Bislang war mir nicht bekannt, dass Wilhelm Reich den Orgasmusreflex bildlich darzustellen versucht hat. In seiner Broschüre Orgasmusreflex, Muskelhaltung und Körperausdruck* enthält der Bildteil jedoch ein Foto, das offenbar den Orgasmusreflex zeigen soll. Die Aufnahme ist allerdings von äußerst geringer Qualität und vermittelt kaum erkennbare Details.
Es stellt sich die Frage, weshalb Reich ein derart unscharfes und inhaltlich wenig aussagekräftiges Bild in seine Publikation aufnahm. Auf dem Foto ist ein Arm in einem hellen Hemd zu sehen; auf Höhe des Oberarms befindet sich eine Hand, vermutlich die Reichs selbst, möglicherweise aber auch die des abgebildeten Patienten. Im Oberkörper und Becken ist eine starke Schrägstellung zu erkennen, die offenbar eine Phase des Orgasmusreflexes darstellen soll. Eine eindeutige Interpretation ist jedoch nicht möglich.
Das Foto besitzt keine dokumentarische oder wissenschaftliche Beweiskraft. Dennoch scheint Reich selbst die Abbildung als bedeutsam erachtet zu haben, da er sie trotz ihrer geringen Qualität veröffentlichte. Weiteres Bild- oder Filmmaterial Reichs zum Orgasmusreflex ist mir bislang nicht bekannt.
* Reich, Wilhelm: Orgasmusreflex, Muskelhaltung und Körperausdruck. Zur Technik der charakteranalytischen Vegetotherapie. Der dialektische Materialismus in der Lebensforschung. Bericht über die Bion-Versuche. Klinische und experimentelle Berichte. Abhandlungen zur personellen Sexualökonomie Nr. 5. Sexpol-Verlag, Oslo-Kopenhagen, 1937
Scientology beruht auf Hypnose, die durch das „Auditing“ aufrechterhalten und verstärkt wird. Am Anfang steht der Kommunikationskurs, zu dessen Hauptübungen es gehört, daß sich zwei beliebige Personen gegenübersitzen und sich ohne zu blinzeln oder irgendeine andere Regung zu zeigen zwei Stunden lang anstarren, wobei die Uhr bei jeder Regung von neuem auf null gestellt wird. Für Primaten wie dem Homo sapiens ist das die ultimative Streßsituation, die, wenn Flucht oder Angriff unmöglich gemacht werden, nur durch einen einzigen Mechanismus entschärft werden kann: die Trennung von bioenergetischer Erregung und der Wahrnehmung dieser Erregung. Reich bezeichnete das als „schizophrene Spaltung“. In der Schizophrenie ist diese Spaltung tief verankert, bei Opfern von „Psychotechniken“ ist sie nur oberflächlich und muß deshalb künstlich aufrechterhalten werden, wobei sie sich im Laufe der Zeit natürlich auch tiefer verankert.
Fatalerweise gibt es in der Gestalt der „Bioenergetik“ Alexander Lowens eine Entsprechung beim „Reichianismus“. Hier wird die Trennung von Erregung und Wahrnehmung durch zweierlei erreicht: durch Aufbrechen der Panzerung mittels Folter und durch Überschwemmen des Körpers mit bioenergetischer Erregung, die die Toleranzschwelle weit übersteigt. „Folter“? Erstens ist wohlbekannt, daß man sich Folter nur entziehen kann, wenn man tranceartig „weggeht“ (Spaltung) und zweitens: die biophysische Intervention in der Orgontherapie besteht in nichts anderem als durch Druck an der richtigen Stelle die Muskelpanzerung so zu verstärken, daß sie nachgeben muß. Das kann sehr schmerzhaft sein. „Reichianer“ haben sich ausgerechnet auf diesen Aspekt der Reichschen Therapie kapriziert. Doch während in der Orgontherapie gilt, daß diese Intervention entsprechend einer psychoanalytischen „Deutung“ nur dann angewendet werden darf, wenn nach viel Widerstandanalyse der richtige Zeitpunkt dafür gekommen ist, bombardieren „Reichianer“ mit maximaler Gewalt ihre „Patienten“ mit diesen Interventionen. Das entspricht in etwa den „wilden Deutungen“ in der Psychoanalyse, denen Reich mit seinem Klassiker Charakteranalyse entgegengetreten ist.
Ähnlich wie es in der Psychoanalyse infolge der verfrühten Deutungen zu „chaotischen Situationen“ gekommen ist, erzeugt der blinde und sinnlose Angriff auf den Muskelpanzer ein bioenergetisches Durcheinander, bei dem die obenerwähnte Spaltung biophysische Struktur wird: die oberen Segmente, insbesondere aber das Augensegment, panzern sich vermehrt ab, um die aus den verfrüht entpanzerten unteren Segmenten freigewordene bioenergetische Erregung zu binden. Die Augenpanzerung führt zur Spaltung ähnlich wie bei der Schizophrenie.
Ohnehin erinnert das Geschehen in „bioenergetischen“ Übungsräumen eher an eine Folterkammer als an die Praxis eines Orgontherapeuten. In der Orgontherapie geht es um die Befreiung und den Ausdruck unterdrückter Emotionen, die „Ausdruckssprache des Lebendigen“, also letztendlich dem Orgasmusreflex die Bahn zu ebnen. Das ist etwas grundsätzlich anderes als das Einnehmen von „Streßpositionen“, um emotionale Reaktionen zu erzwingen. Es entspricht wieder dem Gegensatz zwischen einer geregelten Charakteranalyse und dem „Bombardieren“ des Unbewußten mit willkürlichen Deutungen in der Psychoanalyse. Außerdem induziert der Schmerz jeweils eine scharfe bioenergetische Kontraktion, die, da die teilweise seit Jahrzehnten unterdrückten schmerzhaften Emotionen nicht systematisch befreit werden, das bioenergetische System des Organismus noch mehr schädigt, als es ohne diese Form von „Therapie“ ohnehin schon war. Der ursprünglichen Traumatisierung wird eine neue hinzugefügt. Diese Kontraktion bedingt an sich bereits Spaltung, da der Raum zwischen zentraler Erregung und peripherer Wahrnehmung wächst:
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie Alexander Lowen und Stanley Keleman in den 1970er Jahren die „Körpertherapie“ als ungeheuren Durchbruch verfochten: „Die Seele über den Körper heilen.“ Das wäre angeblich die Essenz der von Reich entwickelten Therapie! Jetzt finde ich in der Bahn zufällig einen Flyer mit der Überschrift „Psyche hilft Körper“.
„Es ist unglaublich, wie viel Kraft die Seele dem Körper zu verleihen vermag“. Dieser Satz von Wilhelm von Humboldt aus dem frühen 19. Jahrhundert hat heute ebenso viel Gültigkeit wie zu Humboldts Zeiten. Über viele Jahrzehnte wurde der Kraft der Seele allerdings nicht die Bedeutung beigemessen, die ihr zusteht.
Als Student der Orgonomie fühlt man sich manchmal wie ein Zeitreisender, den es ins Mittelalter verschlagen hat, und den die mittelalterlichen Vorstellungen, etwa über das Leib-Seele-Problem („Körper beeinflußt Seele“ gegen „Seele beeinflußt Körper“) schrecklich auf die Nerven gehen.
Die Orgontherapie ist keine „Körpertherapie“, denn es geht nicht um „die Integration des Körpers in die Psychotherapie“ und ähnliches, sondern darum, das neurotische Gleichgewicht aufzuheben mit dem Ziel, den genitalen Primat und damit die orgastische Potenz (der regelrechte Haushalt der biologischen Energie) herzustellen. Geht das ohne körperliche Interventionen, um so besser.
Aus eigner Erfahrung kann ich sagen, daß es weitaus effektiver ist, selbst zu spüren, wie man jahrzehntelang beispielsweise die Schultern gehalten hat, als von außen darauf gebracht zu werden. Es ist effektiver, sich seiner neurotischen Idiosynkrasien bewußtzuwerden und sie aufzugeben, statt durch Massage oder „Übungen“ „gerade gerichtet“ zu werden. Freiheit kann einem nicht geschenkt werden. Entweder nimmt man sich die Freiheit oder man wird nie frei sein.
Das A und O der Therapie ist die Motivation, also der Wille, ein neuer Mensch zu werden und ein besseres Leben zu führen. Es geht nicht darum, sich hinzulegen und durch „Handauflegen“ an sich herum manipulieren zu lassen, bis sich irgendwelche Verspannungen lösen.
