Email [Reichs Ausschluß aus der Psychoanalyse] 2010

Der (verzögerte) Einzug des Todesengels mit den bösen Augen in das oberste Gericht Deutschlands ist ein passendes Beispiel: oberflächlich geht es um Sexualökonomie (Schwangerschaftsabbruch), Rationalität (der Staat als Speerspitze der Wissenschaft gegen die irrationalen Impfverweigerer) und Antifaschismus (Verbot der „Nazis“); Dinge, in denen sich die meisten „Reichianer“ suhlen wie Schweine im Dreck, doch tatsächlich geht es ihnen um die Herrschaft einer „Platonischen“ Elite von vermeintlich Aufgeklärten, d.h. um blanken Roten Faschismus. Das sieht man auch an der zweiten Kandidatin der Kommunistischen Partei Deutschlands (der sogenannten „SPD“), bei der sich alles um die „Klimarettung“, Kollektivismus und um Enteignung („Ent-Eignung“) dreht, d.h. um das Ende von Demokratie und Arbeitsdemokratie, da, wie einst in der Sowjetunion, alles von den Vorgaben der Klimadiktatur bestimmt werden soll. Im übrigen: man schaue sich diese Gestalten an und lasse nicht nur ihre mörderischen Worte, sondern vor allem ihren mörderische Ausstrahlung auf einen wirken!
Es gibt Leute, deren gesamtes „Reichianertum“ um diese linke Agenda kreist und die sich gar nicht wieder einkriegen können in ihrer Begeisterung für derartige „antifaschistische“ Helden. Sie Feiern sogar „den Geist des Tages der Bastille“ vom kommenden 14. Juli und setzen die blutige Französische Revolution, diesem mörderische Ausbruch der Emotionellen Pest, implizit mit der „inneren Revolution“ gleich, die die Orgonomie durch Therapie, vor allem aber durch Prophylaxe erreichen will. Dabei sondern diese Leute ständig „Reichianische“ Doktrin ab, von der Funktion des Orgasmus bis zur Entdeckung des Orgons, vom orgonomischen Funktionalismus bis zu ORANUR und CORE, – nur ein Element ist auffällig unterbelichtet; jenes Element, um das sich beim NACHRICHTENBRIEF wirklich alles dreht: die Rolle von Schuld und Scham.
Die gesamte von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (CDU/CSU/SPD/Grüne/Linke) und den von ihr zu 99% kontrollierten Medien und der gleichgeschalteten „Wissenschaft“ propagierte Agenda dreht sich einzig und allein darum dir Schuldgefühe aufzuoktroyieren, weil du für DEINE Tradition, DEINE Interessen, DEIN Eigentum, kurz für DICH eintrittst. Der Schuldkult ist universell: „deutsche Schuld“, Kolonialismus, Rassismus, Sexismus, Spezieismus, Klassismus, Weißismus, Leckmichamarschduverdammterblöderlinkerwichserismus etc. und wird dir 24 Stunden, Baerbocksche 560 Tage im Jahr eingebleut, bis du dich nicht mehr traust, auch nur piep zu sagen. Tust du es trotzdem, klingeln morgens um 6 Uhr die Schergen der BRD-Stasi und beschlagnahmen deine elektronischen Geräte. Hausdurchsuchungen sind das wuchtigste Schwert der Justiz und nur Kapitalverbrechen vorbehalten! Allein daran sieht man die Prioritäten dieses Regimes. Den rotfaschistischen Staat erkennt man immer daran, daß Verbrecher wie „klassennahe Elemente“ gehätschelt und „Dissidenten“ wie Schwerstkriminelle behandelt werden.
Hinzu kommt die Durchsetzung der sozialen Scham, die natürlich letztendlich immer genitale Scham ist. Es ist kein Problem für dieses Unrechtsregime, wenn Islamisten das Kalifat auf deutschem Boden ausrufen und mit ihren schwarzweißen Fahnen durch die Städte ziehen, aber jedes überalterte Grüppchen von „Reichsbürgern“ wird von ihren Rollatoren gerissen und erfährt die volle Härte der Staatswillkür. Bei entsprechenden Demos von Rechten werden schwarzweißrote Fahnen verboten, wie erst vor einer Woche in Münster geschehen. Du mußt ja schon mit Problemen rechnen, wenn du die schwarzrotgoldenen Farben des Heiligen Reiches Deutscher Nation zeigst! In England werden Massengebete von Mohammedanern, die den Verkehr ganzer Stadtteile lahmlegen, mit einem wohlwollenden Lächeln toleriert, während stille (!) Gebete von einzelnen Christen vor Abtreibungskliniken konsequent verfolgt werden und sie ins Gefängnis bringen können. Mit anderen Worten: die einen dürfen auf der Straße ungeniert ihre Notdurft verrichten, während du dich voller Scham verstecken mußt, wenn du dir mit einem Taschentuch nur die Nase putzen willst!
