1. Zusammenfassung
2. Die Hauptgleichung
3. Reichs „Freudo-Marxismus“
4. Reichs Beitrag zur Psychosomatik
5. Reichs Biophysik
a. Biologie
b. Physik (Vorbemerkung)
c. Physik
Die psychoanalytische Triebtheorie ist u.a. deshalb aus orgonomischer Sicht falsch, da sie die Vorstellung von 100 Prozent sexueller Energie hat, die möglichst 100prozentig in Arbeit umgesetzt werden muß, um Kultur zu ermöglichen. Für Reich hingegen ist es ein Pendeln: ein befriedigendes Genitalleben ist Voraussetzung produktiver Arbeit und umgekehrt.
Nicht nur, daß Freud beispielsweise auch an der Gleichsetzung von Fortpflanzung und Genitalität festhielt, auch seine Todestriebtheorie war nicht etwa ein die Psychoanalyse sprengender Ausrutscher, wie Reich glaubte, sondern die logische Fortführung und konsequente Vollendung der Freudschen Triebvorstellung.
Wie unsicher Reich hier leider selber noch war, zeigt folgender Satz von 1938 (Inhalt der Klammer von 1944?) über seine Haltung von 1934:
Meine Orgasmustheorie und die ihr entspringenden Anschauungen widersprächen in keiner Weise der klinischen Psychoanalyse (heute weiß ich, daß sie ihr doch in wichtigen Punkten widersprachen), doch sie ließen sich mit der Todestriebtheorie nicht vereinbaren. (Menschen im Staat, S. 256, Hervorhebungen hinzugefügt)
Für Freud bestand das Grundwesen des Triebes darin zu vergehen, entsprechend würde der Organismus danach streben, die produzierten Erregungsquantitäten loszuwerden. Seine Triebtheorie spiegelte dergestalt die Thermodynamik des 19. Jahrhunderts wider. Nach dem Zweiten Thermodynamischen Gesetz strebt das Universum dem Wärmetod entgegen!
Das mechanistische Triebkonzept Freuds, nach dem Spannung mit Unlust und Entspannung mit Lust gleichgesetzt wird, hat Reich überwunden, denn für ihn ist auch die Spannung lustvoll, wenn Entspannung in Aussicht steht (Die Funktion des Orgasmus, S. 161).
Anfangs mag „die analytische Charakterlehre noch als eine Erweiterung der Freudschen Neurosenlehre erscheinen. Doch sie trat bald in Gegensatz zu ihr“ (ebd., S. 107).
Im Oktober 1938 schreibt Reich:
Die Vegetotherapie kann nicht einfach der gebräuchlichen psychoanalytischen Theorie und Technik hinzugefügt werden. Beide sind größtenteils unvereinbar. (Zeugnisse einer Freundschaft, S. 49, Hervorhebungen hinzugefügt)
Reich 1942:
Ich konnte in der IPV [der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung] mit meiner Genitalitätstheorie nur deshalb so lange bleiben, weil ich mich ständig auf Freud berief. Ich tat damit meiner Theorie unrecht und erschwerte meinen Mitarbeitern die Loslösung von der Organisation der Psychoanalytiker. (Die Funktion des Orgasmus, S. 102).
Wenn die Psychoanalyse wenigstens etwas von Psychologie verstehen würde, aber gemäß ihren Darwinistischen Ursprüngen geht sie davon aus, daß die Gegenwart eine Funktion der Vergangenheit ist und überträgt das mechanisch auf die Psychologie. Doch jeder, der mit offenen Augen durchs Leben geht, sollte wissen, daß dies für das Innenleben des Menschen nicht zutrifft. Man lese nur eine beliebige Autobiographie und vergleiche sie mit den wirklichen Gegebenheiten, wie sie aus zeitgenössischen Quellen erschließbar sind. Erinnerungen haben kaum objektiven Wert. Im Kopf des Menschen ist die Vergangenheit eine Funktion der Gegenwart.
Für Reich ist das Gehirn nur der „Vollzugs- und Bremsapparat“ der vegetativen Impulse (Die bio-elektrische Untersuchung von Sexualität und Angst, S. 122), d.h. daß man das Eigenleben des Gehirns (Erinnerungen, Bilder, Vorstellungen, „Verdrängungen“) einfach nicht sonderlich ernst nehmen sollte. Wie Reich erschlossen hat, ist die Sprache direkter Ausdruck bioenergetischer Gegebenheiten (z.B. „er ist so hartnäckig“) und ist deshalb dem Psychoanalytiker in ihrem wirklichen Gehalt nicht zugänglich. Die psychoanalytische Grundregel das zu sagen, was einem grade einfällt, ist deshalb schlicht Unsinn – wenn ein Psychoanalytiker zuhört.
In Teil 1 haben wir uns mit einer Möglichkeit, Arbeit und Antiarbeit voneinander zu unterscheiden, beschäftigt. Eine weitere Herangehensweise läge vielleicht darin, ökologische Betrachtungsweisen auf das Wirtschaftsleben zu übertragen. Demnach wäre Antiarbeit alles, was dem arbeitsdemokratischen „Ökosystem“ schadet.
Leider tut Hans Hass so, als würden die Energone ihre positiven Energiebilanzen im luftleeren Raum erzielen. Er scheint zu vergessen, daß alle Berufstätigen in einem Ökosystem verankert sind, nur daß hier die Fauna nicht aus Tieren, sondern aus anderen Berufstätigen besteht. So wäre z.B. ein Bäcker ohne Schuster, Arzt und Bauer überhaupt nicht in der Lage seine Brötchen zu backen, weshalb er sich ihnen ja auch mit „Tit for Tat“ nähern muß.
Daß Hass dies Eingebundensein so wenig in Betracht zieht, ist umso erstaunlicher, als er ja selber den Berufstätigen nicht auf den berufstätigen Menschen selber beschränkt, sondern auch alle für seine Erwerbstätigkeit notwendigen Einheiten umfassen läßt. Aus dieser Sichtweise ist aber unser Bäcker schon von vornherein in einen übergeordneten Organismus eingeordnet, ohne daß er erst Angestellter in einer Großbäckerei (also einem umfassenderen Energon) werden muß.
Demnach können wir die gesamte Arbeitsdemokratie als „übergeordnetes Lebewesen“ betrachten. In der Biologie wäre das so, als würde man z.B. Wälder, Wiesen oder Teiche so betrachten, wie Stephan Lackner es tut:
Ein gesundes, unbeschädigtes Gehölz schützt und stützt seine Einzelglieder. Der Waldrand mit seinen dichtverwobenen, bis zum Boden hinunter belaubten Ästen, die er der Außenseite zukehrt, ist ein Organ, genauso wie die Haut eines Tieres ein Organ ist. Dieser Mantel ist grundsätzlich anders konstruiert als das hohle, kahlstämmige Waldesinnere, das dem Knochengerüst vergleichbar ist. Zusammen bilden sie einen großen Organismus. (Die friedfertige Natur, München 1982)
Man kann sogar noch weiter gehen und die gesamte Erde als Lebewesen betrachten, das James Lovelock, wie in Die Orgonomie und die Energetik (Teil 2) erwähnt, „Gaia“ nennt. Lovelock sagt, „daß die Biosphäre eine sich selbst regulierende Wesenheit darstellt, dazu befähigt, unseren Planeten gesund zu erhalten, indem sie die chemische und physikalische Umwelt überwacht“.
Man denke auch daran, daß nach Reich sowohl der Mensch als auch die Atmosphäre eine Abpanzerung durch DOR erfahren können, daß also Gaia sich genauso panzern kann wie der Mensch.
Hass lehnt es jedoch strikt ab, Ökosysteme als Lebewesen zu betrachten. Denn im Gegensatz zu Energonen hätten Ökosysteme keinen Wirkungsgrad (die Entropie nimmt ab), sondern wären lediglich Gleichgewichtszustände (die Entropie bleibt konstant). Nach Hass befinden sich jene Systeme im Gleichgewichtszustand, denen nicht „das Kunststück durchschnittlich positiver Energiebilanzen gelingt. Hier zieht der Energonbegriff eine klare Grenzlinie.“ Hier hätten wir „die Kluft, welche die anorganische von den organischen Ordnungen trennt“ (Naturphilosophische Schriften, Bd. 2, München 1987).
Mit dem Orgonenergie-Akkumulator hat Reich gezeigt, daß diese Kluft nicht besteht und daß an der traditionellen Thermodynamik etwas nicht stimmen kann.
Hass‘ engbegrenzter Energonbegriff hat über die Vernachlässigung von (im weitesten Sinne des Wortes) „ökologischer“ Bewertungsmuster sicherlich dazu beigetragen, daß Hass grade jene Staatssysteme, z.B. das kommunistische, als am höchsten entwickelt und den Organismen am weitesten nahekommend betrachtet hat, die aus der Sicht eines Herbert Spencer ganz im Gegenteil am wenigsten entwickelt sind und in denen sich, nach Reich, die Arbeitsdemokratie am geringsten entfaltet hat.
Hass glaubt, daß „die Machtkörper des kommunistischen Ordnungsrezepts (…) den Organismen sehr ähnlich“ sind, da:
Dazu ist grundsätzlich zu sagen, daß diese Argumentation zweifelhaft bleibt, solange Hass nicht zwischen gepanzertem und ungepanzertem Organismus unterscheidet. Geht man nämlich vom gepanzerten Organismus aus, ist es nur ein kleiner Schritt „zur staatlichen Auffassung der menschlichen Gesellschaft oder umgekehrt, von der Idee des absoluten Staates zur mechanistischen Auffassung des Organismus.“ So Reich in Äther, Gott und Teufel, wo er die Arbeitsdemokratie mit dem (ungepanzerten) Organismus gleichsetzt.