Es geht aber auch nicht darum, mit dem „Willen“, bzw. der „Psyche“, den Körper zu heilen. Ich verweise auf die Stelle in Peter Reichs Der Traumvater (München 1975, S. 28f), wo Reich am Beispiel einer Filmszene mit John Wayne kritisch die Beeinflussung des Körpers durch die Psyche beleuchtet:
Und die Art, wie sie etwas leisten oder durchsetzen, ist ebenfalls hartleibig. Erinnerst du dich an den Film mit John Wayne, in dem er stürzt und zum Krüppel wird? (…) Du weißt, als er im Bett saß, auf das Ende seines Gipsverbandes schaute und seine Zehen beobachtete, beschloß er, wieder gehen zu lernen. Und er sagte immer wieder zu sich: „Ich muß diesen Zeh bewegen. Ich muß diesen Zeh bewegen.“ Schau, das ist die starre, die verkrampfte Art, Dinge zu überwinden. (…) Hindernisse und Behinderungen in dieser Weise zu überwinden, durch Gewalt, durch sogenannte Willenskraft (…) das ist die starre, verkrampfte, mechanistische Art, Leistungen zu vollbringen. Er mußte sich so anspannen und verhärten, sich selbst mit aller Gewalt dazu zwingen, wieder gehen zu lernen, daß er darüber vergaß, wie man liebt und freundlich ist. (…) Am besten ist es, einfach zu atmen, sich zu entspannen und es auf natürliche Weise kommen zu lassen. Erzwinge nie etwas, laß es einfach auf natürliche Weise eintreten, dann ist es immer okay.
Entsprechend geht es in der Orgontherapie nicht darum, sich etwa zum „richtigen“ Atmen zu zwingen, sondern darum, es einfach „arbeitsdemokratisch“ geschehen zu lassen.
Orgontherapie ist imgrunde nichts anderes als „Orgasmustherapie“ und genauso wenig wie einem ein Orgasmus von außen aufgezwungen werden kann, kann man einen Orgasmus „wollen“. Das einzige, was man tun kann, ist, die Hemmnisse, die sowohl der Hingabe, als auch der Aggression entgegenstehen, fahren zu lassen.
Alles andere ist Sadomasochismus und auf die Therapie übertragen das, was ich als „Blauen Faschismus“ bezeichnet habe. Tatsächlich unterscheiden sich die diversen „Reichianischen“ Körpertherapien kaum von dem, was Reich in Charakteranalyse als Masochismus beschrieben hat: „Bringe mich von außen zum Platzen!“. Den sadistischen Körpertherapeuten (den „Bioenergetikern“, selbsternannten „Orgontherapeuten“, etc.) ist es eine Lust, ihren „Patienten“ diese Freude angedeihen zu lassen.
Es ist auffällig, daß immer wieder „Reichianische“ Therapeuten und selbsternannte „Orgontherapeuten“ hervortreten, die mit einer ganzen Palette von Therapietechniken Patienten für sich gewinnen wollen. Es ist teilweise schreiend komisch, was sie nicht alles zusätzliche zur (angeblichen) Orgontherapie anbieten. Das reicht von „Craniosakral-Therapie“ über „Ayurveda“ bis hin zur „Geistheilung“, gar „Akupunktur“. Was sie mit diesen ellenlangen Listen zur Schau stellen, ist nicht etwa ihre „Zusatzqualifikation“, sondern ihre Unfähigkeit, therapeutisch effektiv zu arbeiten. Es ist der verzweifelte Versuch kontaktloser Neurotiker Kontakt herzustellen. Imgrunde sind es Perverse, die mit allen möglichen Folterwerkzeugen ihre „Liebe“ zum Ausdruck bringen wollen.
Tatsächlich erweist sich der Anarchist Töpfer als Apologet der antiautoritären Unsokratie-Dekadenz:
Grundlage und Kennzeichen nicht-totalitärer und freiheitlicher Gesellschaften ist die Nicht-Existenz von sog. objektiver Wahrheit. Totalisieren Subjekte ihre Wahrheit, geschieht dies immer zur Beherrschung und Ausbeutung anderer Subjekte, die mit einem Geheimdienst kontrollierte werden müssen. Schon auf der Rede von „objektiver Wahrheit“ basiert der Totalitarismus, nicht erst auf dem Zwang zu deren Anerkennung. So, wie es keine objektive Wahrheit gibt, so gibt es strenggenommen natürlich auch keine Gemeinschaft. Gemeinschaft ist nicht etwa eine Ansammlung von Individuen, sondern bezeichnet das, was diese Individuen gemein haben. Es gibt tatsächlich nur Einzelne, deren Interessen sich zum Teil decken oder ähneln. Nicht eine Gemeinschaft wird geschwächt oder gestärkt, sondern Einzelne. (Die Wahrheit, S.191)
Der Hinweis darauf, daß, allein schon, wenn sich der Blick nach innen richte, jeder seine „eigene Wahrheit“ habe, sticht nicht, da das genau jener liberalistischen Mentalität entspricht, die den Westen systematisch zersetzt und uns beispielsweise zahllose „Geschlechtsidentitäten“ beschert hat. Diese Inkommensurabilität der Einzelnen prägt das ganze Grundgefühl von Töpfers Werk. Schon in der Jugend habe ihn dieses Fremdwort fasziniert. „[Es] spiegelte mein Empfinden dessen wider, was ich in mir hatte, was diesseits war (ich positionierte mich damals im Jenseits)“ (S. 276).
Für mich stand schon (…) als Säugling (…) fest: Die Menschheit ist durch und durch gottserbärmlich fertig: alles läuft vollständig verkehrt. Sie ist völlig erdrückt unter einer ganzen unendlichen Katastrophe, die kein Wort hat. (…) Die zivilisierte Menschheit stellt eine Abfolge von Katastrophen dar. Grund für diese Abfolge ist die Abwesenheit, zumindest die nahezu vollständige Verwandlung von Wahrheit. (S. 291)
Für Töpfer „steckt“ die Wahrheit „unter“ der Energie, von der die östlichen Weisheitslehren sprechen (Prana, Chi – also wohl auch das Orgon!). Wir hingegen sind, so Töpfer, „nordische“ Männer der Tat und unsere Erleuchtung ist die Aufklärung! (S. 314). Das ist Gnosis pur. Was bleibt ist purer Affekt, haltloser Aktionismus, „Erleuchtung“.
Es ist das „gnostische“, d.h. mystische Empfinden des gepanzerten Menschen, der die Trennmauer, eben die Panzerung, intuitiv spürt, aber ohne Therapeuten sie in seiner inneren Versponnenheit niemals wird einreißen können, egal wie verzweifelt er auch „den Weg der Wahrheit“ gehen mag. Wir sind im zwischenmenschlichen Verkehr (Mutterbindung, Familienleben, Ödipuskomplex) in die Falle geraten und können sie ausschließlich durch den zwischenmenschlichen Verkehr einer Orgontherapie wieder verlassen. Alles andere sind „gnostische“ Spinnereien über ein mystisches „Selbst“ unterhalb der – Welt!
Ich glaube „deiner Wahrheit“ nicht, denn jeder Blick, jede Geste, die Mimik, die Art, wie du dich bewegst, sagt alles über dich – mehr, als du selbst über dich weißt. Niemand wird jemals die Wahrheit über sich selbst ergründen können: – niemand ist so weit entfernt von sich wie der Autist. Ich weiß mehr über das Innenleben der jungen Frau, die mir erklärt, ihre „wahre, innere Identität“ sei ein lila Astralfuchs von Andromeda, als sie es selbst wahrscheinlich je ergründen wird.
Reich wies in seiner charakteranalytischen Vegetotherapie darauf hin, daß deine Worte nicht zu deinem Gefühlsausdruck passen. Du lügst! Bei Töpfer ist es umgekehrt: Worte tragen sich nicht selbst durch ihre faktische Logik, sondern werden durch den individuellen Gefühlsausdruck „bewiesen“. Es ist wie bei Frauen: wer weint und schreit und „betroffen“ ist, vertritt die vermeintliche „Wahrheit“! Das meine ich nicht abfällig, denn Töpfer ist tatsächlich ein expliziter Verfechter des „Matriarchats“, ohne zu ahnen, daß seit 1960 das Patriarchat schleichend bereits durch ein „Matriarchat“ abgelöst wurde, in der es keine „patriarchalische“ Autorität, also keine objektive Wahrheit mehr gibt, sondern nur noch (vermeintlich) „authentische“ Gefühle bzw. sogenannte „subjektive Wahrheiten“. Der Irrationalismus triumphiert! Volatile Stimmungen beherrschen alles, als würde Deutschland gerade menstruieren! Interessanterweise waren die Anhänger des „Hysterikers“ Hitler in dieser Hinsicht kaum von den heutigen Betroffenheits-Grünen zu unterscheiden.
Töpfer hat von seinem durch und durch mechanistischen Ansatz her überhaupt keinen Zugriff auf die innere Wirklichkeit: „… das Ganze hat keine Wahrheit: Es ist keine Person. Nur eine Person trägt auch Wahrheit“ (S. 192). „Die Aussage dieses Buches kann mit Bildern aus der Informatik anschaulich gemacht werden“ (S. 195). Dazu paßt das ständige „Streben nach der Wahrheit“, der Kampf bzw. Krampf um die Wahrheit, so als wäre Wahrheit nicht einfach nur da wie das natürliche und spontane Pulsieren und Strömen im Organismus! Die „Suche nach sich selbst“ ist der gleiche sadomasochistische Unsinn wie die „Suche nach Gott“.
