[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]
Was die Konservativen auf ewig von LSR trennen wird, ist Reichs Diktum, daß die Moral erst das erzeugt, was sie bekämpfen will. All die, jedem Konservativen eigene, moralische Empörung gegen die „Dekadenz“ ist gut und richtig, bleibt aber imgrunde ein Verhängnis, denn mit den sekundären Trieben werden letztendlich auch die primären Triebe unterdrückt. Man denke dabei insbesondere an die Sexualmoral und daß alle Ethik einen antisexuellen Kern hat.
Ähnliches läßt sich über die „natürliche“ oder „gottgegebene Ordnung“ sagen, denen jeder Konservative anhängt. Stehen LaMettrie und Stirner nicht für die konsequenteste und „zynischte“ Rebellion gegen diese Ordnung? Das ist eine abstrakt philosophische Frage. In Wirklichkeit führt individuelle Willkür stets zu mehr Ordnung als jeder künstliche Eingriff. Das zeigt sich im offensichtlichen Gegensatz von Planwirtschaft, die immer im Chaos mündet, und Marktwirtschaft. Oder man denke daran, daß Menschen immer künstlich sozusagen „durchgewürfelt“ werden müssen, weil sich ansonsten Schulklassen in Cliquen aufspalten, Städte spontan in voneinander abgegrenzte ethnisch und einkommensmäßig Wohnquartiere zerfallen, Kirchengemeinden sich nach ethnischen Zugehörigkeiten organisieren etc. Freiheit und Ordnung bedingen einander. Das beste Beispiel ist Evolution selbst, die auf freier Partnerwahl beruht. Jede „sexuelle Planwirtschaft“ muß zu einer fortschreitenden Qualitätsabnahme des Genpools führen, zu mehr Entropie, Dekadenz.
Wohlverstanden (man beachte: wohlverstanden) ist LSR die EINZIGE konsequent konservative Lebenshaltung. Der linke Abschaum nimmt das sehr wohl wahr!
Meines Erachtens ist die orgonometrische Grundgleichung, die (soweit ich das übersehen kann) erste Gleichung, die Reich formuliert hat und nach deren Muster später weitgehend alle folgenden Gleichungen gebildet wurden:
Nach diesem „Urgegensatz von Psyche vs. Soma“ können wir alle bekannten mythologischen Gegensätze an- bzw. einordnen:
Licht vs. Finsternis
Ordnung vs. Chaos
Geist vs. Materie
Yang vs. Yin
Die „Psyche“ ist der Körper, der in seiner Gesamtheit funktioniert. Wir schauen in den Spiegel und sagen: „Das bin ich.“ Sodann können wir auf die „Einzelheiten“, d.h. unsere Glieder verweisen, etwa auf die Finger oder auf den Bereich unserer Leber. Das ist das „Soma“, die einzelnen Teile unseres Organismus, die wir zu einem Gutteil „abschneiden“ können, ohne uns selbst zu verlieren. Ich bin kein anderer, wenn meine entzündeten Mandeln entfernt werden oder ich mit der Brotschneidemaschine unachtsamerweise gleich noch meinen kleinen Finger mitverwurste!
Das Licht in der Finsternis, der Ton in der Stille, die Berührung in der Einsamkeit – das ist alles, als wenn die „Psyche“ in Erscheinung tritt. Bewußtsein assoziieren wir mit Licht, etwa beim allmorgendlichen Erwachen. Gedanken sind so etwas wie „Töne“. Wir kommen erst zu uns selbst, wachen aus dem autistischen Wachkoma auf, wenn wir buchstäblich oder im übertragenen Sinne „berührt“ werden. Vorher sind wir nur „Körper“, d.h. eine Aneinanderreihung von Organen und Gliedern. Etwas, was man ohne ethische Bedenken „ausweiden“ kann. Und genau das geschieht alltäglich mit „Organspendern“ in Kliniken.
Ordnung zieht in eine chaotische Welt ein: das beschreiben ausnahmslos alle Mythologien von der Bibel bis zu den nordischen Heldensagen und der vedischen Literatur, von den Mythen der Indianer bis zu denen der Aborigines. Es ist alles so beschrieben, als würden die „psychischen“ Funktionen in einem Körper erwachen.
