Archive for Oktober 2021

DIE SITUATIONISTISCHE INTERNATIONALE: Wilhelm Reich kontra die Situationisten (Teil 8)

11. Oktober 2021

von Jim Martin

ARBEITSDEMOKRATIE KONTRA ARBEITERRÄTE

Nach seiner Zurückweisung der Marxistischen Politik schlug Reich eine Theorie der Arbeit vor, die er als Arbeitsdemokratie bezeichnete. Ironischerweise ist die Arbeitsdemokratie das Stiefkind verschiedener Trotzkistischer Formulierungen, die während des Zweiten Weltkrieges verwaisten, aber neue Bedeutung beim Aufstieg unabhängiger Gewerkschaftsbewegungen in Ost- und Zentraleuropa erlangten, z.B. 1956 bei den Ungarischen Arbeiterräten. Arbeitsdemokratie beinhaltet, daß jene, die arbeiten, in ihrem Arbeitsgebiet auch die Zügel in den Händen halten sollen. Es ist eine Kritik am Stalinismus, Demokratischen Zentralismus und Staatskapitalismus. Abneigung gegen Bürokratie, politische Ideologie und religiösen Moralismus verbinden Reichs Arbeitsdemokratie mit der situationistischen Art von Rätekommunismus.

Beide erklärten, weder links noch rechts ausgerichtet zu sein, obwohl sie dies beim jeweils anderen in Zweifel zogen. Beide verspotteten die Spezialisierung. Beide glaubten, daß ihre Vorschläge nichts mit den bestehenden politischen Bewegungen zu tun hatten und beide bevorzugten lebendiges, spontanes Eingehen auf wirkliche Lebensbedingungen im Gegensatz zu aufgezwungener monotoner Arbeit und banalisiertem Sexualleben.

Während Reich äußerst pragmatisch und dennoch kompromißlos war, werden die Situationisten wegen der Unausführbarkeit ihrer Lösungen kritisiert. Reich war Teil der revolutionären Bewegung, als es wirklich eine gab. Zeitgenössische Entwicklungen haben es unmöglich gemacht, realistisch von der Übernahme der Staatsmacht wie bei der bolschewistischen Revolution zu sprechen. Die gallertartige Lichtdurchlässigkeit von Kapital und nationaler Souveränität lassen die alten gesellschaftlichen Mechanismen des traditionellen Marxismus altertümlich erscheinen. Die Situationisten kehrten zu dem Punkt zurück, wo Reich die Revolution hinter sich ließ – zum Punkt der Konsumtion. Sie verstanden Konsum, subjektive Entfremdungsgefühle und Triebverdrängung. Meines Erachtens versäumten sie es aber, Reichs Sinn für die Unfähigkeit der Individuen zu begreifen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Reich nannte diese Tendenz, den Aufstand zu propagieren, ohne die tatsächliche Fähigkeit der Menschen, echtes Leben zu ertragen, ins Kalkül zu nehmen, als Freiheitskrämerei.

Reichs Vorstellung von der Arbeitsdemokratie beruhte auf dem, was er als natürliche Organisation der Arbeit bezeichnete. Von seiner Untersuchung der Naturvorgänge des Lebens ausgehend stellte er fest, daß Arbeitsdemokratie Diktatur ausschließt. Es gab einen wichtigen Unterschied zwischen Rätekommunismus und Arbeitsdemokratie: Arbeitsdemokratie setzt voraus, daß die Bürger emotional frei werden und, was am wichtigsten ist, in der Lage sind, die volle Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen. Dies steht im Widerspruch zum Libertinismus der Situationisten. Massenneurotische Gesellschaften werden immer ein vormundschaftlich-autoritäres Regierungssystem erforderlich machen, das die innere Charakterstruktur des Durchschnittsbürgers widerspiegelt. Bei Reich hätten die Bürger ihre Demokratiebefähigung unter Beweis zu stellen. Reich machte die lahmen „Gutmenschen“ der liberalen und sozialistischen Demokratien für den Sieg Hitlers im nördlichen Europa verantwortlich. Hierbei stimmt er mit der situationistischen Verurteilung unechter, parlamentarische Demokratie überein, im Gegensatz zur Demokratisierung des wirklichen, täglichen Lebens.

Reich hat darauf hingewiesen, daß der entscheidende Unterschied zwischen ihm selbst und den Anarchisten (und es trifft auch auf Situs, Libertäre und Rätekommunisten zu) in der Frage der emotionalen Freiheitsfähigkeit des Durchschnittsbürgers lag. Zum Schluß muß ich Ken Knabbs Haltung beipflichten, daß das grundlegende Versäumnis der Situationisten ihre Unfähigkeit war, ihrem eigenen Charakter ins Gesicht zu sehen.

„The Origin of an Oranur Reaction” von Roberto Maglione

10. Oktober 2021

Hier handelt es sich um eine ebenso lange wie (teilweise…) hervorragende Gesamtdarstellung von Reichs ORANUR-Experiment. Maglione geht bis ins Detail und bezieht sich u.a. auf bisher unveröffentlichtes Archivmaterial. Durch die Lektüre habe ich viel dazugelernt.

