Posts Tagged ‘Panzerung’

Unser Haus am Meer

27. Januar 2025

Das Lied „Home by the Sea“, das 1983 auf der nach der Gruppe selbst betitelten CD „Genesis“ erschienen ist, handelt nach dem Autor der Liedtextes, dem Keyborder Tony Banks, von einem Einbrecher, der in ein Geisterhaus gerät und von den Gespenstern für den Rest seines Lebens mit ihren Geschichten gepiesackt wird. Betrachten wir den Text selbst und was das Unbewußte des Autors uns zu erzählen hat – mit Kürzungen frei übersetzt:

An der uneinsehbaren Seite hinaufkriechen, an der Wand hinaufklettern, schleichend durch das Dunkel der Nacht. Durch ein Fenster klettern, auf den Boden treten, nach links und nach rechts schauen, Sachen an sich nehmen und einstecken. Doch irgendetwas fühlt sich nicht normal an. Hilf mir jemand, laßt mich hier raus. Dann hört man plötzlich aus der Dunkelheit: „Willkommen im Haus am Meer“. Aus dem Gebälk, durch die offene Tür drängen von oben und unten kommend Schatten ohne Substanz. In Menschengestalt wirbeln sie ziellos durcheinander. Ihre Augen sind voller Verzweiflung und sie stöhnen wehklagend wie ein Mann: „So helfe uns doch jemand, laßt uns hier raus, die wir hier so lange ungestört lebten, träumend von der Zeit, als wir frei waren vor so vielen Jahren, vor der Zeit, als wir zum ersten Mal hörten: ‚Willkommen im Haus am Meer.‘ Setz dich hin, während wir unser Leben in dem, was wir euch davon erzählen, noch einmal durchleben. Bilder des Kummers, Bilder der Freude, Dinge, die ein Leben ausmachen: endlose Tage des Sommers, längere Nächte der Finsternis, Warten auf das Morgenlicht, Szenen der Unwichtigkeit, Fotos in einem Rahmen. Dinge, die ein Leben ausmachen. – Setz dich hin. Du entkommst uns nicht. Nein, bei uns wirst du bleiben für den Rest deiner Tage. – Setz dich hin. Wir erleben unser Leben neu in dem, was wir dir erzählen. Laß uns unser Leben neu erleben in dem, was wir dir erzählen.

Als Fremde stehlen wir uns ins Leben – und finden uns unvermittelt in der Falle, im klaustrophobischen „Haus am Meer“ – dem Meer mit seinen unendlichen Weiten. Schattenhafte, orientierungslose Wesen, die einst ebenso frei waren, wie wir, als wir eben noch draußen am Strand waren, bedrängen uns mit ihren bedeutungslosen Geschichten, die genauso leer sind wir ihre gesamte Existenz in diesem bedrückenden Gefängnis. Ein Leben aus zweiter Hand, während draußen die Meereswellen verheißend gegen den Strand stoßen.

Bedeutsam wird das Lied durch den weitestgehend instrumentellen zweiten Teil „Second Home by the Sea“, wo das Unbewußte der Musiker sich ungestört ausdrücken kann. Wie bei praktisch jeder Instrumentalmusik seit der Wiener Klassik geht es um einen quasi sexuellen Spannungsaufbau bis zu einer orgastischen Entladung. Man kann „hören“ wie sich im Becken Orgonenergie immer mehr konzentriert, sich mit jedem Wellenschlag der Körper windet, es aber schließlich nicht zur befreienden steil aufsteigenden Akme und anschließender Entladung kommt, sondern alles flach in Melancholie versandet: „Bilder des Kummers, Bilder der Freude, Dinge, die ein Leben ausmachen: endlose Tage des Sommers, längere Nächte der Finsternis, Warten auf das Morgenlicht, Szenen der Unwichtigkeit, Fotos in einem Rahmen. Dinge, die ein Leben ausmachen. Wir erleben unser Leben neu in dem, was wir dir erzählen.“