Nichts anderes beschreiben auch die klassischen Philosophien, etwa der Platonismus (die Welt der Ideen vs. die formlose Materie) und die Gedankenwelt des Ostens, etwa das „Yang“ und „Yin“ im alten China, wo es immer darum geht, daß ein aktives Prinzip und ein passives Prinzip einander durchdringen und befruchten. In China ist das aktive Prinzip dabei eindeutig männlich konnotiert, in Indien eindeutig weiblich („Shakti“). Shakti tanzt auf dem wie tot daliegenden Shiva. Zusammen machen sie den Organismus aus, den wir Universum nennen. Wie gesagt gegensätzlich konnotiert drückt das Symbol der chinesischen Weltanschauung genau das gleiche aus:
Alle bisherige menschliche Weisheit ist nichts anderes als Orgonometrie in statu nascendi.
Ältere Einträge und Diskussionen im NACHRICHTENBRIEF zeigen einen Peter, der sich Verschwörungstheorien gegenüber sehr skeptisch positionierte und Verschwörungstheoretiker sogar herablassend pathologisierte. Auf deutsch: sie sind mir auf den Sack gegangen! Offensichtlich hat sich in Peters Einschätzung etwas grundsätzlich geändert. Zunächst einmal habe ich mich zu praktisch 100% vom Mainstream abgewendet. Ich höre weder Radio, noch schaue ich Fernsehen und Zeitungen und Zeitschriften, etwa den Spiegel, meide ich wie die Pest. Es ist, als hätte ich eine Sekte verlassen, der ich schon in der Grundschule beigetreten bin, denn nichts anderes ist diese linke Medienblase. Ich hatte den Verschwörungstheoretikern vorgehalten, daß sie in einer durch okulare Panzerung induzierten Wahnwelt lebten, doch tatsächlich war es eher umgekehrt: die Wahnwelt des Mainstream hatte bei mir ein okulare Panzerung (im Sinne von „Scheuklappen“) induziert und all den hirnerweichenden Quatsch glauben lassen, den etwa die Tagesschau verbreitet.
Trotzdem hat sich an meiner grundsätzlich kritischen Haltung gegenüber Verschwörungstheorien und ihren Vertretern nichts geändert. Die glauben nämlich, daß „alles geplant“ sei, es „keine Zufälle gibt“ und alles nach einem Skript abläuft. Eine „okulare“, vom Gehirn, bewußten Intentionen gesteuerte Welt. Entsprechend verheddern sie sich regelmäßig in den Netzen, die sie zwischen Personen und Geschehnissen spannen. Irgendwann paßt wirklich nichts mehr zusammen und nur noch Irre können der Verschwörungstheorie anhängen.
Es ist wie im Krieg: die großartigen Pläne der Feldherren laufen nur solange wie geplant ab, bis der Gegner die Frechheit besitzt zurückzuschießen, Brücken zu sprengen, Scheinangriffe zu lancieren, unerwartete Ressourcen zu aktivieren, etc. Darüber hinaus haben die meisten Verschwörungstheoretiker schlichtweg den Kern der Verschwörung nicht verstanden, obwohl sie selbst ständig darauf verweisen: „Chaosmagie“.
Womit ich ausdrücklich nicht die auf Fiktion und „fantasy“ beruhende „Chaosmagie“ meine, wie sie im Anschluß an Aleister Crowley entwickelt wurde und deren aus einem Fantasy-Roman stammendes Symbol, der „Chaosstern“ mit seinen acht nach außen gerichteten Pfeilen, sich etwa bei Alexander Dugin findet. Auf der wirklichen Chaosmagie beruht sowohl die Kabbala als auch der tibetische Tantrismus: eine neue Welt kann nur aus dem Chaos (dem Tohuwabohu, der essentiellen Leere aller Erscheinungen) erwachsen, der Zerstörung jedweder Form. Am Anfang der Welt war Durcheinander, Wirrwarr und entsprechend kann auch eine neue Welt nur aus dem Tohuwabohu entstehen. Das „antiautoritäre“ Chaos ist der Kern der Verschwörung, so daß darüber hinaus ein wirklich stringenter Plan per se nicht auszumachen ist, vielmehr würde er, wie widersinnig das auch klingen mag, „dem Plan“ widersprechen.