Typischerweise fällt sowohl der „mechanistische gepanzerte Organismus“ als auch der „absolute Staat“ in eins mit seinem angeblichen Gegenteil: dem absoluten Chaos. So zeichnet sich der Zwangscharakter durch einen übergroßen Ordnungssinn aus, der jederzeit in sein schlampiges Gegenteil umschlagen kann. Viele Historiker haben sich verwundert darüber gezeigt, wie chaotisch und desorganisiert der nationalsozialistische Staat doch war. Das gleiche Phänomen fand sich im Realsozialismus.
Zwangsordnung und Chaos sind genauso funktionell identisch wie Ordnung und Freiheit. Weil zu viel „Ordnung“ Chaos bedingt, funktionieren weniger zwangsorganisierte Systeme besser und sind deshalb auch höher entwickelt. So ist Hass’ an Thomas Hobbes gemahnende Postulierung, daß der Kommunismus in seiner Organisation am höchsten entwickelt ist und darüber hinaus den natürlichen organismischen Verhältnissen am nächsten kommt, eine krasse Fehleinschätzung. Immerhin warnt aber Hass davor, daß gewaltsame (also sozialistische) Eingriffe in Wirtschaftssysteme den gleichen Effekt haben, wie gewaltsame Eingriffe in Ökosysteme. Und Hass schreibt, daß sowohl in „den Lebensräumen der Natur“ als auch im „liberalen Staat“ das „laisser fair laisser passer“ gewahrt bleiben.
Spencer unterscheidet grundsätzlich zwischen zwei Organisationstypen der Gesellschaft:
Die eine entspringt unmittelbar aus der Verfolgung individueller Zwecke und trägt nur indirekt zur sozialen Wohlfahrt bei; sie entwickelt sich unbewußt und ist nicht zwingender Natur. Die andere, die unmittelbar aus der Verfolgung sozialer Zwecke hervorgeht und nur indirekt zur individuellen Wohlfahrt beiträgt, entwickelt sich bewußt und ist zwingender Natur. (z.n. E.V. Zenker: Der Anarchismus [1895], Berlin 1984)
Spencer spricht hier von der freiwilligen Organisation, dem „industriellen Typus“, und der zwangsweisen Organisation, dem „kriegerischen Typus“, wobei der zweite „eine Folge des Abwehrbedürfnisses der Gesamtheit nach außen ist.“ Heute würden wir vom „unternehmerischen“ und „bürokratischen“ Organisationsmuster sprechen. Beim ersten Typus dient der Staat dem Individuum egoistisch als Organ, während umgekehrt beim zweiten Typus das Individuum „altruistisch“ zum Organ des Staats wird.
Den bürokratischen Typus finden wir im feudalistischen Absolutismus und im sozialistischen „Neofeudalismus“, während wir dem unternehmerischen Typus, der dem Ideal der Arbeitsdemokratie noch am nächsten kommt, im Kapitalismus begegnen. Nach diesem Schema wollen wir jetzt die vier Grundformen des Staates betrachten, die Hans Hass konstatiert (wobei unsere Darstellung in Einzelheiten aber gewichtig von Hass abweicht). Die ersten drei Grundformen gehören dem bürokratischen Typus an:
Demnach war es dem Kommunismus grundsätzlich verwehrt, sich „natürlich“ weiterzuentwickeln und sich so zu stabilisieren. Aus dieser Sackgasse, in die der Rote Faschismus geraten ist, gibt es prinzipiell nur zwei Auswege – die nicht gangbar sind:
Das krasse Gegenbild zum kriegerischen Typus der oben vorgestellten Modelle 1 bis 3 finden wir dort, wo der Staat einfach nur ein Gemeinschaftsorgan ist. Reich hat dies in der Massenpsychologie des Faschismus im Kapitel „Die Entwicklung des autoritären Staatsapparats aus rationalen sozialen Beziehungen“ dargelegt.
Zumindest als Ideal ist dieses Modell 4, dieses System des „laissez faire, laissez passer“ in den westlichen Demokratien angelegt. Am reinsten wohl in der amerikanischen Verfassung, die seit über 200 Jahren in Kraft ist. Hier haben sozialistische Experimente, gegenwärtig die EUdSSR, immer wieder gezeigt, daß es keinen Kompromiß zwischen dem bürokratischen und dem unternehmerischen Typus geben kann. Man denke nur daran, was in den Jahrzehnten vor Thatcher die Labour-Partei in England angerichtet hat, über deren Herrschaft Reich Anfang 1949 an Neill schrieb, daß
jene sozialistischen Staatsregierungen repräsentieren Politik und Pest in einem weit schlimmeren Maße als je irgendetwas zuvor. Und das ist keine Übertreibung.
Und was ist mit den Krisenzuständen im Kapitalismus? Der Ökonom Milton Friedmann hat darauf hingewiesen, daß für alle Wirtschaftskrisen, die über die natürlichen Schwankungen (orgonotische Pulsation) hinausgingen, einzig und allein die Regierungen und die Notenbanken, nicht der Marktmechanismus, Schuld tragen.
So haben wir wieder die schon von Spencer postulierte Antithese zwischen Freiheit und Sozialismus vor uns:
Dabei darf aber nicht aus den Augen gelassen werden, daß man diesen Antagonismus nicht a priori in ein Rechts-Links-Schema pressen kann. So hat schon Spencer darauf hingewiesen, daß der Sozialismus in den Bereich der alten absolutistischen Gesellschaftsformen gehört und auf Bismarcks staatssozialistische Neigungen hingewiesen. Entsprechend waren auch während der Französischen Revolution nicht etwa die Jakobiner, sondern die Girondisten die wirklichen Revolutionäre! Für Lenin war die deutsche Reichsbahn das Vorbild für den Sozialismus. Marx ging mit seiner Ablehnung der Gewaltenteilung vollkommen konform mit den reaktionärsten Kräften der Restauration. So erscheint auch die geschichtliche Rückbesinnung in der späten „DDR“ in einem besonderen Licht.
Es besteht nicht nur die Gefahr, daß sich ein kommunistischer Staat vom Modell 2 zum Modell 3 weiterentwickelt, sondern auch die, daß das Modell 4 zum Modell 3 degeneriert:
Hass zufolge könnten sich auch die westlichen Staaten in „vollintegrierte Energone“ verwandeln, weil die Anbieter immer mehr versuchen die Nachfrage zu kontrollieren. Das entspricht dann fast den Zuständen in einer sozialistischen Planwirtschaft, wo auch nur das nachgefragt werden konnte, was planwirtschaftlich angeboten wurde, also die Produktion die Konsumption bestimmte. Entsprechend versucht man im Westen über die Werbung künstliche Nachfrage zu erzeugen und die bestehende zu kontrollieren. Zur Degeneration des Westens gehört natürlich auch die Ausbildung von Monopolen, von denen der Verbraucher abhängig wird. Dazu kommt noch, daß die großen Konzerne die „freien Unternehmer“ von Kleinbetrieben in die Abhängigkeit zwingen und dabei mehr versklaven und ausbeuten, als es bei einem rechtlich abgesicherten gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer je möglich wäre.
Erinnert sei auch daran, was durch staatliche (sozialistische) Eingriffe angerichtet wird, die fast durchgehend zugunsten der Konzerne wirken, denen z.B. für Industrieansiedlungen die Millionen hinterhergeworfen werden – die Millionen, die der Staat per Steuer den Handwerkern und Kleinunternehmern raubt. Man denke auch daran, was die „planwirtschaftlichen“ EUdSSR-Bürokraten in der Landwirtschaft zugunsten von Agrarfabriken angerichtet haben.
Die Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU hat immer wieder den schleichenden Verfall der sozialen Marktwirtschaft zur „brutalen Machtwirtschaft“ beklagt. Dieser Ausdruck gemahnt an das, was Spencer „kriegerischen Typus“ genannt hat. In diesem Zusammenhang sind auch Herbert Gruhls Auffassungen von Interesse, wie er sie in seiner Grundsatzrede auf dem Gründungsparteitag der ÖDP (der Alternative zu den Melonen – außen grün, innen rot mit braunen Kernen) am 6. März 1982 zum Ausdruck gebracht hat:
Gruhl hebt hervor, daß die selbstregulatorische, d.h. auf den ständigen Ausgleich von Angebot und Nachfrage beruhende Marktwirtschaft eine „nach ökologischen Prinzipien arbeitende Wirtschaftsform“ ist, die aber u.a. dann nicht funktionieren kann, wenn durch Monopolstellungen die Konkurrenten, „die man im Ökosystem die ‘natürliche Feinde’ nennt“, vernichtet werden. Dann führt Gruhl von der Kartell- bis zur Steuergesetzgebung alles mögliche an, was diesen Verfall der Markt- in eine Machtwirtschaft künstlich verhindert.
Sehr wichtig ist die Feststellung, daß in staatskapitalistischen Ländern viele dieser korrigierenden Einflüsse fortfallen. Infolgedessen ist dort die Machtzusammenballung total – und das heißt gleichzeitig: noch weiter entfernt von ökologischen Prinzipien.
Gut und schön, aber Gruhl scheint sich nicht zu fragen, wie denn eine Marktwirtschaft, die sich doch „ökologisch“ selbst steuert, überhaupt machtwirtschaftlich entarten konnte, d.h. auch, warum überhaupt künstlich korrigierende Eingriffe notwendig sind.
Ein weiteres Moment der Gruhlschen Analyse ist, daß sich „die westliche Version der eingeschränkten Marktwirtschaft“ durch die Einführung der „Wachstumswirtschaft“ selbst aufgehoben hätte, denn „Wachstumswirtschaft und Marktwirtschaft schließen auf die Dauer einander aus“. Man nehme eine abnehmende Nachfrage nach der Marktsättigung nicht mehr hin, sondern erhebe das wirtschaftliche Wachstum zum obersten Gesetz.
