Posts Tagged ‘Chauvinismus’
10. Oktober 2024
Mir gefällt Eric Hoffers Idee, daß Fanatismus um seiner selbst willen ist. „Und es ist leichter für einen fanatischen Kommunisten, zum Faschismus, Chauvinismus oder Katholizismus zu konvertieren, als ein nüchterner Liberaler zu werden.“ Ich habe mal von einem deutschen Neonazi gehört, der zum Judentum konvertierte und ein fanatischer Siedler in der Westbank wurde. Da die soziopolitische Orgonomie so sehr auf das soziopolitische Spektrum fixiert ist, wurde dies („Fanatismus um seiner selbst willen“) in der orgonomischen Theorie nie gewürdigt, soweit ich mich erinnere.
Zweifel werden nicht zugelassen und ganz im Gegenteil wird missioniert, d.h. Zweifel in den Glaubenssystemen anderer hervorgerufen. Man setzt sich mit anderen auseinander, aber niemals mit sich selbst. Alles wird in Frage gestellt, nur man selbst stellt sich nie in Frage. In vieler Hinsicht ist das das genaue Gegenteil einer Charakteranalyse, die ja nichts anderes ist, als sich selbst in Frage stellen zu lassen. „Warum lächeln Sie!“ „Warum atmen Sie nicht!“ „Ihr Gesicht ist zu einer Maske erstarrt!“
Soeben habe ich einen typischen Fanatiker beschrieben mit seinem situationsunangebrachten „Lächeln“, der unnatürlichen Verkrampfung oder je nachdem unnatürlichen „Gelassenheit“, dem stereotypen Verhalten und dem maskenhaften Gesicht. Die absolute Hingabe „an die Sache“ oder „an den Führer“ ist nichts anderes als Ersatzkontakt: Verweigerung von und gleichzeitig Ersatz für wirkliche Hingabe.
Das führt zu dem Paradoxon, daß etwa eine dröge und vollkommen kontaktlose, meinetwegen, CDU-Veranstaltung, die letztendlich harmlos ist, bioenergetisch nicht zu vergleichen ist mit einem mitreißenden Reichsparteitag der NSDAP, also der organsierten Emotionellen Pest. Im evangelischen Kirchenkreis muß man gegen den Schlaf ankämpfen, während in einer aus Amerika kommenden charismatischen Glaubensgemeinschaft der Funke überspringt und man ganz und gar für Jesus Christus entflammt ist. Und genau darum geht es, mitgerissen zu werden, sich selbst zu vergessen. Eine Art Drogenrausch. Wie dieser Rausch hervorgerufen wird, ist letztendlich egal.
Daß dabei die Funktionen Liebe, Arbeit und Wissen vor die Hunde gehen, man nicht mehr wirklich lieben kann, zu einem bloßen Roboter wird und nur noch realitätswidrigen Unsinn von sich gibt – gehört zum Konsum der Droge „Fanatismus“. Und genau so endet auch der Fanatismus stets: im Untergang. Eins fehlt nämlich immer: die Selbstreflektion und damit die Möglichkeit zur Selbstkorrektur, das Umsteuern am Rande des Abgrunds. Also das, was die Charakteranalyse letztendlich als Ziel hat: die Wiederherstellung der Selbstregulation.
Jetzt versuche man mal jemanden zu erklären, daß Fanatismus stets ein letztendlich sexualökonomisches Problem ist! Etwa mit Verweis auf die durch und durch spießige, von der CDU geprägte BRD der 1950er Jahre mit all ihrer Nüchternheit, im Vergleich zum Fanatismus im ungleich sexuell freizügigeren „Dritten Reich“ oder dem Fanatismus in der „DDR“, wo noch viele sich ganz und gar mit der sozialistischen Vision identifizierten und die (trotz all des konsumistischen Firlefanzes des Westens) weitaus sexuell freizügiger war als die BRD. Derartige „Widersprüche“ treten auf, weil die Panzerung alles verzerrt. Wie gesagt war beispielsweise eine NSDAP-Inszenierung mit all dem Ersatzkontakt, die sie bot, bioenergetisch weitaus „lebendiger“ als eine ein oder zwei Jahrzehnte spätere der CDU.
Das war bereits 1933 das Thema von Reichs Massenpsychologie des Faschismus: wie schwer es ist, angesichts der Verlockungen des Irrationalismus, den Massen die Rationalität nahezubringen. Später mußte er sich bereits in Skandinavien, insbesondere aber in Amerika mit Libertären, Anarchisten, Freaks, Beatniks etc. und anderen Freiheitskrämern rumschlagen, die zwar „sexuell frei“ waren, aber vollkommen irrational, weil sie keinerlei Sinn hatten für die charakterstrukturelle Freiheitunfähigkeit der Massen, geschweige denn der eigenen – die vollkommene Unfähigkeit zur Selbstreflektion.
In James Reichs neuem Buch Wilhelm Reich and the Flying Saucers findet sich die kurze Korrespondenz zwischen einem Vertreter der genannten Leute, Tuli Kupferberg, der in Dusan Makavejevs Film WR: Mysteries of the Organism eine prominente Rolle spielt, und Reich. Sozusagen Reichs vorweggenommene Antwort auf die „68er“. Zunächst 1949:
Es erfordert ein vollständiges und gründliches Studium der Orgonomie und unserer Art von Massenpsychologie, um zu verstehen, daß die Arbeitsdemokratie ein tatsächlicher bio-sozialer Prozeß und kein politisches Programm ist. Außerdem ist es die universelle Biopathie in den Menschen aller Richtungen und Klassen, die die rein wirtschaftlichen Probleme so ungeheuer kompliziert macht. Die Hauptsache ist, daß unsere heutige Erziehung das Massenindividuum ohne sein Verschulden unfähig oder weniger fähig macht, Verantwortung für seine individuelle und die allgemeine gesellschaftliche Lage zu übernehmen. (S. 177f)
1950 ergänzt Reich: „Es geht immer mehr darum, den Menschen auf Massenmaßstab ihre große Verantwortung für die gesellschaftlichen Prozesse bewußt zu machen.” Selbstreflektion!