Zunächst einmal ist absolutes Chaos erstaunlicherweise sehr schwer herzustellen. Im nachhinein wird man doch immer irgendeine Regelmäßigkeit finden, beispielsweise weil die sechs Seiten „eines Würfels mit sechs unterschiedlichen Seiten“ niemals exakt gleich sein können. Zufallsgeneratoren greifen mittlerweile auf die kosmische Strahlung zurück, um dem „reinen Zufall“ zumindest nahe zu kommen und selbst das ist zweifelhaft, weil die Himmelsobjekte nicht gleichmäßig verteilt sind.
Wenn absolute Unordnung annäherungsweise hergestellt ist bzw. gerade dann, passieren die wahnwitzigsten Zu-Fälle. Da kennt jeder aus dem Alltag, wenn Ereignisse aus heiterem Himmel so gut zusammenpassen, daß man das nicht hätte besser planen können. Man verläßt sich auf seine Serendipity (um Laskas Lieblingsbegriff zu benutzen). Synchronizität bzw. Serialität ist etwas Reales – und prinzipiell nicht Steuerbares. Das einzige, was man tun kann, ist die sich bietende Gelegenheit beim Schopf zu packen. Eben das ist „Chaosmagie“. Prinzipiell ist das lebenspositiv, denn es zeigt, daß sich spontan immer eine „natürliche Ordnung“ etablieren wird, ganz entsprechend dem Reichschen Diktum, daß das Lebendige immer wieder von neuem die Bedingungen des Lebens aus sich selbst erschaffen wird. Das ist sowohl die Grundlage der Orgasmustheorie als auch der Arbeitsdemokratie. Selbststeuerung und Anarchie ist machbar, Herr Nachbar!
Wie bei allem gibt es auch hier eine lebensnegative, „pestilente“ Wende, nämlich die der Weltverschwörer. Ein Beispiel ist der 7. Oktober in Israel. Es ist zu kurz gegriffen, wenn man frägt, ob die rechtsextreme, von religiösen Spinnern dominierte israelische Regierung den Hamas-Überfall selbst inszeniert hat, um die Palästinenserfrage der Endlösung näher zu bringen. Man vergißt dabei den tiefsitzenden Rassismus, der europäisch-stämmigen Elite Israels, für die Araber kaum mehr als Halbaffen sind, die nichts zuwege bringen und die man deshalb nicht wirklich ernstnehmen muß; die grenzenlose Überschätzung der eigenen Möglichkeiten und denen der amerikanischen Militärtechnik; und nicht zuletzt den antiautoritären Zerfall der israelischen Gesellschaft und damit die Zersetzung aller Standards, auch der militärischen was Führung, Disziplin und Eigenverantwortung betrifft. Mit anderen Worten: das Chaos hat für das Chaos gesorgt und die kabbalistischen Verschwörer sehen ihre Stunde gekommen. „Man braucht nur Gottvertrauen!“ – Ich verweise nochmals auf meine Weihnachtsbotschaft.
[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]
„Laskas LSR“ läßt sich auf den Satz reduzieren: „Wo Über-Ich war, soll Ich sein!“ gegen Freuds Satz: „Wo Es war, soll Ich sein!“ und den Satz so mancher verpeilter Reichianer: „Wo Ich war, soll Es sein!“
Als Reich zur Psychoanalyse kam, war ihm von Anfang an das Suhlen im Prägenitalen fremd, wie es etwa die Psychoanalytiker Isidor Sadger und Paul Federn verkörperten. Für den letzteren war der Mensch das einzige „sadomasochistische Tier“ und er war einer der wenigen konsequenten Anhänger von Freuds Todestriebtheorie. Es war natürlich Federn, den Reich als „Modju“ festmachte, ohne zu wissen, daß es Freud war, der Reichs Genitalitätstheorie als „Steckenpferdreiterei“ denunzierte und der die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten auf denkbar zynische Weise ausnutzte, um Reich ohne peinliche Diskussionen loswerden zu können. Die Nazis, vor denen man sich doch angeblich schützen wollte, bekamen das gar nicht mit – anfangs nicht mal Reich selbst…
Jene, die heute absurderweise Reich wegen dieses Ausschlusses „rehabilitieren“ wollen, bekunden nichtsdestotrotz weiterhin ihre persönliche Distanz zu Reich und daß sie „menschlich“ Freud vorziehen würden. Man suhlt sich weiter lieber im Prägenitalen, was heute, angesichts des Genderwahns, einfach „progessiver“ ist denn je.