Alles schön und gut, wenn da nicht wieder (siehe meine letzte Rezension) diese unglückselige Verquickung von Mechanismus und Mystizismus wäre, etwa wenn Maglione schreibt:

Reich entdeckte in der Natur eine neue Art von Energie, die lebensfördernde Eigenschaften hat und überall angezapft werden kann. Er fand auch heraus, daß dieses Energiekontinuum, das sich als winzige energetische Einheiten ausdrücken kann, durch verschiedene Phasen der Existenz gekennzeichnet ist, d.h. es kann sich in einem dynamischen, ungestörten, fließenden Zustand befinden, in einem erregten und chaotisch bewegten Zustand (Oranur genannt) oder schließlich in einem tödlichen und statischen Zustand (DOR genannt). (…) Allerdings stellte Reich fest, daß diese energetischen Einheiten bei einem niedrigen Erregungsgrad therapeutische Eigenschaften haben könnten. Darüber hinaus könnte der Oranur-Zustand bei einem etwas höheren Anregungsgrad eine motorische Kraft erzeugen und damit eine unendliche Anzahl von technischen Anwendungen hervorbringen. Er könnte auch radioaktive Materie in eine höchst nützliche und lebensfördernde Materie verwandeln. Kürzlich wurde die Hypothese aufgestellt, daß dieser Zustand auch zur Schaffung höherer Bewußtseinszustände beitragen kann.

Hier zeichnet sich eine bedenkliche Triade aus psycho-sozialer, technischer und schließlich spiritueller Heilserwartung in Zusammenhang mit „kontrollierten“ ORANUR-Reaktionen ab.

Der obige Absatz wurde durch eine kurze Passage eingeleitet, die bei einer Darstellung des ORANUR-Experiments eher verwundert. Es ging bei dieser nämlich um alle möglichen Utopien von Platos Politeia, über Morus‘ Utopia bis zu Bacons New Atlantis und schließlich der Französischen Revolution. Nun, im Anschluß des oben zitierten Absatzes lesen wir etwas über das sozusagen „höhere Sozialleben“ durch ORANUR:

Ich glaube, daß der erregte Zwischenzustand [ORANUR zwischen OR und DOR] dieser winzigen energetischen Einheiten von grundlegender Bedeutung für den von den Philosophen angenommenen Wandel ist, der uns zu einer neuen Art von Welt führen kann, in der das französische Motto [Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit] endlich seine wohlverdiente Entsprechung findet. Wie ein Portal [!] oder ein obligatorischer Schritt, nach dem sich eine neue Welt auftun kann.

In den daran anschließenden Sätzen gewinnt diese ORANUR-induzierte sozialistische Utopie einen mystischen Einschlag, denn derartiges habe bereits in mythischer Vergangenheit existiert, eine „Wissenschaft des Äthers“. Maglione weiter:

Ich hoffe, daß der Inhalt dieses Papiers dazu beitragen kann, friedlich den Weg zu beschreiten, der zu diesem Portal führt, hinter dem wir vielleicht endlich die utopische Insel oder Welt finden, nach der so viele der eifrigsten Köpfe auf diesem Planeten dramatisch und hartnäckig gesucht haben.

Unvermittelt werden wir in die Geisteswelt des utopischen Sozialisten Charles Fourier versetzt! Wir betreten hier die Welt des Reichianismus bzw. Blauen Faschismus, die ich in „Reichianische Bücher“ (hier, hier und hier) dargestellt habe: eine letztendlich toxische Welt aus „Spiritualität“, Freiheitskrämerei und – ORANUR.

Besonders störend ist etwas, was ich bereits in meiner Besprechung von Magliones Buch über quantitative Orgonometrie vermerkt habe (S. 269): sein Hang die Orgonenergie zu „mechanisieren“, indem er sie gewisserweise aus „Atomen“ zusammensetzt. Das wird etwa in diesem Satz deutlich: „Reich stellte anhand dieser vorläufigen Ergebnisse fest, daß Kernmaterial, welches einige Zeit konzentrierten Orgonenergie-Einheiten ausgesetzt war, seine radioaktive Potenz verlöre, und beobachtete eine Veränderung seiner radioaktiven Zerfallskonstante.“ Jeder andere hätte einfach geschrieben: „…konzentrierter Orgonenergie ausgesetzt war…“. Tatsächlich stellt sich Maglione die ORANUR-Reaktion ungefähr wie Wärmeausbreitung, d.h. die Ausbreitung von chaotischer thermischer Bewegung von Molekülen vor: „Sobald die Oranur-Reaktion einsetzt, breitet sie sich auf die benachbarten Einheiten im Raum aus, bis sie verschwindet, wenn die Energie der erregten Orgoneinheiten nicht mehr ausreicht, um die Erregung auf die benachbarten Orgoneinheiten zu übertragen.“

Es ist geradezu grotesk, wie Maglione den Gegensatz von Einsteins und Reichs Weltentwürfen illustriert:

Für Einstein bestehe die Luft, die uns umgibt, aus Atomen und das war‘s. „Reich stellte stattdessen die Hypothese auf, daß zusätzlich zu den oben genannten Komponenten eine Energie die Atmosphäre und auch das gesamte Universum so erfüllt, daß ein Kontinuum entsteht. Er fand heraus, daß dieses Energiekontinuum aus winzigen Einheiten mit unterschiedlichen Eigenschaften besteht und bestimmten Gesetzen unterliegt.“ In der Abbildung sehen wir bei Einstein tatsächlich ein Kontinuum, bei Reich „Teilchen, die ein Kontinuum bilden“.

