Der (verzögerte) Einzug des Todesengels mit den bösen Augen in das oberste Gericht Deutschlands ist ein passendes Beispiel: oberflächlich geht es um Sexualökonomie (Schwangerschaftsabbruch), Rationalität (der Staat als Speerspitze der Wissenschaft gegen die irrationalen Impfverweigerer) und Antifaschismus (Verbot der „Nazis“); Dinge, in denen sich die meisten „Reichianer“ suhlen wie Schweine im Dreck, doch tatsächlich geht es ihnen um die Herrschaft einer „Platonischen“ Elite von vermeintlich Aufgeklärten, d.h. um blanken Roten Faschismus. Das sieht man auch an der zweiten Kandidatin der Kommunistischen Partei Deutschlands (der sogenannten „SPD“), bei der sich alles um die „Klimarettung“, Kollektivismus und um Enteignung („Ent-Eignung“) dreht, d.h. um das Ende von Demokratie und Arbeitsdemokratie, da, wie einst in der Sowjetunion, alles von den Vorgaben der Klimadiktatur bestimmt werden soll. Im übrigen: man schaue sich diese Gestalten an und lasse nicht nur ihre mörderischen Worte, sondern vor allem ihren mörderische Ausstrahlung auf einen wirken!
Es gibt Leute, deren gesamtes „Reichianertum“ um diese linke Agenda kreist und die sich gar nicht wieder einkriegen können in ihrer Begeisterung für derartige „antifaschistische“ Helden. Sie Feiern sogar „den Geist des Tages der Bastille“ vom kommenden 14. Juli und setzen die blutige Französische Revolution, diesem mörderische Ausbruch der Emotionellen Pest, implizit mit der „inneren Revolution“ gleich, die die Orgonomie durch Therapie, vor allem aber durch Prophylaxe erreichen will. Dabei sondern diese Leute ständig „Reichianische“ Doktrin ab, von der Funktion des Orgasmus bis zur Entdeckung des Orgons, vom orgonomischen Funktionalismus bis zu ORANUR und CORE, – nur ein Element ist auffällig unterbelichtet; jenes Element, um das sich beim NACHRICHTENBRIEF wirklich alles dreht: die Rolle von Schuld und Scham.
Die gesamte von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (CDU/CSU/SPD/Grüne/Linke) und den von ihr zu 99% kontrollierten Medien und der gleichgeschalteten „Wissenschaft“ propagierte Agenda dreht sich einzig und allein darum dir Schuldgefühe aufzuoktroyieren, weil du für DEINE Tradition, DEINE Interessen, DEIN Eigentum, kurz für DICH eintrittst. Der Schuldkult ist universell: „deutsche Schuld“, Kolonialismus, Rassismus, Sexismus, Spezieismus, Klassismus, Weißismus, Leckmichamarschduverdammterblöderlinkerwichserismus etc. und wird dir 24 Stunden, Baerbocksche 560 Tage im Jahr eingebleut, bis du dich nicht mehr traust, auch nur piep zu sagen. Tust du es trotzdem, klingeln morgens um 6 Uhr die Schergen der BRD-Stasi und beschlagnahmen deine elektronischen Geräte. Hausdurchsuchungen sind das wuchtigste Schwert der Justiz und nur Kapitalverbrechen vorbehalten! Allein daran sieht man die Prioritäten dieses Regimes. Den rotfaschistischen Staat erkennt man immer daran, daß Verbrecher wie „klassennahe Elemente“ gehätschelt und „Dissidenten“ wie Schwerstkriminelle behandelt werden.
Hinzu kommt die Durchsetzung der sozialen Scham, die natürlich letztendlich immer genitale Scham ist. Es ist kein Problem für dieses Unrechtsregime, wenn Islamisten das Kalifat auf deutschem Boden ausrufen und mit ihren schwarzweißen Fahnen durch die Städte ziehen, aber jedes überalterte Grüppchen von „Reichsbürgern“ wird von ihren Rollatoren gerissen und erfährt die volle Härte der Staatswillkür. Bei entsprechenden Demos von Rechten werden schwarzweißrote Fahnen verboten, wie erst vor einer Woche in Münster geschehen. Du mußt ja schon mit Problemen rechnen, wenn du die schwarzrotgoldenen Farben des Heiligen Reiches Deutscher Nation zeigst! In England werden Massengebete von Mohammedanern, die den Verkehr ganzer Stadtteile lahmlegen, mit einem wohlwollenden Lächeln toleriert, während stille (!) Gebete von einzelnen Christen vor Abtreibungskliniken konsequent verfolgt werden und sie ins Gefängnis bringen können. Mit anderen Worten: die einen dürfen auf der Straße ungeniert ihre Notdurft verrichten, während du dich voller Scham verstecken mußt, wenn du dir mit einem Taschentuch nur die Nase putzen willst!
Das ist der Terror der rotfaschistischen Todesengel, die im 20. Jahrhundert 100 000 000 Menschen ermordet haben und deren Blutdurst noch nicht mal annähernd gestillt ist. Ihre Waffen sind seit Rousseau und der Französischen Revolution, seit Marx und der Russischen Revolution und seit Freud und der modernen „freudo-marxistischen“ Unkultur der Schuldkult und die öffentliche Beschämung und Erniedrigung. Die einzige, die EINZIGE, Antwort ist – LSR, die systematische Freilegung und langfristige Beseitigung der individuellen und gesellschaftlichen Panzerung. Liquidar Super-Ego Radicalmente! Julien Offray de La Mettrie! Max Stirner! Wilhelm Reich!