Laska hat dieses Ausweichen vor dem Wesentlichen des Reich-Freud-Konflikts und diese klammheimliche Sympathie mit Freud immer im Sinne von „Wo Über-Ich war, soll Ich sein!“ interpretiert, d.h. der Angst vor einer konsequenten Aufklärung. Ich kann dem nur zustimmen, „aber“ m.E. gibt es hier einen zweiten Aspekt, für den Laska keinen Blick hat, weil er die weitere Entwicklung Reichs Richtung Entdeckung des Orgons und kosmische Überlagerung weitgehend ausblendet.
Dieser zweite Aspekt ist tatsächlich das „Es“, d.h. der Ozean der Triebe, aus denen das Ich wie eine Insel hervorgegangen ist. Im Netz findet sich folgende Definition des Es:
Es ist vorerst das Insgesamt von allem natürlich Gegebenen wie Konstitution, Vererbung, Geschlechtszugehörigkeit, Triebe und archaische Bilder (…). Sodann ist es das Auffangbecken von allem Verdrängten, das weiterhin aus dem Es heraus wirkt und psychisches Geschehen beeinflußt. Das Es ist einem Hexenkessel vergleichbar: einem Konglomerat von Triebregungen, Anlagen, Wünschen, Gefühlen, Strebungen ohne Logik, ohne Moral, ohne Sinn für Ordnung und Maß, ohne Rücksicht sogar auf die Selbsterhaltung, einzig dem Bestreben nach Lustgewinn und Unlustvermeidung verpflichtet.
Wie das Ich aus diesem Chaos „ohne Sinn für Ordnung und Maß“ hervorgehen soll, wird nicht recht ersichtlich, zumal auch noch der „Todestrieb“ eine Rolle spielt. Reichs Genitalitätstheorie impliziert aber genau „Sinn für Ordnung und Maß“. Konkret heißt das, daß man sich von Anfang an, auf die Selbstregulierung „des Lebendigen“ verlassen kann, wie Reich es beispielsweise in der „sexualökonomischen Lebensforschung“ (Bione) und in der Untersuchung der Eigenschaften des Orgons (kosmische Überlagerung) freigelegt hat. Wenn man so will hat Reich den formbildenden „Logos“, das Gesetz von „Ordnung und Maß“ freigelegt – und instinktiv von Anfang an vertreten. Auf ziemlich verquere Weise bringen die besagten „Reichianer“ das mit ihrem „Wo Ich war, soll Es sein!“ zum Ausdruck.
Ähnliches, nämlich die Grundannahme, daß das Lebendige jederzeit seine eigenen Seinsbedingungen schaffen kann, läßt sich über Laskas beide anderen Helden LaMettrie und Stirner sagen. LaMettrie ging es darum, daß man sich letztendlich auf die Natur verlassen könne, weil das Maximum an Lust, daß sie erstrebt, nur mit Delikatesse, Rücksicht und Zärtlichkeit erreichbar ist – das exakte Gegenteil der Folterkeller des vermeintlichen „Libertines“ De Sade. Genitalität vs. Prägenitalität.