Oder man nehme folgende Abbildung:

Es ist zu ahnen, was gemeint ist, aber… Orgonenergie-Einheiten werden dynamisch und dann zu Materie-Einheiten? Orgonpartikel werden zu OR und dann zu Materiepartikeln?

In einer daran anschließenden Abbildung stellt Maglione den Erregungslevel der Orgonenergie in Prozent dar; 0% gleich Bildung von Materie, atmosphärische Heilung und höheres Bewußtsein, 100 % der Tod, bzw. DOR. Je höher der Erregungszustand der Orgonenergie, desto toter wird sie? Maglione: „In der Grafik entspricht ein Erregungsgrad von Null (…) Einheiten, die frei und dynamisch und ungestört in der Atmosphäre oder in lebenden Organismen fließen, während ein Erregungsgrad von 100 % tödlichen und statischen Einheiten entspricht, die alle ihre Bewegungen verloren haben.“ Ähhh…

Solche Formulierungen sind „Reichianismus“ in der Tradition von Paul Ritter und Charles Kelley: Reich wird solange um und neuformuliert, bis wirklich alles hoffnungslos zerredet ist und der Leser verwirrt und paralysiert zurückbleibt.

Ein weiteres Beispiel für diesen Reichianismus:

Reich beschränkte die Qualität der Orgoneinheiten nicht darauf, durch äußere Einwirkungen nur im physischen Bereich angeregt zu werden. Er nahm an, daß, wenn alles in der Natur von Orgonenergie-Einheiten als Grundbestandteil charakterisiert ist, die auf unterschiedliche Weise zu Materieteilchen aggregiert sind, eine Reaktion auf diese aktivierenden Agenzien auch im biologischen und emotionalen Bereich der lebenden Systeme auftreten kann, indem die Einheiten innerhalb der lebenden Systeme genauso erregt sind und sich austoben, wie in der Umwelt.

Irgendwie stimmt das, aber trotzdem ist das keine Orgonomie, eine Wissenschaft, sondern die Darstellung eines naturphilosophischen Modells, das nur peripher etwas mit Reichs Forschung zu tun hat. Das schadet der Orgonomie massiv, denn jeder, der sowas liest, wird Reich unter die vielen absonderlichen Spinner einordnen, die jeweils ihr eigenes „Weltmodell“ entworfen haben.

Leider hat sich ein kleiner aber ärgerlicher Fehler eingeschlichen. Maglione zitiert aus bisher unveröffentlichten Notizen von Myron Sharaf („Historical Notes. Some Notes on Oranur – March 15, 1951“) wonach Eva Reich am 19. Februar beinahe gestorben wäre, als sie „ihre Hand“ in einen Orgonenergie-Akkumulator steckte. Tatsächlich hat sich Maglione verlesen („hand“ vs. „head“) und Eva Reich hatte ihren Kopf hineingesteckt. Ein kleines Detail, aber der eine oder andere unvorbereitete Leser wird sich an den Kopf kratzen!

Wie wenig Maglione wirklich in der Materie drinsteckt, sieht man auch daran, daß unvermittelt „DOR“ auftaucht. Zwar hatte Maglione den Unterschied zwischen OR, ORANUR und DOR vorher korrekt beschrieben, ihm fällt aber nicht auf, daß Reich im Ersten ORANUR-Bericht, also 1951, das als „DOR“ bezeichnet, was er später „ORANUR“ genannt hat, und daß das eigentliche DOR erst später von Reich entdeckt wurde. Das, was Maglione also als „DOR“ beschreibt, ist in Wirklichkeit ORANUR, auch wenn Reich selbst von „DOR“ spricht… Äh, ja!

Der Beschreibung des ORANUR-Experiments folgt eine ellenlange und extrem detaillierte Darstellung der Gesetzmäßigkeiten von Alpha- und Gammastrahlung, um zu sehen, ob Reich und seine Mitarbeiter sich schlichtweg eine Strahlenvergiftung zugezogen haben. Es ist Maglione hoch anzurechnen, diesen hanebüchenen Unsinn endgültig ins Märchenland verbannt zu haben! Das ist zwar verdienstvoll, aber es hätte schon die Überlegung ausgereicht, daß einem Privatmann bzw. einzelnem Arzt wohl kaum eine gefährliche Strahlenquelle zur Verfügung gestellt worden wäre bzw. daß es dafür wohl kaum einen allgemeinzugänglichen Markt gegeben hätte. Die „Radiumnadeln“, die Reich benutzte, waren schlichtweg radioaktive Nadeln, die Ärzte damals in Krebstumoren steckten. Das war die damalige Strahlentherapie. Selbstredend nicht ganz ohne, aber auf keinen Fall so gefährlich, daß bei unsachgemäßem Umgang Arztpraxen hätten evakuiert werden müssen!

Der Aufsatz endet mit der Analyse eines Atomunfalls/ORANUR-Ereignisses in Rußland.