Wir alle leben gefangen im Haus am Meer, während draußen das glückverheißende Meer unerreichbar geworden ist. Jeder „Einbrecher“, jedes dem Meer entstiegene lebendige neugeborene Kind, machen wir zu einem schattenhaften, substanzlosen toten Gespenst, so wie wir selbst es sind. Wir „leben“ nur, indem wir uns gegenseitig mit Geschichten über das Leben vollabern. Ein „Leben“ aus zweiter Hand! Das „Haus am Meer“ ist unsere Panzerung, die uns gefangenhält, d.h. befriedungsunfähig macht. So sitzen wir und sitzen und sitzen in alle Ewigkeit im Haus am Meer – und öden uns gegenseitig mit unseren Geschichten an. Willkommen im Haus am Meer, wo wir unser Leben vollkommen sinnlos vertun und rettungslos verzweifeln, da uns das Leben unwiederbringlich wie der Sand einer Sanduhr durch die Finger rinnt:

„Orgonomie“: das große Mißverständnis!

7. Dezember 2024

Was ist die „Orgonomie“? Normalerweise werden als Antwort irgendwelche „Lehren“ aufgetischt bzw. sozusagen „Glaubenssätze“, wie: das Weltall wird von einer Energie durchtrömt, aus der durch „Überlagerung“ von „Energieströmen“ Materie und Leben hervorgehen, wobei Leben vor allem durch Pulsation gekennzeichnet ist. Weitere Stichworte sind dann „orgastische Plasmazuckung“, „Panzerung“, „Körperpsychotherapie“, „Arbeitsdemokratie“, „Kinder der Zukunft“ etc. – ein ganzes Lehrgebäude aus „fixen Ideen“. Das ist keine Wissenschaft, das ist eine Religion! Sie hat sogar ihr eigenes Symbol, ihr eigenes spezielles „Kreuz“:

Dabei steht dieses „Symbol des orgonomischen Funktionalismus“ genau für das Gegenteil einer „Weltanschauung“! Ungefähr das Letzte, was die Welt braucht, sind weitere (diesmal „orgonomische“) Theorien, Konzepte, Weltmodelle, „Therapien“, Erziehungskonzepte und Gesellschaftsmodelle! Was die Menschheit hingegen unbedingt benötigt, ist bioenergetischer Kontakt und klares Denken – und genau dafür steht das obige Symbol!

Das „Orgon“ ist nichts anderes als eine Abstraktion, will sagen die Zusammenführung unterschiedlichster Beobachtungen und Messungen zu einem Konzept, das sich schließlich als handfeste Realität erweist: bioenergetischer Kontakt. Die „Orgontherapie“ ist nicht einfach ein weiterer Ansatz wie viele andere mit irgendwelchen „therapeutischen Techniken“, sondern die Herstellung von bioenergetischem Kontakt. Das Entsprechende gilt für alle Aspekte der Orgonomie.

Es ist unvermeidlich, daß sich aus diesen „Ein-Sichten“ etwas ergibt, was den Anschein einer weiteren Weltanschauung („Aus-Sichten“) unter vielen anderen „Doktrin“ vermittelt: eben das, was gemeinhin als „Orgonomie“ präsentiert wird. Doch das ist ein grundlegendes Mißverständnis, „[e]s geht vielmehr um ein Denkwerkzeug, das man gebrauchen lernen muß, wenn man das Lebendige erforschen und handhaben will“ (Äther, Gott und Teufel, S. 7).

Beispielsweise ist die Orgonphysik nicht eine „Äther-Physik“, sondern das, was Orgonomen in der Natur und im Labor beobachten, kommt teilweise dem „Äther“ recht nahe, aber dieser ist eine mechanistische Vorstellung. Entsprechendes gilt für mystische Konzepte, etwa „Prana“ oder „Qi“. Ja, Orgontherapeuten wenden die gängigen psychotherapeutischen Techniken an, aber das niemals mechanisch, sondern immer im Rahmen der Herstellung von bioenergetischem Kontakt. Entsprechend ist die Orgontherapie eben keine „Psychotherapie-Schule“ neben anderen. Ähnliches läßt sich über Erziehungsmethoden und andere Bereiche der praktischen Soziologie sagen. Es ist eben nicht so, daß der Orgonom auftritt und fixe „orgonomische Ideen“ „anwendet“, sondern er stellt schlichtweg Kontakt zum Lebendigen her und versucht sein Denken und Handeln entsprechend wirklichkeitsgerecht auszurichten. SECUNDUM NATURAM!