Zum Abschluß noch zwei Punkte:
Die besagten „Reichianer“ erinnern mich an die Christen, die mit Versatzstücken aus dem Neuen Testament, mit „Liebe“ und „Gericht“, nur so um sich werfen, aber vom Kern von „Leben und Lehre Jesu“, wie er von Reich in Christusmord erstmals offengelegt wurde, nicht den blassesten Schimmer haben.
Elsworth F. Baker hat gesagt, daß er als Orgontherapeut an einer entscheidenden Stelle versagt hat, wenn bei Abschluß der Therapie aus einem Liberalen kein Konservativer geworden ist. Die Panzerung (das Über-Ich) ist nicht wirklich besiegt, solange genitale Schuld und Scham, die beim liberalen Charakter wirklich alles bestimmen und wegen seiner sozialen Dominanz die Gesellschaft als ganzes zerstören, nicht restlos ausgemerzt worden sind und stattdessen LaMettries „tugendhafte Lust“ das Leben zu 100% bestimmt.
Die einzige wirkliche Alternative zum Faschismus ist die Arbeitsdemokratie, die den bioenergetischen Kern auf unverzerrte Weise gesellschaftlich repräsentiert. Reich entwickelte das Konzept der „Arbeitsdemokratie“ zwischen 1937 und 1942. In dieser Zeit trennte er sich langsam vom Sozialismus und auch vom Marxismus. Was Arbeitsdemokratie wirklich bedeutet, kann man deshalb am ehesten aus seiner Bewältigung der Marxistischen Ideologie ablesen. Betrachten wir zunächst das, was bei Marx als „Produktivkräfte“ bezeichnet wird. Dazu gehören neben der Hardware (Rohstoffe, Gebäude, Maschinen) insbesondere auch Wissen, Organisationsformen, Fertigkeiten etc. Wenn diese einen gewissen Stand erreicht hätten, würden sie, so Marx, die „Produktionsverhältnisse“ sprengen, weil diese die Produktivkräfte nur noch behindern. Dazu gehören insbesondere die „Eigentumsverhältnisse“, d.h. die Frage wem die Produktionsmittel gehören: den Kapitalisten, Kooperativen, dem Staat, der Gesellschaft. Revolution!
Reich betrachtete das zunehmend als „sozialistische Phraseologie“, d.h. für ihn sind die Produktivkräfte in erster Linie nicht Rohstoffe, Gebäude, Fähigkeiten des Arbeiters usw., sondern sie sind konkret gegeben in den miteinander organisch verwobenen Arbeitsprozessen, weshalb die Produktionsverhältnisse nur dann durch die Produktivkräfte „gesprengt“ werden können, wenn sich der Arbeiter dieses Abhängigkeitsgewebes bewußt wird und wie die gegebene Eigentumsform ihn und die anderen Arbeiter in seiner bzw. ihrer gemeinsamen Arbeit behindert. Man denke nur an Bürokratie und Dreinreden aufgrund von Standesdünkel. Arbeitsdemokratie bedeutet also im Wesentlichen Produktivkräfte oder besser gesagt, Reichs Interpretation von „Produktivkräfte“. Sie bedeutet nicht, wie die Gesellschaft organisiert ist (Produktionsverhältnisse), sondern wie der Arbeitsprozeß selbst funktioniert und wie es um das Bewußtsein der Arbeiter bestellt ist. Reich: „An die Stelle des Wortes ‚Klassenbewußtsein‘ tritt das Wort ‚Fachbewußtsein‘ oder ’soziale Verantwortlichkeit’“ (Massenpsychologie des Faschismus).
Wenn die Arbeiter sich ihrer sozialen Verantwortung bewußt werden, wird sich die Gesellschaft automatisch im Einklang mit der Arbeitsdemokratie verändern. In diesem Sinne kann „Arbeitsdemokratie“ nicht etabliert werden, so wie der menschliche Organismus nicht „etabliert“ werden kann – aber wir verändern unsere Umwelt, wenn wir mit den Bedürfnissen unseres Organismus in Berührung kommen und damit sozusagen „Organismusbewußtsein“ erlangen.
Ein zweiter Traditionsstrang, aus dem sich das Konzept „Arbeitsdemokratie“ entwickelt hat, war die Psychoanalyse. Der „Freudo-Marxist“ Helmut Dahmer hat versucht, die „freie Assoziation in der psychoanalytischen Sitzung“ mit der „freien Assoziation der Arbeiter“ in der Marxistischen Theorie in Zusammenhang zu bringen – und damit implizit mit der Arbeitsdemokratie. Das Gegenteil ist der Fall! Holen wir dazu etwas weiter aus:
Sozialistische Phraseologen wie Dahmer versuchen stets, alles mit allem zu verknüpfen bzw. unterschiedslos, d.h. kontaktlos einem großen Schema einzuordnen. Sie haben „gesellschaftliche Visionen“ über vermeintlich ideale Produktionsverhältnisse, während im alltäglichen Leben der Arbeiter jeweils ein konkretes Problem nach dem anderen auf angemessene Weise individuell und kontextgerecht angehen muß. Das konkrete Leben zwingt die Menschen dazu auf funktionelle Weise an ihre Aufgaben heranzugehen, d.h. auf organische Weise „eine Aufgabe nach der anderen zu erledigen“. Bevor ich die Torte belege, muß ich zunächst den Mürbeteig gebacken haben!