Zusammenfassend schreibt Maglione ganz entsprechend dem anfangs Zitierten: „Ein richtig eingedämmtes und kontrolliertes Oranurfeld könnte technologische Anwendungen haben, wie z.B. 1. die Verringerung der Zerfallskonstante eines radioaktiven Elements; 2. Energieerzeugung (Motorkraft) und Antigravitation; 3. Heilung von Krankheiten; 4. und Entwicklung höherer Bewußtseinszustände, um nur einige der bisher bekannten zu nennen.“ Dazu führt er als weiterführende Literatur u.a. an:

  • Maglione R, Reichs Orgonenergie. Ein Portal zu höheren Bewusstseinsstufen? (auf Italienisch), In Glielmi N, Fontana M, Maglione R, Valleri T, Argomenti Reichiani, GEDI Gruppo Editoriale, Mailand, 2007
  • Maglione R, Mazzocchi A, Ätherische Energien und Orte der Verehrung. Die religiöse Stätte als therapeutischer Ort. Eine Pilotstudie an 62 antiken Stätten (auf Italienisch), Advanced Therapies, Vol VI, N 11, 2017, Nuova Ipsa, Palermo

ÜBERLAGERUNG UND TEILUNG IN GALAKTISCHEN SYSTEMEN: 5. Der kosmische Orgonenergie-Ozean. d. Dunkelmaterie und Erdwärme

9. Oktober 2021

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ÜBERLAGERUNG UND TEILUNG IN GALAKTISCHEN SYSTEMEN: 5. Der kosmische Orgonenergie-Ozean. d. Dunkelmaterie und Erdwärme

DIE SITUATIONISTISCHE INTERNATIONALE: Wilhelm Reich kontra die Situationisten (Teil 7)

8. Oktober 2021

von Jim Martin

ORGONOMIE

Diese Forschungsmethode führte Reich zur Frage der biologischen Energie. Gab es eine sich vom Elektromagnetismus unterscheidende, spezifisch biologische Energie, die nachvollziehbaren Gesetzen folgt, welche alles Lebendige steuern? Es waren diese Fragen, denen Reich weiter nachging, als er aus Norwegen vertrieben wurde und in die Vereinigten Staaten emigrierte.

Es sprengt den Rahmen dieses Artikels, den ganzen Umfang der Entdeckungen zu vermitteln, auf die Reich seit den Anfängen seiner neuen Wissenschaft, der Orgonomie, stieß. Es genügt der Hinweis, daß linke Meinungsführer ausrasten, wenn du das Orgon zur Sprache bringst.

Auch die Situationisten versuchten, sich der Kluft zwischen Ideologie und funktionellem Denken zuzuwenden. Obwohl sie von vielen Ideen Reichs abhingen (z.B. die entscheidende Bedeutung die der subjektiven Entfremdung der werktätigen Menschen zugesprochen wird im Vergleich mit der Entfremdung vom Mehrwert beim Vulgärmarxismus), scheint es, daß sie nur Reichs Arbeit aus seinen Prä-USA-Tagen lasen. Diese Werke, die größtenteils für das Milieu, von dem Reich ein Teil war, geschrieben wurden, fehlt es an der Einsicht, die Reich später für Modju*, den Roten Faschisten und den liberalen Verräter (recuperator) entwickelte. Reichs amerikanische Schriften sind in diesen Fragen so kompromißlos, daß es für den durchschnittlichen Linken fast unmöglich ist, über die ersten paar Seiten eines seiner Bücher hinauszukommen, ohne es voll Abscheu wegzuschleudern. Zu dieser Schwierigkeit kommt die Tatsache hinzu, daß Reich nach seiner Ankunft in den Vereinigten Staaten damit anfing, seine Bücher in vollkommen überarbeiteten englischen Auflagen neu herauszugeben, in denen er seine frühere Arbeit umformuliert, um seine vormalige Stellung als Marxist richtigzustellen. Die Europäer haben ihren Reich und wir haben unseren.

Eine der auffallendsten Unterschiede zwischen amerikanischen und europäischen Interpreten von Reichs Leben und Werk ist die Art und Weise, in der sie jeweils seine späte Periode betrachten, die von seinem Exil in den Vereinigten Staaten Anfang der Vierziger Jahre bis zu seinem Tod im Gefängnis 1957 reicht. In Amerika brachte Reich sich selbst Englisch bei und wich in zweifacher Hinsicht von seiner frühen Arbeit ab: er widmete der Naturforschung mehr Zeit und Energie, gipfelnd in der Entdeckung der Orgonenergie und seiner neuen Wissenschaft, der Orgonomie; und er schrieb seine früheren Schriften um und brachte sie mit einer kritischen Zurückweisung seines vorherigen Marxistischen Glaubens an die Revolution neu heraus. Zusammengenommen machen diese beiden Merkmale von Reichs späterer Arbeit ihn zu einer unverständlichen Gestalt für Europäer, die mit einer Kost aus reiner Sexualökonomie aufgewachsen sind.

Demnach sprechen europäische Pro-Situs liebevoll vom jungen Reich, während Amerikaner, die an Reich interessiert sind, von jenen dominiert werden, die an Maschinen für freie Energie und an universalen Allheilmitteln interessiert sind: Ideen über geheime Macht und die Macht geheimer Ideen. Robert Anton Wilson und William S. Burroughs sind Vertreter der amerikanischen Annäherung an Reich. Burroughs war von der Arbeit von Orgonomen fasziniert, die in den Vierziger Jahren mit Reich in New York City zusammenarbeiteten. Er besaß einen Orgonakkumulator und benutzte ihn. Seine Schriften gegen zentralisierte Behördenmacht greifen häufig auf Reichs Gleichsetzung von Kommunismus und Krebs zurück. Robert Anton Wilson ist ein Beispiel für das, was Judi Bari** als California woo-woo bezeichnet hat, ein spiritualistischer Eklektizismus. Hier ist das Orgon eine weitere Kuriosität im kosmischen Ramschladen.

