimmeren Rückschlägen und immer so weiter auf dem Weg in die Hölle auf Erden.
Ganz in Stalinistischer Tradition gehen sie davon aus, daß all die Mißerfolge ihrer irrwitzigen Unternehmungen darauf zurückzuführen sind, daß der „Klassengegner“ kurz vor seinem Untergang den Klassenkampf aufs äußerste intensiviert und „Sabotageakte“ durchführt. Die Linken können 99% des öffentlichen Lebens kontrollieren, doch trotzdem haben sie subjektiv das paranoide Empfinden, „die Nazis“ würden alle Fäden ziehen und knapp vor der offenen Machtübernahme stehen. Dabei schlagen die Linken derartig blind um sich, das sogar die eigenen Genossen zu Opfern werden. Das ist logische Folge davon, daß die Linken, da „hohl“ (ohne bioenergetischen Kern), prinzipiell nicht befriedigbar sind. Sie vertreten sozusagen „den Todestrieb in der Geschichte“! Dabei hat dieser ganze „Klassenkampf“ bzw. der „antifaschistisch Kampf“ nichts, aber auch rein gar nichts mit der Realität zu tun. Wie bei den Moskauer Schauprozessen ist das ganze nur ein freischwebendes Wahngebilde.
Sie sind derartig voll religiöser Inbrunst und so von der Richtigkeit ihrer alternativlosen Sache überzeugt, daß sie (im krassen Widerspruch zu Punkt 2) gar nicht mit wirklichem Widerstand rechnen. Kommt dieser schließlich doch, wenn auch spät, von Seiten der Konservativen, die wirklich einfach nur ihre Ruhe haben wollen, sind die Linken vollkommen entsetzt und verstehen die Welt nicht mehr. Linke sind nicht wirklich von dieser Welt und rechnen einfach nicht damit, daß jede Aktion über kurz oder lang zu einer Reaktion führt – und daß selbst Konservativen irgendwann mal der Geduldsfaden reißt. Linke können das nur mit „Haß“ (emotional aufgeladener Unvernunft) erklären, d.h. nicht sie, sondern wir sind die Irren! Nicht sie sind hoffungslos biologisch degeneriert, sondern wir. Ein klassischer Fall von Projektion! Am liebsten würden sie uns mit Stumpf und Stiel ausrotten – und das sagen sie auch ganz offen – in ihrem Kampf gegen den Haß…