„Alle Prägungen, alle in widrigen Umständen erfolgte Programmierungen können mittels Wahrheit aufgelöst werden, so daß neue, lebensbejahende Programme Platz greifen” (S. 200). Abgesehen von den Phrasen: ist das nicht einfach Freuds „Bewußtmachen des Unbewußten“? („Die Ansätze des frühen Freud [entsprachen] durchaus der Wahrsagerei“ [S. 313].) Die Wahrheit soll „fließen“, was immer das auch bedeuten soll. „Der freie Fluß der Wahrheit als Voraussetzung von Zufriedenheit wird hergestellt, indem das seelisch belastende Material verschwindet, das gesagt und losgeworden wird“ (S. 207). Tatsächlich ist es aber so, daß das Orgon ins Fließen kommt. Ob es, so Reich, dabei zu Erinnerungen kommt, über das, was dieses Fließen ursprünglich gestoppt hat, oder diese ausbleiben, ist letztendlich gleichgültig.
„Die-Wahrheit-leben heißt im Lebensfluß bleiben (…) Das Nicht-die-Wahrheit-leben besteht im Bremsen, im Drängen gegen die Flußrichtung und die Kraft der Wassermassen, der Lebensenergie“ (S. 215f, vgl. S. 317). Klingt gut, aber was in diesem Buch nicht vorkommt, ist die Gegenwahrheit, d.h. die Abwehr, die Panzerung. Konkret bedeutet das, daß du so konsequent in der Wahrheit leben kannst, wie du willst, dir wird doch immer elender (dann, „haben Sie Pech, dann ist das Schicksal“ [S. 318)]) und es passiert genau das, was in einer schlecht durchgeführten „Körperpsychotherapie“ geschieht: ständig wirst du von unkontrollierbaren Affekten überschwemmst. Es ist wie bei einem Bach, wo sich angeschwemmtes Holz verkeilt und sich in diesem Gitter Blätter, Geröll und Schlamm verfängt, bis der Bach aufgestaut wird und die umliegenden Felder überflutet. Es hilft wenig, verschlimmert sogar alles, immer mehr „Wassermassen“ zu mobilisieren. Rational wäre es, nach und nach die Hölzer aus dem Damm zu ziehen, bis der Bach wieder frei fließen kann. Reichs Charakteranalyse!
Töpfer sieht sich in der Traditionslinie „Reich – Janov – Töpfer“ (S. 309), tatsächlich ist er aber weit hinter Freud zurückgefallen. Reich habe die Körper-Geist-Frage nicht wirklich gelöst und sei, im Gegensatz zu Stirner, „Philosoph geblieben“. Im Janovschen „Urschrei“ gäbe es jedoch keine Philosophie mehr, sondern nur noch „Person“ und „Ich“ (S. 301f). Es gibt keinen Körper und keinen Geist mehr, kein Objekt und kein Subjekt, sondern nur noch „Ich“. Das bezeichnet man als „Autismus“ und genau das hat Janovs verbrecherische „Primärtherapie“ etwa aus John Lennon gemacht: einen in sich selbst versponnenen Jammerlappen auf der Suche nach sich selbst.
„Es hatte sich ausphilosophiert“ (S. 303). „Das Zeitalter der Psychotherapie ist vorbei. Wie überhaupt das Zeitalter der Wissenschaft vorbei ist. Jetzt kommt – für die, die es wollen – eine Zeit, wo man alles so sagt, wie man es empfindet, wie es einem vorkommt, erscheint“ (S. 311). Das sei Töpfers Schritt über seine Vorgänger Reich und selbst Janov hinaus!
Töpfer zufolge sind „Hemmungen“ und „Verklemmungen“ rein subjektiv, d.h. deine derzeitige Wahrheit, und deshalb gelte es sie nicht etwa zu „überwinden“, sondern, so Töpfer, zu „unterwinden“ – indem man zu sich selbst, „unterhalb“ der Energien zurückkehrt (siehe oben zur „Gnosis“!). Die Hindernisse erweisen sich als bloße „Unzufriedenheit“. „Dann revidiert der Kunde [„Patient“] seine Wahrheit und wandelt sie um.“ In Töpfers gnostischer Theorie bis du dann nur noch Subjekt und damit „wahr“ (S. 307f). Dergestalt hat Töpfer Reich (und, wie gesagt, sogar den noch größeren Janov!) „überwunden“ und so wird er in seinem späteren Werk zur „Tiefenwahrheit“ Bernd A. Laska „überwinden“.
Das ganze Gedöns mit der „Unterwindung“ von Psyche, Soma und Energie, das ganz man selbst, d.h. nur noch authentischer Affekt sein, erinnert mich an folgende Szene aus der Unsokratie – Töpfers Alternative zu Reich und Laska, seine Weiterentwicklung von Janov:
Der amerikanische Orgonom Dr. Charles Konia über den Ausschluß Wilhelm Reichs aus der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung 1934: Ein schicksalhaftes Ereignis
Robert (Berlin) 2014:
Ein sehr guter Artikel.
So global habe ich es früher auch betrachtet, aber in den letzten Jahrzehnten verlor ich den Focus.
Danke an Peter für die Publikation und Übersetzung.
Dazu Jonas:
Erstaunlich, wie aktuell der Text scheint, obwohl er fast 20 Jahre alt ist!
O.:
„Das American College of Orgonomy ist heute die einzige wissenschaftliche Organisation, die Reichs Entdeckungen in unverfälschter Form gegenwärtigen und zukünftigen Generationen übermittelt.“ (s.o.)
So hatte ich es auch früher gesehen oder sehen wollen.
– Auf was liegt die Betonung im Satz? wissenschaftlich, unverfälscht oder gegenwärtigen und zukünftigen Generationen übermittelt?
Alle (ACO fremden Publikationen) beziehen sich heute (seit 1967) auf Baker und nicht mehr auf Reich. Er taucht in quasi allen Literaturverzeichnissen auf und wird inhaltlich kopiert.
Aber wird hinterfragt, was er geschrieben hat?
1965, zwei Jahre zuvor kommt Lowens „Liebe und Sexualität“ heraus, eine Behandlung der Orgasmusthematik noch ohne großes Therapieangebot. 1975 legt er nach mit „Bio-Energetik“. Die Behandlungsmethoden ähneln sich wie ein Ei dem anderen. Wer schreibt ab? Oder sind beide von Reich in gleichem Maße inspiriert?
Hatte Lowen seine Bioenergetik schon 1967 fertig entwickelt und praktiziert?
Die viel gepriesene „psychiatrische Orgontherapie“ hält in ihrer Technik – dem Buch nach zu urteilen – nicht stand. Baker verlässt Reichs Regel von oben nach unten zu arbeiten, um den Patienten von innen aufzuladen, Depressiven (nicht beim depressiven Charakter) will er Energie aus dem Becken mobilisieren. Das würde ich als pure Bioenergetik verstehen.
Ich frage mich seit geraumer Zeit, was in den USA falsch gelaufen ist, bei der Ausbildung der Mediziner, von Reichs Therapie wird nichts übermittelt.
Darauf ich gereizt:
Ich wollte das gerade beantworten, muß aber dieses Unterfangen aufgeben, da O. nur nebulösen Unsinn schreibt. Das fängt schon damit an, daß Lowen seine Behandlungsmethode bereits 1958 (zweite Auflage 1971) veröffentlicht hat. Zum Rest… Seufz.
O.:
Danke. 1958 war sein erstes Buch „Körperausdruck und Persönlichkeit“ herausgekommen.
hier das für mich erstmal „schockierende“ Zitat, vielleicht erschließt sich mir ja nicht der tiefere Sinn, weil immer nur etwas kurz angedeutet wird und es dann weiter geht:
„Eine Ausnahme sind Depressive, bei denen das niedrige Energieniveau und starke Hemmung eine frühe Befreiung des Beckens gefahrlos machen. (…)“ (BAKER 1967, S. 86)
„Die sieben Segmente … werden gewöhnlich in dieser Reihenfolge ‚befreit‘, abgesehen davon, dass die Brust oft zuerst beweglich gemacht wird, damit man sie verwenden kann, um im Organismus Energie aufzubauen und für zusätzliche Stoßkraft von innen zu sorgen, um sowohl die Auffindung als auch die Beseitigung weiterer Blockierungen zu unterstützen.“ (BAKER 1967, S. 87)
Peter:
In Bakers Buch steht auch, daß bei Depression das Energieniveau rapide absinken kann. Dem muß entgegengewirkt werden durch Mobilisierung der Atmung. Es geht immer darum, welche FUNKTION was hat, nicht darum rigide irgendwelche „Prinzipien“ einzuhalten.
„sekundäre Triebe: Der gestörte Ausdruck der primären Triebe, der darauf beruht, daß der Panzer dabei versagt hat, die destruktiven Impulse in Schach zu halten.“
Nanu, auch wenn der Panzer die sekundären Triebe in Schach hält, die primären Triebe müssten durch den Panzer doch immer irgendwie verbogen sein? Oder irre ich mich mal wieder?