Für jemanden, der zu Reichs Arbeit vom selben eurozentrischen Standpunkt kam wie die Situationisten, schien Reichs Massenpsychologie des Faschismus das Rätsel zu lösen, mit dem die Situationisten nicht fertig wurden: Warum war ihre dialektische Vorhersage, daß subjektiv unerträgliche Zustände zum allgemeinen Aufstand führen müßten, nicht eingetreten? Es war Reichs Kernpunkt, daß der Faschismus nicht eine einzelne Partei oder Bewegung war, sondern eine Gefühlslage. Es ist die Prämisse dieses Artikels, daß alles, worauf die Situationisten ihre Theorien begründeten, von Reich mehr als 30 Jahre früher erdacht worden war; und daß Reichs späte Periode sowohl wegen ihres provozierenden Wagemuts, als auch wegen ihrer praktischen Anwendbarkeit die situationistische Theorie weit überflügelt. Von besonderer Bedeutung war seine Unterstreichung der Neurosenprophylaxe durch den Schutz der Kinder vor der sexuellen Zwangsmoral, seine Entwicklung einer ganzen Reihe von Werkzeugen, die dem Schutz des Lebens dienen (der Orgonakkumulator, der Cloudbuster und die Orgontherapie) und seine Identifizierung der Rolle, die die Emotionelle Pest im menschlichen Elend spielt.

Nochmals, ich war so wie jeder andere auch von Reichs später Periode und seinem Wahn von einer biologischen Energie, die man Orgon nennt, entsetzt. Jedoch verdeutlicht Reichs Überarbeitung seiner frühen Bücher, daß er seine gesamte Arbeit, einschließlich seiner falschen Wendung nach links, als eine Ganzheit betrachtete. Versuche, irgendein Element zu entfernen, und es wird alles auseinanderfallen. Wenn es kein Orgon gibt, gibt es keine Libido, folglich keine Psychoanalyse. Wenn es keine Psychoanalyse gibt, ist es sinnlos über die emotionalen Grundlagen des Faschismus zu spekulieren. So schien es mir, daß jedes richtige Verständnis von Reichs Arbeit eine direkte Überprüfung der Versuche beinhalten müsse, die Reich in seinen späteren Büchern beschrieben hat, z.B. das To-T-Experiment, wo Reich eine positive Temperaturdifferenz zwischen der Luft in einem Orgonakkumulator und der Umgebungsluft behauptet. Durch einen Nachvollzug vergewisserte ich mich zu meiner eignen Zufriedenheit, daß die Hauptpunkte von Reichs orgonomischen Befunden unabhängig verifizierbar sind. Es übersteigt den Rahmen dieses Artikels, Beweisführungen für die Existenz der Orgonenergie zu bieten; tatsächlich haben sich auf diesem Gebiet zu viele auf Schriftdeutungen beschränkt, die an die theologischen Dispute des Mittelalters erinnern. Der einzige Weg die Erscheinungen zu verstehen, besteht darin, es mit dem Experimentieren selbst zu versuchen. Darf ich sagen, daß dies dialektisch ist? Wissenschaft ist zur Religion der Gegenwart geworden; es ist Zeit, die Bibel in die Volkssprache zu übersetzen.

Ich bin kein Physiker, doch es scheint mir, wenn ich vom in der High School gelernten ausgehe und meinem gesunden Menschenverstand folge, daß, wenn du eine Kiste baust und in deiner Garage stehen läßt, sie sich der Temperatur der Garage angleichen müßte. Sollte sie konstant wärmer als die Temperatur der Garage sein, kann man sich fragen, woher diese Wärme kommt. Ich habe Leute nach einer Erklärung gefragt, von denen ich wußte, daß sie in der Wissenschaft tätig sind, insbesondere progressive Wissenschaftler, die sich mit Solarenergie beschäftigen, doch beim Gedanken an das Orgon laufen sie vor Wut rot an. Für jeden, der an einer Einführung in die experimentellen Grundlagen interessiert ist, mit denen Reich die Existenz einer biologischen Energie demonstrierte, ist James DeMeos Das Orgonakkumulator-Handbuch das einzige erhältliche Buch, das sich direkt damit auseinandersetzt.

lch glaube, daß in Reichs späteren Schriften der unangenehmste Bestandtell, den Progressive zu verdauen haben, sein Wettern gegen den Roten Faschismus und die Emotionelle Pest ist. (Obwohl sie es niemals unterlassen die augenscheinliche Absurdität der Orgonenergie zu behaupten, verstecken sie sich nur hinter dieser Behauptung, um die Aufdeckung ihres wahren Charakters zu verhindern.) Seit Die Massenpsychologie des Faschismus zeigte Reich, daß der Nazismus (Schwarzer Faschismus) und Stalinismus (Roter Faschismus) funktionelle Entsprechungen darstellten. Wie die Anarchisten stellte er den Autoritarismus beider fest. Im Gegensatz zu jedem anderen politischen Autor konnte Reich jedoch auf seine jahrelange Erfahrung als in den Elendsvierteln Deutschlands unentgeltlich arbeitender Psychoanalytiker zurückgreifen, um den emotionalen Unterbau des Roten und Schwarzen Faschismus aufzudecken. Er fand heraus, daß die autoritäre, sexualverneinende und patriarchale Familie die Art von unempfindlich gemachten und erstarrten Erwachsenen reproduziert, die nötig sind, um die mechanische und banalisierte Arbeit im industriellen Kapitalismus auszuführen. Die Emotionelle Pest, bzw. die organisierte Unterdrückung des Lebens, verkörperte die Massenpsychologie des Faschismus. In seinen späteren Jahren sah Reich die Linke als bedrohlicher an als die Rechte und tatsächlich war es ein Artikel im linken The New Republic, der seine Verfolgung und Verhaftung heraufbeschwor, was in der Verbrennung seiner Bücher und Forschungsausrüstung gipfelte. Für einen Progressiven, der nicht willens ist, dem faschistischen Kleinen Mann entgegenzutreten, der in ihm selbst wohnt, ist das Lesen von Reichs Büchern kaum zu ertragen.

