Posts Tagged ‘Dialektischer Materialismus’

Humana conditio ex orgonomico prospectu: Stichwort „Wahlverhalten” und folgende

22. Mai 2025

Humana conditio ex orgonomico prospectu: Stichwort „Wahlverhalten“ und folgende

Orgonomie im Schnelldurchlauf (Teil 2)

31. März 2025

1927 erschien das Buch Die Funktion des Orgasmus, das die Grundlage der spezifischen Lebensarbeit Reichs darstellt. In den folgenden Jahren arbeitete Reich in fünf Bereichen die Grundlagen dessen aus, was wir heute als „Orgonomie“ kennen.

1. Er wurde zu einem militanten Marxisten, der im Anschluß, angefangen mit der 1934 erschienen Schrift Was ist Klassenbewußtsein? sich das Konzept erarbeitete, das er später als „Arbeitsdemokratie“ bezeichnete.

2. Er engagierte sich in der Sexualreformbewegung und erarbeitete im Rückgriff auf die Arbeit von Bronislaw Malinowski die theoretischen Grundlagen seines späteren Konzepts „Kinder der Zukunft“.

3. Er baute die Psychoanalyse zur Charakteranalyse aus, um diese dann ab 1934 zur „charakteranalytischen Vegetotherapie“ zu erweitern.

4. Auf der Grundlage der damaligen biomedizinischen Forschung, insbesondere der von Friedrich Kraus („vegetative Strömung“), legte er die theoretischen Grundlagen dessen, was er ab1934 als „sexualökonomische Lebensforschung“ bezeichnete.

5. Mit der Ausarbeitung und Weiterentwicklung des auf Marx und Engels zurückgehenden Dialektischen Materialismus legte er die Grundlagen des späteren „orgonomischen Funktionalismus“.

Bemerkenswerterweise wurden diese fünf Stränge nicht nur zwischen 1927 und 1934 zu Zeiten seines sehr zeitaufwendigen und lebensgefährlichen politischen Engagements ausgeformt, sondern lassen sich jeweils auf seine Formations- und Selbstfindungsjahre zwischen 1919 und 1926 zurückverfolgen. Sein starkes soziales Engagement zeigte sich bereits in seiner Arbeit am von ihm angeregten psychoanalytischen Ambulatorium für Mittellose in Wien. Eine Arbeit, die sich in seinem ersten Buch, Der triebhafte Charakter (1925), niederschlug, das sich hauptsächlich mit dem „Lumpenproletariat“, sozusagen „den Wilden“ der Neuzeit, beschäftigte und das seine ersten charakteranalytischen Formulierungen enthält. Es sei auch auf seine beiden Artikel über „Eltern als Erzieher“ (1926) und seine frühen naturphilosophischen Studien (insbesondere Henri Bergson und F.A. Lange) verwiesen. Nach 1927 (Die Funktion des Orgasmus) kondensierten sich diese Anfänge zu den genannten fünf Strängen.

Die Zeit zwischen 1927 und 1934 ist kaum zu überschätzen und man reibt sich die Augen, was der Mann in diesen sieben Jahren alles geleistet hat. Nicht nur, daß er die Psychoanalyse zur Charakteranalyse weiterentwickelte, kreierte er auch eine eigenständige Massenpsychologie und das nicht nur in der bequemen Schreibstube, sondern im aktiven politischen Kampf. Sowohl in Wien als auch in Berlin baute er eine sexualpolitische Organisation auf. Quasi nebenbei schrieb er ein Buch zur Ethnographie, das selbst Bronislaw Malinowski selbst beeindruckte, und verfaßte eine sexualsoziologische Studie. Später wurden sie bekannt als Der Einbruch der sexuellen Zwangsmoral und als Die sexuelle Revolution. Und er bereitete spätestens mit seiner bahnbrechenden Studie über den masochistischen Charakter, die Anlaß des endgültigen Bruchs mit Freud war, den „Einbruch ins biologische Fundament“ vor.