Der sozialistische Phraseologe nimmt auf konkrete Arbeitsabläufe und ihre funktionellen Zwänge jedoch keine Rücksicht. Dieser Gegensatz zeigte sich schon bei der klassischen Psychoanalyse mit ihrer „freien Assoziation“. Das Material, das der Patient präsentierte, wurde so willkürlich interpretiert, wie es vermeintlich „unwillkürlich“ auftauchte und entsprechend endete die Therapie immer wieder in einer, wie Reich monierte, „chaotischen Situation“. Stichwort „Ausweichen vor dem Wesentlichen“. Als Reich im Wiener Technischen Seminar die wilde Psychoanalyse in eine geordnete Charakteranalyse umwandelte, bedeutete das, daß sich jede Sitzung nur mit einem einzigen eindeutigen Problem beschäftigte und sich durch die Aufeinanderfolge aller Sitzungen ein „roter Faden“ zog.
In gewisser Weise ist die Arbeitsdemokratie, das Konzentrieren auf das Wesentliche, in diesem Sinne eine „Charakteranalyse“, während die ideologische Politik eine chaotische „Psychoanalyse“ ist, bei der es um alles Mögliche geht, nur nicht um Liebe, Arbeit und Wissen. Reichs charakteranalytisches und arbeitsdemokratisches Vorgehen zielt darauf ab, daß in einem natürlichen „Flow“ das eine das andere gibt, so wie im Handwerk ein Handschlag logisch aus dem anderen folgt, während Freuds Herangehensweise (frei von politischen Konnotationen!) der besagten „sozialistischen Phraseologie“ entspricht. Es ist von daher kein Wunder, daß Marxisten und Psychoanalytiker gleichermaßen Reichs Todfeinde waren. Sie sind es bis heute, egal ob sie sich bzw. gerade wenn sie sich auf Reich berufen oder sich in seiner „progressiven“ Tradition sehen.
Was ist Arbeit? Mechanische Arbeit bedeutet eine austauschbare Biene in einem Bienenstock zu sein, die blindlings nach einem Masterplan schuftet (Mechano-Mystizismus). Funktionelle Arbeit bedeutet, daß man seine einzigartige Vision und seine einzigartigen Fähigkeiten zum Ausdruck bringt.
Was sind Sex und Liebe? Seelenloser Sex bedeutet, eine schöne Frau zu ficken (Mechanismus). Sie ist schön, weil sie dem platonischen Urbild entspricht (Mystik). Liebe bedeutet, Kontakt mit einem einzigartigen Individuum zu haben (Kontakt mit ihrer einzigartigen Essenz als Person, ihrer Seele). Genitalität ist das Zusammenfließen von Sex und Liebe.
Gegen allen äußeren Anschein ist der Marxismus ein Angriff auf die Arbeitsfunktion, da diese von Marx letztendlich mit Entfremdung gleichgesetzt wird. Ziel ist die Muße im Schlaraffenland. Die Psychoanalyse ist ein Angriff auf die Sexualfunktion, denn nach Freud ist Kultur Ausfluß des Triebverzichts.
Diese beiden Formulierungen klingen nur oberflächlich gleich. Der Sozialismus verschleudert das Kapital in der Gegenwart („Sozialleistungen“, Geld für die Muße) und akkumuliert allenfalls „Sondervermögen“, während der Kapitalismus Kapital für die Zukunft aufbaut. Im Bereich des Sex ist es umgekehrt: die orgastische Potenz entlädt sich in der Gegenwart, um in der Zukunft mehr Ladung zu haben (der entspannte Organismus kann sich ausdehnen), während die orgastische Impotenz Ladung „für die Zukunft“ aufspart – was langfristig zur psychischen Resignation und bioenergetischen Schrumpfung führt.
Die „biologischen Fehlkalkulationen“ von Marx und Freud waren zwar jeweils Fehlkalkulationen, aber sozusagen „gegenläufig“, gemäß der unterschiedlichen Natur von Arbeit (Aufbau von Spannung) und Sex (Abbau von Spannung).
Das erstere wurde von Marx ins Gegenteil verkehrt, das letztere von Freud. Verkompliziert wird das ganze dadurch, daß Marx‘ ideologische Fassade „die Befreiung der lebendigen Arbeitskraft von der Unterdrückung durch das tote Kapital“ war, Freuds Oberfläche war die Befreiung der Libido von der Kathexis = Auflösung der Panzerung. Kein Wunder, daß Reich eine Zeitlang eine Art Freudo-Marxist war, d.h. einer gigantischen Lüge aufsaß!
Reich ist es nicht immer leichtgefallen eindeutig zu sein. Er neigte zu unbefriedigenden Kompromissen. Das fängt schon mit der Edition seiner europäischen Bücher an, die er in Amerika neu herausgab. Einerseits stand er zu seinen psychoanalytischen und Marxistischen Einsichten und wollte seine intellektuelle Entwicklung wirklichkeitsgetreu dokumentiert wissen, andererseits schrieb er seine alten Schriften so um, daß es seinen neusten Erkenntnissen und Haltungen entsprach. Resultat sind merkwürdige Hybride, die man „so oder so“ lesen kann.