Und was schließlich Stirner betrifft, der seine Sache auf nichts gestellt hat: Der konkrete Einzelne steht jeweils für sich im Mittelpunkt seiner Welt und bildet ein Netz von Beziehungen. Stirner sprach von „Vereinen“, die den Interessen ihrer Mitglieder dienen und aufgelöst werden, wenn der einzelne bessere Optionen findet. Die Selbstorganisation der Gesellschaft. Reich sprach von der „Arbeitsdemokratie“. Marx, Stirners Gegenspieler, dreht dieses Bild um und „überwand“ auf diese Weise diese „Kleinbürgerei“: die Strahlen kommen sozusagen aus dem mystischen Nichts („die Gesellschaft“, man denke nur an „die Wähler“: eine Entität mit einem Willen…) und ihre Schnittstellen, sind die einzelnen Menschen, die dergestalt nichts sind als Ensembles gesellschaftlicher Verhältnisse. Niemand ist für irgendwas verantwortlich. Genitalität vs. Prägenitalität. Zur Illustration schaue man sich ein beliebiges Marxistisches Gesellschaftssystem in der Geschichte an.
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Max Stirner von konservativer Warte? Nehmen wir Edmund Burkes klassische Betrachtungen über die Französische Revolution, die eine brillante Verteidigung der Institution der Erbmonarchie und anderer „Vorurteile“ darstellen. Burke positioniert hier die Legitimität der Vorurteile gegen die „rationalen“ Kopfgeburten der französischen Aufklärer. Damit inspirierte er den Freiherrn vom Stein und dessen Mitarbeiter und späteres Mitglied der Paulskirche Ernst Moritz Arndt. Dieses Dreigestirn („BSA“) meine ich, wenn ich von „Konservativen“ spreche. Es sind jene, die die absolutistische Tyrannei aufbrechen wollten (und es auch praktisch getan haben), indem sie die Legitimität wiederherstellten: der preußische Staat zog sich (praktisch einmalig in der Weltgeschichte) vollkommen aus der Gesellschaft zurück, die Gemeinden erhielten ihr Recht zurück, sich selbst zu verwalten, etc. Nichts weltbewegendes, aber genau jenes Maß an Freiheit („Wahrheit“), die die Strukturen der Menschen noch gerade so eben aushalten konnten. Der Weg in die richtige Richtung: Dezentralisierung ohne „krebsigen“ Zerfall, Selbstverantwortung und Selbstbestimmung ohne „krebsiges“ Chaos, Demokratie ohne „krebsige“ Verantwortungslosigkeit.
Die Gegner von BSA waren die verdammten Wahrheits- und Freiheitskrämer mit ihren heeren Ideen. BSA ist zwar nicht gerade aufregend, nicht weltbewegend, nicht sexy, aber es ist der erste Schritt hin zu mehr Lebensfreude (weil es buchstäblich der Weg zurück zur Erde ist, weg von den hehren Ideen), zu mehr „Einzigkeit“ (weil nicht mehr die Idee der „Freiheit“ der Leitfaden ist, sondern das praktische Leben), zu mehr Arbeitsdemokratie.
Nehmen wir mal an, die Stirnerity würde sich durchsetzen. Wäre sie wirklich tragfähig? Wäre das nicht vielleicht ein ziemlich lustloser Haufen, der fatal an jene Pseudo-Stirnerianer im Paris der 1940er und 1950er Jahre erinnern würde: die grämeligen, kreidebleichen, schwarz-in-schwarz gekleideten Existentialisten, die „aus sich heraus ihre selbstverantwortete eigene Welt schaffen“ (oder so)? – Ich meine, wann kommt in einem „Verein“ (von der Betriebsfeier, über die Dorffeier bis zum Fest der Pygmäem im Kongo) wirklich genuine gemeinsame verbindende buchstäblich ansteckende Lebensfreude auf? Wenn der gemeinsamen Tradition gedacht und diese „Vorurteile“ (die für den Außenstehenden vollkommen gaga sind) zelebriert werden! Wenn es über Kopfgeburten, gemeinsame „kalte Interessen“ und Unverbindlichkeiten hinausgeht, d.h. wenn die gemeinsame Einzigkeit gefeiert wird. Identität. Legitimität. „Justified and ancient!“
Linke/Liberal und Konservative (BSA) sind eben nicht die gleiche Kategorie. Auf BSA kann man nicht „hereinfallen“!