Biopolitik

20. November 2024

In gewisser Weise sind die Ursprünge der Orgonomie eng mit dem Thema „politische Biologie“ bzw. „biologische Politik“ verwoben, da Reich sein Projekt der „sexualökonomischen Lebensforschung“ explizit gegen die Nationalsozialisten initiierte, die sich damit brüsteten, ihre Politik sei nichts anderes als „praktische Biologie“, von Hitlers „nicht gefühlsmäßigem, sondern wissenschaftlichem Antisemitismus“ bis hin zu Dr. Mengele in Auschwitz. Reich wollte der „Erbbiologie“ („Rasse“, Sozialdarwinismus, Eugenik) der Nazis eine „dialektisch-materialistische Biologie“ entgegenstellen. Wobei wir nicht auf vermeintlich „antifaschistische“ Weise vergessen sollten, daß die Nazis nicht im luftleeren Raum agierten, sondern von Theorien inspiriert wurden, die in Großbritannien, den USA („Jim Crow“) und sogar in Skandinavien (siehe Reichs Probleme mit den dortigen sozialdemokratischen, nach Reichs Ansicht „erbbiologischen, faschistischen“ Biologen) Mainstream waren.

Heute haben wir immer noch auf der einen Seite die Vorstellung vom Menschen als eine von seiner evolutionären Vergangenheit bestimmte „Genmaschine“ und auf der anderen Seite die orgonotische „bio-psychologische“ Struktur, wie sie von Reich, Baker und Konia beschrieben wurde. Letztere Analyse, die „soziopolitische Orgonomie“, ist nach wie vor Teil der sexualökonomischen Lebensforschung. Wenn also angemahnt wird, die Orgonomie solle nicht „politisch“ sein, bedeutet dies, richtig verstanden, tatsächlich ein Annihilieren des Grundwesens der Orgonomie als Wissenschaft.

Jeder Blick auf ferne Galaxien, jeder Blick ins Mikroskop ist, solange nach dem Richtigen geschaut wird, ein imminent politischer Akt! Wie das? In allen Bereichen der Natur und auf allen Größenebenen funktioniert die Orgonenergie auf gleiche Weise, insbesondere was Pulsation und die Kreiselwellen-Bewegung anbetrifft, genau das aber ist die Grundlage der orgonomischen Analyse politischer Vorgänge („soziopolitischer Charakter“). Umgekehrt ist eine orgonomisch-soziopolitische Analyse unumgänglich, um das Instrumentarium der Wissenschaft, zu dem an erster Stelle die Charakterstruktur des einzelnen Wissenschaftlers und die gesellschaftliche Struktur gehören, in der sich Wissenschaft abspielt („gesellschaftliche Panzerung“), frei von irrationaler Subjektivität zu halten.

Der Vernichtungskampf gegen den Nationalsozialismus und andere faschistische Doktrin wird erst dann abgeschlossen sein, wenn Wissenschaft WIRKLICH Wissenschaft ist.

Quantität und Qualität: Dialektischer Materialismus, orgonomischer Funktionalismus, Orgonometrie

25. Oktober 2024

Der von Friedrich Engels im Anti-Dühring ausformulierte Dialektische Materialismus läßt sich auf drei Grundgesetze reduzieren: 1. die Einheit der Gegensätze, 2. der Umschlag von Quantität in Qualität und 3. die Negation der Negation.

Die Einheit der Gegensätze wird vom Symbol des orgonomischen Funktionalismus denkbar emblematisch dargestellt und ist die Grundlage der Orgonometrie:

Für den Umschlag in Qualität gibt es jede Menge Beispiele vom Bion-Haufen, der durch die Ausbildung einer Membran zu einer Amöbe wird, bis zur Häuseransammlung in der Prärie, die sich durch immer weitere Ansiedlungen in eine Stadt verwandelt. Der besagte Umschlag ereignet sich, wenn aus einer bloßen Agglomeration ein Ganzes wird, das eigene funktionelle Gesetzmäßigkeiten entwickelt, die sich qualitativ vom vorherigen Zustand fundamental unterscheiden.