Leider ist das Mißverständnis „Orgonomie“ unvermeidlich, weil im praktischen Umgang mit deinen uninformierten Mitmenschen allein schon aus Zeitgründen Stichworte wie „Äther“, bestimmte „Therapietechniken“ oder „Erziehungsmaximen“ immerhin eine vage Ahnung dessen vermitteln, was Orgonomie ist. Tatsächlich ist die Orgonomie aber wie das Leben selbst: man muß sich über die Jahre in sie „ein-leben“, um sie erfassen zu können. Man muß schlicht und ergreifend LEBEN! Alles anderer ist religiöser Wahn.

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 44)

27. Januar 2023

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

Wäre ich beispielsweise Gesangslehrer, würde ich den Schüler einfach bitten, etwas zu singen, das aufnehmen und ihm das sozusagen „charakteranalytisch“ zurückspiegeln, indem wir uns gemeinsam die Aufnahme anhören. Sodann würde ich ihn fragen, was hier nicht zu seiner Vision von dem paßt, was er erreichen wollte, erstrebt hat. Auf diese Weise würde ich die Hemmung, die ihm sein Leben frustabel macht, d.h. seine individuelle Panzerung ansprechen.

In einem zweiten Schritt würde ich ihn fragen, ob es wirklich seine eigene wahre Vision von Singen, von Performance, ist oder er irgendeiner heteronomen Modeerscheinung aufgesessen ist, mit der er sich nicht wirklich identifizieren kann. Ich würde damit sozusagen die gesellschaftliche Ideologie angehen, die soziale Panzerung.

Im ersten Fall geht es um die Technik, im zweiten um den Stil. Das Ziel meines Unterrichts wäre es, Fassade und Kern wieder miteinander zu verbinden und die sekundäre Schicht in einem Zweifrontenkrieg immer weiter einzuengen und schließlich zu zermalmen.

Das bringt mich zu Marx, demzufolge Arbeit definiert ist als „Vision“ plus Handanlegen, was von vornherein die gesamte Thematik von Arbeitsteilung, Überbau und Unterbau, Produktionsmittel und Produktionsverhältnisse, Klassenbewußtsein und gesellschaftliche Ideologie impliziert. Ich habe in den vorangegangenen Teilen dieser Blogserie versucht darzustellen, daß es sich hier um sozusagen Masken der Stirnerschen Anthropologie handelt: verinnerlichte Hierarchien, Über-Ich, Panzerung.

Bei Freud geht es um das „Ichideal“, d.h. die Vision dessen, was man gerne wäre; womit man sich identifiziert: mit dem heteronomen Vorgaben der Gesellschaft (letztendlich der „schwarzen“ Mittlere Schicht in der obigen Abbildung) oder mit dem autonomen bioenergetischen Kern.

Man wird Eigner seiner selbst, d.h. gewinnt „seine eigene Stimme“, wie man so schön sagt!

nachrichtenbrief185

27. Dezember 2020

Der Garten Eden lag in Hamburg:

David Holbrook, M.D.: LIEBE UND ORGASMUSANGST BEI EINEM PARANOID-SCHIZOPHRENEN CHARAKTER (Teil 2)

11. Dezember 2020

 

DAVID HOLBROOK, M.D.:

 

Liebe und Orgasmusangst bei einem paranoid-schizophrenen Charakter

 

David Holbrook, M.D.: DIE DREI SCHICHTEN DER BIOPSYCHISCHEN STRUKTUR (Teil 3)

11. Januar 2020

 

DAVID HOLBROOK, M.D.:

 

Die drei Schichten der biopsychischen Struktur

 

Paul Mathews: Die Wirkungsweise der Emotionellen Pest

5. September 2019

 

Paul Mathews:
Die Wirkungsweise der Emotionellen Pest

 

Die Wirkungsweise der emotionalen Pest (Teil 2)

11. Januar 2019

 

Paul Mathews:
Die Wirkungsweise der Emotionellen Pest

 