Zur Zeit seiner Niederlassung in Amerika war Reich schon lange von der Kommunistischen Partei und der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung ausgeschlossen worden, weil er nach einem Weg gesucht hatte, wie die beiden einander behilflich sein könnten, das menschliche Elend zu beenden. Hier erkannte er die Schwierigkeiten einer politischen Veränderung. Reich war tiefer in die sozialistische Politik verwickelt, als man derzeit in diesem Land annimmt. Leute, die in Ost- und Westdeutschland in der Orgonomie arbeiten, weisen auf Parteiprotokolle aus den späten Zwanziger Jahren hin, die zeigen würden, daß Reich die extremsten revolutionären Positionen dieser Zeit teilte.

Man muß dabeigewesen sein, um etwas beurteilen zu können. Viele von Reichs späteren Schriften zielen darauf ab, seine Position vor Leuten, die seine Arbeit mißbrauchen wollten (recuperators), vor Kommunistischen Mitläufern und Freiheitskrämern zu schützen. Neben einer ehrlichen Neubewertung seiner frühen Standpunkte als Marxist-Leninist, gab es das Bedürfnis, sich gegen Angriffe von christlichen Schützern der Tugendhaftigkeit der Jugend zu verteidigen, die seine Ausweisung betrieben. Es ist ihm hoch anzurechnen, daß er nie dem Opportunismus anheimfiel und bis zu seinem Tode die rationalen Bestandteile des Dialektischen Materialismus als Methode des funktionellen Denkens vertrat.

* Reichs Bezeichnung für den bösartigsten Emotionelle Pest-Charakter. Verbindet den Namen von Mocenigo, der den mittelalterlichen Wissenschaftler Giordano Bruno verfolgte, mit Stalins ursprünglichem Namen Dschugaschwili.

** Judi Bari aus Nordkalifornien, ein Aktivist von Earth First! und Organisierer von freiwilligen Hilfskräften, wurde neulich bei einem Bombenanschlag verletzt, als er für Redwood Summer in Oakland, Kalifornien tätig war.

David Holbrook, M.D.: WOHER KOMMEN DIE PROBLEME UND DIE LÖSUNGEN? / SPONTANITÄT UND AUTORITARISMUS / LAISSEZ-FAIRE

7. Oktober 2021

DAVID HOLBROOK, M.D.:

Woher kommen die Probleme und die Lösungen?

Spontaneität und Autoritarismus

Laissez-faire

ÜBERLAGERUNG UND TEILUNG IN GALAKTISCHEN SYSTEMEN: 5. Der kosmische Orgonenergie-Ozean. c. Das Wesen der Dunkelmaterie

6. Oktober 2021
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ÜBERLAGERUNG UND TEILUNG IN GALAKTISCHEN SYSTEMEN: 5. Der kosmische Orgonenergie-Ozean. c. Das Wesen der Dunkelmaterie

DIE SITUATIONISTISCHE INTERNATIONALE: Wilhelm Reich kontra die Situationisten (Teil 6)

5. Oktober 2021

von Jim Martin

SEXUALÖKONOMIE

Reichs frühe Arbeit in den Zwanziger Jahren als Freuds überragender Schüler, drehte sich um das Konzept der Genitalität. Anders als ältere Psychoanalytiker, die ihre Typologie auf pathologische Charaktertypen konzentrierten, versuchte Reich ein Bild gesunden Verhaltens herauszuarbeiten. Obwohl die psychoanalytische Typologie oft buchstäblich genommen wird, beziehen sich diese „Typen“ nur auf idealisierte Übertreibungen. So erreicht Reichs genitaler Charakter das Gesundheitsideal nur näherungsweise. Der genitale Charakter reguliert seine Gesundheit durch die vollständige Entladung im Orgasmus. Die Potenz wird nicht an der Häufigkeit der Höhepunkte, sondern an der Qualität des Erlebens gemessen. Der genitale Orgasmus unterscheidet sich von der Ejakulation beim Mann und vom klitoralen Höhepunkt der Frau durch die vollständige Hingabe an unwillkürliche Zuckungen der gesamten Körpermuskulatur.