Daß uns die „Gesamtheit der charakteristischen Eigenschaften einer Sache“, d.h. die Qualität als eine psychische, „rein subjektive“ Größe erscheint, die in der „objektiven Wissenschaft“ nichts zu suchen hat, beruht, neben ihrer „Unmeßbarkeit“, darauf, daß die Psyche selbst eine Funktion des Umschlags von Quantität in Qualität ist. Die Psyche beruht auf dem Funktionieren des Organismus als funktionelle Einheit („der Patient ist depressiv“), während das Soma die einzelnen Organe betrifft („die Niere auf Zimmer 37“).

Wissenschaft muß grundsätzlich immer beide Aspekte berücksichtigen oder sie entartet in den mechanistischen Materialismus bzw. in Mystizismus:

Die „Negation der Negation“ betrifft das Entstehen einer neuen, „höheren“ Qualität. Das ist identisch mit der „Schöpfungsfunktion“ (siehe die Abbildung unten), d.h. dem Hervorgehen von Materie aus der materiefreien, primordialen Orgonenergie durch Spaltung und Überlagerung.

Das beste Beispiel ist die lebendige Arbeit, eine grundlegende bioenergetische Funktion. Aus ihr geht das Arbeitsprodukt hervor, das durch seine Materialität die Orgonenergie negiert, doch umgekehrt wird auch dieses „Stück Materie“ negiert, indem es Eigenschaften bzw. „die Qualität“ der Orgonenergie annimmt. Gemeinhin spricht man in diesem Zusammenhang vom „Wert“ des betreffenden Gegenstandes. Was die „subjektive Bewertung“ anbetrifft verweise ich auf den oben dargelegten Zusammenhang von „Qualität“ und „Psyche“! Dieser Zusammenhang wird deutlich, wenn wir die Schöpfungsfunktion der Arbeit ausschreiben:

Die „Idee“, das „Konzept“ bzw. die „Blaupause“, die aus einem blinden Roboten erst Arbeit im eigentlichen Sinne macht, ist funktionell identisch mit der „Psyche“, während die „blinde Tätigkeit“ funktionell identisch mit dem „Soma“ ist, insbesondere den Händen. Die Überlagerung von beidem resultiert im Arbeitsprodukt. Siehe dazu die entsprechenden Ausführungen von Marx in Band 1 des Kapital sowie die von Engels in seinem Anti-Dühring.

Alles was zum Thema Marx und Stirner zu sagen ist (Teil 1)

4. August 2024

Marx hat sich m.W. nur einmal mehr oder weniger explizit zu dem geäußert, was Laska im Anschluß an Freud als „Über-Ich“ bezeichnet hat: „Was beweist die Geschichte der Ideen anders, als daß die geistige Produktion sich mit der materiellen umgestaltet? Die herrschenden Ideen einer Zeit waren stets nur die Ideen der herrschenden Klasse“ (Das kommunistische Manifest). Die herrschenden Ideen sind das – Über-Ich.

Zuvor hatte Marx in seiner Besprechung von Stirners Der Einzige und sein Eigentum erläutert, wie es zu den „herrschenden Ideen“ kommt: „(…) daß also die Umstände ebensosehr die Menschen, wie die Menschen die Umstände machen“ (Die Deutsche Ideologie). Der erste Teil des Nebensatzes faßt den (wie er später genannt wurde) Historischen Materialismus zusammen, der zweite Teil den (wie er später genannt wurde) Dialektischen Materialismus. Will sagen: die materiellen Bedingungen bestimmen die Ideen in unserem Kopf, aber dieser Materialismus ist nicht mechanisch, weil eben diese materiellen Bedingungen durch die menschliche Arbeit, d.h. die Umsetzung von Ideen, ständig umgestaltet werden.

Damit war, so bildete sich Marx jedenfalls ein, Stirner erledigt und damit der „Humanismus“ gerettet. Kurz vor Erscheinen von Stirners Buch hatte Marx nämlich sein Glaubensbekenntnis niedergelegt: „(…) der Atheismus ist der durch Aufhebung der Religion, der Kommunismus der durch Aufhebung des Privateigentums mit sich vermittelte Humanismus“ (Marx: Ökonomisch-philosophische Manuskripte von 1844). Die Gleichsetzung von Atheismus mit dem Kommunismus bzw. von Religion mit dem Privateigentum führt nicht etwa zur Aufhebung des Über-Ichs, sondern zu dessen Apotheose in Gestalt des „Humanismus“.