Das heißt nichts anderes, als daß die Marktkräfte ausgeschaltet werden müssen, wenn sie nicht steigernd wirken. Bleibt also die Steigerung aus, dann sind Eingriffe in den Markt nicht erlaubt, sondern gesetzlich vorgeschrieben. Damit besteht auch kein grundsätzlicher Unterschied mehr zur Staatswirtschaft des Ostens, wo die Steigerung mit jedem Fünfjahresplan programmiert wird.
Gruhl bot hier eine Kritik der Hass‘schen und Marxschen Ansichten, wonach sich die Erwerbsorganisationen naturgegeben solang krebsartig ausweiten und anwachsen („Wachstumswirtschaft“) bis sie am ökologischen Kollaps zugrundegehen. Deshalb müsse, Hass zufolge, der Mensch planend eingreifen und diesen Naturprozeß bändigen. Für Gruhl jedoch ist diese Akkumulation kein natürlicher Vorgang, sondern Resultat der durch Eingriffe zerstörten natürlichen Wirtschaftsordnung – was durch neue korrigierende Eingriffe wiedergutgemacht werden muß.
Das Werk des russischen Mineralogen Wladimir Wernadski (1863-1945) umfaßt fast die gesamte Energontheorie von Hans Hass. Bei der folgenden kurzen Darstellung stütze ich mich als einziger Quelle auf die Ausgabe von Wissenschaft in der UdSSR von Sept./Okt. 1987.
Wernadski belebte die statische Mineralogie, indem er die Mineralien evolutionär als Restspuren einstiger Reaktionen interpretierte. Dabei stieß er auf folgende vier Probleme:
1. Die kieselsaure Tonerde Kaolin (auch Porzellanerde genannt), die fast immer im Ton zu finden ist, bildet sich aus festem Feldspat oder Glimmer (Aluminiumsilikat). Diese Umwandlung kann aber nicht unter den normalen Bedingungen, wie sie heute normalerweise auf der Erde zu finden sind, vonstatten gehen, sondern nur unter Anwendung hoher Temperaturen und aggressiver Säuren.
Das veranlaßte Wernadski nach einem „übersehenen Kaolinisierungsfaktor“ zu suchen, der über die Grenzen der schematischen Geologie und Mineralogie hinausgeht.
Orgonenergie? Ließe sich hier ein Anschluß an Reichs Entdeckung von Gesteinsveränderungen infolge des ORANUR-Experiments finden?
2. Silikate bilden den überaus größten Teil der Erdkruste. Das wirft Fragen auf, denn damit solche siliziumhaltigen Gesteine entstehen können,
ist es nötig, daß die feste Verbindung zwischen den Aluminium- und Siliziumatomen gelöst wird und die Aluminium- von den Siliziumatomen getrennt werden. Eine dazu erforderliche geologische Energie aber liegt nicht vor.
Orgonenergie? Daß es sich bei dieser „geologischen Energie“ tatsächlich um das Orgon handeln könnte, wird klar, wenn Wissenschaft in der UdSSR solche Gesteine „außerhalb des geologischen Gleichgewichts“ mit thermodynamischen Modellen vergleicht und dabei das Orgonomische Potential anschneidet:
Eine spontane Trennung der Silizium- von Aluminiumatomen ist genauso schwer vorstellbar wie die Trennung „heißer“ und „kalter“ Moleküle, die dazu führte, daß das eine Ende einer Metallstange von selbst rot glüht, das andere aber sich mit Rauhreif bedeckt. Wenn aber die Trennung dennoch erfolgt war, mußte eine rationale Erklärung gefunden werden.
Man ersetze die besagte Stange durch einen Orgonenergie-Akkumulator auf der einen Seite und eine Kontrollbox auf der anderen: der ORAC wird sich von selbst erwärmen.
3. Mit seiner „Unvollständigkeitsmethode“, die nach dem (dritten) fehlenden Faktor suchte, analysierte Wernadski auch
die geochemischen Eigenschaften der Granite und sah in ihnen deutlich Verbindungen, deren Entstehung im Rahmen eines toten thermodynamischen Gleichgewichts undenkbar wäre. Seiner eigenen Logik folgend, gelangte er zu dem eindeutigen Schluß, daß eben jener „übersehene Faktor“ an der Herausbildung der Gesteine hatte teilnehmen müssen. Die lebende Substanz.
Danach waren die Granite Überreste „einstiger Biosphären“. Dergestalt war die „träge Materie“ dem „Druck des Lebens“ ausgesetzt. Tatsächlich hat man auf keinen anderen Himmelskörper Granite entdeckt. Auch ist man im Granitgestein Skandinaviens auf Erdöl gestoßen. Etwas, was bisher als unmöglich galt. (Siehe dazu unsere vorangegangene Diskussion über den „Ölplaneten Erde“.)
4. Die Atmosphäre selber, insbesondere das Vorhandensein von freiem Sauerstoff, paßte nicht in den Rahmen der „chemischen Thermodynamik“, ist doch Sauerstoff äußerst reaktionsfreudig, so daß sie sehr schnell einem „sauerstofflosen chemischen Gleichgewicht mit einem Maximum an Entropie“ zustreben müßte. „Da nichts dergleichen geschieht, ist wieder ein zusätzlicher Faktor zu vermuten (…).“ Dies ist natürlich über die „lebende Substanz“ indirekt die Orgonenergie. (Reich glaubte, daß die atmosphärischen Bestandteile auch direkt von der atmosphärischen Orgonenergie durch „Mikro-Überlagerung“ geschaffen werden.)
Jim Lovelock („Gaia-Hypothese“) hat in seinem Buch Unsere Erde wird Überleben (München 1982) darauf verwiesen, daß die gesamte chemische Zusammensetzung der Atmosphäre nicht dem entspricht, was
man aufgrund eines stationären chemischen Gleichgesichts erwarten dürfte. Das Vorkommen von Methan, Stickoxyd und sogar molekularem Stickstoff in unserer gegenwärtigen oxidierenden Atmosphäre stellt eine Verletzung chemischer Gesetze dar, und zwar um Faktoren von mehreren Zehnerpotenzen. Ungleichgewichte solcher Größenordnungen deuten darauf hin, daß die Atmosphäre nicht einfach ein Produkt, sondern wahrscheinlich sogar ein Konstrukt des Lebens darstellt: zwar nicht lebendig, doch wie das Fell einer Katze, die Feder eines Vogels oder die papierartige Wand eines Wespennestes der erweiterte Bestandteil eines lebenden Systems dazu bestimmt, eine passende Umwelt aufrechtzuerhalten.
Das Unterstrichene wird noch entscheidende Bedeutung für unsere Beurteilung der Energontheorie von Hans Hass haben.
Wernadski war der Meinung,
daß sich der erstaunlich hohe Energiegehalt der lebenden Substanz unmöglich ohne eine Analyse ihrer Beziehung zu Raum und Zeit erklären läßt.
Dabei sah er als Kristallograph „einen großen Unterschied zwischen der räumlichen Struktur der unbelebten und belebten Materie.“ So kommen in der Kristallographie Drei-, Vier- und Sechsecke und Kombinationen vor, aber keine Fünfflächner und Fünfecke. Diese sind auf das Lebendige beschränkt:
Eine fünfzackige Form haben die Seesterne, fünf Blätter haben die Fliederblüten, fünf Finger hat die menschliche Hand.
Bereits Kepler habe die fünfflächige Struktur mit der „lebensspendenden Kraft“, die „unfruchtbare Kraft“ jedoch mit der sechsflächigen gleichgesetzt.
Die Asymmetrie, oder, wie Wernadski sie nannte, „Disymmetrie“ des Raumes sei
auch mit der Disymmetrie der Zeit unlöslich verknüpft. Eine Vorwärtsbewegung ist nicht gleichbedeutend mit einer Rückwärtsbewegung, wobei diese Ungleichheit nur in der unausgewogenen Welt der Biosphäre deutlich zum Vorschein kommt.
Interessanterweise wird eine derartige „Inhomogenität des biosphärischen Raum-Zeit-Komplexes“ mit dem Orgonomischen Potential in Zusammenhang gebracht. Setzt sie doch
logisch zwingend voraus, daß sich darin unbedingt Bereiche finden, wo Raum und Zeit gleichsam komprimiert sind. In diesen Bereichen gehen alle Prozesse schneller vor sich. Oder sie sind komplizierter. Sie umfassen offensichtlich Funktionen wie Steuerung sowie Energie- und Informationsspeicherung.
Das Ungleichgewicht, die Anreicherung von Energie und die Beschleunigung der in der Biosphäre vor sich gehenden Prozesse mußten zwangsläufig zum Erscheinen eines neuen, noch mobileren und wirksameren Steuerungsfaktors führen. Zu diesem Faktor wurde der gesellschaftliche Mensch.
Dieser bildet im Anschluß an die natürliche Biosphäre die artifizielle „Noosphäre“. Dies ist Teilhard de Chardin (1881-1955) zufolge die Gesamtheit der vom Menschen Zwecken zugeführten („funktionalisierten“) Materie. (Auf dieses Konzept beruft sich auch Hans Hass.) Gemäß dem negentropischen Gesamtprozeß, der sich hier fortsetzt, bildet sich nach Wernadski „unter der Topologie der Noosphäre“ ein System „noosphärischer Herde“ aus, „die ihr Wirkungsfeld auf einen weiten Umkreis ausdehnen.“
Dies kann man als eine Äußerung des Orgonomischen Potentials im menschlichen Bereich ansehen. Für Hass fällt dies unter den „menschlichen Energonbau“, der analog zum natürllichen Energonbau zwar nicht Lebewesen aber ihr Äquivalent erzeugt: „Berufskörper“ und „Erwerbsorganisationen“.