Darauf ich:
Also, damit wir nicht über zweifelhaften Übersetzungen stolpern, erstmal das Original:
secondary drives – Disturbed expressions of primary drives resulting from the failure of armor to contain destructive impulses.
Primäre Triebe werden einfach ausgedrückt. Sieht man bei jedem Tier. Wenn sich das Menschentier abpanzert, haben wir idealerweise den symptomlosen „Jesuitenschüler“ vor uns: immer kontrolliert, ausgeglichen, nett, rational, blablabla – während innerlich der Haß des eingesperrten und malträtierten Tieres wütet. Nur leider ist die Panzerung ein sehr fragiles Gebilde, so daß die Triebe schließlich doch wieder durchbrechen – in Gestalt der sekundären Triebe.
O.:
Das Glossar zeigt über die wichtigsten Begriffe schon fast die wichtigsten theoretischen Grundannahmen. Kleine Fehler wären hier schon fast unverzeihlich, daher steckt da schon viel Arbeit drin.
„orgonomist“ klingt im Deutschen schräg, vielleicht ist „Orgonom“ der bessere Begriff, obwohl es mir auch nicht gefällt, hat es Reich ja schon als Grundform für einen Organismus benutzt.
Über die „Biopsychiatrie“ (in Anlehnung an die „Biopathie“) habe ich mich am meisten gewundert.
Mir würde ein einheitlicher Begriff wie „orgonomische Psychiatrie und orgonomischer Psychiater“ am besten gefallen, wobei der auch etwas neu wäre. Auf keinen Fall sollte man hier beliebig und alle paar Jahre sich was neues ausdenken, das würde komisch und verwirrend wirken.
Peter 2025: Biopsychiater sind Psychiater, die ihre Patienten von der biologischen Panzerung her betrachten und wie die Panzerung die biologische (Orgon-) Energie behindert.
„Das Wort vom „keine Peilung haben“, das heute gängig ist, beschreibt diesen Geisteszustand genau.“
Sehr schöne Übertragung von Konias Beobachtung ins Deutsche! Passt eigentlich noch viel besser als „clueless“.
Ich gab folgendes zum Besten:
Lese gerade in der neuen NEURO-DEPESCHE: bei US-Kindern stiegen die Psychopharmaka-verordnungen allein von 2011 auf 2012 je nach Altersgruppe im 12,5%, 20,4% und 19,4% an. Bei Jungen vor allem wegen ADHS. Aber was ist mit den Mädchen, auch angesichts des obigen Artikels? Dort sind es vor allem Antidepressiva!
O.:
Ich tue mich schwer, der Feststellung Konias (und auch anderer) zu folgen, Menschen wären nach 1960 (oder 68) weitgehend okular gepanzert und kaum noch muskulär. Diese Entwicklung kann ich aufgrund meines Jahrgangs natürlich nicht beurteilen. Aber noch stärker gepanzert als heute, wäre doch wesentlich schlimmer zu beurteilen. Somit wäre eine okularer Panzer quasi ein Fortschritt im Vergleich zu den emotionalen Zombis der Kriegszeiten.
Medikamente sind kein Beweis für ein gehäuftes Auftreten von ADHS oder ADS bei Jungen oder Depression bei Mädchen, da die Pharmaindustrie dies Medikamente in Kliniken und bei Ärzten massiv bewirbt.
Auch der Schluss die Vegetotherapie würde heute nicht mehr wirken, was andere behaupten und dann esoterische Methoden nutzen, beschreibt keinen Wandel der Klienten, sondern einen Wandel im Denken von einigen Medizinern, die zweifelsohne ihrerseits ihre Orientierung verloren haben.
Darauf warf ich ein:
Konia ist ja nicht allein. Ich kann mich gut an einen führenden Psychiater Deutschlands erinnern, der zu einem jungen Kollegen sagte: „Glückwunsch, daß sie sich in [dieser kleineren Stadt] niederlassen, denn hier gibt es noch richtige klassische Neurotiker…“ in Berlin, Hamburg, Köln, Frankfurt, etc. liefen ja nur noch Freaks durch die Gegend.
Ein besonderes Kennzeichen mangelnder Panzerung (= Energiebindung) ist der Anstieg des Angst- und „Depressions“-Pegels. Oder beispielsweise auch das auffallende Fehlen von Muskelmasse in den Beinen (die zum Beckensegment gehören). Immer mehr junge „Männer“ mit spindeldürren Beinen und „keinem Arsch in der Hose“. Es fehlt der Ort, an dem die Energie gebunden werden kann und wenn das auftritt, kommt es zur Augenpanzerung.
Daraufhin O.
An dem Argument ist auch was dran, als Tendenz würde ich dem auch zustimmen müssen. Ich bin auch schon froh über jeden Neurotiker den ich sehe.
Sebastian zu O.:
O., ich frage mich seit geraumer Zeit welcher Feststellung Du überhaupt folgst? Was findest Du an der Orgonomie interessant, außer der Charakteranalyse (1933) von Reich und ORANUR?
O. antwortete Sebastian:
Auf eine solche Frage einfach zu antworten, ist nicht so leicht. Ich habe für mich das politische Interesse verloren, da Politik zu gewalttätig ist und mich für Reich zu interessieren begonnen, Schritt für Schritt. Nach der Charakteranalyse (´33) kam der ORAK, der mich überzeugen konnte, dass Orgon existiert. Leider folgte dann auch die Erfahrung mit dem Oranur in Berlin, wo es an Elektrosmog nicht mangelt. An der Orgonomie nach Reich interessierte mich alles brennend. Bakers soziopolitische Typologie war für mich gleich abstoßend und zudem war das Thema Politik mit ihrem Schematadenken (rechts-links) wieder präsent. Dies ist bis heute für mich ein Missgriff gewesen, somit kann ich auch Konia nicht wirklich nachvollziehen. Die Einteilung in Persönlichkeitstypen ist für mich hilfreich, eine Einteilung nach „politischer Gesinnung“ beinhaltet in der Praxis immer die Diskriminierung der anderen Seite, es entsteht ein Schubladendenken, wo der Einzelne nicht zählt.
Ansonsten bin ich konservativ orgonomisch und stehe Abänderungen, die nicht (argumentativ) fundiert sind, sehr skeptisch gegenüber. Inhaltlich folge ich mir und nehme an, was für mich stimmig erscheint. – Natürlich kann ich mich auch irren oder etwas nicht richtig sehen bzw. es nicht verstehen.
Zur einer These stell ich auch gerne die Antithese auf und schaue dann, ob es eine neue Synthese gibt. Und die Synthese könnte auch eines Tages sein, dass ich Peters Haltung mehr folge als ursprünglich angenommen.
Konia argumentiert häufig zu plakativ und suggestiv für mich, wenn er konsistent (nachvollziehbar) argumentiert, mag er mich besser zu überzeugen, doch bei kleinsten „Fehlern“ ist mein kritisches Denken geweckt. Am besten gefällt es mir, wenn ich was lernen kann, überzeugen muss ich mich selbst von etwas. An der Orgonomie ist für mich nur interessant, was ich verstehen und umsetzen kann. Das, was ein Rätsel bleibt, ist ein Ärgernis.
Sebastian wie immer sehr gut:
Was meinst Du mit orgonomisch konservativ? Heißt das, dass Du bis zur Charakterpanzerung zustimmst, den physiologischen Teil aussparst und bei Orgonenergie wieder anfängst?
„An der Orgonomie nach Reich interessierte mich alles brennend.“
Heißt das, dass Du Dich jetzt nicht mehr dafür interessierst?
„Politik mit ihrem Schematadenken (rechts-links)“
Das hätte ich bis vor vllt 1-2 Jahren gut nachvollziehen können, aber heute erscheint mir das eher skurril.
Die Argumentation hinkt. Bei Reichs Charakterologie zählt der Einzelne auch nicht. Es gibt eine begrenzte Anzahl von Charaktertypen, unter die die Gesamtheit der Individuen eingeordnet wird. Reich unterscheidet sogar noch schubladenmäßiger zwischen gerade einmal zwei Typen: triebgehemmt und triebhaft. Oder ein anderes Schema: genitaler und neurotischer Charakter. Das ist nun mal orgonomischer Funktionalismus.
Bei der politischen Charakterologie handelt es sich um die soziopolitische Wahrnehmung von gepanzerten Menschen, deren schubladenmäßige Einteilung Du auch schon bei Reich findest und zwar in der Massenpsychologie sowie in Christusmord.
„eine Einteilung nach ‚politischer Gesinnung‘ beinhaltet in der Praxis immer die Diskriminierung der anderen Seite“
Nein, das ist ein Irrtum. Wenn man außerhalb des politischen Irrsinns steht, „diskriminiert“ man jede Seite, wie es Reich und Baker taten und Konia bis heute tut, weshalb sein neues Buch auch „Neither Left Nor Right“ heißt. Zudem handelt es sich ja auch gar nicht um eine moralische Diskriminierung, sondern um eine medizinische funktionelle Einteilung.