Wie dieser „Humanismus“ aufzufassen ist und was er mit Privateigentum zu tun hat, wird deutlich, wenn wir uns anschauen was Marx 1843 im Zusammenhang mit den Errungenschaften der Französischen Revolution und der Menschenrechte geschrieben hatte:

Die Freiheit ist also das Recht, alles zu tun und zu treiben, was keinem andern schadet. Die Grenze, in welcher sich jeder dem andern unschädlich bewegen kann, ist durch das Gesetz bestimmt, wie die Grenze zweier Felder durch den Zaunpfahl bestimmt ist. Es handelt sich um die Freiheit des Menschen als isolierter auf sich zurückgezogener Monade. (…) das Menschenrecht der Freiheit basiert nicht auf der Verbindung des Menschen mit dem Menschen, sondern vielmehr auf der Absonderung des Menschen von dem Menschen. Es ist das Recht dieser Absonderung, das Recht des beschränkten, auf sich beschränkten Individuums. Die praktische Nutzanwendung des Menschenrechtes der Freiheit ist das Menschenrecht des Privateigentums. (…) Das Menschenrecht des Privateigentums ist (…) das Recht, willkürlich (…), ohne Beziehung auf andre Menschen, unabhängig von der Gesellschaft, sein Vermögen zu genießen und über dasselbe zu disponieren, das Recht des Eigennutzes. Jene individuelle Freiheit, wie diese Nutzanwendung derselben, bilden die Grundlage der bürgerlichen Gesellschaft. Sie läßt jeden Menschen im andern Menschen nicht die Verwirklichung, sondern vielmehr die Schranke seiner Freiheit finden. (…) Die Sicherheit ist der höchste soziale Begriff der bürgerlichen Gesellschaft, der Begriff der Polizei, daß die ganze Gesellschaft nur da ist, um jedem ihrer Glieder die Erhaltung seiner Person, seiner Rechte und seines Eigentums zu garantieren. (…) Durch den Begriff der Sicherheit erhebt sich die bürgerliche Gesellschaft nicht über ihren Egoismus. Die Sicherheit ist vielmehr die Versicherung ihres Egoismus. Keines der sogenannten Menschenrechte geht also über den egoistischen Menschen hinaus, über den Menschen, wie er Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft, nämlich auf sich, auf sein Privatinteresse und seine Privatwillkür zurückgezogenes und vom Gemeinwesen abgesondertes Individuum ist. Weit entfernt, daß der Mensch in ihnen als Gattungswesen aufgefaßt wurde, erscheint vielmehr das Gattungsleben selbst, die Gesellschaft, als ein den Individuen äußerlicher Rahmen, als Beschränkung ihrer ursprünglichen Selbständigkeit. Das einzige Band, das sie zusammenhält, ist die Naturnotwendigkeit, das Bedürfnis und das Privatinteresse, die Konservation ihres Eigentums und ihrer egoistischen Person. (Zur Judenfrage)

Ein Jahr später erschien Stirners Der Einzige und sein Eigentum – der vollkommene „Anti-Marx“. Lassen wir aber nochmal Marx‘ humanistische Frühschrift zu Wort kommen:

Die Konstitution des politischen Staats und die Auflösung der bürgerlichen Gesellschaft in die unabhängigen Individuen (…) vollzieht sich in einem und demselben Akte. Der Mensch, wie er Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft ist, der unpolitische Mensch, erscheint aber notwendig als der natürliche Mensch. Die [Menschenrechte] erscheinen als [natürliche Rechte], denn die selbstbewußte Tätigkeit konzentriert sich auf den politischen Akt. Der egoistische Mensch ist das passive, nur vorgefundne Resultat der aufgelösten Gesellschaft, Gegenstand der unmittelbaren Gewißheit, also natürlicher Gegenstand. Die politische Revolution löst das bürgerliche Leben in seine Bestandteile auf, ohne diese Bestandteile selbst zu revolutionieren und der Kritik zu unterwerfen. Sie verhält sich zur bürgerlichen Gesellschaft, zur Welt der Bedürfnisse, der Arbeit, der Privatinteressen, des Privatrechts, als zur Grundlage ihres Bestehns, als zu einer nicht weiter begründeten Voraussetzung, daher als zu ihrer Naturbasis. Endlich gilt derMensch, wie er Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft ist, für den eigentlichen Menschen, für den homme im Unterschied von dem citoyen (…), während der politische Mensch nur der abstrahierte, künstliche Mensch ist (…). Der wirkliche Mensch ist erst in der Gestalt des egoistischen Individuums, der wahre Mensch erst in der Gestalt des abstrakten citoyen anerkannt.