Für Wernadski wird dergestalt die Menschenwelt zu einem „besonders dynamischen Wachstumsbereich“ im „Lebensstrom“ (ein Begriff von Hass). Aus dieser Sicht ist dann der Mensch nicht mehr „Feind der Natur“, „sondern ihr unerläßlicher Bestandteil aus energetischer, evolutionsseitiger und räumlich-zeitlicher Sicht“.
Mit dieser einheitlichen Sicht vom Mineral bis zur Kultur hat Wernadski eine „Einheit der wissenschaftlichen Kenntnisse“ verwirklicht, die an Reich gemahnt.
[Wernadski] legte auf der Evolutionsspirale gleichsam den Weg von den Gesetzen der unbelebten Materie, deren Unvollständigkeit er spürte, zu den Gesetzen der belebten und in der Folgezeit der denkenden Materie zurück. Der Tod ereilte ihn, als er seinen nächsten Schritt tat: zu einer Konzeption der „humanen Materie“.
Beim zeitgenössischen „Energetiker“ Josef Haid (Lebensrichtig, CH-Chur 1984) haben wir es mehr mit Weltanschauung als mit Wissenschaft zu tun. Er glaubt, mit Reich, daß „die Energie“ „in unserem Körper sich ihrer selbst bewußt geworden“ sei. Ganz ähnlich wie Wernadski sieht auch Haid den Menschen als „unerläßlichen Bestandteil“ des negentropischen Prozesses an, er sei eine „Regelstruktur“ (Wernadski sprach von „Steuerungselement“) des kosmischen Wesens, durch den es bzw. „die Energie“ ihre Entwicklung im Wirkungskreis des Menschen lenkt.
Leider widerspricht Haids Denken in einem zentralen Punkt den Reichschen Anschauungen, glaubt doch Haid (wie übrigens auch Hans Hass und, so soweit ich es überblocken kann, alle Energetiker), der Mensch müsse
seine Triebe (Aggression, Sexualität, Geltungs- und Besitzstreben, usf.) und die anderen, von den Regelstrukturen veranlaßten, unbewußten Lenkungen durch bewußte, lebensrichtige Verhaltensweisen soweit (…) ändern oder ausschalten, daß sie sich nicht mehr lebenswidrig auswirken können.
Es ist die alte Frontlinie „Freud gegen Reich“!
Wie Reich glaubt Haid, daß das Bewußtsein „irgendwie“ in der kosmischen Energie angelegt ist. Haid sagt dazu:
In der Energieeinheit der Welt ist das ganze „Wissen“ über sie enthalten. Den einzelnen Energieformen wird es bewußt, soweit sich in ihnen für das Bewußtwerden – das Erwecken des Wissens – die geeigneten Organe entwickelt haben.
Diese Entwicklung vollzieht sich aber, Haid zufolge, „nicht geradlinig“ (also nicht rein „vitalistisch“), denn da alle Energieformen „Teile der All-Einheit und untrennbar miteinander verbunden, verwoben, von einander durchstrahlt und abhängig“ sind, beeinflussen sie sich auch gegenseitig. So bringen sie sich gegenseitig „Lamarckistisch“ jene „Eindrücke“ bei, aus denen sich die Regelstrukturen entwickeln. Bei Haid reicht dies von den physikalischen und chemischen Ebenen, über die Erbrezepte der Pflanzen und Tiere und ihre Verhaltensprägungen bis zu den menschlichen „Denksystemen“.
Für Haid (wie auch für Hass) ist das Erbgut des Menschen nicht auf die Erbanlagen beschränkt.
Unter anderem sind auch die mittels Bild, Schrift und Ton konservierten Erfahrungen und Kenntnisse ein Teil der menschlichen Vererbung.
Zusammenfassend ist für Haid der Kosmos eine „Energieeinheit“, in der sich „Energieformen“ evolutionär von den Wasserstoffatomen bis zum Menschen und weiter entwickeln. Diese „Energieformen“ entsprechen formal den Hass’schen „Energonen“, obwohl sich letztere ausschließlich auf die Bio- und Noosphäre beziehen. Die Entwicklung bzw. die Konzentration der „Energieformen“ aus der primordialen „unkonzentrierten Energie“ schreibt Haid einem metaphysischen „Entwicklungs-Antrieb“ oder „Lebenstrieb“ zu. Er sei eine „unverlierbare Eigenschaft der Energie“.
Die Energieformen, einschließlich des Menschen, sind für Haid (wie auch für Hass) nur „Übergang und Stufe auf dem Weg der Entwicklung“. So erinnert dieser Lebenstrieb stark an Hass‘ „Lebensstrom“, obwohl der letztere als etwas rein Mechanisches konzipiert ist.
Genau wie Hass ist aber auch Haid jemand, der glaubt, man könne das Leben mit Hilfe von Computern berechnen. Ist er doch davon überzeugt, daß „mit Hilfe von Denkmaschinen der Mensch die lebensrichtigen Verhaltensweisen – Ziele, Aufgaben, Aktionen, Reaktionen – für alle Daseinsbereiche immer schneller und genauer erkennen“ wird. Denn „mit Hilfe des Prinzips der Lebensrichtigkeit wird die wissenschaftliche (…) Bestimmung des optimalen menschlichen Verhaltens möglich.“
Dies kann man am ehesten verstehen, wenn man von den drei „Bewertungsniveaus“ der Energontheorie von Hass ausgeht:
Für Haid (und für Reich) ist positiv zu bewerten, was „dem Leben“ dient: Ist dem Individuum geholfen, fördert dies die Spezies, zu der es gehört, und gedeiht die Spezies, entwickelt sich das gesamte Leben und weitet sich weiter über die tote Materie aus.
Für Hass jedoch gibt es gewichtige Interessenkonflikte zwischen den drei Stufen: Was dem Individuum zuträglich ist, z.B. sich nicht für die Nachkommen aufzureiben, kann der Art sehr wohl schaden. Und was der Erhaltung der Art dient, kann durchaus der weiteren Entwicklung des Lebens, dem „Lebensstrom“, unzuträglich sein. Ohne das Aussterben der Saurier hätte es wohl nie Menschen und damit bewußtes Leben gegeben, das zum Mond fliegen kann!
„Lebensrichtig“ und „Lebenswidrig“ beziehen sich bei Josef Haid auf die unmittelbare Beziehung des Individuums zur Energie. Deshalb kann bei Haid beispielsweise der Gedanke aufkommen, der Kontakt mit „der ewigen Energieeinheit des Alls“ würde eine tiefe (todes-) angstlösende Freude schenken. Haid:
Fördern oder schädigen wir unseren Körper, so begünstigen beziehungsweise beeinträchtigen wir (…) auch unsere Mitmenschen und die übrige Umwelt; und wenn wir diese fördern oder schädigen, begünstigen beziehungsweise beeinträchtigen wir auch uns selbst: wir sind mit allem untrennbar in der All-Einheit – in diesem unendlich „vernetzten“ System – verbunden.
Solche Ideen einer umfassenden Kommunion sind bei Hans Hass undenkbar. Im Gegenteil, bei Hass droht der diabolische Lebensstrom das Individuum zu verschlingen. „Lebenslust“ und „Lebensstrom“ liegen bei Hass in einem ständigen Konflikt.
Die Orgonomie ist kein neues „Paradigma“, sondern der Grund, auf dem die Wissenschaft ruht, sie ist die Wissenschaft per se (Clark/Frauchiger: Journal of Orgonomy, 1986). Dergestalt spielt sie die gleiche Rolle, die die Orgonenergie in der ganzen Natur innehat oder beispielsweise die Arbeitsdemokratie in der Gesellschaft. Insoweit andere Theorien, insbesondere „energetische Theorien“, wissenschaftlich sind, wurde in ihnen die Orgonomie vorweggenommen oder gar weiterentwickelt. Wo Reich sich geirrt hat, war er nicht orgonomisch.
Gefahr des Eklektizismus? Die könnte auf drei Elementen beruhen:
Es besteht immer die Gefahr, daß die Orgasmus-Theorie verloren geht. Schon 1940 schrieb Reich, die Orgonomie werde sich wahrscheinlich in zwei Lager spalten, wobei die eine Gruppe erklären werde, „die sexuelle Funktion sei der allgemeinen Lebensfunktion untergeordnet – und daher streichbar.“
Auch müssen wir, um die Orgonomie besser verstehen zu lernen, ihre „Eltern“, z.B. die deutsche Philosophie des 19. Jahrhunderts, die Psychoanalyse und den Marxismus durchleuchten. Die Orgonomie hat beispielsweise ihre Wurzeln auch in der „Energetik“ von Wilhelm Ostwald.
Aber meinen Reich und die Energetiker eigentlich dasselbe, wenn sie von „Energie“ sprechen? Natürlich wußten diese nichts von der Orgonenergie, aber es finden sich doch Anklänge an sie. Außerdem läßt beispielsweise der Energetiker Hans Hass in seinen Büchern den Energie-Begriff explizit offen. Niemand wisse, was „Energie“ eigentlich sei. Andererseits meint Hass, es gäbe ohne dieses Unbestimmte „keine Bewegung, keinen Vorgang, keine Entwicklung – somit auch keinen Gedanken, keine Musik, keine Religion.“
Besonders bemerkenswert ist jedoch, daß sich Hass von den mechanistischen Denkschablonen löst, die Energie sei eine Funktion materieller Partikel oder Stoffe, vielmehr seien diese umgekehrt „eine Erscheinungsform von Energie“ (Naturphilosophische Schriften, Bd. 3, München 1987). So lehnt er auch folgerichtig den Begriff „Materialismus“ ab.