Das ist der Terror der rotfaschistischen Todesengel, die im 20. Jahrhundert 100 000 000 Menschen ermordet haben und deren Blutdurst noch nicht mal annähernd gestillt ist. Ihre Waffen sind seit Rousseau und der Französischen Revolution, seit Marx und der Russischen Revolution und seit Freud und der modernen „freudo-marxistischen“ Unkultur der Schuldkult und die öffentliche Beschämung und Erniedrigung. Die einzige, die EINZIGE, Antwort ist – LSR, die systematische Freilegung und langfristige Beseitigung der individuellen und gesellschaftlichen Panzerung. Liquidar Super-Ego Radicalmente! Julien Offray de La Mettrie! Max Stirner! Wilhelm Reich!
Zum Abschluß noch zwei Punkte:
Die besagten „Reichianer“ erinnern mich an die Christen, die mit Versatzstücken aus dem Neuen Testament, mit „Liebe“ und „Gericht“, nur so um sich werfen, aber vom Kern von „Leben und Lehre Jesu“, wie er von Reich in Christusmord erstmals offengelegt wurde, nicht den blassesten Schimmer haben.
Elsworth F. Baker hat gesagt, daß er als Orgontherapeut an einer entscheidenden Stelle versagt hat, wenn bei Abschluß der Therapie aus einem Liberalen kein Konservativer geworden ist. Die Panzerung (das Über-Ich) ist nicht wirklich besiegt, solange genitale Schuld und Scham, die beim liberalen Charakter wirklich alles bestimmen und wegen seiner sozialen Dominanz die Gesellschaft als ganzes zerstören, nicht restlos ausgemerzt worden sind und stattdessen LaMettries „tugendhafte Lust“ das Leben zu 100% bestimmt.

Obwohl Reich gemeinhin als „Sexualfetischist“ und „Orgasmuskönig“ verschrieen ist, gilt er bei „Kennern“ des Sujets als prüde. Von Anfang an betrachtete er die „schöne bunte Welt der Sexualität“ als Ausdruck der Neurose. Prägenitale Betätigungen hatten nur zur genitalen Endlust zu führen. Wurden sie zum Selbstzweck, galten sie als pervers. Ersetzt man „genitale Endlust“ mit „Fortpflanzung“, hat man die katholische Sexualmoral vor sich.
Die Reduktion der Sexualität auf den koitalen Orgasmus bei Reich spiegelt die Prüderie einer antisexuellen Moral wider. (Gunter Schmidt und Eberhard Schorsch, z.n. B. A. Laska: Wilhelm Reich, rororo Bildmonographie, S. 140)
Die Frage nach Reichs Prüderie läßt sich denkbar einfach beantworten: In Gourmet-Restaurants werden leckere Vorspeisen gereicht, die den Appetit anregen und die Wartezeit im wahrsten Sinne des Wortes versüßen sollen. Nur ein Idiot haut sich mit den Appetithäppchen solange die Wampe voll, bis beispielsweise für den Hummer kein Platz mehr bleibt. – Genauso ist es mit dem Verhältnis von Prägenitalität und Genitalität. Es ist keine Frage der Moral, sondern der „Lustökonomie“.
Bleibt die Frage nach Perversionen, denen das Individuum ausgeliefert ist, etwa Päderastie, Sadomasochismus oder Homosexualität.
Fatalerweise ist die menschliche Sexualität prägbar. Lächerliche Zufälle in der frühen Pubertät und schon hat man einen lebenslangen Fußfetischisten vor sich oder jemanden, der ein Leben lang auf Kinder geprägt ist. Die Frage, ob solche Prägungen rückgängig gemacht werden können, „heilbar“ sind, ist eine akademische, denn gäbe es eine solche Therapie wäre sie aufwendig, ein Erfolg nicht sicher und auf Massenbasis ohnehin schlichtweg nicht realisierbar. Päderasten müssen isoliert werden, da die Gesundheit künftiger Generationen vorgeht. Es geht hier nicht um eine Schuld, die gesühnt werden müßte, sondern es ist eine rein praktische Frage.