Und wenn ich noch eine Frage zum Schluss stellen darf: Du schreibst, dass Du Dir selbst folgst. Auf der Grundlage welcher Erfahrungen denn? Auf Deiner? Mit wem? Bist Du der Meinung, dass Deine Wahrnehmung besser funktioniert als die der Nachfolger Reichs mit einer abgeschlossenen Orgontherapie?
O.:
Ich antworte hier mal chronologisch ohne zu zitieren, dann bleibt es übersichtlich. Und ich gebe (nur) meine persönliche Meinung wieder, also jeder darf seine eigen haben.
Mit „orgonomisch konservativ“ will ich mich auf WR beziehen und die Nachfolger erst einmal ausklammern. Zur Orgonomie nach Reich gehört eigentlich alles von Reich: von der Charakteranalyse über die Bioelektrizität, Bione bis hin zu dem was ab 1939 kam. Auch die Frühen Schriften sind vorbereitend für die Orgonomie und sollten dazu gehören, ebenso wie die soziologischen Schriften.
Das allgemein politische Geschehen und vor allem die Links-Rechts-Debatten oder das Farbenspiel „braun, schwarz, rosa, rot, grün, röter, orange …“ ist inhaltslos. Reichs EP Begriff beschreibt es wunderbar. Baker und Konia erscheinen mir zu allgemein politisch orientiert und versuchen dies mit Reich zu verbinden. Würde ich die Argumentation als primär orgonomisch motiviert verstehen, würde ich dem noch folgen können. Andersherum bleibt es für mich allgemein politisch mit sekundär orgonomischem Hintergrund, was mir nicht gefällt, weil es wieder in die Diskriminierung abzugleiten droht. Der Hass auf „Linke“ kommt hier pauschal durch und die Blindheit gegenüber Konservativen wird zum Programm.
Eine „medizinische“ Sicht kann ich nicht erkennen, die vermisse ich.
Was ist nun mit den Nachreichianern? Hier bin ich kritisch, die meisten verbergen ihre falschen Motive, Reich dient ihrem Narzissmus und wird für das eigene Ego missbraucht.
Andere versuchen einfach ihr Bestes ohne Reich hintenrum zu zerstören. Positive Anregungen gibt es viele vom ACO, von Eden, Laska, Müschenich, Nasselstein etc. und haben ihre eigene Haltung.
Zur Wahrnehmung:
Wenn man den Kasten kontinuierlich benutzt und dies mit seiner Struktur aushält, wird man nach meiner Erfahrung eine OR-Sensibiliät erreiche und kann auch Oranur wahrzunehmen lernen. „Reichianern“ gelingt dies trotz verfügbarem ORAC komischerweise nicht.
Bei Eden funktionierte es gleichfalls. Ich glaube dass er daher auch eher ein Sonderling für das ACO war und die Zusammenarbeit nicht ganz so eng wurde. Baker und Eden hatten wohl eine Freundschaft, die auch von anderen respektiert wurde. Aber weder bei Baker noch bei anderen amerikanischen Orgontherapeuten ist eine Sensibilität erkennbar. Niemand hat was drüber geschrieben. Auch Blasband und Sharaf haben hierüber keine Informationen geben können. Der ORAC wurde aufgrund der Verfolgung durch die FDA wohl auch kaum genutzt. Selbst DeMeo wusste vor der Niederschrift seines Buches zu wenig über den Bau des ORAC, dass er sich in Berlin beraten ließ.
Meine Wahrnehmung variiert gleichfalls. Ich habe daher die Umstände und Quellen für Oranur in sensiblen Phasen genau erspürt. In unsensiblen Phasen weiß ich dann schon welches Gerät welchen Schaden (Schmerzen) anrichten wird und muss mich dem nicht so aussetzen, wenn es sich vermeiden lässt.
Somit folge ich meiner Wahrnehmung, aber auch meinem Denken und nehme Sätze nicht als gegeben an, weil es eine Autorität geschrieben habe. Gute sachliche Texte und Erfahrungsberichte sind mir immer willkommen.
Körperpsychotherapie und Orgonwahrnehmung korrelieren nicht positiv miteinander. Unter den KPT-lern wird man 50% Oranur unsensible Suchtler finden, die verbal sich Reich zugeordnet haben. Mit Vorträgen über Oranur verjagt man sie schnell.
Hingegen sind ganz normale Patienten oder Menschen viel sensibler für Elektrosmog, so meine Beobachtung.
Eine zu hohe Sensibilität ist auch nicht wünschenswert, weil man zu durchlässig wird und es schwerer fällt sich abzugrenzen. Ich erinnere auch an Eva Reich, die durch die Oranurverseuchung kein Oranur mehr aushalten konnte.
Zur „Charakterkunde“:
Reich ging es nicht um eine „Charakterologie“, sondern um ein Hilfsmittel (Charakter-Diagnostik) für Therapeuten, um den „Neurotikern“ zu helfen – und damit jedem Einzelnen, der in die Therapie geht. Er analysierte den Charakter des (einzelnen) Menschen, daher heißt es Charakteranalyse. Die Methode zur Behandlung war wichtiger als eine Lehre über die Charaktertypen. Um es überspitzt zu sagen, nützt es einem nichts, über seine Charaktereigenschaften Bescheid zu wissen, aber eine Therapietechnik gut angewandt, kann alles verändern.
Analog, glaube ich nicht, dass eine soziopolitischer Charakterologie vom Wissen her viel nutzt – außer zur Etikettierung. Es ist auch zu berücksichtigen, wie lange es gedauert hat, solche Typologien innerhalb der Psychologie zu etablieren. Daher reicht es wohl nicht, sie aus typischen Einzelfällen heraus zu formulieren. Ferner scheint die Typologie nicht universell zu sein, sondern am politischen Verständnis der USA zu hängen. Zu schnell wird hier eine Weltsicht vermittelt und drängt zur politischen Handlung. Reich Arbeitsdemokratie hingegen sollte weiterentwickelt werden.
Erst, wenn man sicher ist in der therapeutischen Technik, sollte sie zur Anwendung kommen. Therapiefehler sind schwerlich reversibel – rückgängig zu machen. Es bedarf also zur Charakterkunde auch einer Theorie.
Sebastian:
Okay, ich verstehe jetzt ein bisschen besser, was Dich an der soziopolitischen Charakterologie stört. Du hältst sie für praktisch irrelevant, weil man damit nur seinen linken Hass ausleben will.
Ich bin ganz anderer Meinung und, seien wir mal ehrlich, Du lehnst sie deshalb ab, weil sie mit Deiner politischen Einstellung kollidiert. Du fühlst Dich davon angegriffen. Aus keinem anderen Grund lehnst Du sie ab.
Peters Einwurf 2025: Eine individuelle Charakterdiagnose (Phallischer Narzißt, Hysterikerin, Paranoider Schizophrener, Manisch Depressiver etc.) und eine soziopolitische Charakterdiagnose wird gestellt, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden, d.h. bei gleicher Behandlung bzw. gleichem Umgang kommen ganz andere Ergebnisse heraus. Auch sind die Diagnosen keine Werturteile: ein Phalliker kann extrem krank sein, während ein Schizophrener vergleichbar extrem gesund sein könnte; es gibt liberale ACO-Orgonomen und konservative fanatische Reich-Hasser bei den „Skeptkern“.
Peter 2014:
Menschen mit dürren Beinen und „Individualismus“ und nichts – außer Fassade:
Darauf O.:
Ohne Trend und Uniform kommen sie nicht aus, absolut perfekte und unauffällige Tarnung … alle sind individuell gleich.
Robert (Berlin) mit neuem Thema:
Konia spricht von der westlichen Gesellschaft. Das bedeutet, die anderen Gesellschaften sind autoritäre Gesellschaften mit muskulärer Panzerung und dem althergebrachten Neurotiker. So z. B. in Zentralafrika, wo noch Freuds klassische Hysterikerin anzutreffen ist. D.h. je nach Panzerung in den Kulturen sind die Krankheiten andere.
O.:
Vielleicht ist es ja auch in den USA genau so, wie Konia es beschreibt, für Europa muss dies dann noch lange nicht gelten. In Berlin prägen ja gerade die ewig jugendlich bleibenden Amerikaner das Stadtbild. Im sonstigen Lande gibt es noch genügend Hysteriker, Zwanghafte, Narzissten usw.
„Das Wort vom „keine Peilung haben“, das heute gängig ist, beschreibt diesen Geisteszustand genau.“
Sehr schöne Übertragung von Konias Beobachtung ins Deutsche! Passt eigentlich noch viel besser als „clueless“.
Ich gab folgendes zum Besten:
Lese gerade in der neuen NEURO-DEPESCHE: bei US-Kindern stiegen die Psychopharmaka-verordnungen allein von 2011 auf 2012 je nach Altersgruppe im 12,5%, 20,4% und 19,4% an. Bei Jungen vor allem wegen ADHS. Aber was ist mit den Mädchen, auch angesichts des obigen Artikels? Dort sind es vor allem Antidepressiva!