Denn gerade das, was uns die Materie als etwas Klotziges, Plumpes, von den geistigen Vorgängen und unseren Gefühlen so äußerst Verschiedenes erscheinen läßt, hat gar keine reale Basis. Es ist bloß eine Interpretation unserer höchst mangelhaften Sinne. Dieses Klotzige, Plumpe, „primitiven Gesetzmäßigkeiten blind Gehorchende“ ist in Wahrheit eine Erscheinungsform höchst differenzierter Kräfte. Was wir Materie nennen, besteht ganz und gar aus dem gleichen geheimnisvollen Etwas [Energie], das auch den subtilsten Prozessen, auch unseren Denk- und Gefühlsvorgängen zugrunde liegt.
Bereits 1895 hielt Wilhelm Ostwald einen Vortrag in diesem Sinne vor der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften über „Die Überwindung des wissenschaftlichen Materialismus“. In ihrem Buch Wilhelm Ostwald (Stuttgart 1953) schrieb seine Tochter über Ostwald, die Energie
wurde ihm von einer mathematischen Funktion zur unmittelbarsten Wirklichkeit, zum umfassendsten Naturbegriff neben Raum und Zeit, zum erfolgreichsten Wegweiser, den wir bisher kennen, für das Leben der Völker wie des Einzelnen.
Bemerkenswert funktionell ist auch, wie Hass noch einen Schritt weitergeht und die Energie als die fundamentale Größe hervorhebt. Er beruft sich dabei auf den Physiker Gottfried Falk, der beklagt, die Physikbücher würden einen falschen Eindruck von der Bedeutung der Energie vermitteln. Demnach seien Raum und Zeit die fundamentalen Begriffe gefolgt von Geschwindigkeit, Beschleunigung, Masse und Kraft. Aus diesen Größen werde die Arbeit abgeleitet und aus dieser dann als letztes die Energie. Dieser Ansatz wäre ein Erbe der Newtonschen Mechanik und vermittele alles andere als eine „tiefere Wahrheit“ über die physikalische Welt. Er sei durch die Entwicklung der Physik überholt:
Jedem Physiker ist es geläufig, daß die Quantenmechanik nicht mit den ihr zunächst als fundamental vorgestellten Größen Lage, Geschwindigkeit, Kraft operiert, sondern mit anderen Größen, allen voran mit der Energie. (Hass/Lange-Prollius: Die Schöpfung geht weiter, Stuttgart 1978)
Ein Energetiker, auf den sich Hans Hass unmittelbar beruft, ist der belgische Chemiker, Unternehmer und Soziologe Ernest Solvay (1838-1922). Er wurde durch das „Solvay-Verfahren“ zur Soda-Herstellung bekannt. 1894 hatte er das „Solvay-Institut für physiologische und soziologische Forschungen“ gegründet, das später der Freien Universität Brüssel angegliedert wurde.
Solvays soziologische Konzepte wurden durch seine Beschäftigung mit der Physik und Chemie geprägt. So wollte er, wie später Wilhelm Ostwald, eine „soziale Energetik“ aufbauen. Für ihn war Energetik das Prinzip
einer vollständigen und ununterbrochenen Verkettung von einfachen chemischen Reaktionen, von belebten chemischen Reaktionen oder lebenden Zellen, von Zusammenschlüssen von Zellen oder lebenden Wesen, von Zusammenschlüssen lebender Wesen oder tierischer Gesellschaften und schließlich menschlicher Gesellschaften. (z.n. Bernsdorf/Knospe: Internationales Soziologenlexikon, Stuttgart 1980)
„Die gesamte Evolution sah er in ihrer inneren Verwandtschaft“ (Hass: Naturphilosophische Schriften Bd. 3, München1987).
In Notes sur des Formules d’Introduction à l’Énergetique Physio- et Psycho-Sociologique (Brüssel 1906) definierte Solvay den Organismus als „Energietransformator in potentiellem Zustand“. Dies entspricht exakt dem Hass’schen Begriff „Energon“. Weiter meinte Solvay, man könne den Energietransformator „Mensch“ nicht „in sich selbst und für sich selbst“ beurteilen, sondern nur in seiner energetischen Wechselwirkung zur Gesellschaft. Auch in ihr, sowohl in einzelnen Menschengruppen als auch im ganzen Menschengeschlecht, sah er ein energetisches Gebilde.
Auf dieser Grundlage baute Solvay seine soziale Theorie auf, die sich aus den Konzepten „productivisme“ und „comptabitisme“ zusammensetzt: Förderung der schöpferischen Kräfte einerseits und Rechnungsführung andererseits.
Solvay vertritt die Grundthese, daß das Elend der Menschen einer schlechten Ausnutzung der Energie zuzuschreiben sei, die productivisme als die „Organisation und Verteidigung aller materiellen und ethischen Interessen der Gesamtheit“ stelle der Menschheit die Aufgabe, die schöpferischen Kräfte zu mobilisieren und zu vervielfachen, indem man sie so anpaßt, daß sie ein Maximum an Leistung bei einem Minimum an Aufwand hergeben. (Internationales Soziologenlexikon)
So versuchte Solvay ausgehend von der Energiebilanz und „– im rein Theoretischen verbleibend – mathematische Grundformeln für die Strukturen der menschlichen Gemeinschaftsbildung aufzustellen“ (Hass: Naturphilosophische Schriften Bd. 2, München1987). Hass glaubt, er habe diesen Ansatz vervollkommnet, indem er ihn von der Soziologie löste und auf die Ökonomie übertrug.
Wilhelm Ostwald widmete 1909 sein Buch Die energetischen Grundlagen der Kulturwissenschaft Ernest Solvay, genauso wie 70 Jahre später Hans Hass seine zusammenfassende Darstellung der Energontheorie Ostwald widmete (Hass/Lange-Prollius: Die Schöpfung geht weiter, Stuttgart 1978). Als weiteren „Vorgänger“ und „Kampfgenossen“ nannte Ostwald den Dresdner Mathematiker Georg Ferdinand Helm (1951-1932), einer der Begründer der Energetik des 19. Jahrhunderts.
Von Helm stammen Werke wie Die Lehre von der Energie (1887), Energetik (1898) und Die Energielehre (1913). Sein Verdienst lag darin, thermodynamische Vorstellungen auf den gesamten Bereich der Physik und Chemie auszuweiten. Er war Gegner der atomistischen Betrachtungsweise, d.h. er wandte sich dagegen, „die eigentliche wissenschaftliche Grundlage der Thermodynamik in der Mechanik der Atome zu suchen“.
Die Entdeckung des französischen Physikers Carnot (1796-1832), daß das Funktionieren einer Dampfmaschine nichts mit der Zusammensetzung der dabei verwendeten Stoffe zu tun hat, hatte dazu geführt, daß die sich entwickelnde Thermodynamik jede Hypothese über die Beschaffenheit der Materie für überflüssig hielt. So gelangten u.a. Helm und Ostwald
zu der Auffassung, daß sich in den Naturerscheinungen allein die Energie mit ihren vielfältigen Umwandlungsprozessen offenbare. Sie begründeten damit die naturphilosophische Denkweise der Energetik. (Stephen F. Mason: Geschichte der Naturwissenschaft, Stuttgart 1991)
Dazu muß sogleich einschränkend gesagt werden, daß Ostwald 1923 in Moderne Naturphilosophie schrieb:
Die Energie ist auch für den modernen Energetiker durchaus nicht ein Grund- und Zentralgedanke, aus welchem sich die ganze übrige Welt ausspinnen ließe.
Um die Rolle der Energie in Ostwalds System zu verstehen, muß man sich seine „Wissenschaftspyramide“ vergegenwärtigen:
Diese seine „Ordnung aller Wissenschaften“ beinhaltet a priori, daß der Begriff der Ordnung der allgemeinste ist. Genausowenig wie es eine Energetik der Geometrie, Mathematik oder Logik geben könne, würde auch das spezifisch Soziologische, Physiologische und Psychologische von der Energetik nicht ganz gedeckt werden. An dieser Spitze der Pyramide sei „Leben“ der Hauptbegriff, „Energie“ nur ein Hilfsbegriff. Sie sei der Hauptbegriff in Physik und Chemie.
Jede höhere Stufe braucht die Begriffe der darunter liegenden, nicht aber umgekehrt. Die Soziologie ist für die Ordnungs- und Energiewissenschaften unwesentlich, die Ordnungs- und Energiegesetze sind aber sehr wichtig für die Soziologie.
Als logische Folgerung der Energetik verzichtete der Physiker und Philosoph Ernst Mach (1838-1916) auf jede Hypothese hinsichtlich des Wesens der Energie. Dergestalt bildete Mach eine „funktionalistische Erkenntnistheorie“ aus. Ganz im Sinne Reichs (trotz der unorgonomischen Abstraktion) sollte die Physik, von „hypothetischen Bildern und theoretischen Konstruktionen“, von mechanischen Naturmodellen gereinigt, zu einer „phänomenologischen Physik“ werden, in der, statt der Mechanik, die Thermodynamik als Prototyp naturwissenschaftlicher Betrachtungsweise gelten würde.
Der Mach‘sche Ansatz wurden dann sehr schnell durch den Nachweis des Atoms, durch die „Atomistik“ in Frage gestellt. Deshalb ersetzte Ostwald den alten Gegensatz Atomistik/Energetik durch den von Materialismus/Energetik. Außerdem sagte er, die Energetik würde durch die Atome
nicht berührt, denn da sie die allgemeinere Begriffsbildung ist, besteht sie ganz unabhängig davon, ob es Atome gibt oder nicht. (…) Während infolge der neuen Physik die anderen Größen, die man bisher als unveränderlich angesehen hatte, insbesondere die Masse, diese Beschaffenheit haben aufgeben müssen, ist das unbedingte Erhaltungsgesetz nur für die Energie in Geltung geblieben, d.h. sie hat sich als die letzte Realität erwiesen, auf welche die Entwicklung der Wissenschaft hingeführt hat.