Reich brachte die Psychoanalyse auf die Straße, als er freie Sexualberatungskliniken in den Arbeiterbezirken Wiens einrichtete. Aus dieser Arbeit ging das hervor, was zur sexualpolitischen bzw. „Sex-Pol“-Bewegung wurde, als Reich die Überzeugung gewann, daß die individuelle Therapie keinen Sinn machte, wenn sie nicht mit weitreichenden gesellschaftlichen Veränderungen verbunden würde. So waren viele der psychologischen Probleme seiner Patienten aus der Arbeiterklasse direkte Folge ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse, z.B. hatten die beengten Wohnverhältnisse, die die patriarchale Kernfamilie zusammenpreßten, einen starken Einfluß auf das Sexualleben der Heranwachsenden. Es war zu diesem Zeitpunkt, daß Reich enge Beziehungen mit den Sozialistischen und Kommunistischen Gruppierungen seiner Zeit aufnahm, die eine volle Zweidrittelmehrheit des Parlamentssystems in Österreich ausmachten. Für diese Kreuzung von sexueller und ökonomischer Freiheit prägte Reich den Begriff Sexualökonomie. Dies bezog sich nicht nur auf die sexuelle Natur der Ökonomie, sondern auch auf die ökonomische Natur der Sexualität, denn Reich betrachtete sowohl eine gesunde Sexualität als auch eine gesunde Ökonomie primär als einen sich selbst regulierenden Kreislauf.

Die Arbeit im Rahmen der Parteien bot Reich eine Plattform, um seine einzigartigen Ideen unter der sexuell aktiven Jugend aus der Arbeiterklasse zu verbreiten. Die Sex-Pol verteilte kostenlose Verhütungsmittel, bot Sexualberatung an, verschaffte Abtreibungen und brachte Tausende von jungen Leuten in die Parteien. Die traditionelle Linke tolerierte Reichs neuartige Mischung von Psychoanalyse und Dialektischem Materialismus eben wegen dieses enormen Zuflusses von Menschen. Während dieser Periode schrieb Reich Der sexuelle Kampf der Jugend; ein Klassiker, der später 1968 während der Bewegung des 22. Mai in Frankreich verbreitet werden sollte.

Jedoch kostete sein unbeugsames Eintreten für die sexuellen Rechte der Jugend Reich das Vertrauen seiner traditionelleren Genossen, und es dauerte nicht lange, bis sie sich weigerten, seine Schriften zu veröffentlichen. 1933 gab Reich im Eigenverlag sein Buch Die Massenpsychologie des Faschismus heraus, das die Ursprünge des Faschismus in der neurotischen patriarchalen Familienstruktur aufzeigte und so die wahre Natur der Krise aufdeckte, in die der Nazismus die deutsche Arbeiterklasse gebracht hatte. Dem entgegneten die deutschen Sozialisten, daß Hitler bloß einen „vorübergehenden Rückschlag“ darstelle. Und als die Nazis seine Bücher verbrannten, flüchtete Reich aus dem Land.

Wenn Reichs vollständige Hingabe an die Grundsätze der Psychoanalyse, ganz zu schweigen von seinem Engagement für die sexuellen Rechte der Jugendlichen, ihm seine „Heimat“ in den sozialistischen und kommunistischen Parteien gekostet hat, so kostete ihm sein Beharren auf dem Dialektischen Materialismus seine „Heimat“ in der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung. Die IPV schloß Reich 1934 aus. Reich, der damals in Norwegen lebte, traf sich kurz mit Leo Trotzki, der ebenfalls in diesem Land im Exil lebte. Von diesem Gespräch ist nichts überliefert, aber man kann annehmen, daß sie jenseits ihres gemeinsamen Mißtrauens gegen den Stalinismus, wenig Übereinstimmung fanden. Ich erwähne dieses Ereignis nur, um auf den Eifer hinzuweisen, mit der Reich nach Alliierten suchte und um eine Beziehung zwischen Trotzki, Reich und den Situationisten herzustellen, die viele Trotzkistische Ideen von der Gruppe Socialisme ou Barbarie übernahmen.

Reichs Handhabe des Dialektischen Materialismus ähnelte stark der Marxschen. Es war einfach eine Methode des funktionellen Denkens. Auf der Grundlage der Hegelschen Dialektik ist der Dialektische Materialismus der Ursprungsgrund aller Versuche und Entdeckungen in der modernen Wissenschaft. Die Dialektik ist das Wechselspiel zwischen der ursprünglichen Idee, vorgefaßten Meinung oder These; wenn man experimentiert oder mit der materiellen Realität wechselwirkt, trifft man auf eine Antithese; und aus dieser neuen Information kann man Schlüsse ziehen bzw. die Synthese, die dann einfach zu lohnenderen Forschungsansätzen führt. Für das Überleben des Menschen ist Theorie unentbehrlich, weil sie uns erlaubt, die bestmöglichen Entscheidungen in einer Lage zu fällen, bei der wir keine ausreichenden Informationen besitzen. Theoretische Fragen sind Fragen auf Leben und Tod, ungeachtet dessen was in den Schulen gelehrt wird.

In Norwegen begann Reich mit einer gründlichen Neubewertung seiner psychoanalytischen Tätigkeit und er fing an, nach einer materiellen Grundlage für Freuds Libidotheorie zu suchen. Diese Theorie postulierte, daß neurotisches Verhalten unmittelbare Folge von aufgestauter Sexualenergie war, die der Kernimpuls des Menschen ist. Reich fühlte, daß, vorausgesetzt diese Theorie sei richtig, der Nachweis möglich sei, daß die Sexualenergie, Libido, eine greifbare, meßbare Energie ist. Er begann seine These von der „Bioelektrizität“ zu überprüfen, indem er winzige Änderungen in der elektrischen Ladung auf der Hautoberfläche bei Versuchspersonen maß, die unterschiedlichen Formen lustvoller und unlustvoller Reize ausgesetzt wurden. Er entdeckte, daß tatsächlich ein Ansteigen der Potentialladung (Expansion) bei einer lustvollen Reizung und ein Abfallen (Kontraktion) bei Unlust auftrat.