Und was harmlosere Perversionen betrifft: ausnahmslos jeder hat seine sexuellen Vorlieben! Es gilt nur zu verhindern, daß sie der Endlust im Wege stehen. Ein regelmäßiger Orgasmus wird dann ohnehin diesen prägenitalen Bestrebungen die Energie so entziehen, daß sie kein Hindernis mehr darstellen. In gewissen Grenzen gilt das sogar für päderastische Tendenzen. Schließlich sind wir alle „Päderasten“, denn ein Gutteil der sexuellen Attraktivität von Frauen beruht zweifellos auf dem Kindchenschema.
Der Sadomasochismus ist unmittelbarer Ausdruck der Panzerung des Menschentiers. Da der Organismus nicht mehr frei und spontan funktionieren kann, wird er von Zwang und sogar Gewalt abhängig. Impulse müssen buchstäblich „durchgepreßt“ werden. Dieser Zustand ist weniger eine Sache der Sexualität (es gibt keine „sadomasochistischen“ Triebe!), sondern der Panzerung an sich.
Das eigentliche Public Relations-Problem der Orgonomie ist die Frage nach der Homosexualität Wie kann sie es wagen, eine ganze „Community“ als „krank“ zu brandmarken? Bei der Homosexualität ist schlichtweg die Frage, was Homosexuelle eigentlich machen! Es ist einfach keine Sexualbetätigung zwischen Gleichgeschlechtlichen denkbar, die zur Befriedigung im eigentlichen Sinne führen könnte. Ganz abgesehen davon ist unsere Physiologie so eingerichtet, daß wir die „Sexualstoffe“ des anderen Geschlechts für unser Wohlbefinden schlichtweg brauchen. Wieder: es geht nicht um Moral, sondern um Medizin!
Und was schließlich den „Ekel“ betrifft: dem orgastisch Potenten sind die Perversionen seiner Mitmenschen vollständig gleichgültig. Das Thema ist energetisch einfach nicht besetzt. Ein homophober Student der Orgonomie – ist kein Student der Orgonomie. Er outet sich sozusagen selbst als – pestilenter Wicht!
In einem Punkt wird die Orgonomie immer zur „sexuellen Avantgarde“ gehören: bei der sexuellen Freiheit von Jugendlichen. Elsworth F. Baker, ein durch und durch konservativer Mensch, schrieb 1969 einem verunsicherten jungen Mädchen:
Die katholische Inquisition quälte Menschen, um ihre Seelen zu retten. (Wir foltern noch heute Jugendliche, um ihre Seele zu retten.) Die Pilgerväter erlaubten niemandem Weihnachten zu feiern, weil das gegen ihre Religion war, und um ihrem Glauben zu frönen, hängten sie viele unschuldige Menschen als Hexen. Vor nicht allzu langer Zeit wurden Frauen festgenommen, weil sie Kleider trugen, die ihre Knöchel zeigten. Eines Tages werden wir zurückblicken und uns fragen, warum wir lehrten, daß Jugendliche kein Sexualleben führen sollen. („Adolescent Misery“, Journal of Orgonomy, 3(2), Nov. 1969)
Freud war sehr liberal, was sexuelle Abweichung betraf (insbesondere Homosexualität). Als Reich in den 1940er Jahren schrieb, daß die Gesellschaft der perversen Sexualität liberal gegenübertritt, während die Emotionelle Pest spezifisch die gesunde Sexualität verfolgt, war das nicht sonderlich einsichtig. Heute wird es immer offensichtlicher.
Die Periode 1919-1925 von Reichs Leben ist genauso interessant wie bisher unterbelichtet. Freud hatte festgestellt, daß die Psychoanalyse nicht funktioniert, also entwickelte er die Todestriebtheorie, d.h. die Natur ist schuld, nicht Sigmund! Zur gleichen Zeit arbeitete Reich in der Tat mit destruktiven, impulsiven „Todestrieb-Patienten“, die sich beispielsweise ein Messer in die Genitalien rammten. Patienten, um die sich Freud nie gekümmert hat. Und Reich begann mit eben diesen Patienten, die Psychoanalyse zur Charakteranalyse weiterzuentwickeln – die im Gegensatz zur Freudschen Psychoanalyse tatsächlich funktionierte und heilte. Zur gleichen Zeit erforschte er die „Energetik der Triebe“ und legte mit seiner ersten Formulierung der „orgastischen Potenz“ die Grundlage der Orgasmustheorie.