O.:
Ich tue mich schwer, der Feststellung Konias (und auch anderer) zu folgen, Menschen wären nach 1960 (oder 68) weitgehend okular gepanzert und kaum noch muskulär. Diese Entwicklung kann ich aufgrund meines Jahrgangs natürlich nicht beurteilen. Aber noch stärker gepanzert als heute, wäre doch wesentlich schlimmer zu beurteilen. Somit wäre eine okularer Panzer quasi ein Fortschritt im Vergleich zu den emotionalen Zombis der Kriegszeiten.
Medikamente sind kein Beweis für ein gehäuftes Auftreten von ADHS oder ADS bei Jungen oder Depression bei Mädchen, da die Pharmaindustrie dies Medikamente in Kliniken und bei Ärzten massiv bewirbt.
Auch der Schluss die Vegetotherapie würde heute nicht mehr wirken, was andere behaupten und dann esoterische Methoden nutzen, beschreibt keinen Wandel der Klienten, sondern einen Wandel im Denken von einigen Medizinern, die zweifelsohne ihrerseits ihre Orientierung verloren haben.
Darauf warf ich ein:
Konia ist ja nicht allein. Ich kann mich gut an einen führenden Psychiater Deutschlands erinnern, der zu einem jungen Kollegen sagte: „Glückwunsch, daß sie sich in [dieser kleineren Stadt] niederlassen, denn hier gibt es noch richtige klassische Neurotiker…“ in Berlin, Hamburg, Köln, Frankfurt, etc. liefen ja nur noch Freaks durch die Gegend.
Ein besonderes Kennzeichen mangelnder Panzerung (= Energiebindung) ist der Anstieg des Angst- und „Depressions“-Pegels. Oder beispielsweise auch das auffallende Fehlen von Muskelmasse in den Beinen (die zum Beckensegment gehören). Immer mehr junge „Männer“ mit spindeldürren Beinen und „keinem Arsch in der Hose“. Es fehlt der Ort, an dem die Energie gebunden werden kann und wenn das auftritt, kommt es zur Augenpanzerung.
Daraufhin O.
An dem Argument ist auch was dran, als Tendenz würde ich dem auch zustimmen müssen. Ich bin auch schon froh über jeden Neurotiker den ich sehe.
Sebastian zu O.:
O., ich frage mich seit geraumer Zeit welcher Feststellung Du überhaupt folgst? Was findest Du an der Orgonomie interessant, außer der Charakteranalyse (1933) von Reich und ORANUR?
O. antwortete Sebastian:
Auf eine solche Frage einfach zu antworten, ist nicht so leicht. Ich habe für mich das politische Interesse verloren, da Politik zu gewalttätig ist und mich für Reich zu interessieren begonnen, Schritt für Schritt. Nach der Charakteranalyse (´33) kam der ORAK, der mich überzeugen konnte, dass Orgon existiert. Leider folgte dann auch die Erfahrung mit dem Oranur in Berlin, wo es an Elektrosmog nicht mangelt. An der Orgonomie nach Reich interessierte mich alles brennend. Bakers soziopolitische Typologie war für mich gleich abstoßend und zudem war das Thema Politik mit ihrem Schematadenken (rechts-links) wieder präsent. Dies ist bis heute für mich ein Missgriff gewesen, somit kann ich auch Konia nicht wirklich nachvollziehen. Die Einteilung in Persönlichkeitstypen ist für mich hilfreich, eine Einteilung nach „politischer Gesinnung“ beinhaltet in der Praxis immer die Diskriminierung der anderen Seite, es entsteht ein Schubladendenken, wo der Einzelne nicht zählt.
Ansonsten bin ich konservativ orgonomisch und stehe Abänderungen, die nicht (argumentativ) fundiert sind, sehr skeptisch gegenüber. Inhaltlich folge ich mir und nehme an, was für mich stimmig erscheint. – Natürlich kann ich mich auch irren oder etwas nicht richtig sehen bzw. es nicht verstehen.
Zur einer These stell ich auch gerne die Antithese auf und schaue dann, ob es eine neue Synthese gibt. Und die Synthese könnte auch eines Tages sein, dass ich Peters Haltung mehr folge als ursprünglich angenommen.
Konia argumentiert häufig zu plakativ und suggestiv für mich, wenn er konsistent (nachvollziehbar) argumentiert, mag er mich besser zu überzeugen, doch bei kleinsten „Fehlern“ ist mein kritisches Denken geweckt. Am besten gefällt es mir, wenn ich was lernen kann, überzeugen muss ich mich selbst von etwas. An der Orgonomie ist für mich nur interessant, was ich verstehen und umsetzen kann. Das, was ein Rätsel bleibt, ist ein Ärgernis.
Sebastian wie immer sehr gut:
Was meinst Du mit orgonomisch konservativ? Heißt das, dass Du bis zur Charakterpanzerung zustimmst, den physiologischen Teil aussparst und bei Orgonenergie wieder anfängst?
„An der Orgonomie nach Reich interessierte mich alles brennend.“
Heißt das, dass Du Dich jetzt nicht mehr dafür interessierst?
„Politik mit ihrem Schematadenken (rechts-links)“
Das hätte ich bis vor vllt 1-2 Jahren gut nachvollziehen können, aber heute erscheint mir das eher skurril.
Die Argumentation hinkt. Bei Reichs Charakterologie zählt der Einzelne auch nicht. Es gibt eine begrenzte Anzahl von Charaktertypen, unter die die Gesamtheit der Individuen eingeordnet wird. Reich unterscheidet sogar noch schubladenmäßiger zwischen gerade einmal zwei Typen: triebgehemmt und triebhaft. Oder ein anderes Schema: genitaler und neurotischer Charakter. Das ist nun mal orgonomischer Funktionalismus.
Bei der politischen Charakterologie handelt es sich um die soziopolitische Wahrnehmung von gepanzerten Menschen, deren schubladenmäßige Einteilung Du auch schon bei Reich findest und zwar in der Massenpsychologie sowie in Christusmord.
„eine Einteilung nach ‚politischer Gesinnung‘ beinhaltet in der Praxis immer die Diskriminierung der anderen Seite“
Nein, das ist ein Irrtum. Wenn man außerhalb des politischen Irrsinns steht, „diskriminiert“ man jede Seite, wie es Reich und Baker taten und Konia bis heute tut, weshalb sein neues Buch auch „Neither Left Nor Right“ heißt. Zudem handelt es sich ja auch gar nicht um eine moralische Diskriminierung, sondern um eine medizinische funktionelle Einteilung.
Und wenn ich noch eine Frage zum Schluss stellen darf: Du schreibst, dass Du Dir selbst folgst. Auf der Grundlage welcher Erfahrungen denn? Auf Deiner? Mit wem? Bist Du der Meinung, dass Deine Wahrnehmung besser funktioniert als die der Nachfolger Reichs mit einer abgeschlossenen Orgontherapie?
O.:
Ich antworte hier mal chronologisch ohne zu zitieren, dann bleibt es übersichtlich. Und ich gebe (nur) meine persönliche Meinung wieder, also jeder darf seine eigen haben.
Mit „orgonomisch konservativ“ will ich mich auf WR beziehen und die Nachfolger erst einmal ausklammern. Zur Orgonomie nach Reich gehört eigentlich alles von Reich: von der Charakteranalyse über die Bioelektrizität, Bione bis hin zu dem was ab 1939 kam. Auch die Frühen Schriften sind vorbereitend für die Orgonomie und sollten dazu gehören, ebenso wie die soziologischen Schriften.
Das allgemein politische Geschehen und vor allem die Links-Rechts-Debatten oder das Farbenspiel „braun, schwarz, rosa, rot, grün, röter, orange …“ ist inhaltslos. Reichs EP Begriff beschreibt es wunderbar. Baker und Konia erscheinen mir zu allgemein politisch orientiert und versuchen dies mit Reich zu verbinden. Würde ich die Argumentation als primär orgonomisch motiviert verstehen, würde ich dem noch folgen können. Andersherum bleibt es für mich allgemein politisch mit sekundär orgonomischem Hintergrund, was mir nicht gefällt, weil es wieder in die Diskriminierung abzugleiten droht. Der Hass auf „Linke“ kommt hier pauschal durch und die Blindheit gegenüber Konservativen wird zum Programm.
Eine „medizinische“ Sicht kann ich nicht erkennen, die vermisse ich.
Was ist nun mit den Nachreichianern? Hier bin ich kritisch, die meisten verbergen ihre falschen Motive, Reich dient ihrem Narzissmus und wird für das eigene Ego missbraucht.
Andere versuchen einfach ihr Bestes ohne Reich hintenrum zu zerstören. Positive Anregungen gibt es viele vom ACO, von Eden, Laska, Müschenich, Nasselstein etc. und haben ihre eigene Haltung.
Zur Wahrnehmung:
Wenn man den Kasten kontinuierlich benutzt und dies mit seiner Struktur aushält, wird man nach meiner Erfahrung eine OR-Sensibiliät erreiche und kann auch Oranur wahrzunehmen lernen. „Reichianern“ gelingt dies trotz verfügbarem ORAC komischerweise nicht.