Reich läßt sich so interpretieren, daß die psychoanalytische Begrifflichkeit (libidinöse Entwicklungsstufen, psychische Struktur, der Ödipuskomplex, die Rolle der Übertragung, etc.) noch immer aktuelle Bedeutung haben, oder so, daß sie allenfalls von geschichtlichem Interesse sind. Darauf basiert beispielsweise der Streit zwischen den beiden wichtigsten medizinischen Orgonomen zu Reichs Zeit: Elsworth F. Baker (Man in the Trap) und Chester M. Raphael (Wilhelm Reich: Misconstrued-Misesteemed).
Ähnlich ist es mit dem Einfluß von Marx auf Reich bestellt: manche ernsthafte Wissenschaftler können es angesichts von Reichs Schriften schlichtweg nicht nachvollziehen, wie die überwiegende Mehrzahl der Orgonomen es fertigbringt, nicht nur Marx links liegen zu lassen, sondern auch jede Marxistische Analyse als „pestilent“ anzugreifen.
Diese teilweise geradezu tragikomischen Diskrepanzen sind damit erklärbar, daß Reich unterschiedlichen Menschen je nach gegebener Situation unterschiedliche Signale vermittelte. Beispielsweise war Baker einer der wenigen Orgonomen, wenn ich es richtig überblicke abgesehen von Ola Raknes sogar der einzige Orgonom, mit einer abgeschlossenen psychoanalytischen Ausbildung. Auch war er von Reich dafür ausersehen, dessen frühe psychoanalytische Beiträge in Amerika neu herauszugeben. Entsprechend wird Reich Baker ein ganz anders gefärbtes Bild der Orgontherapie vermittelt haben als etwa dem nur oberflächlich in Psychoanalyse ausgebildeten Gynäkologen Raphael.
Ähnlich ist die Sache mit Marx bestellt: Baker war, neben Michael Silvert, zu Reichs Zeiten der einzige Orgonom, der politisch rechts stand, alle anderen waren linksliberal. Es liegen Briefe von Reich an Baker vor, in denen er besorgt nachfragt, ob angesichts von Veröffentlichungen wie People in Trouble ihr Verhältnis gefährdet sei. Immer wieder bekundete Reich gegenüber Baker, aber auch gegenüber übereifrigen Linken unter seinen Anhängern, daß Marx für die heutige Zeit jede Bedeutung verloren habe. Geradezu gegensätzlich äußerte er sich gegenüber Victor Sobey, dem einzigen Orgonomen, der aus der Arbeiterklasse hervorgegangen war. Noch 1957 sagte er Sobey, daß er, Reich, noch immer ein „Marxist“ sei. Eine Erklärung, die angesichts von People in Trouble glaubwürdig ist, auch wenn die Schüler Bakers sagen, daß Reich sich niemals derartig geäußert haben könne.
Wie mit all dem umgehen? So wie Reich damit umgegangen ist! Es hängt immer von den Zusammenhängen ab! Heute werden Psychologen und Psychiater kaum bis gar nicht mehr in Psychoanalyse ausgebildet. Man begegnet Psychiatern, selbst Diplompsychologen, die selbst an psychoanalytischen Grundbegriffen scheitern! Entsprechend ist der Bezug auf eine psychoanalytische Begrifflichkeit heutzutage geradezu ein revolutionärer Akt. Hinzu kommt, daß die Psychoanalyse die praktische Arbeit ungemein erleichtert: wenn etwa die klassische charakteranalytische und biophysische Vorgehensweise im Sande verläuft, kann man beispielsweise mit dem Gegensatz von Über-Ich und Ichideal arbeiten, wie Reich es bereits 1925 in Der triebhafte Charakter beschrieben hat (siehe dazu die Ausführungen von Robert A. Harman: „Clinical Applications of Reich’s Work with Impulsive Characters: The Ego, Ego-Ideal, Superego and the Id”, Journal of Orgonomy, 46,1, Spring/Summer 2012).
Was hingegen Marx betrifft, hat seine Begrifflichkeit heutzutage eine Hegemoniestellung, die es praktisch unmöglich macht öffentlich bio-soziologisch zu argumentieren, d.h. von der bio-physischen Struktur des Menschen her.
[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]
Was hat Reich an der Psychoanalyse kritisiert? Es war wohl das „polymorph-perverse“ Lebensgefühl, das in ihr zum Ausdruck kommt, was ihn von Anfang an abgestoßen hat. Dagegen hat er seine Orgasmustheorie gesetzt, ist auf Schweigen und Ablehnung gestoßen, wollte sie dann nach der Formulierung der Orgasmusformel durch die bioelektrischen Experimente und Bione untermauern, entdeckte in Folge das Orgon.
Am klarsten kommt der Bruch gegenüber Freud und Konsorten wohl in der Haltung zum Kind, zur Kindererziehung zum Ausdruck. Schon in den beiden Artikeln „Eltern als Erzieher“ und im Artikel über „Nackterziehung“ etc. Es ging darum, daß der Mensch kein polymorph-perverses sadomasochistisches Tier ist, das man nicht sich selbst überlassen könne und deshalb von außen steuern müsse, sondern sein eigentliches Wesen ist die Rationalität– die Grundlage der Selbststeuerung.
Für Reich war das Kind ein Teil unverdorbener Natur. Für Freud war es ein phylogenetisch vorbelastetes unberechenbar irrationales Triebbündel, das von den Schweinereien der Evolution gezeichnet war. Freud hatte seine eigene, eine materialistische Version der Erbsünde! In der Krippe lauerte der grausame Urwald auf die bedauernswerten Eltern. Das Untier mußte domestiziert, zivilisiert, das Recht durchgesetzt werden.