Desgleichen mit der „Wissenschaft“: man kann auf den „Szientismus“ hereinfallen, aber eben nicht auf die Wissenschaft. Das eine ist ein Wahngebilde (und gerade die moderne „Wissenschaft“ entwickelt sich immer mehr zu einem solchen bloßen Wahngebilde, das jeden bezug zur Wirklichkeit verliert) – das andere ist Faktizität.
LSR (die totale Gegnerschaft) und BSA („Legitimität“) gehören zusammen: ohne das „anti-aufklärerische“ BSA kann sich die Aufklärung (LSR) nie durchsetzen. Ja sie darf sich sogar nicht (ohne BSA) durchsetzen! (Siehe oben alles zusammengenommen.)
Faschismus ist Ausdruck der Mittleren Schicht. Roter Faschismus ist Ausdruck der Mittleren Schicht mit Hilfe der sozialen Fassade. Und da sind wir gewisserweise immer noch, trotz des Sieges über den Kommunismus: in der kontaktlosen sozialen Fassade. Eine „illigitime“ (also „unechte“) Kontaktlosigkeit, gegen die schon BSA ankämpften, als sie mit der Französischen Revolution und ihren Folgen konfrontiert waren.
Imgrunde gibt es nur zwei Lager: jene Partei, für die „am Anfang das Chaos stand und der Geist über ihm schwebte, um es zu ordnen“, und die Partei, für die „am Anfang der Logos stand“, d.h. die Ordnung von Anfang an feststand und dann vielleicht später korrumpiert wurde, so daß zeitweilig das Chaos ausbrach.
Die philosophischen und theologischen Zusammenhänge können uns hier gleichgültig lassen. Uns interessiert nur, daß dieses konträre Empfinden auf einer unterschiedlichen bioenergetischen Struktur der Vertreter dieser beiden Lager beruht.
Die erste Partei lebt abgeschnitten vom bioenergetischen Kern nur im Kopf und in der sekundären Schicht. Entsprechend empfindet sie die Welt als ewigen Klassenkampf und den Menschen als vollkommen substanzlos (Marx) oder als polymorph-perverses Tohuwabohu (Freud), in die der Intellekt bzw. natürlich die „Intellektuellen“ ordnend eingreifen müssen, wie es der Kommissar bzw. der Psychoanalytiker tut.
Diese Leute sind die Satanisten, die beispielsweise für die Russische Revolution verantwortlich waren und heute für den grün-roten Great Reset verantwortlich sind („aus der Krise in eine neue Ordnung“). Sie zeigen eine merkwürdige Faszination für DeSade und wirklich alles, was für Chaos und Zerfall steht. Das ist Reich sofort aufgefallen, als er sich der Psychoanalyse zuwandte: dieses Insistieren, daß „am Grunde“ immer das „polymorph-perverse, sado-masochistische Chaos“ herrscht, es keine natürliche Ordnung gibt – jedenfalls keine natürliche Ordnung, die mit einem gedeihlichen Zusammenleben vereinbar wäre.
Die zweite Partei hat den Kontakt mit dem bioenergetischen Kern nicht verloren und glaubt deshalb instinktiv, „daß sich alles von selbst regelt, wenn man es nur sich selbst überläßt“. Die Genitalität ist das Primäre und Normale (Reich), ich bin auf eine fundamentale Weise „in Ordnung“ (Stirner), die Tugend geht organisch aus der Wollust hervor, aus der willkürlich gesetzten Tugend folgt nur Leid, Chaos und Untugend (LaMettrie).
Reichs Die kosmische Überlagerung ist eine einzige große Denkschrift für den Logos im Sinne Heraklits, das gleiche gilt für seine Orgonometrie. Die Ordnung war von Anfang an da. Man kann sich deshalb fallenlassen, da das Leben stets seine eigenen Voraussetzungen aus sich selbst heraus schafft. Reichs Gegner (Freud, Marx und die gesamte „Intellektuellenschaft“) können eine „derartige Naivität“ nur verächtlich vom Tisch wischen. Für sie ist, frei nach Mephistopheles, nichts Bestehendes Wert zu existieren. Alles muß ständig in seine Einzelteile zerschlagen, neu gemischt und mit titanischem Willen neu geordnet werden. Aber letztendlich ist ihr quasi „buddhistisches“ Ideal die komplette Entropie. „Ordnung“ ist dann erreicht, wenn alles gleichmäßig verteilt ist. Natürliche Strukturen sind für sie ein Widerspruch in sich selbst. Es sind Nihilisten im ordinärsten Sinne des Wortes!