Da der Energie nach Einstein auch Masse zuerkannt wurde, habe sie „also die Materie begrifflich verschluckt“. Hass zufolge sprach Ostwald „bereits 1887 die Ansicht aus, daß Materie ‚ein sekundäres Produkt der Energie‘ sei“ (Naturphilosophische Schriften, München 1987). Ostwald schrieb sich zu, den Fortschritt vom energetisch-materiellen Dualismus zum reinen energetischen Monismus vollzogen zu haben, indem er die Materie energetisch deutete.
Mit Einschränkung war demnach in Ostwalds Denken die Energie der Dreh- und Angelpunkt. Hatte Reich z.B. sein Heim und Laboratorium nach der Orgonenergie „Orgonon“ genannt, so taufte zuvor Ostwald sein Anwesen „Energie“. Auch sonst waren sich die beiden Männer ähnlich. Bei Ostwalds Tochter Grete Ostwald ist von der „Unbekümmertheit seines kindlichen Gemütes“ die Rede.
Der Reichtum seines unerschöpflichen Gedächtnisses, sein Organisations- und Ordnungstalent und seine Findigkeit für Zusammenhänge und Ähnlichkeit weit auseinander liegender Dinge dazu (…). (Wilhelm Ostwald. Mein Vater, Berlin 1953)
Ostwald war neben Ernst Haeckel (1834-1919) einer der bedeutendsten Vertreter des „Monismus“, den er 1912 in Der energetische Imperativ als „das Einheits-Prinzip der Wissenschaft“ definierte. Aber auch bei Staat und Familie, ökonomischer und künstlerischer Arbeit sollte der Einheitsgedanke durchgeführt werden:
Wir wollen nicht unseren Geist umschalten müssen, wenn wir aus der Wissenschaft in die Kunst treten, wir wollen dieselben Prinzipien für unser ethisches wie für unser wirtschaftliches Handeln anwenden können; wir wollen uns bewußt sein, daß wir nichts tun oder treiben können, als was überall im Grunde mit dem wissenschaftlichen und sozialen Denken zusammenhängt und daher allseitig übereinstimmen muß. Also die Harmonie unserer gesamten Betätigung ohne jede Ausnahme, die wir doch bewußt oder unbewußt alle anstreben, das ist das, was ich Monismus nenne.
40 Jahre später schrieb Reich in seiner Abhandlung zum ORANUR-Experiment:
Alle Grenzen zwischen Wissenschaft und Religion, Wissenschaft und Kunst, Objektivem und Subjektivem, Quantität und Qualität, Physik und Psychologie, Astronomie und Religion, Gott und Äther stürzen unwiderruflich in sich zusammen und werden ersetzt durch eine Konzeption der grundsätzlichen Einheit, eines grundsätzlichen gemeinsamen Funktionsprinzips (CFP) der gesamten Natur, das sich in die verschiedenen Arten menschlicher Erfahrung verzweigt.
Ostwald versuchte, übrigens genau wie Mach und neuerdings Ilya Prigogine, naturwissenschaftliche Methoden im Rahmen der Energetik, bzw. der Thermodynamik, auf die „Geisteswissenschaften“ zu übertragen. (Und hier ist durchaus eine Nähe zur naturwissenschaftlichen Psychologie von Reich gegeben.) Wie gesagt stützte sich Ostwald in Die energetische Grundlagen der Kulturwissenschaft 1909 auf die soziologischen Theorien Solvays. Dessen Begriff „Energietransformator“ übertrug er „auf die Organe und auf die Werkzeuge der menschlichen Machtkörper, Maschinen inbegriffen“ (Hass/Lange-Prollius: Die Schöpfung geht weiter, Stuttgart 1978). Was die Wirtschaftler „Produktionsmittel“ nennen, bezeichnete er deshalb als „Transformationsmittel“. So breite der Mensch sein „energetisches Gebiet“ auf die anorganische Umwelt aus und konnte „fremde Energie“, z.B. fossile Brennstoffe oder Kernkraft, dem Lebensprozeß nutzbar machen.
Ganz im Sinne des Fortschrittsoptimismus seiner Zeit ging Ostwald davon aus, daß der Mensch mit Hilfe der Technik, und der durch sie möglich gewordenen größeren Energienutzung, immer glücklicher werden würde. Glaubte er doch, das Glück „wachse sowohl mit der gesamten Energiebetätigung wie mit dem willensgemäßen [Energie-] Überschuß.“ Glück definierte er als „stärkste, freiwillige Energiebetätigung.“ Widerstand, die diese lähme, müsse ausgeschaltet werden. Wie nah Ostwald hier doch formal den Prinzipien der Orgonomie gekommen ist!
Geprägt durch die Drohung des 2. Thermodynamischen Gesetzes (des „Dissipationsgesetzes der Energie“ wie Ostwald es nennt) die Welt strebe dem „Wärmetod“ zu, diesem „Fundamentalphänomen allen Geschehens in der Welt“, dachte Ostwald natürlich nicht, wie Reich, an die Entladung überschüssiger Energie. So lautete Ostwalds „energetisches Imperativ“ folgerichtig: „Vergeude keine Energie, verwerte und veredle sie.“ Damit ließe sich, so Ostwald 1912, seine „bisherige gesamte Arbeit am deutlichsten zusammenfassen.“ Dies läuft natürlich direkt gegen das Orgonomische Potential als dem Grundcharakteristikum der Orgonenergie.
Ich habe mich entschieden im Abstand von etwa fünf Jahren die alten Diskussionsforen auszuräumen und in Auszügen in dieser Reihe mit aktuellen Kommentaren neu zu präsentieren. Im Laufe der Zeit sammelt sich zu viel Text an, der durch seine schiere, meist vollkommen irrelevante Masse den einen oder anderen Punkt verschwinden läßt, an den ein Erinnern sich vielleicht verlohnt.
Der erste Leserbrief betraf Islam und Rassismus:
Dieses Land kann nicht lebenswert bleiben, wenn man ständig Angst haben muß, von jungen aggressiven muslimischen Männern angegriffen zu werden. Wer traut sich abends noch ohne innere Anspannung raus und kann guten Gewissens seine Kinder in die Schule schicken?
Darauf mein Leser: „Sowas nennt man auch Paranoia, vieleicht mal einen Arzt aufsuchen!“
Es ist wirklich frappant, daß linke Gutmenschen immer die gleichen beiden „Argumente“ vorbringen:
Damals antwortete ich darauf:
Oder beim nächsten Volksfest Autoskooter fahren!
Zugegeben, ich sollte echt aufhören Jihad Watch Deutschland anzuklicken.
Oder Videos wie das folgende reinzuziehen:
[youtube:https://www.youtube.com/watch?v=t98GAat08gY%5D
Später fügte ich hinzu:
Hier noch ein Bericht aus meinem Hamburg, über einen, der fast genauso aufgewachsen ist wie ich, nur daß ich kein Türke bin:
Cem Gülay sagte damals voraus: „Es werden keine Vorstädte brennen wie in Paris. Nein, die Innenstädte werden brennen.“
Der zweite Leserbrief stammte von dem mittlerweile verstorbenen Berliner Reichianer Heiko Lassek, der Ende 2009 nicht ohne Grund und Berechtigung schrieb:
Bitte, lieber Peter Nasselstein, nicht immer diese Gerüchte um die Berliner Bewegung; in dem ansonsten recht fundierten Arikel immer wieder seltsame Unterstellungen in Bezug auf Berlin (wo Bernd Senf und ich, besonders aber Volker Knapp unterschiedlichste Herangehensweisen vertraten – und vertreten ): wo bitte hat die Wilhelm-Reich-Gesellschaft denn nun das Orgon abgeschafft? Das muss doch nun doch einmal nach zwölf Jahren Vorsitzender und nun Ehrenpräsident und Ehrenmitglied des Wiener Reich-Instituts doch einmal von Ihnen erfahren …
Trotzdem lieben Gruß, ich lese interessiert weiter …
Ich gebe das und das folgende erneut wider, weil es von „historischem“ Interesse ist. Zunächst zitierte ich Auszüge aus dem Protokoll der Vorstandssitzung der Berliner Wilhelm-Reich-Gesellschaft vom 29./30. April 1995:
Während Reichs Erkenntnisse auf biologischen, medizinischen und therapeutischen Gebiet eine zunehmende Evidenz und Bedeutung zukommt, sind Reichs quantitative Formeln als physikalische Definitionen nicht haltbar. Die Begriffe Orgonspannung und Orgonenergie bedürfen einer Korrektur und Neudefinition.
Wir interpretieren den Orgonbegriff Reichs als universelles Lebens- und Liebesprinzip, welches als gemeinsames Funktionsprinzip die Grundlage des gesamten- physikalischen, biologischen, seelischen und geistigen Naturgeschehens bildet.
Und ich fügte hinzu: „Über diese Aussagen wurde abgestimmt – und die ‚Wilhelm Reich Gesellschaft‘ machte mit überwältigender Mehrheit aus der Orgonenergie so etwas wie ein naturphilosophisches Prinzip.“ Ich hätte noch hinzufügen sollen, daß deshalb sich Eva Reich enttäuscht und verärgert zurückzog.
Lassek anwortete:
Lieber Peter Nasselstein,
schade das unser Film Ihnen nicht gefällt!