Peter brütet über Reichs Panzerzeichnungen und Panzerschemata

11. April 2018

Seit Beginn meiner Beschäftigung mit Reich stolpere ich ständig über zwei eng miteinander verbundene Probleme:

1. wäre da der eklatante Widerspruch zwischen der Aussage und der Ausdruckssprache folgender Illustration aus Äther, Gott und Teufel:

Die Aussage ist, daß der Panzer ein quasi „anorganischer“ bzw. „antiorganischer“ Fremdkörper im Organismus ist, der dessen Lebendigkeit stört. In der obigen Abbildung hingegen wird die Panzerung durch eine organische Wellenform symbolisiert. In der entsprechenden freihändigen Zeichnung Reichs im Originalmanuskript ist es sogar eine Kreiselwelle!

2. Das Rätsel vertieft sich, wenn man sich vor Augen führt, daß die Funktionsschemata, die am Anfang der Entwicklung der Orgonometrie stehen, vor allem von der Beschreibung der Panzerung handeln und nicht etwa von der Beschreibung des Lebendigen selbst:

Was die Massen lernen müssen

4. März 2018

Alles hängt davon ab, ob oder ob nicht und wie schnell die gesamte Öffentlichkeit von der Einsicht in die Schädlichkeit von Panzerung durchdrungen wird. (Kinder der Zukunft, S. 66)

Das ist eine der wichtigsten Aussagen in Kinder der Zukunft, das erste Buch von Reich, das seit 20 Jahren in Deutschland erschienen ist. Wie Charles Konia immer und immer wieder hervorgehoben hat, ist es praktisch das einzige, was man im Moment auf Massenbasis konkret tun kann: die Massen müssen gewahr werden, daß Panzerung ein Faktor, nein, DER Faktor ist, der ihr Leben bestimmt.

Dies umfaßt drei Bereiche:

  1. Die Prävention, d.h. das Verhindern, daß sich Säuglinge, Kinder und Jugendliche überhaupt erst abpanzern. Das ist natürlich das Thema von Kinder der Zukunft.
  2. Das Gewahrwerden, daß „psychische“ (emotionale) und „psychosomatische“ (bioenergetische) Erkrankungen nicht auf biochemischen Ungleichgewichten im Körper beruhen, sondern auf Panzerung, will sagen, sie gehen letztendlich auf Panzerung zurück. Langfristig bedeutet dies einen radikalen Umbau unseres gesamten Gesundheitswesens.
  3. Unser soziales Leben, insbesondere aber die „Gesellschaftspolitik“ ist Ausdruck von Panzerung. „Politik“ reduziert sich dann weitgehend auf Psychopathologie (d.h. Emotionspathologie) und verliert damit ihre Macht über die Massen. Dies gilt insbesondere für Politik linker Provenienz, die nichts anderes ist als säkularisierte Religion. Es ist buchstäblich so, daß das „Seelenheil“ der Weltverbesserer von der – Weltverbesserung abhängt, d.h. keinerlei Verankerung im rationalen Leben (in dem, was Reich „Arbeitsdemokratie“ nannte) hat.

Es wird sich in dieser Welt nichts, NICHTS, zum Positiven hin verändern, solange die Menschen sich ihrer Panzerung und der Panzerung in ihren Mitmenschen nicht gewahr werden. Es ist wie in der individuellen Orgontherapie: nichts, wirklich NICHTS, geht voran, solange der Patient sich nicht seiner jeweiligen Panzerung, etwa im Brustsegment, gewahr wird. Das bedeutet natürlich nicht nur, daß man intellektuell „weiß“, daß man gepanzert ist (ein bloßes Jonglieren mit nicht klar definierten Begriffen), sondern daß man es fühlt, erfährt, in Kontakt mit der Panzerung tritt, sozusagen Kontakt mit der Kontaktlosigkeit aufnimmt. Das geht einher mit einem existentiellen Schmerz und dem Willen zur Veränderung. Im sozialen Bereich muß dieser Wille die Massen erfassen oder es gibt keinerlei Hoffnung dem Abgleiten in die Barbarei zu entgehen. Deshalb ist etwa das Buch Kinder der Zukunft von einer Bedeutung, die schlichtweg nicht überschätzt werden kann.