Was kritisieren „Menschen- und Freiheitsfreunde“ an Stirner? Imgrunde, daß Stirner nicht das Recht durchsetzen will, sondern der Willkür freien Raum läßt. Für sie sind Menschen von Natur aus falsch gepolt. Deshalb darf man sich nicht gehenlassen. Weder Marx noch Freud vertrauten dem freien Spiel der Kräfte. Das „freie Assoziieren“ diente beiden nur einem Ziel: die Verurteilung. Es ist kein Zufall, daß kommunistische Gesellschaften, die „freien Assoziationen“, ihren höchsten Ausdruck stets in Versammlungen fanden, bei denen sich der Einzelne selbst verurteilte. Am bekanntesten sind die „Moskauer Prozesse“, doch die heutigen Orgien der Selbstanklage („Ich tue nicht genug für das Klima!“) sind genau dasselbe. Der einzige Unterschied ist vielleicht, daß heute in einem verqueren „Freudo-Marxismus“ Marx und Freud vereinigt sind. Man denke nur an Veganer und Genderbewegte, die ihre „fleischlichen“ Genüsse mit Verweis auf die „Klimagerechtigkeit“ verdammen.
Es sagt alles über den Zustand unserer verachtenswerten „Kultur“, daß DeSade bei den „Aufgeklärten“ immer beliebter war als LaMettrie. DeSade, der pornographische Schmierfink, wird sogar zunehmend zu der Schlüsselfigur der Aufklärung hochgejubelt. LaMettrie wird zum inkonsequenten blassen Vorläufer. Doch was zeichnet DeSade aus, wenn nicht das „konsequente“ Zuendedenken, dessen, was, gemäß dem katholischen Katechismus, geschehen würde, wenn Moral und Ethik, das Über-Ich, wegbrechen würde? Tatsächlich ist er ein zutiefst katholischer Schriftsteller:
Ähnlich ist das Verhältnis von Stirner und Nietzsche. Der letztere feierte stets genau das, was Stirner als den einen Unglücksfaktor bloßgelegt hatte: die „Zucht“, das Züchtigen, das Überwinden des Menschentiers, das Abpanzern. Aus den gequälten und gemarterten Kindern, wie Nietzsche eines war, sollte ab und an etwas entstehen, was die Apotheose des Lebens sei – und all der verquaste Nietzsche’sche Bombast, in dem unsere verkorksten „Intellektuellen“ sich suhlen wie Schweine in der Gülle.
Beide, De Sade und Nietzsche, flossen schließlich im „Überwinder“ Reichs zusammen, der nicht von ungefähr um Potenzen mehr Einfluß auf die 68er und das Grüne Gesindel hatte, als jemals Reich: der „Freudo-Marxist“ Herbert Marcuse, der sich streng gegen jeden „Revisionismus“ sowohl im Marxismus (Stichwort „parteiliche Toleranz“, d.h. beinharter Klassenkampf a la Stalin, Mao, Pol Pot) als auch im Freudismus wandte (beispielsweise vertrat Marcuse Freuds Todestriebtheorie). Am Anfang stand Marcuse für die präödipale Perversion gegen die „Tyrannei des genitalen Primats“. Seine Helden waren buchstäblich die Figuren aus Pasolinis 120 Tage von Sodom:
Aber Marcuse hat sich weiterentwickelt, denn später waren seine Helden, gemäß der ursprünglichen Freudschen Dichotomie Perverser vs. Neurotiker, die verklemmten Neurotiker, die, ähnlich wie die bis zur äußersten Entmenschung entfremdeten Marxschen Proletarier, schließlich raptusartig gegen ihre Unterdrückung rebellieren und, irgendwie, das Paradies auf Erden errichten… Ja, ich weiß, man fäßt sich an den Kopf!
Das ist der Gegensatz, der den Kern unserer verfluchten Kultur ausmacht: DeSade überwindet LaMettrie, Nietzsche überwindet Stirner, Marcuse überwindet Reich – indem sie jeweils ins Erzreaktionäre zurückfallen… Der Faschismus triumphiert, der schiere Irrsinn, die Unterdrückung, die Emotionelle Pest, der Tod triumphiert. Nichts anderes wird heute in den Hörsälen und Seminaren unserer Verblödungsanstalten („Universitäten“) toleriert. Die Agenda der Mächtigen, die uns ihre eigenen „Revolutionäre“ vor die Nase setzen, führt vom Transgenderismus und Transspeziesismus zum Transhumanismus:
[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]
Die Kritik an Stirner (angefangen bei Moses Hess, Karl Marx etc.) lief immer auf zwei Dinge hinaus: in erster Linie, daß Stirner nur die Apologie des ohnehin „egoistischen“ Bestehenden liefere, und in zweiter Linie, daß seine Theorie für Vertierung stehe, d.h. die Negierung all dessen, was uns vom „egoistischen“ Tier scheidet. Stirner kategorischer Imperativ sei, Moses Hess zufolge, gewesen: „Werdet Tiere!“ (Laska: Ein dauerhafter Dissident, S. 26).