Aber etwas anderes, wichtigeres:
Nun gebe ich Ihnen Recht, das dieser Protokollauszug falsch verstanden werden kann. Aber in 12 Jahren als erster Vorsitzender und nun Ehrenpräsident der WRG kann man ja auch mal ein Protokoll nicht gänzlich überprüft haben.
Von [xyz] wurde dieser Ausschnitt öffentlich und in einer eigenen Übersetzung an den immer empfindlichen James DeMeo geschickt (Jimmi hatte davor an hunderte Personen eine email geschickt, in der er ernsthaft (!) behauptete, ich hätte ihn “Hitler” (!) genannt; sein Sprachcomputer hatte meinen Satz “DeMeo als Führer der Waldheilungsgruppe…” entsprechend übersetzt!), der ihn in eigener Rückübersetzung weiter zirkulierte… Die Formulierung in dem Protokoll stammt von meinem Freund Dr. med. Hanspeter Seiler, früher Chefarzt der Bircher–Benner–Klinik in Zürich. Prof. Dr. Jerszy Miskowski hatte argumentiert, man sollte “die Formeln der Orgonphysik wie einen entzündeten Blinddarm aus der Reichschen Forschung herausschneiden.”
Kennen Sie ein rein orgonphysikalisches Experiment oder eine mathematische Formel Reichs, das oder die im dem Nachvollzug nachhaltig wiederholbar war (Ich rede ausdrücklich nicht von ORAC – Wirkungen auf BIOLOGISCHE Systeme).
Laurence Rockefeller, enger Freund von Dr. Blasband, finanzierte die aufwendigsten Untersuchungen im Privatlabor von Dick UND in Princeton, alle mir bekannten ernsthaften Forscher fanden keine – das natürlich Joachim Trettin immer eine findet, nehme ich beglückend zur Kenntnis…
Auch über M. Fuckerts Anordnung, die er persönlich vorstellte, mache ich hier keinen Kommentar …
Muss ein Genie wie Reich denn wirklich in ALLEM recht gehabt haben?
Wenn Sie eine andere als die aus Ärzten und Naturwissenschaftlern 38 köpfige WRG kennen, die fast ausnahmslos alle Experimente Wilhelm Reichs in den letzten 23 Jahren kritisch nachvollzogen hat, lassen Sie es mich wissen.. Und natürlich gibt es die Orgonenergie.
Herzlichen Gruß aus Berlin.
Darauf ich:
Hallo Herr Lassek,
das Protokoll habe ich aus dem Netz von einer der zahllosen Trettin-Seiten zitiert. Ihre Erklärung muß ich so akzeptieren. Was ansonsten die Geschehnisse betrifft, die Sie beschreiben: wir alle wissen, daß untergründige Animositäten (Gefühle) nach irgendeiner Rechtfertigung suchen, um endlich an die Oberfläche treten zu können. Ob diese Gefühle selbst rational sind, steht auf einem anderen Blatt. Was die quantitative Orgonometrie betrifft muß man zwischen einfachen Meßwerten (etwa To-T) und den Reichschen Formeln (etwa Org = [To-T] t f³) unterscheiden. Ich halte von diesen Formeln nichts, zumal sie nicht-metrische Einheiten enthalten und vom Dimensionsprodukt her sinnlos sind. Nach Reichs Tod hat sie aber auch wirklich niemand (jedenfalls niemand, der etwas veröffentlicht hat) mehr verwendet. Im genannten Beispiel reicht To-T ohnehin vollkommen aus. Was To-T-Messungen betrifft muß man m.E. unterscheiden: dienen sie sozusagen „intern“ dazu beispielsweise den DOR-Index abzugleichen oder soll „extern“ beispielsweise einem Physikprofessor gegenüber eine thermodynamische Absonderlichkeit aufgezeigt und im Anschluß daran das Orgon nachgewiesen werden. Im ersteren Fall reicht insbesondere Manfred Fuckerts Versuchsaufbau vollkommen aus. Er funktioniert und man kann vernünftige Schlußfolgerungen daraus ziehen, die mit anderen gemessenen Parametern vollkommen harmonieren. Reich selbst hat stets auf das harmonische Gesamtgefüge der beobachteten Phänomene und Meßergebnisse verwiesen. Wie Reich in seiner Auseinandersetzung mit Einstein erfahren mußte, beharren Physiker jedoch auf einzelnen Messungen und kommen dann nach einigen Überlegungen mit allen möglichen grundsätzlichen Gegenargumenten daher, die teilweise wirklich haarspalterisch, wenn nicht sogar abwegig sind, aber leider Gottes berücksichtigt werden müssen. Da fängt das Elend an: komplizierte (und teure) Versuchsaufbauten, die den Effekt jedoch nicht ersticken dürfen, und Standortanforderungen („trocken und energetisch gesund“), bei denen sich jeder Physiker verarscht vorkommen muß, weil er nicht abschätzen kann, was da eigentlich abgeschirmt werden soll. Dr. Blasband wollte das leisten, Dr. DeMeo ist gerade dabei.
Mittlerweile hat DeMeo seine Ergebnisse veröffentlicht. Ich verweise auf seinen Artikel Experimental Confirmation of the Reich Orgone Accumulator Thermal Anomaly. Das Problem mit Physikern ist zweierlei. Erstens werden sie darauf insistieren, die Versuche „unter kontrollierten Bedingungen“ im eigenen Labor nachzuvollziehen, d.h. unter energetisch toten, extremen ORANUR-Bedingungen. Das ist ungefähr so sinnvoll, als wollte man Neutrinos im Labor eines physikalischen Instituts nachweisen, statt tief in einem Bergwerk weit weg von der störenden kosmischen Strahlung! Und zweitens werden sie diese Versuche mit einer von Verachtung geprägten Nachlässigkeit durchführen, weil sie den physikalischen Laien Reich, der sich in dieser Hinsicht immer wieder peinliche Schnitzer erlaubt, schlicht nicht ernstnehmen können.
Ursprünglich betrachtete man „Wärme“ als eine Art „Fluidum“, was auch naheliegend ist. Man spürt wie einem im Freien die Wärme entweicht und am Ofen die Wärme zufließt. So stellte man sich die Sache auch in etwa vor, als Anfang des 19. Jahrhunderts die Thermodynamik formuliert wurde. Schließlich wurde jedoch erkannt, daß Wärme nicht eine Art „Ding“ ist, sondern sozusagen eine „Verhaltensweise“ der kleinsten mehr oder weniger frei beweglichen Einheiten der Materie, ihre chaotische, ungerichtete „Zitterbewegung“.
Damit trat jedoch ein gewichtiges Problem auf: Die Thermodynamik hatte gezeigt, daß, solange sich der Versuchsaufbau selbst überlassen bleibt, es stets zu einem Wärmeausgleich kommt. Schütte ich etwa heißes Wasser vorsichtig in einen Behälter mit kaltem Wasser, so daß sich ein „Warmwasserbereich“ bildet, wird über kurz oder lang das gesamte Wasser die gleiche Temperatur annehmen, die je nach dem Mengenverhältnis irgendwo zwischen den beiden ursprünglichen Wassertemperaturen liegt.
Daß das so sein muß, kann man sich vergegenwärtigen: wenn man das Wasser als eine Ansammlung von Molekülen betrachtet, die wild hin und her, vor und zurück, rauf und runter fliegen und dabei zusammenstoßen, – sehr schnell werden alle Moleküle das gleiche Bewegungsmuster annehmen. Das Bild ändert sich erst, wenn ich individuelle Moleküle betrachte: im Durchschnitt mögen sich alle gleich schnell und gleich ungeordnet bewegen, doch das individuelle Molekül A bewegt sich in einem gegebenen Zeitraum vielleicht weniger als das Molekül B.
Man könnte nun die etwas langsameren A-Moleküle individuell von den etwas schnelleren B-Molekülen trennen – und hätte wieder einen Warm- und einen Kaltwasserbereich vor sich. Auf diese Weise wäre das Zweite Thermodynamische Gesetz, das besagt, daß isolierte Systeme stets einen Temperaturausgleich anstreben, ad absurdum geführt.
Mitte des 19. Jahrhunderts spielte James Clerk Maxwell genau dieses Gedankenexperiment durch: kleine „Dämonen“ könnten die Thermodynamik auf den Kopf stellen, indem sie eine Barriere zwischen zwei Bereichen immer dann öffnen, wenn ein schnelles Molekül gegen diese zu knallen droht, während sie die Barriere bei einem langsamen Molekül geschlossen halten. Es wäre ungefähr so, als würde in der Tasse der Kaffee von alleine heiß werden!
Zwar nicht aus dem Nichts, aber aus der Information über das Verhalten individueller Moleküle, würde Energie entstehen.
Nach 150 Jahren hat der Japaner Shoichi Toyabe von der Chuo University, Tokio ein solches Experiment tatsächlich real durchführen können. Wie er das genau gemacht hat, soll uns hier nicht weiter interessieren. Das Problem bei der ganzen Sache ist natürlich, daß wir es nicht mit einer Art von „Geistwesen“ („Maxwells Dämonen“) zu tun haben, sondern mit Toyabe und der sehr aufwendigen und energieintensiven Apparatur, mit der er die einzelnen Moleküle identifiziert und manipuliert. Ein „Energiegewinn“ ist so nicht zu erzielen!
Andererseits hat auch Toyabe die Moleküle nicht berührt, also nicht direkt Energie auf sie übertragen, sondern nur Barrieren (bei ihm waren es elektrische Felder) je nachdem errichtet oder nicht errichtet. Das ist etwas grundsätzlich anderes, als einen Bereich zu erwärmen und den anderen Bereich zu kühlen, indem Wärmeenergie zu- oder abgeführt wird!