Bei Eden funktionierte es gleichfalls. Ich glaube dass er daher auch eher ein Sonderling für das ACO war und die Zusammenarbeit nicht ganz so eng wurde. Baker und Eden hatten wohl eine Freundschaft, die auch von anderen respektiert wurde. Aber weder bei Baker noch bei anderen amerikanischen Orgontherapeuten ist eine Sensibilität erkennbar. Niemand hat was drüber geschrieben. Auch Blasband und Sharaf haben hierüber keine Informationen geben können. Der ORAC wurde aufgrund der Verfolgung durch die FDA wohl auch kaum genutzt. Selbst DeMeo wusste vor der Niederschrift seines Buches zu wenig über den Bau des ORAC, dass er sich in Berlin beraten ließ.
Meine Wahrnehmung variiert gleichfalls. Ich habe daher die Umstände und Quellen für Oranur in sensiblen Phasen genau erspürt. In unsensiblen Phasen weiß ich dann schon welches Gerät welchen Schaden (Schmerzen) anrichten wird und muss mich dem nicht so aussetzen, wenn es sich vermeiden lässt.
Somit folge ich meiner Wahrnehmung, aber auch meinem Denken und nehme Sätze nicht als gegeben an, weil es eine Autorität geschrieben habe. Gute sachliche Texte und Erfahrungsberichte sind mir immer willkommen.
Körperpsychotherapie und Orgonwahrnehmung korrelieren nicht positiv miteinander. Unter den KPT-lern wird man 50% Oranur unsensible Suchtler finden, die verbal sich Reich zugeordnet haben. Mit Vorträgen über Oranur verjagt man sie schnell.
Hingegen sind ganz normale Patienten oder Menschen viel sensibler für Elektrosmog, so meine Beobachtung.
Eine zu hohe Sensibilität ist auch nicht wünschenswert, weil man zu durchlässig wird und es schwerer fällt sich abzugrenzen. Ich erinnere auch an Eva Reich, die durch die Oranurverseuchung kein Oranur mehr aushalten konnte.
Zur „Charakterkunde“:
Reich ging es nicht um eine „Charakterologie“, sondern um ein Hilfsmittel (Charakter-Diagnostik) für Therapeuten, um den „Neurotikern“ zu helfen – und damit jedem Einzelnen, der in die Therapie geht. Er analysierte den Charakter des (einzelnen) Menschen, daher heißt es Charakteranalyse. Die Methode zur Behandlung war wichtiger als eine Lehre über die Charaktertypen. Um es überspitzt zu sagen, nützt es einem nichts, über seine Charaktereigenschaften Bescheid zu wissen, aber eine Therapietechnik gut angewandt, kann alles verändern.
Analog, glaube ich nicht, dass eine soziopolitischer Charakterologie vom Wissen her viel nutzt – außer zur Etikettierung. Es ist auch zu berücksichtigen, wie lange es gedauert hat, solche Typologien innerhalb der Psychologie zu etablieren. Daher reicht es wohl nicht, sie aus typischen Einzelfällen heraus zu formulieren. Ferner scheint die Typologie nicht universell zu sein, sondern am politischen Verständnis der USA zu hängen. Zu schnell wird hier eine Weltsicht vermittelt und drängt zur politischen Handlung. Reich Arbeitsdemokratie hingegen sollte weiterentwickelt werden.
Erst, wenn man sicher ist in der therapeutischen Technik, sollte sie zur Anwendung kommen. Therapiefehler sind schwerlich reversibel – rückgängig zu machen. Es bedarf also zur Charakterkunde auch einer Theorie.
Sebastian:
Okay, ich verstehe jetzt ein bisschen besser, was Dich an der soziopolitischen Charakterologie stört. Du hältst sie für praktisch irrelevant, weil man damit nur seinen linken Hass ausleben will.
Ich bin ganz anderer Meinung und, seien wir mal ehrlich, Du lehnst sie deshalb ab, weil sie mit Deiner politischen Einstellung kollidiert. Du fühlst Dich davon angegriffen. Aus keinem anderen Grund lehnst Du sie ab.
Peters Einwurf 2025: Eine individuelle Charakterdiagnose (Phallischer Narzißt, Hysterikerin, Paranoider Schizophrener, Manisch Depressiver etc.) und eine soziopolitische Charakterdiagnose wird gestellt, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden, d.h. bei gleicher Behandlung bzw. gleichem Umgang kommen ganz andere Ergebnisse heraus. Auch sind die Diagnosen keine Werturteile: ein Phalliker kann extrem krank sein, während ein Schizophrener vergleichbar extrem gesund sein könnte; es gibt liberale ACO-Orgonomen und konservative fanatische Reich-Hasser bei den „Skeptkern“.
Peter 2014:
Menschen mit dürren Beinen und „Individualismus“ und nichts – außer Fassade:
Darauf O.:
Ohne Trend und Uniform kommen sie nicht aus, absolut perfekte und unauffällige Tarnung … alle sind individuell gleich.
Robert (Berlin) mit neuem Thema:
Konia spricht von der westlichen Gesellschaft. Das bedeutet, die anderen Gesellschaften sind autoritäre Gesellschaften mit muskulärer Panzerung und dem althergebrachten Neurotiker. So z. B. in Zentralafrika, wo noch Freuds klassische Hysterikerin anzutreffen ist. D.h. je nach Panzerung in den Kulturen sind die Krankheiten andere.
O.:
Vielleicht ist es ja auch in den USA genau so, wie Konia es beschreibt, für Europa muss dies dann noch lange nicht gelten. In Berlin prägen ja gerade die ewig jugendlich bleibenden Amerikaner das Stadtbild. Im sonstigen Lande gibt es noch genügend Hysteriker, Zwanghafte, Narzissten usw.
Wie kaum ein anderer „Schulengründer“ im Bereich der Psychotherapie ist ausgerechnet Reich zu einem Leitstern von „Laientherapeuten“, d.h. Therapeuten ohne medizinische und psychiatrische Ausbildung geworden. Das ist aus zwei Gründen an Absurdität kaum zu überbieten: Reich gilt als Begründer der „Körpertherapien“ – die wie selbstverständlich von Politologen, Kindergärtnern und ähnlichen „Experten“ ausgeübt wird, die nichts, aber auch rein gar nichts mit Medizin („dem Körper“) zu tun haben; und zweitens hat sich Reich von Anfang an jenen schwierigen Patienten zugewendet, die nicht als „psychoanalysefähig“ galten – das perfekte Terrain für Nichtpsychiater… Das ist alles dermaßen GROTESK!
Hinsichtlich von Freuds ab den 1920er Jahren zunehmend liberalerer Haltung gegenüber Laientherapeuten meinte Reich 1952 im Interview mit Kurt Eissler: „(…) mir scheint, das war ein großer Fehler. Man hätte den Laien auf keinen Fall den Zugang zur wissenschaftlichen Psychoanalyse ermöglichen sollen“ (z.n. Bela Grunsberger und Janine Chasseguet-Smirgel: Freud oder Reich?, Frankfurt 1979, S. 160). Um wieviel mehr muß das für die Charakteranalyse, Vegetotherapie und Orgontherapie gelten!
In ihren Erinnerungen streicht die norwegische Psychiaterin Nic Waal, eine Patientin und Mitarbeiterin Reichs hervor, daß die charakteranalytische Vegetotherapie außergewöhnlich wirksam sei. Und sie fährt fort: „Diese Methode stellt jedoch hohe Ansprüche an den Therapeuten, seine Ausbildung und Diagnostik“ (z.n. Charles Rycroft: Wilhelm Reich, München 1972, S. 84).
Die größte Unverfrorenheit geht wohl von solchen Therapeuten aus, die ihr eigenes Unvermögen damit kaschieren, daß sie behaupten, der Reichsche Ansatz sei heute weitgehend unbrauchbar, da die Menschen heute alle „frühgestört“ seien. Deshalb bedürfe es aller möglichen Ergänzungen der Orgontherapie durch andere Therapiesysteme. Das ist natürlich alles hanebüchener Unsinn, denn am Anfang der Entwicklung der Orgontherapie stand Reichs Beschreibung des frühgestörten „triebhaften Charakters“. Es zeigt schlichtweg, daß diese Leute, die die Orgontherapie „weiterentwickeln“ wollen, schlecht bis gar nicht ausgebildet sind und deshalb die Lücken in ihrem Wissen und Können mit allem möglichen Firlefanz füllen müssen.
Tatsächlich ist dieser Firlefanz Flucht vor den Emotionen Lust, Angst, Wut, Sehnsucht und Trauer von Seiten des Therapeuten. In der Orgontherapie versucht der Patient ohnehin ihnen ständig auszuweichen, indem er „differenziert“ und alle möglichen anderen „Empfindungen“ und Gedankenkonstrukte vorschiebt, worauf der Therapeut nur so etwas sagen kann wie: „Nein, sie haben schlicht und ergreifend ANGST.“ Wer hätte sich jemals vorstellen können, daß sich ganze „Reichianische“ Therapiesysteme ausbilden könnten, die sich um nichts anderes drehen als die Unterstützung dieses von Orgontherapeuten ständig bekämpften Ausweichens vor dem Wesentlichen!