Marx will den „wahren Menschen“, das „Gattungswesen“ befreien, d.h. den „Humanismus“ – das Über-Ich retten…

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 145)

28. Juli 2024

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

1929 hat Reich in seiner Schrift Psychoanalyse und Dialektischer Materialismus Marx als Verkörperung der Bewußtwerdung der ökonomischen Gesetze, bzw. der ökonomischen Ausbeutung, gedeutet und parallel dazu Freud im Bereich des Sexuellen die gleiche Stellung zugewiesen (die Lebensreform- und Mentalhygiene-Bewegung seit der Zeit des Jugendstils). Alles im Sinne des Historischen Materialismus, dem sich Reich kurz zuvor verschrieben hatte. Später, mit Verstreichen der 1930er Jahre, hat er das dann zunehmend im Sinne einer „objektiven Logik“ gesehen, der Logik der Entfaltung der „vegetativen Energie“ und sich selbst als bloßes Werkzeug dieser Logik. Es ist nur konsequent Stirner an die Stelle von Marx zu setzen und Reich selbst an die Stelle von Freud. Und das dann auf LaMettrie auszudehnen, der an die Stelle von Kant und Rousseau tritt.

Apropos „Wellen“: Kann man Schopenhauers und Nietzsches Einfluß auf die Deutschen unterschätzen? Aber die beiden sind auch nicht vom Himmel gefallen, sondern wurzeln in der romantischen Strömung. Es ist immer die Frage nach dem Huhn und dem Ei. War zuerst die gesellschaftliche Strömung da, die in Deutschland zweifellos bis auf die Bauernkriege und dann den 30jährigen Krieg zurückgeht, dann der Pietismus, etc. also „das Huhn“ – oder war es „das Ei“, irgendein Denker. Kann man etwa Luthers Einfluß überhaupt unterschätzen? Was ist die „Ideengeschichte“ neben der „materiellen Geschichte“? Man nehme etwa die Rolle der „ideelen“ Jugendmusik (d.h. Negermusik) und der „materiellen“ Pille in den letzten 60 Jahren!

Nach Reich war etwa Hitler vollkommen unbedeutend, ein echter Fliegenschiß in der Geschichte. Bedeutsam wurde er nur, weil seine Charakterstruktur so paßgenau zu der des durchschnittlichen Deutschen gepaßt hat. Aber wo wären wir heute ohne Hitlers nicht weiter reduzierbaren persönlichen Idiosynkrasien? Ein mehr maritim orientierter Mensch hätte den Krieg gewonnen: die ansonsten ziemlich nutzlose deutsche Marine überfällt Leningrad, Gibraltar, ohne das das Britische Empire nicht lebensfähig ist, wird von einem mit deutschen Konzessionen überschütteten Spanien heim geholt und eine weitaus größere U-Boot-Flotte sperrt den Atlantik. Das hätten weder Rußland noch England überlebt und Italien hätte keinen Schaden mehr anrichten können.

Es gab zwei alles entscheidende Umbrüche in der Menschheitsgeschichte: etwa 4000 Jahre vor Christi die Entstehung der Panzerung („der Einbruch der sexuellen Zwangsmoral“) und etwa 1960 der (Anfang des) Zusammenbruch(s) eben dieser Panzerung („die sexuelle Revolution“). Das ist der Wechsel von der autoritären zur antiautoritären Gesellschaft und die Umstrukturierung des Menschen von der Muskel- zur Augenpanzerung. In Begriffen des Über-Ichs der Wechsel von einem mehr oder weniger in die psychische Struktur gut integrierten Über-Ich zu einem „isolierten Über-Ich“, wie Reich es bereits 1925 in seiner Beschreibung von „Lumpenproletariern“ und „Perversen“ beschrieben hat (Der triebhafte Charakter). Dieses „isolierte Über-Ich“ agiert wie eine unkontrollierbare autodestruktive Triebregung und führt zu Drogenmißbrauch, Selbstverstümmelung und all dem, was heute die „woke“ antiautoritäre Gesellschaft und ihr ausgeklügeltes Selbstmordprogramm auszeichnet.