Wie immer waren die allerersten hilflosen Einwände auch die treffendsten, die den Kern der Sache freigelegt haben, ohne daß es die Kritiker selbst gemerkt hätten. Der Kern der Stirnerschen Sache ist die Entlarvung der Enkulturation oder mit anderen Worten, das Menschentier wird dressiert und gefügig gemacht, so daß es an seiner eigenen Unterdrückung voller Begeisterung partizipiert. Selbst des Menschentiers großartigste „humanistische“, „sozialistische“, sogar „anarchistische“ Utopien, die „das Bestehende“ überwinden sollen, sind durch den durch die Dressur vollkommen benebelten Geist geprägt und verschlimmbessern nur alles. Die Enkulturation muß angegangen werden, wenn sich daraus irgendwelche anderen Veränderungen ergeben, gut, aber ohne das den Menschenzoo großartig umzuorganisieren bringt gar nichts, sondern wird mit aller Wahrscheinlichkeit das Los der Zoomenschentiere nur verschlimmern. – Ich verweise auf die Überschrift dieser Blogserie!
Marx „überwand“ Stirner schlicht dadurch, daß er das „Ego“ des „Egoisten“ verschwinden ließ: für Marx ist der Mensch nichts anderes als ein “Ensemble gesellschaftlicher Verhältnisse“, was nichts anderes bedeutet, als daß er ausschließlich aus Über-Ich, Panzer, sekundärer Schicht besteht. Wird das angegangen, geraten „Marxisten“ in Todesangst!
Den allerersten Einwänden gegen Stirner sind keine weiteren gefolgt bzw. es sind nur Wiederholungen derselben. Man denke nur einmal an Kolakowskis Aussage von 1968: „Die [von Stirner angestrebte] Destruktion der Entfremdung, also die Rückkehr zur Authentizität, wäre nichts anderes als die Zerstörung der Kultur, die Rückkehr zum Tiersein … die Rückkehr zum vormenschlichen Status“ (ebd., S. 90). Damit sind wir bei dem, was Reich als die Zentralideologie der gepanzerten Gesellschaft ausgemacht hat: der Mensch will kein Tier sein, kein „sexuelles Tier“, sondern ein „ethisches Wesen“, das „nach Höherem“ strebt.
Daß dieses „Streben“ selbst zutiefst sexueller Natur ist, stellte Reich bereits in den frühen 1930er Jahren da, abschließend dann in Die kosmische Überlagerung Anfang der 1950er Jahre. Dieser Drang bestimmt sowohl die Spiritualisten, die sich eine „Entladung“ in „höhere Sphären“ hinein ersehnen, als auch die Materialisten bzw. „Historischen Materialisten“, die von einer „befreiten Zukunft“ träumen, die ihrem Leben zumindest sozusagen im „Vorhinein“ einen Sinn verleiht.
Freud hat zwar im Anschluß an Nietzsche das Tier im Menschen anerkannt – aber als etwas, das es zu überwinden gilt durch Verurteilung, Distanzierung, Sublimierung, denn „die Kultur geht vor“, d.h. die Enkulturation. Man stelle sich nur mal vor, Marx und Freud würden miteinander verbunden! Gemach, der intellektuelle Jauchepfuhl, in dem wir gegenwärtig langsam aber sicher ersaufen, ist wirklich nichts anderes als „Freudo-Marxismus“.
Und dann kommt Stirner und entlarvt die gesamte Menschheitsgeschichte nicht zuletzt aber die Aufklärung als eine Geschichte der Besessenheit und wirft den Menschen auf das Hier und Jetzt zurück. Organisiert euer Leben in „Vereinen“, die den jeweiligen egoistischen Interessen des jeweiligen Vereinsmitglieds dienen; Reichs von Marxisten gerne als „platt“ denunzierte „natürliche Arbeitsdemokratie“, die ohnehin schon besteht.
Das Zauberwort ist „Atheismus“, wobei es aber gar nicht um „Gott“ geht, sondern weitaus radikaler um das Heilige AN SICH. Was nützt es, wenn ich mich von „Gott“ befreie, dafür aber „die Menschheit“ anbete oder von irgendetwas anderem besessen bin, d.h. Sklave, statt Eigner meiner selbst. Ich bin Tier und lebe meine Gelüste im Verein mit Gleichgesinnten. Alles andere ist der Wahnsinn von Besessenen.
Aber wie der bedeutende Denker Dieter Bohlen einmal sagte: „Das Problem ist: Mach einem Bekloppten klar, daß er bekloppt ist.“ Setze einen Süchtigen auf Entzug und er rastet aus. Konfrontiere die Frommen aller Provenienz mit Stirner…
[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]
Bernd A. Laskas LSR-Projekt (www.lsr-projekt.de) versucht dingfestzumachen, warum sowohl die Reaktionäre als auch, was noch wichtiger ist, die Progressiven drei Geistesgrößen zu „Parias des Denkens“ machten: LaMettrie, Max Stirner und Reich. Ihre Gegenspieler waren jeweils Diderot, Marx und Freud. Laska versucht, die Differentia specifica zu identifizieren. Diese drei Parias waren die einzigen, die konsequent gegen das Über-Ich (die verinnerlichten lebensfeindlichen gesellschaftlichen Normen) und für die Kinder der Zukunft eintraten. Das Antisoziale, das sowohl von der Reaktion als auch den vermeidlichen Progressiven mit moralischem Furor bekämpft wird, wird eben erst durch die „moralische Erziehung“ der Kinder hervorgerufen! Diese grundsätzliche Einigkeit von „L und S und R“, ist viel bedeutsamer als ihre Unterschiede. Das gleiche gilt für die Unterschiede etwa zwischen Marx und Freud. Das bedeutet auch, daß keiner der genannten den folgenden direkt beeinflußt haben, mal abgesehen von Reichs Lektüre von Stirners Der Einzige und sein Eigentum.