Aber bleiben wir beim Thema Todestrieb, das ja schließlich 1932/33 zum endgültigen Bruch mit Freud führte. Anfang der 1920er Jahre war Reich noch Medizinstudent und ein absoluter Neuling in der Psychoanalyse, so daß er zu dieser Zeit Freud noch nicht herausfordern konnte – und überhaupt wollte. Trotzdem kann man schon in Der triebhafte Charakter eine erste Widerlegung der Todestriebtheorie ausmachen. Für Reich war der „Todestrieb“ tatsächlich das, was er als „isoliertes Über-Ich“ bezeichnete, das im Patienten wie ein unwiderstehlicher Trieb wirkte, der sie dazu brachte sich selbst, aber auch andere ob ihrer, wenn man so will, „sexuellen Lebenstriebe“ zu strafen, etwa indem sie sich eine Messerschneide in die Vagina steckten.
Das, also die Rolle des Über-Ichs, das aus einer unheilvollen Identifikation mit den strafenden Eltern hervorgegangen war, implizierte einen gesellschaftlichen Faktor, nicht einen unveränderlichen biologischen wie bei Freuds Todestrieb. Dieser gesellschaftliche Faktor war beeinflußbar. Erstens psychologisch, indem man sich psychoanalytisch mit dem isolierten Über-Ich auseinandersetzte. Aus dieser Auseinandersetzung mit dem Über-Ich entwickelte sich die Charakteranalyse. Zweitens war es gesellschaftlich anzugehen, indem man den, wie Reich es später in „Eltern als Erzieher“ (1927) nannte, „Erziehungszwang“ der Eltern anging.
Wir waren bei Sade, dem „Star unter heutigen Intellektuellen“.
Der Normalfall lautet: „Jede Frau muß selber wissen, was sie verantworten kann.“ Der Grundsatz der totalen Selbstbestimmung über seinen Körper, selbst wenn ein anderer Körper darunter leiden muß, stammt vom frühesten Pionier der Freigabe von Abtreibung, Homosexualität, Pädophilie, Prostitution und Promiskuität: dem Marquis Donatien de Sade, einem Zeitgenossen Rousseaus, auch von Wilhelm Reich und vor dreißig Jahren von deutschen Grünen und Reformpädogen ernst genommen.
Daß in Sachen Sexualität, ihrer Praxis und ihrer Folgen, jeder selber wissen müsse, was richtig sei, weil es Privatsache ist, hat niemand philosophisch „sauberer“ formuliert als de Sade. Als Befreier der Sexualität ging er davon aus, daß Vergewaltigungsopfer und Kinder, wären sie über ihr Glück aufgeklärt, durchaus mitmachen würden, was letztlich sein Emanzipationsziel war. Auch der Feminismus und der Sozialismus meinen es mit den abgetriebenen Kindern gut: Ungewollte Kinder, erst noch in schlechten sozialen Verhältnissen, wären zu bemitleiden. Es ist besser für sie, nicht geboren zu werden, als zu einem Leben ohne Chancen gezwungen zu werden. Insofern wird dem ungeborenen Kind der höchste linke Grundwert, die Solidarität, auf makabre Weise nicht vorenthalten. (Weltwoche)
Man kann Marquis de Sade und LaMettrie durchaus als Ururväter der Sexuellen Revolution betrachten. Gleichzeitig läßt sich an ihnen der Widerspruch dieser Revolution festmachen.
2003 eine Diskussion im ZDF-Nachtstudio über „Marquis de Sade und die Folgen“. Der Sade-Übersetzer Stefan Zweifel:
….in den 68 haben sie eine Sade-Ausgabe gemacht, die hört immer mit einem Orgasmus auf. Also, auch eine [philosophische] Rede dazwischen, aber es hört immer mit einem Orgasmus – nicht Wilhelm Reich, wir müssen Orgasmen haben und so [Diskussionsteilnehmerin Ursula Pia Jauch leicht amüsiertes Gesicht, ein zustimmendes „Jaja“] – bei Sade ist das nicht so, das geht einfach: genau diese Erregung greift dann wieder über ins Denken. Und das ist eine endlose Erregung.