Die philosophischen Strömungen mit „gesellschaftlicher Relevanz“ sind all die, die den besagten welthistorischen Umbruch entweder getreulich widerspiegeln (insbesondere die „Dekonstruktion“ a la Derrida) oder sich ihm explizit entgegenstellen (all die sich politisch verdächtig machenden Philosophen, beispielsweise, keine Ahnung, Sloterdijk?) bzw. über ihn hinausweisen (Laska).

Die Ursprünge der Orgonometrie bei Hegel und Marx

19. Mai 2024

1. Ob es nun die „idealistische“ Entwicklung der Ideen oder die „materialistische Entwicklung der Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse“ sind: es ist immer eine dialektische, d.h. eine „triadische“ Entwicklung aus Spannung und Einheit, die zwar von der linearen zeitlichen Abfolge aus Ursache und Wirkung praktisch nicht zu separieren ist, aber trotzdem auf eine Essenz des Geschehens verweist, die sich von der bloßen Oberfläche unterscheidet. Man denke beispielsweise an Marx‘ Arbeits- und Mehrwerttheorie.

2. Die erwähnte „Triade“ äußert sich unterschiedlich in Theorie und Praxis.

In der Theorie führen das Einzelne und das Besondere zum Allgemeinen. Beispielsweise ein Champignon verglichen mit einem Pfifferling zum umfassenden Begriff „Pilz“. Mit Hilfe dieser Abstraktionsleistung begreifen wir unsere Umwelt und können planen.

In der Praxis führen das Allgemeine und das Besondere zum Einzelnen. Das sieht man insbesondere bei Marx Begriff der Arbeit: „Arbeit“ liegt ausschließlich dann vor, wenn ein allgemeiner Plan („Gehirn“) buchstäblich „die Hand führt“, was in einem Produkt resultiert.

3. Hier zeichnet sich die orgonometrische Grundgleichung ab:

Die Psyche („Konzept“) ist die Allgemeinheit des Organismus, das Soma („Tätigkeit“) ist die Besonderheit der einzelnen Organe.

4. Der Organismus geht aus der kosmischen Orgonenergie hervor, die die Quelle aller Arbeit ist, das „gemeinsame Funktionsprinzip“. Letztendlich entsteht alles durch Bifurkation („Entzweiung“) und Überlagerung („Vereinigung“):

DER ROTE FADEN (Band 2): 10. Warum Linke in der Orgonomie nichts verloren haben

20. April 2023

DER ROTE FADEN (Band 2): 10. Warum Linke in der Orgonomie nichts verloren haben

[Stalin] Lektüren 1981 (nach alten handschriftlichen Aufzeichnungen)

28. März 2023

[Stalin] Lektüren 1981 (nach alten handschriftlichen Aufzeichnungen)

Orgonomie und Metaphysik (Teil 47)

17. März 2022

Der Weg zum „höheren Selbst“ geht über das Einstimmen. In indischen Begriffen die Entwicklung des Gemüts über die drei „Guna“: Tamas (Trägheit), Rajas (emotionales Aufgewühltsein) und schließlich Satvas (geistige Abgeklärtheit). An sich entspricht es dem Weg zu immer höherer biophysischer Motilität. Der höheren Bewußtseinszustand ist eine Funktion der Stimmung entsprechend den Schritten „bioenergetischer Stimmung“: okular –> oral –> anal –> phallisch –> genital. Insoweit wiederspricht die Bewußtseinsentwicklung hin zu höheren „Vibrations“ also durchaus der Orgonomie. Das Problem ist halt nur, daß dieses Einstimmen sehr schnell in hysterische Flucht vor der Genitalität umschlagen kann. Die höchste „Reinheit“ und Geistigkeit ist nichts als Sehnsucht nach Genitalität bei gleichzeitiger Flucht vor ihr. Das macht die Anziehungskraft von Religion, Mystik und Esoterik aus.