Reich „gehörte einfach nicht dazu“, weder zu den Psychoanalytikern noch zu den Marxisten, und der „Freudo-Marxismus“ verkörpert das genaue Gegenteil von Reichs Kernbotschaft. (Man betrachte nur den heutigen Triumphzug des „Kulturbolschewismus“!) Und tatsächlich wurde er nicht nur als Psychoanalytiker von Freud selbst abgelehnt, sondern auch als Marxist von allen Fraktionen des Marxismus: den Kommunisten, den Sozialdemokraten (siehe Bernfelds „Gegenartikel“: „Reich ist kein Marxist!“) und den Marxistischen Talmudisten, beispielsweise Erich Fromm: „Reich ist kein Marxist!“
Und was ist mit dem Orgon. Gibt es da nicht jede Menge naturphilosophische Vorgänger? Nun, die Entdeckung des Orgons ist etwas grundsätzlich anderes als die zahllosen Spekulationen über einen „Urgrund“ und ähnlichem! Viel wichtiger sind zwei andere Vordenker Reichs, die mit ihrer grundsätzlichen Herangehensweise die Entdeckung des Orgons vorbereiteten:
Reich waren seine beiden Vorstreiter LaMettrie und Stirner durch F.A. Langes Geschichte des Materialismus ein Begriff. Was lernte Reich von dem Neu-Kantianer Lange? Langes Buch ist eine Kritik des Materialismus, insbesondere von dessen mechanistischer Betrachtungsweise des biologischen und „geistigen“ Lebens. Lange kritisierte den atomistischen Ansatz: mit Teilchen im leeren Raum kann man Leben und insbesondere das „innere Erleben“ (Seele, Bewußtsein) nicht erklären. Es muß „etwas“ geben, das die Leere zwischen den Atomen aufhebt, ein Kontinuum herstellt. Wir können beispielsweise Legosteine so lange und kompliziert zusammenfügen, wie wir wollen, es wird nie ein lebendes, gar sich seiner selbst bewußtes Wesen dabei herauskommen.
Genau diesem „Bindeglied“ jenseits aller Mechanik ist Henri Bergson nachgegangen, der Reichs Denken entscheidend beeinflußt hat.
Reichs funktioneller Denkansatz wurde durch den „Dialektischen Materialismus“ vorbereitet. Dieser geht auf Hegels „idealistische Dialektik“ zurück. Hegel kannte auf eine sehr abstrakte Weise die gleichzeitige funktionelle Gegensätzlichkeit und Einheit. Im ersten Teil seiner Wissenschaft der Logik schrieb er: Der Anfang ist nicht reines Nichts, sondern ein Nichts, aus dem etwas hervorgehen soll. Das Sein ist also auch im Anfang. Der Anfang umfaßt sowohl Sein als auch Nichts: er ist die Einheit von Sein und Nichts. Die Gegensätze, Sein und Nichts, sind also am Anfang in unmittelbarer, undifferenzierter Einheit. Die Analyse des Anfangs macht also den Begriff der Einheit von Sein und Nicht-Sein, oder in reflektierter Form die Einheit des Verschiedenen und des Nicht-Unterschiedenen, oder die Identität von Identität und Nicht-Identität.
Hier Hegel im Wortlaut:
Der Anfang ist nicht das reine Nichts, sondern ein Nichts, von dem etwas ausgehen soll; das Sein ist also auch schon im Anfang enthalten. Der Anfang enthält also beides, Sein und Nichts; ist die Einheit von Sein und Nichts; – oder ist Nichtsein, das zugleich Sein, und Sein, das zugleich Nichtsein ist.
Ferner Sein und Nichts sind im Anfang als unterschieden vorhanden; denn er weist auf etwas Anderes hin; – er ist ein Nichtsein, das auf das Sein als auf ein Anderes bezogen ist; das Anfangende ist noch nicht; es geht erst dem Sein zu. Der Anfang enthält also das Sein als ein solches, das sich von dem Nichtsein entfernt oder es aufhebt, als ein ihm Entgegengesetztes.
Ferner aber ist das, was anfängt, schon, ebensosehr aber ist es auch noch nicht. Die Entgegengesetzten, Sein und Nichtsein sind also in ihm in unmittelbarer Vereinigung; oder er ist ihre ununterschiedene Einheit.
Die Analyse des Anfangs gäbe somit den Begriff der Einheit des Seins und des Nichtseins, – oder in reflektierter Form, der Einheit des Unterschieden- und des Nichtunterschiedenseins, – oder der Identität der Identität und Nichtidentität. Dieser Begriff könnte als die erste, reinste d.i. abstrakteste, Definition des Absoluten angesehen werden (…). (Wissenschaft der Logik, Zweite Auflage 1841, S. 63f, Werke in zwanzig Bänden, Bd. 5, Frankfurt: Suhrkamp 1969, S. 73f)
Der Kreis schließt sich, denn wir sind hier bei Stirners „Einzigem“, der seine Sache auf nichts, das Nichts (im Sinne Hegels) gestellt hat.