Sie haben die Weltherrschaft übernommen und werden nicht eher ruhen, bis IHRE „natürliche Ordnung“ hergestellt ist, das absolute Chaos „über dem sie schweben können“. Wir, die andere Partei, werden unsererseits nicht eher ruhen, als bis wir unsere NATÜRLICHE ORDNUNG hergestellt haben. Das ist die Grundlage, die, um auf Peter Töpfers neustes Buch zurückzukommen, „uns“ und die Christen in einer Partei vereinigt – bei allen unaufhebbaren Gegensätzen…
Mir wird manchmal vorgehalten, daß ich ab und an wie ein ultrafanatischer Fundamental-Katholik klinge. Das hat einen Grund – nämlich DEM „Grund“ von allem was ist!
[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]
Charles Konia hat den die westliche Welt zerstörenden Antiautoritarismus wie folgt definiert:
Antiautoritär bezieht sich auf die absolute Ablehnung jeglicher Form von sozialer Autorität auf lokaler Ebene. Wenn die lokale Autorität abgeschafft wird, entsteht unweigerlich Chaos. Um zu überleben, muß die Gesellschaft daher ein anderes autoritäres System auf zentraler Ebene einführen. In der Tat ist die antiautoritäre Politik die Taktik der politischen Linken, um die Macht zu ergreifen. Ein Beispiel ist die antiautoritäre russische Revolution von 1917 und der Aufstieg des roten Faschismus und die Geburt der totalitären Sowjetunion. (Clueless, S. 142, Hervorhebungen hinzugefügt).
Entsprechend schreibt Dimitri Wolkogonow in seiner Stalin-Biographie: „Der Stalinismus führte zu dem Anachronismus des Primats der [„zentralen“] Politik gegenüber der [„lokalen“] Ökonomie, des [„zentralen“] Staates gegenüber der [„lokalen“] Gesellschaft“ (Stalin. Triumph und Tragödie, Düsseldorf 1989, S. 738). Das paßt zur Litanei der Linken, daß sich endlich wieder die Politik gegen die Ökonomie durchsetzen müsse und daß die Menschen wieder politisch bewußter werden müßten. Wolkogonow: „Stalinismus – das ist die absolute Diktatur der Politik über die Ökonomie, über das soziale und geistige Leben, über die Kultur“ (ebd.). Ich erinnere an die alles erstickende linke Political Correctness, die an sich nur einen Feind kennt: die Selbstorganisation der Massen.
Die lokale, die Gesellschaft erhaltende Autorität, insbesondere des ökonomischen Fachwissens, wird ersetzt durch die Pseudoautorität vollkommener Traumtänzer, die die Hebel der Zentralmacht in Händen halten bzw. diese für die Zukunft erträumen, wie dem „Kriegsökonomen“ Trotzki, dem kubanischen „Wirtschaftsleiter“ Che Guevara oder etwa dem „Wirtschaftsexperten“ Rudi Dutschke. Wichser! Michael S. Voslensky erinnert sich, wie seine Genossen in der KPdSU immer sagten: „Man darf nichts dem Selbstlauf überlassen!“ (Das Geheime wird offenbar. Moskauer Archive erzählen. 1917-1991, München 1995).