Dieses Experiment ist von Interesse, da es das mechanistische Äquivalent des Orgonenergie-Akkumulators darstellt. Wenn man das orgonomische Potential wirklich ernst nimmt, muß es die „Maxwells Dämonen“ tatsächlich geben. Sicherlich nicht in Gestalt kleiner „Toyabes“, sondern als Entsprechung jener Lebensenergie, die Toyabe lebendig macht und ihn zu seinem Experiment befähigt.
Es stellt sich die grundsätzliche Frage nach der Natur der Wärmebewegung, ungefähr so, wie sich die Frage stellt, ob „Hitzewellen“ wirklich nur auf unterschiedlich erwärmte Bereiche der Luft zurückgehen oder auch die atmosphärische Orgonenergie eine Rolle dabei spielt. Zweifellos gibt es die Wärmebewegung, aber selbst der Entdecker der chaotischen Molekularbewegung, der sogenannten „Brownschen Bewegung“, Robert Brown, war ursprünglich davon überzeugt, es mit lebendigen (quasi „lebensenergetischen“) Vorgängen zu tun zu haben: lebendige Bewegung auf der kleinstmöglichen Ebene, die schließlich in der Bewegung der Lebewesen mündet.
Was ist „SMB6“? Ein topologischer Isolator! Was das ist? Etwas, was jeden Studenten der Orgonomie hellhörig machen sollte: ein chemisch homogener Isolator, der an seiner Oberfläche elektrischen Strom leitet. Es ist, als wäre ein Stück Gummi mit Metall überzogen: Reichs Akkumulatorprinzip! Samariumhexaborid („SMB6“) ist der bisher robusteste topologische Isolator und könnte von daher den Weg in neue Technologien weisen, insbesondere den „Quantencomputer“, der die gegenwärtigen Computer wie Steinzeitwerkzeuge aussehen lassen wird.
SMB6 funktioniere deshalb, so die Physiker, weil seine Oberfläche von „Dirac-Elektronen“ beherrscht wird. Das sind Elektronen, denen ein breites, praktisch kontinuierliches „Band“ an möglichen Energien zur Verfügung steht und die deshalb mit der relativistischen Dirac-Gleichung beschrieben werden können, d.h. so, als hätten sie keine Ruhemasse – seien „massefrei“ („masselose Fermionen“). Sie bewegen sich in einer zweidimensionalen „Fermioberfläche“, in der die Freiheitsgrade extrem eingeschränkt sind (kein Widerspruch zum vorherigen Satz!), es also kein „entropisches Rauschen“ mehr gibt, was, wie in Orgonenergie-Kontinuum und atomare Struktur im Zusammenhang mit der Supraleitung erläutert, sie zu einem perfekten Äquivalent der Orgonenergie macht.
Der Zustand der maximalen Entropie ist die ultimative Verkörperung dessen, was in der Orgonomie als „mechanisch“ bezeichnet wird. Es gibt keine Ordnung, keine Strukturen. Ein derartiger Zustand ist gar nicht so einfach herzustellen. Beispielsweise muß man Laboratorien für Unsummen ins Weltall schießen, um dem Ordnungsfaktor Gravitation zu entgehen.
Wirklich interessant wird es, wenn man einen anderen Störfaktor ausschaltet: die Wärmebewegung. Nähert sich die Temperatur dem absoluten Nullpunkt treten Phänomene auf, die allem zu widersprechen scheinen, was wir mit einem „entropischen Zustand“ verbinden. Ich habe das in Orgonenergie-Kontinuum und atomare Struktur beschrieben.
Man kann sogar diskutieren, ob die Annäherung an das thermodynamische Gleichgewicht von genau jenen quantenmechanischen Mechanismen abhängig ist, deren Nähe zu orgonphysikalischen Phänomen ich im verlinkten Aufsatz aufgezeigt habe. Oder mit anderen Worten: das Zweite Thermodynamische Gesetz bedarf der spontanen Orgonenergie bzw. ihren quantenmechanichen Äquivalenten. (Siehe dazu David Z. Albert: „The Foundations of Quantum Mechanics and the Approach to Thermodynamic Equilibrium“, The British Journal for the Philosophy of Science, 45, S. 669-677, 1994.) Man muß einen Satz von Spielfiguren oder Spielkarten sozusagen „erst durchschütteln“, bevor man mit dem Spiel anfangen kann, das darin besteht, aus maximaler Unordnung maximale Ordnung zu machen. Am Anfang steht also das „Druchschütteln“ – ein anentropischer Akt, an dessen Ende maximale Entropie steht, die dann nach und nach abgebaut wird.
Ein Äquivalent zu quantenmechanischen Prozessen am Rande des absoluten Nullpunkts sind gleichförmige Nanoteilchen: In der Studie „Predictive Self-Assembly of Polyhedra into Complex Structures“ von Sharon Glotzer (University of Michigan) et al. konnten, jedenfalls in der Computer-Simulation, Ansammlungen von verschieden geformten Nanoteilchen dazu gebracht werden sich spontan zu verschiedenen makrokosmischen Strukturen zusammenzufinden.
Sich selbst überlassen finden schwebende Teilchen zu Zusammenstellungen mit der höchsten Entropie zueinander. Diese Zusammenstellung entspricht dann der Vorstellung, daß Entropie mit Unordnung gleichzusetzen ist, wenn die Teilchen ausreichend Raum zur Verfügung haben: sie zerstreuen sich und weisen in zufällige Richtungen. Aber dicht zusammengepackt fingen [in der Simulation] die Teilchen an, sich zu Kristallstrukturen zusammenzufinden, so wie es Atome tun – auch wenn die Nanoteilchen keine chemischen Bindungen eingehen konnten. Diese geordneten Kristalle mußten ebenfalls hochentropische Zusammenstellungen sein.
Glotzer erklärt, daß das nicht wirklich „Unordnung ist, die aus sich heraus Ordnung erschafft“, vielmehr benötige das Image der Entropie ein Update. Sie beschreibt sie als ein Maß für Möglichkeiten. Wenn man die Schwerkraft abdrehen könnte und einen Beutel mit Würfeln in ein Glas entleerte, würden die einzelnen schwebenden Würfel in jede mögliche Richtung zeigen. Wenn man jedoch damit fortfahre Würfel hinzuzufügen, werde der freie Raum schließlich so begrenzt, daß die Würfel mehr Optionen hätten, wenn sie sich gegeneinander ausrichten. Dasselbe passiert mit den Nanoteilchen, die so klein sind, daß sie die Einwirkung der Entropie stärker erfahren als die der Gravitation.
„Es dreht sich alles um Möglichkeiten“, sagt Glotzer. „In diesem Fall erzeugen geordnete Zusammenstellungen die meisten Möglichkeiten, die größten Freiräume. Das ist natürlich kontraintuitiv.“
70 Prozent der in den Computerdurchläufen getesteten Formen für Nanoteilchen ergaben unter dem Einfluß der Entropie Kristalle. Wobei die Forscher geradezu geschockt waren, wie kompliziert einige dieser Kristallstrukturen waren. Mittlerweile ist es sogar möglich, aus der Form der einzelnen Nanoteilchen die Art der Kristalle vorauszusagen, die sich aus den Nanoteilchen bilden. Warum 30 Prozent der Nanoteilchen, die sich in ihrer Form kaum von den anderen Nanoteilchen unterschieden, keine kristallinen Strukturen ergaben, bleibe jedoch ein Rätsel.
Wie an anderer Stelle dargelegt, ist aus schulphysikalischer Sicht der Orgonenergie-Akkumulator die perfekte Einrichtung, um einen Raum von Umgebungseinflüssen physikalisch zu isolieren: ein Faradayscher Käfig mit zusätzlicher Wärmedämmung. Mit Hilfe dieser „Abschirmung“ konnte Reich unerwartete Strukturen bzw. unerwartete Ordnung ausmachen, d.h. Energie akkumulieren. Entsprechende Phänomene beobachtet man, wenn man den Umwelteinfluß „Wärmebewegung“ gegen Null fährt oder, jedenfalls in der Computer-Simulation, die Freiheitsgrade von Nanoteilchen drastisch einschränkt, indem sie alle beispielsweise nur kleine Diskusse in einem beschränkten Raum sind. Statt einen amorphen „entropischen Brei“ zu bilden, zwingt die Entropie diese sozusagen „eingeschränkten“ Nanoteilchen zur Bildung von teilweise komplizierten Strukturen.
Sollten sich diese Erkenntnisse vom Computer in die Wirklichkeit übertragen, d.h. technologisch umsetzen lassen, hätten wir Materialien zur Verfügung, von denen kein Science-Fiction-Autor bisher auch nur träumen konnte!
Im übrigen erinnert mich das ganze fatal an die Atomtheorie der alten Griechen in Platons Fassung:
Im Timaios hat Platon um 350 v.Chr. die Ansicht vertreten, daß die vier „Elemente“, aus denen die Welt aufgebaut ist – Feuer, Wasser, Luft und Erde – alle aus winzigen Teilchen zusammengesetzt sind. Und da die Welt nur aus perfekten Bausteinen gemacht sein kann, so schloß er weiter, müssen diese Bausteine die Formen der regulären Körper haben. Zum leichtesten der Elemente, dem Feuer, muß das Tetraeder gehören. Als stabilstes aller Elemente muß die Erde aus Würfeln aufgebaut sein. Das Wasser ist flüssig und beweglich, also muß es aus Ikosaedern bestehen, dem regulären Körper, der am leichtesten rollt. Und in Bezug auf die Luft schreibt Plato: „…Luft verhält sich zu Wasser wie Wasser zu Erde“, so schließt er etwas mysteriös, „also muß Luft aus Oktaedern aufgebaut sein“.