Man übertrage das auf die Genitalität, die Gesundheit, wie sie von Reich, Ola Rakner und Elsworth F. Baker beschrieben wurde! Nur noch die ultrakranke Neurose ist akzeptabel! Leidbilder der Gesundheit sind des kapitalistischen, faschistischen, patriarchialischen, nationalistischen und rassistischen Teufels:
Ein Diplom-Psychologe schrieb im Juli 1979 in Warum! in einem Artikel über „Sexuelle Befreiung. Anleitungen, Spiele, Übungen“ über seine Lektüre in Sachen Sexualität:
Einige Bücher und Theorien haben mich sogar daran gehindert, freier zu werden. So beispielsweise die Beschreibung des idealen und gesunden Orgasmus nach Wilhelm Reich, wie ihn ein Mensch erlebt, der sich durch Therapie von seinen Muskelspannungen und psychischen Blockaden befreit hat. Nicht etwa, daß Wilhelm Reich nicht recht hätte. Wahrscheinlich wußte er wirklich, wovon er sprach. (…) So habe ich, wie viele Freunde und Bekannte von mir, im Schweiße meines Angesichts bioenergetische Übungen getrieben, um endlich den „totalen“ Orgasmus zu erleben. Ich will damit nicht sagen, daß solche Übungen nicht hilfreich sind – aber ich sehe die Gefahr, irgendeinem Idealbild von Sexualität nachzulaufen und darüber die Akzeptierung und Gestaltung der individuellen Sexualität, wie sie sich in einem selbst im Moment darstellt, zu vernachlässigen.
Seit Ende der 1960er Jahre, imgrunde seit Mitte der 1920er Jahre, ist eines der Hauptargumente gegen Reich, dieser mache aus der Genitalität einen „Fetisch“ und falle hinter Freuds aufklärerische Tat zurück. Freud habe gezeigt, daß die Genitalität nichts Ursprüngliches sei, sondern auf die Prägenitalität zurückgehe.
Charakteristischerweise verharren diese Argumente stets im inhaltsleeren Jargon. Soweit ich es überblicken kann, werden die Kritiker nie konkret. Wovon, um alles in der Welt, reden diese Herrschaften eigentlich?!
Man kann sich kaum intensiver mit Prägenitalität beschäftigen als Reich und seine Schüler! Elsworth Baker ist sogar so weit gegangen, eine bisher unbekannte „okulare“ Stufe noch vor der oralen Stufe zu postulieren. Die gesamte Charakteranalyse Reichs beruht geradezu auf dem Konzept der Prägenitalität!
Geht es den Kritikern vielleicht gar nicht so sehr um die psychotherapeutische Theorie und Praxis, sondern vielmehr um den Geschlechtsakt selbst? Stellen sich die Kritiker vor, es wäre im Sinne Reichs die geschlechtliche Erregung auf die Genitalien zu beschränken? Das wäre schlichtweg die Negation dessen, was sich Reich unter „Genitalität“ (orgastischer Potenz) vorgestellt hat! Oder glauben die Kritiker allen Ernstes, daß Reich die Ansicht vertreten habe, Küssen (Oralität) und Geruchserotik (Analität) dürften libidinös nicht besetzt sein und man es grundsätzlich nur im Finsteren in der Missionarsstellung machen dürfe, wenn man „genital“ sein wolle?
Oder geht es diesen Kritikern um die Verteidigung von Perversionen wie Sadomaso, Homosexualität und, – vielmehr fällt einem auch kaum spontan ein, ähh, – die lebenslange Beschränkung auf „Oralsex“? Was gäbe es da zu verteidigen, denn es ist allzu offensichtlich, daß es eine genuin „prägenitale Sexualität“ gar nicht gibt! Sadomaso ist nichts anderes als die Karikatur von genitaler Betätigung. Homosexuelle Paare tun nichts anderes als heterosexuelle Beziehungen nachzuspielen. Und alle Spielarten, die sich ein pornographischer Geist mit einiger Mühe auszudenken vermag, schöpfen ihre Energie ausschließlich aus der Genitalität.
Das Gerede von „Reichs Fetischisierung der Genitalität“ trägt nicht. Es ist eine sinnleere Folge von Lauten. Und es zeugt von der ganzen Irrationalität der Massen, die letztendlich auf deren Genitalangst zurückgeht, daß dieser Unsinn überhaupt in Erwägung gezogen wurde!
Manchmal drücken sich die Kritiker des Reichschen Fetischismus auch etwas verdeckter aus. Dann ist davon die Rede, Reich habe eine „idealistische Pseudonatur“ postuliert. Diese Kritik mag zwar hochintellektuell klingen, ist in Wirklichkeit aber dermaßen dumm… Ich meine, wer idealisiert hier eigentlich die Sexualität? Alle anderen Körperfunktionen haben einen ziemlich schmalen Bereich, in dem man von „gesundem Funktionieren“ sprechen würde. Das reicht von den unterschiedlichsten Reflexen bis zur Art des Gehens. Kann mir jemand erklären, warum es ausgerechnet im Bereich der Sexualität keine Pathologie geben soll?!
Und man komme mir nicht mit der welterschütternden Erkenntnis, daß die menschliche Sexualität nicht auf Biologie reduzierbar sei! Genau das ist nämlich das zentrale Argument Reichs und seiner Schüler. Genauso, wie sich bei ihnen alles um die Prägenitalität dreht, ist bei ihnen auch die Beeinflussung der schier unendlich formbaren Sexualität durch die Gesellschaft das alles überragende Thema.
Es ist vollständig sinnlos hier weiterargumentieren zu wollen, schlichtweg weil die psychophysiologische Forschung eindeutig zeigt, was gesunde und was ungesunde Sexualität ist.