In der klassischen „tiefenpsychologisch fundierten“ Therapie geht es um Konflikte, in einer (vermeintlich!) ansonsten gesunden Psyche. Gewöhnlich wird ein „Autonomie-Abhängigkeits-Konflikt“ auf entsprechendes Geschehen in der Ursprungsfamilie zurückgeführt; dem Patienten gehen diese Zusammenhänge auf und er überwindet sein imgrunde kindliches Denken und Verhalten. Die entsprechenden Analysen sind manchmal bewundernswert komplex und werden zusätzlich mit dem Fundus der Fachbegriffe aus über 100 Jahren Psychotherapiegeschichte aufgepeppt. Tatsächlich ist das ganze aber kaum mehr als austauschbares Psychogelaber.
Führt man sich nun die „Reichianische“ Literatur zu Gemüte, sieht man den Versuch, Reichs angeblich „holzschnittartige“ Betrachtung von der Charakterstruktur des Patienten her aufzugeben und stattdessen „zu differenzieren“ – stattdessen mehr auf die Konflikte einzugehen. Unversehens findet man sich in dem genannten endlosen Gelaber wieder, das die Psychoszene beherrscht und nur eine Funktion zu haben scheint: Ablenkung von der alles entscheidenden Charakterstruktur des Patienten.
Und schließlich ist da noch eine ganz spezielle Spezies: „Orgontherapeuten“ (außerhalb des American College of Orgonomy), teilweise Ärzte und Psychiater, die ganz besonders „funktionell“ sein wollen und deshalb ganz auf eine „mechanistische“ Charakterdiagnose meinen verzichten zu können. Obwohl die biopsychiatrische Diagnose die einzige Diagnose ist, die logischerweise in der Orgonomie wichtig sein sollte, klingt deren Ablehnung teilweise theoretisch ganz gut, geradezu vernünftig („keine Schablonen!“), doch tatsächlich haben diese „Orgontherapeuten“ keine Ahnung, „sie wissen nicht, was sie tun“. Sie (be-)handeln ungefähr so, wie ein Tierarzt, der nicht weiß, ob er ein Meerschweinchen oder eine Schildkröte vor sich auf dem Behandlungstisch liegen hat. Eine Schizophrene muß ganz anders therapiert werden als eine Hysterikerin, ein Zwangscharakter ganz anders als ein manisch depressiver Charakter. Das „orgontherapeutische Programm“ abarbeiten (Mobilisierung der Atmung, Befreiung der Panzersegment, etc.), egal wie „intuitiv“ und „funktionell“ man dabei auch immer vorgehen wird, wird ohne eine Charakterdiagnose bestenfalls zu nichts führen, schlimmstenfalls in die Katastrophe.
Die Orgonomie ist eine Wissenschaft und von daher weder an Institutionen noch an irgendwelche akademischen Titel oder Diplome gebunden. Reich hat aber auch eine psychotherapeutische Schule begründet, die Biopsychiatrie. Und hier ist es nicht anders als etwa bei Autowerkstätten, wo man ja auch nicht zu beliebigen Leuten hingeht, die „sich irgendwie mit Autos auskennen“, sondern sich ausschließlich an lizensierte Meisterbetriebe wendet, um etwa das Bremssystem überprüfen oder gar richten zu lassen. Da gibt es zwar auch keine hundertprozentige Garantie, daß alles richtig gemacht wird, aber immerhin wird die Fahrt von der Werkstatt zurück nach Hause nicht zu einem unkalkulierbaren Himmelfahrtskommando.
Als Reich sich kurz vor dem ORANUR-Experiment dafür entschied, seine Aktivitäten ganz nach Orgonon zu verlagern und sich auf die naturwissenschaftliche Forschung zu konzentrieren, gab er die Verantwortung für die Ausbildung in Orgontherapie aus der Hand und übertrug sie seinem Schüler Elsworth F. Baker, der diese Funktion ununterbrochen bis zu seinem Tod 1985 ausübte, die zu diesem Zeitpunkt an Charles Konia überging. Reich wählte Baker, der 1968 mit seinen mittlerweile ausgebildeten Schülern das „Amerikanische Kollegium der Orgonomie“ gründen sollte, aus, weil er als einziger von Reichs Schülern ausgebildeter Psychiater in gehobener Position war und eine fundierte psychoanalytische Ausbildung abgeschlossen hatte, so daß seine Hinwendung zur Orgontherapie Hand und Fuß und vor allem Gewicht hatte. Er verzichtete auf eine bequeme Karriere im medizinischen Establishment! Außerdem betrachtete Reich ihn von seiner Charakterstruktur her am geeignetsten. Am bemerkenswertesten war wohl Bakers vollkommen freies Augensegment.
Reich selbst hatte die Orgontherapie erst vor kurzem entwickelt. Tatsächlich erschien die Beschreibung der sieben Panzersegmente erst in der dritten amerikanischen Ausgabe der Charakteranalyse 1949! Entsprechend hatte Reich, der selbst noch „im Schwimmen war“, seine Schüler nie sonderlich gründlich ausgebildet. Das beste Beispiel ist Baker selbst, dem Reich 1946 bereits nach sechs Wochen seiner eigenen Therapie erlaubte, selbst Patienten orgontherapeutisch zu behandeln. Das waren sozusagen die wilden Jahre der Orgonomie; genauso wie noch Anfang der 1920er Jahre, als Reich als Therapeut anfing, die sich immer noch formierende Psychoanalyse nach wie vor sich in ihren „wilden Jahren“ befand und von geregelter psychoanalytischer Ausbildung keine Rede sein konnte. Hier ist Reich selbst das beste Beispiel! Das änderte sich erst im Verlauf der 1920er Jahre, nicht zuletzt aufgrund der Arbeit Reichs am „technischen Seminar“ in Wien.
Ob in den „wilden Jahren“ der Psychoanalyse (etwa 1900 bis 1925) und der Orgonomie (etwa 1935 bis 1950) wirklich kompetente Therapeuten ausgebildet wurden, war mehr oder weniger Glückssache, zumal während dieser Zeiten jeweils teilweise sogar Nichtmediziner zugelassen wurden. Noch heute hat man ab und an mit mittlerweile sehr alten Orgontherapie-Patienten zu tun, die manchmal ziemlich konfus wirken, so als sei zwar ihr Biosystem dramatisch „aktiviert“, dabei jedoch vor allem das Augensegment sträflich vernachlässigt worden, da ihre „Orgontherapeuten“ nicht wirklich wußten, was sie taten. Wahrscheinlich waren diese Patienten auch falsch, wenn überhaupt, biopsychiatrisch diagnostiziert und entsprechend in einen Zustand allgemeiner bioenergetischer Konfusion versetzt worden.
Bis heute ist am American College of Orgonomy das Feintuning in Sachen Diagnose und Therapie nicht abgeschlossen. Beispielsweise wurde immer deutlicher, daß die Diagnose einer „Schizophrenie“ (im biopsychiatrischen Sinne, nicht im Sinne der mechanistischen Psychiatrie!) weitaus häufiger angebracht ist, als noch zu Bakers Zeiten angenommen. Hinzu kommt der grundlegende Wandel von der autoritären zur antiautoritären Gesellschaft, die heute eine ganz andere orgontherapeutische Herangehensweise verlangt als noch bis in die 1980er Jahre hinein.
Es ist der reine Horror, daß es heute, teilweise sogar mehr denn je, Individuen und sogar ganze vermeintlich „orgonomische“ Organisationen gibt, die immer noch so agieren, als wäre die Orgonomie nach wie vor in ihren „wilden Zeiten“ und als könne man Patienten nach dem überkommenen Schema F behandeln. Resultat können bestenfalls immer neue Patientengenerationen sein, die einfach „daneben“ sind, einem ständig auf die Nerven gehen, sich aber einbilden „durchtherapiert“ zu sein, weil sie innerlich irgendwelche aufregenden Erlebnisse verbuchen können. Einen richtigen Orgontherapie-Patienten erkennt man an seinen freien, tiefen Augen, seiner unprätentiösen Lebendigkeit und seiner, im besten Sinne des Wortes, „Normalität“. Er kann„versprechen, d.h. bioenergetische Spannung aushalten und deshalb in den Bereichen Liebe, Arbeit und Wissen seinen individuellen Möglichkeiten entsprechend produktiv ein. Er ist ein „Mensch“ im Sinne des Jiddischen, kein „bioenergetischer Freak“!
Im Jiddischen bezeichnet das Wort „Mensch“ eine Person von Integrität, Ehre, Anstand und noblem Charakter, d.h. eine Person, die nachgeahmt werden sollte. Ein „echter Mensch“ ist jemand, der mit Ehrlichkeit handelt, Respekt zeigt, Mitgefühl hat und das Richtige tut, auch wenn es ihm Nachteile bringt. Mit anderen Worten: er ist das exakte Gegenteil des Kleinen Mannes!