Ich fühle immer mehr die „Amöbe“ in mir, die sich z.B. bei einem Krebskranken langsam kontrahiert. Siehe dazu Reichs Buch Die bio-elektrische Untersuchung von Sexualität und Angst. Wäre die Kontaktaufnahme mit diesem kontraktilen Vegetativum nicht eine spezifisch orgonomische Form der Meditation? Interessant ist, daß die älteste Religionsgemeinschaft der Welt, die indischen Jainas, die altertümlichste Philosophie überhaupt vertreten: daß die menschliche Seele in ihrer Form exakt dem menschlichen Körper entspricht. Natürlich sind es allerschlimmste Mystiker, aber sie verweisen mit ihrer atavistischen Theorie indirekt doch auf eine tragikomische Tatsache: das, was Mystiker für das höchste im Menschen halten (die unsterbliche Seele), ist in Wirklichkeit sein allerniedrigstes – die (unsterbliche) Amöbe.

Noch ernüchternder ist Freud. Psychoanalytisch ist der Geist gleich Kot. Reich führt dazu Mitte der 1920er Jahre aus:

Der Gedanke wird, wie bereits Jones und Abraham nachgewiesen haben, unbewußt ganz allgemein als Ding, speziell als Kot, aufgefaßt. Überaus häufig fällt hartnäckiges Schweigen mit Obstipation zusammen und vergeht wieder, wenn der Stuhlgang vorübergehend geregelt ist. Im Verlaufe einer solchen Analyse ergab sich zwanglos der Ausdruck „Gedankenobstipation“ für das neurasthenische Widerstandsschweigen, das bei anderen Patienten sein Gegenstück in einer nicht zu hemmenden Logorrhoe hat („Wortscheißerei“ nach dem Ausdruck eines Patienten). Ein Neurastheniker bezeichnete die Analyse als den Kübel, in den er seinen „Mist“, i.e. seine Gedanken entleert. Der Gedankenproduktion kommt die unbewußte Bedeutung und der Gefühlswert der Defäkation ganz allgemein, der „Gedankenobstipation“ die der Kotobstipation vielleicht nur in speziellen Fällen zu. (…) Eine Patientin pflegte bewußt Gedanken zu unterdrücken, sobald sie im Verlaufe der Assoziationen zu unangenehmen Themen gelangte. Regelmäßig stellten sich auch Druck im Kopf, Müdigkeit und Übelkeiten ein. Gleichzeitig traten Hitzegefühle auf, die wieder vergingen, sobald die „Gedankenobstipation“ wich. Ebensolche Hitzegefühle begleiteten aber auch die Darmobstipation. („Über die chronische hypochondrische Neurasthenie mit genitaler Asthenie“, Internationale Zeitschrift für Psychoanalyse 12(1), 1926, S. 25-39).

Unwillkürlich muß man an DOR denken.

1934 glaubte Reich, „daß die Inhalte der psychischen Tätigkeit rationale Gebilde der Außenwelt sind und daß nur die Energiebesetzungen der Innenwelt entstammen.“ Und weiter: „Wir übersehen aber hier nicht das wichtige, noch ungeklärte Problem, wie es der psychische Energieapparat anstellt, Reize der Außenwelt, die ihn treffen, zu Vorstellungen von dieser Außenwelt zu gestalten, die sich dann unabhängig von äußeren Reizen reproduzieren können. Dieses Problem liegt auf der gleichen Linie wie das der Entstehung des inneren Widerspruchs. Es ist fraglos gleichzeitig ein Problem der Entstehung des Bewußtseins überhaupt. Hier gibt es nicht einmal brauchbare Ansätze zu einer befriedigenden Lösung“ (Dialektischer Materialismus, Fußnote 45). Meines Wissens ist noch niemandem aufgefallen, daß diese „dialektisch materialistischen“ Überlegungen Reichs eine fast wörtliche Vorwegnahme seiner angeblich, so Richard Blasband, am weitesten „spirituellen“ Aussagen aus dem Schlußkapitel von Die kosmische Überlagerung sind!