Heute herrsche Anhedonie, trotz plakativem Sexus, „weil“, so Jauch, „das lustvolle und auch denk-lustvolle Umfeld weg ist“.
Die Sade’sche Sexualität des pseudoliberalen modern liberal… (vgl. Der politische Irrationalismus aus Sicht der Orgonomie).
2004 ist der Roman Der Augenblick der Liebe von Martin Walser erschienen. Im Spiegel (30/04) wurde die zentrale Stelle hervorgehoben: in einer Rede über LaMettrie spricht der Romanheld, ein LaMettrie-Experte, davon, diesem sei es darum gegangen, „die menschliche Gattung von Schuldgefühlen zu befreien“. Walser lasse, so der Spiegel, seinen Redner „regelrecht ins Schwärmen geraten“. Der sagt:
Ein Frühlingsausbruch sondergleichen. Genuß als Denkbedingung. Lust als Seinserfahrung. Und Glück als Sinn des Daseins.
Und als Fazit:
Eben diese erfahrungsgesättigte Kenntlichkeit, diese immer aus dem eigenen Leben stammende Stilistik hat ihn [LaMettrie] in Verruf gebracht.
LaMettrie habe geradezu davon gelebt, „das öffentlich zu bezeugen, was bisher jeder ausgeklammert hat“.
Man vergleiche Bernd Laskas Website https://www.lsr-projekt.de/ oder Max Stirner und die Kinder der Zukunft mit folgender Stelle aus Jauchs wirr-„intellektueller“, will sagen postmoderner Habilitationsschrift über LaMettrie (Jenseits der Maschine, München 1998, S. 555), in der der zentrale LSR-Punkt bei LaMettrie abgehandelt wird:
Die entwicklungspsychologisch freilich undifferenzierte Forderung, künftig in der Erziehung darauf zu achten, daß die Gewissensbisse nicht mehr weiter zum Lehrstoff gehören – „den Menschen von den Gewissensbissen befreien“ (DB 153) –, stammt aus LaMettries ureigenster Erfahrung mit der religiösen Zerknirschung. Sei es im Jansenismus, sei es im Protestantismus, sei es [im Katholizismus].
Der zentrale Punkt wird von Jauch bis zur Unkenntlichkeit zerredet, inhaltlich und dann „biographisch“ relativiert: LaMettrie übertreibe etwas, aus eigener Betroffenheit (wie bei Nietzsches Leiden am Christentum), man darf es nicht verallgemeinern; dann das denkbar unpassende Bild „Gewissensbisse als Lehrstoff“…
Dieses ziellose „Denken“ von „Intellektuellen“ wie Jauch ist Ausfluß ständiger Nichtbefriedigung.
Das Denken der „Intellektuellen“ weltweit gruppiert sich weitgehend um die beiden Antipoden Marx und Nietzsche oder um eine Vereinigung der beiden, wie sie etwa vom russischen Bolschewismus, italienischen Faschismus und den französischen Wirrköpfen im Umfeld von Foucault, Deleuze und Derrida vorexerziert wurde. Heimlich goutieren sie sich an den Vernichtungsphantasien von Marx und Nietzsche, der die Ausmerzung der „Mißratenen“ propagierte, den „Mord aus höchster Liebe zu den Menschen“; „heilig“ sei man, wenn man „Räuber und grausam“ ist und aus der „Härte“ seine Tugend und seinen Gott mache.
Es läßt sich zeigen, daß Marx und Nietzsche ihre Gedankengebäude als Abwehrreaktion auf das anthropologische Konzept Max Stirners entworfen haben.
In Der verdrängte Nietzsche habe ich erläutert, inwiefern Stirners „Einziger“ im Zentrum der Philosophie Nietzsches steht – der „ewigen Wiederkehr des Gleichen“. Man vergegenwärtige sich nur, wie Nietzsche in raunendem Ton, voller Angst und Panik von dieser „alles zermalmenden Idee“ spricht und vergleiche das mit seiner Notiz aus der Zeit seiner „initialen Krise“ 1865:
Was ich fürchte, ist nicht die schreckliche Gestalt hinter meinem Stuhle, sondern ihre Stimme: auch nicht die Worte, sondern der schauderhaft unartikulierte und unmenschliche Ton jener Gestalt. Ja, wenn sie noch redete, wie Menschen reden!