Nicht nur Wichser, sondern mörderische Wichser! Kommunisten haben das Vergasen von Menschen erfunden. Seit 1936 hat der NKWD LKWs benutzt, deren Abgase ins Innere geleitet wurde. Erfinder dieser Massentötungsmaschine war ein NKWD-Mitarbeiter namens Berg. Gaskammern wie bei den deutschen Sozialisten wurden nicht benötigt. So berichtet der Häftling Lew Rason, daß im Herbst 1937 sein Häftlingstransport aus Moskau mit 517 Mann abging. Im Frühjahr waren davon noch 22 Häftlinge am Leben – der „natürliche Schwund“ in sowjetischen Lagern. Von den 1 000 000 Erschießungen zwischen 1917 und 1990 will ich gar nicht erst anfangen. Zum Beispiel beschloß der NKWD am 5. August 1937 in den folgenden vier Monaten 75 950 „antisowjetische Elemente“, also einfache Leute von der Straße, zu verhaften und zu erschießen. Der Plan wurde übererfüllt. Während neun Monaten im Jahre 1937/38 wurden insgesamt 140 000 „Schädlinge“ erschossen. Da eignet sich gut ein Vergleich mit den Einsatzkommandos des SD der SS: sie erschossen am Anfang des Feldzugs in der UdSSR 90 000 Juden. Ausrottung ganzer Völker war den Kommunisten ebenfalls nicht fremd: als die halbe Million Tschetschenen und Inguschen im Frühling 1944 aus dem Kaukasus nach Kasachstan vertrieben wurden, brachte man die transportuntüchtigen Kranken, Greise und Kinder um, indem man sie z.B. in Scheunen trieb und diese anzündete und unter Feuer nahm. Insgesamt wurden 2,5 Millionen Menschen umgesiedelt, aus dem gleichen Grund, den die Deutschen für ihren Feldzug angaben (und noch heute für ihre Umvolkungsprogramme angeben): neue Siedlungsgebiete. Die Kommunisten haben es sogar soweit getrieben, daß nach dem Holocaust Stalin ein antijüdisches Pogrom plante und im Ostblock die „antizionistische“ Hetze sich in wirklich nichts von Streichers Stürmer unterschied.
Angesichts dieser Fakten waren die Angriffe etwa gegen Ernst Nolte grotesk. Es war einfach so, daß der Holocaust eine Reaktion auf den Kommunismus war: ohne den Zivilisationsbruch GULAG hätte es kein Auschwitz gegeben. Natürlich gab es keinen mechanisch-kausalen Zusammenhang, sondern nur eine „dialektische“ Verbindung, aber mit der Dialektik standen die „Dialektischen Materialisten“ ja schon immer auf Kriegsfuß.
In Archipel Gulag legte Solschenizyn den Roten Faschismus bloß. Mit diesem Buch waren die Bolschewiki erledigt. In seinem zweiten großen Werk Das Rote Rad, das vom Revolutionsjahr 1917 und dessen Vorgeschichte handelt, beachtet er die Bolschewiki und ihren lächerlichen Oktober-Putsch gar nicht, sondern konzentriert sich auf die Februar-Revolution: all sein Haß gilt den antiautoritären Liberalen, die das eigentliche Verhängnis darstellen.
In einem Buch von Michail Bakunin unterstrich sich Stalin folgenden Satz: „Verlieren Sie keine Zeit des Zweifels an sich selbst, weil das die sinnloseste Beschäftigung ist von denen, die der Mensch erdacht hat“ (Wolkogonow: Stalin, S. 237). Bakunins Satz sagt alles über Stalins Verhalten, seinen Charakter aus. Der Schlüssel zum Modju per se (Mocenigo-Djugashwilli). Aber ist das nicht auch irgendwie „Stirneriansch“? Immerhin wußten Bakunin und Stirner voneinander. Über den „Nihilisten“ Netschajew war Lenin mit Bakunin verbunden. Dergestalt findet sich Stirner nicht nur, wie allgemein bekannt ist, im Gründungsgebälk des italienischen Faschismus, sondern auch (wie ich an einem Beispiel zeigen werde) des deutschen Nationalsozialismus und eben auch des Bolschewismus.
All das („inspiriert durch Stirner“) beruht auf einer „mißglückten biologischen Revolution“: die lokalen Autoritäten (das Über-Ich) werden beseitigt, doch alles wird schlimmer, weil an ihre Stelle eine abgehobene, vollkommen kontaktlose und deshalb im Effekt massenmörderische zentrale Autorität tritt (das ultimative Über-Ich).