David Holbrook, M.D.: SCHULDGEFÜHLE UND BEWEGUNG

4. Oktober 2021

DAVID HOLBROOK, M.D.:

Schuldgefühle und Bewegung

ÜBERLAGERUNG UND TEILUNG IN GALAKTISCHEN SYSTEMEN: 5. Der kosmische Orgonenergie-Ozean. b. Die kosmische Hintergrundstrahlung

3. Oktober 2021
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ÜBERLAGERUNG UND TEILUNG IN GALAKTISCHEN SYSTEMEN: 5. Der kosmische Orgonenergie-Ozean. b. Die kosmische Hintergrundstrahlung

DIE SITUATIONISTISCHE INTERNATIONALE: Wilhelm Reich kontra die Situationisten (Teil 5)

2. Oktober 2021

von Jim Martin

REICHs „WAHN“

Ein Problem, daß bei der Erörterung von Reich und den Situationisten auftaucht, ist Reichs Vorstellung vom Roten Faschismus. Philosophen haben mit Unverständnis auf Reichs Kritik am charakterlichen Rebellen reagiert, der in der „Bewegung“ die emotionale Entsprechung zum Nationalsozialisten bzw. Nazi darstellt. Der charakterliche Rebell schafft es nicht, die erstarrte rebellische Pose unter sich verändernden Bedingungen abzulegen, die ein konstruktiveres Engagement erfordern. Der Emotionelle Pest-Charakter, ob er nun von der Linken oder von der Rechten her wirksam wird, arbeitet unbewußt jedoch unermüdlich an der Unterdrückung des Lebens und freier Bewegung, all dessen, was lebendig ist und in Blüte steht.

Traditionell haben Europäer jene Theorien Reichs sehr geschätzt, die er während der späten Zwanziger und frühen Dreißiger Jahre entwickelt hat, als er ein aktives Mitglied der deutschen Linken war. Zu dieser Zeit schrieb Reich seinen Klassiker Die Massenpsychologie des Faschismus. Mit dem gleichen logischen Roten Faden legte Reich die emotionalen Grundlagen frei, die sowohl Nazis als auch Stalinisten in der patriarchalen Familie haben. Er erklärte, daß die geschichtliche Sexualunterdrückung die Grundlage für die Fähigkeit der einzelnen Überlieferungen war, Massenpsychosen und Massenmorde hervorzurufen. Als Reich jedoch gezwungen war, in den Vereinigten Staaten Asyl von nazistischen Bücherverbrennungen und Todesdrohungen, kommunistischen Säuberungen und moralistischen Verfolgungen durch die Justiz der liberalen sozialistischen Staaten Skandinaviens zu suchen, begann er mit einer vernichtenden Kritik am Marxismus selbst, mit der sich die meisten progressiven Europäer nicht abfinden konnten. So wird seine Amerikanische Periode als Ergebnis von Geisteskrankheit und „verständlichem“ Verfolgungswahn abgetan, unter dem er wegen seiner früheren Verfolgung gelitten habe. (Man, es heißt, er habe Eisenhower gemocht.) Der Haß auf Reichs politische Haltung erstreckte sich auch auf seine wissenschaftliche Arbeit, insbesondere seine Entdeckung einer biologischen Energie, der Grundlage für Freuds Libidotheorie, die er Orgon nannte.

Es ist jedoch die Sache mit dem Orgon, die viele Progressive wirklich beunruhigt und stört. Es ist ein Thema, das immer wieder in linken Auseinandersetzungen mit Reichs Werk auftaucht, daß man die sexualökonomische Arbeit, die er als Marxist in den Zwanziger und Dreißiger Jahren in Deutschland leistete, nicht durch Reichs Verrücktheit und Verfolgungswahn seiner späteren Jahre verdunkeln lassen darf.

Ich möchte an dieser Stelle feststellen, daß diese Haltung absolut falsch ist. Zunächst war auch ich selbst von Reichs zukunftsweisender Analyse der modernen Politik überrascht und gleichzeitig enttäuscht über seinen „späteren geistigen Verfall“ mit der „Orgon-Geschichte“. Doch mittlerweile habe ich von Reich ersonnene Experimente durchgeführt und sehr zu meiner Überraschung eine vollständige Übereinstimmung mit seinen späteren Befunden festgestellt. Der Orgonakkumulator funktioniert.

Er erzeugt einen Bereich, der wärmer als die umgebende Luft ist, im direkten Widerspruch zum Zweiten Thermodynamischen Gesetz. Er unterstützt biologische Vorgänge und Heilungen. Reichs Cloudbuster kann Regen erzeugen, wo Umweltverschmutzung die Atmosphäre zum Stagnieren gebracht hat. Ich habe einen im Gebiet der Bai von San Francisco in den trockensten Sommermonaten zu einer Zeit eingesetzt, in der es nie regnet. Nach meinen Operationen gab es Überschwemmungen entlang des Russian River. (Ich stelle hier nicht notwendigerweise die Behauptung einer kausalen Beziehung auf, sondern erwähne nur die Tatsachen. Es hat mir gereicht, um aufzuhören damit herumzuspielen.)