Eine Notiz, die, wie Bernd Laska in seinem Aufsatz Nietzsches initiale Krise überzeugend argumentiert, von dem „Dämon“ Stirner handelt.
Marx hat einen dicken Wälzer geschrieben, um Stirner zu widerlegen: Die deutsche Ideologie. Wer sich die Mühe gibt, dieses dann doch unveröffentlicht gebliebene Konvolut zu lesen, wird sehen, daß der Marxismus aus einer barock ausufernden Rezension von Stirners Der Einzige und sein Eigentum hervorgegangen ist. Siehe dazu Bernd Laskas Aufsatz über Marx und die Marxforschung.
1927 erschien das Buch Die Funktion des Orgasmus, das die Grundlage der spezifischen Lebensarbeit Reichs darstellt. In den folgenden Jahren arbeitete Reich in fünf Bereichen die Grundlagen dessen aus, was wir heute als „Orgonomie“ kennen.
1. Er wurde zu einem militanten Marxisten, der im Anschluß, angefangen mit der 1934 erschienen Schrift Was ist Klassenbewußtsein? sich das Konzept erarbeitete, das er später als „Arbeitsdemokratie“ bezeichnete.
2. Er engagierte sich in der Sexualreformbewegung und erarbeitete im Rückgriff auf die Arbeit von Bronislaw Malinowski die theoretischen Grundlagen seines späteren Konzepts „Kinder der Zukunft“.
3. Er baute die Psychoanalyse zur Charakteranalyse aus, um diese dann ab 1934 zur „charakteranalytischen Vegetotherapie“ zu erweitern.
4. Auf der Grundlage der damaligen biomedizinischen Forschung, insbesondere der von Friedrich Kraus („vegetative Strömung“), legte er die theoretischen Grundlagen dessen, was er ab1934 als „sexualökonomische Lebensforschung“ bezeichnete.
5. Mit der Ausarbeitung und Weiterentwicklung des auf Marx und Engels zurückgehenden Dialektischen Materialismus legte er die Grundlagen des späteren „orgonomischen Funktionalismus“.
Bemerkenswerterweise wurden diese fünf Stränge nicht nur zwischen 1927 und 1934 zu Zeiten seines sehr zeitaufwendigen und lebensgefährlichen politischen Engagements ausgeformt, sondern lassen sich jeweils auf seine Formations- und Selbstfindungsjahre zwischen 1919 und 1926 zurückverfolgen. Sein starkes soziales Engagement zeigte sich bereits in seiner Arbeit am von ihm angeregten psychoanalytischen Ambulatorium für Mittellose in Wien. Eine Arbeit, die sich in seinem ersten Buch, Der triebhafte Charakter (1925), niederschlug, das sich hauptsächlich mit dem „Lumpenproletariat“, sozusagen „den Wilden“ der Neuzeit, beschäftigte und das seine ersten charakteranalytischen Formulierungen enthält. Es sei auch auf seine beiden Artikel über „Eltern als Erzieher“ (1926) und seine frühen naturphilosophischen Studien (insbesondere Henri Bergson und F.A. Lange) verwiesen. Nach 1927 (Die Funktion des Orgasmus) kondensierten sich diese Anfänge zu den genannten fünf Strängen.
Die Zeit zwischen 1927 und 1934 ist kaum zu überschätzen und man reibt sich die Augen, was der Mann in diesen sieben Jahren alles geleistet hat. Nicht nur, daß er die Psychoanalyse zur Charakteranalyse weiterentwickelte, kreierte er auch eine eigenständige Massenpsychologie und das nicht nur in der bequemen Schreibstube, sondern im aktiven politischen Kampf. Sowohl in Wien als auch in Berlin baute er eine sexualpolitische Organisation auf. Quasi nebenbei schrieb er ein Buch zur Ethnographie, das selbst Bronislaw Malinowski selbst beeindruckte, und verfaßte eine sexualsoziologische Studie. Später wurden sie bekannt als Der Einbruch der sexuellen Zwangsmoral und als Die sexuelle Revolution. Und er bereitete spätestens mit seiner bahnbrechenden Studie über den masochistischen Charakter, die Anlaß des endgültigen Bruchs mit Freud war, den „Einbruch ins biologische Fundament“ vor.