Schlagwörter:68er, Anarchisten, Beatniks, CDU, Charakteranalyse, Charismatiker, Chauvinismus, Drogenrausch, Dusan Makavejev, Eric Hoffer, Ersatzkontakt, Fanatiker, Fanatismus, Faschismus, Flying Saucers, Freaks, Glaubenssysteme, Jesus Christus, Judentum, Katholizismus, Kommunisten, Liberale, Libertäre, Massenpsychologie, Neonazis, NSDAP, Selbstreflektion
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23. Oktober 2020
von Paul N. Mathews
Entgegen den jüngsten Rezensionen dieses Buches in der New York Times (3, 4) ist Reich weder gegen die Familie noch impliziert er, dass sich alle patriarchalischen Gesellschaften zu einem organisierten faschistischen Staat entwickeln müssen. Ihm geht es um die patriarchalische Zwangsfamilie, nicht um die natürliche Familie, und um jene Aspekte der menschlichen Charakterstruktur, die in einem faschistischen Staat kulminieren können. Eine weitere Implikation in diesen Rezensionen betraf Frauen in Nazi-Deutschland, die angeblich „ihren Sex genauso genossen haben wie die heutigen Mitglieder der Frauenbefreiungsligen“. Ein elementares Verständnis von Reichs Orgasmus-Theorie hätte ein solches Beispiel ausschließen können, denn Tatsache ist, dass sexuelle Aktivität und orgastische Potenz nicht identisch sind und dass „klitorale Orgasmen“ vaginale Orgasmen nicht ersetzen können (5).
Mit unfehlbarer Logik zeichnet Reich den Niedergang der Sozialdemokratie in der Weimarer Republik und ihren Verfall zum Nationalsozialismus nach. Und den vergleichbaren Prozess in der Sowjetunion nach den ersten Jahren, der zum Stalinismus und Roten Faschismus führte. In beiden Fällen weist Reich auf die charakterologischen Unfähigkeiten der Massen zu echter Sozialdemokratie hin und ihre starken Reaktionen auf ideologische Appelle, die auf Patriarchat, sexuellen Ängsten, Mystizismus und Chauvinismus beruhen.
Ich muss jedoch Reichs Einschätzung von Lenin widersprechen, dem er meines Erachtens mehr als verdiente Anerkennung sowohl für seine humanen Beweggründe als auch für sein funktionelles Verständnis der charakterologischen Unfähigkeit zu Freiheit seitens der Massen zollt.
Jüngste Dokumentationen, wie Robert Paynes The Life and Death of Lenin (6)g weisen darauf hin, dass Lenins Motivationen erheblich weniger human und funktionell waren, als Reich ihm zuschreibt:
Nachdem Lenin entschieden hatte, dass alle Mittel zulässig seien, um die Diktatur des Proletariats zu errichten, wobei er selbst im Namen des Proletariats regierte, hatte er Russland in unerträglicher Weise der menschlichen Freiheit beraubt. Seine Macht war nackte Macht; seine Waffe war die Vernichtung; sein Ziel war die Verlängerung seiner eigenen Diktatur. Er konnte schreiben: „Europa in Flammen setzen“ und sich nichts dabei denken. Er konnte den Tod von Tausenden und Abertausenden von Menschen anordnen und ihr Tod war unerheblich, weil sie nur Statistiken waren, die den Fortschritt seiner Theorie behinderten. Das Gemetzel in den Kellern der Lubjanka interessierte ihn nicht. Er kaperte die russische Revolution und verriet sie dann und in diesem Moment machte er Stalin unausweichlich (6, S.631).
Obwohl man Payne widersprechen muss, es sei Lenin und nicht die russischen Massen gewesen, die „Stalin unvermeidlich machten“, ist klar, dass Lenin kein humanitärer Mensch war.
Anmerkungen des Übersetzers
g Deutsch: Lenin und sein Tod. Rütten & Loening, München 1965.
Literatur
3. Lacqueur, W.: „The Mass Psychology of Fascism,“ New York Times Sunday Book Review, Dec. 20, 1970.
4. Lehman-Haupt, C. : „Again Into the Orgone Box,“ New York Times, Jan. 4, 1971.
5. Herskowitz, M.: „Orgasm in the Human Female,“ Journal of Orgonomy, 3:92-101, 1969.
6. Payne, R. : The Life and Death of Lenin. New York: Simon and Schuster, 1964.
Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Charles Konia.
Journal of Orgonomy, Jahrgang 5 (1971), Nr. 1, S. 107-112.
Übersetzt von Robert (Berlin)
Schlagwörter:Charakterstruktur, Chauvinismus, Familie, faschistischer Staat, Frauenbefreiung, klitorale Orgasmen, Lenin, Lubjanka, Mystizismus, Nationalsozialismus, Nazi-Deutschland, New York Times, Patriarchat, roter Faschismus, Sowjetunion, Sozialdemokratie, Stalin, Stalinismus, vaginale Orgasmen, Weimarer Republik
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19. Juli 2019
Schlagwörter:Absolution, Abwehrhaltung, Abwehrmechanismen, Aggression, Amnestie, Autoritarismus, Bürgerrechtsanwalt, Bürgerwehr, Brot, Charakterologie, Charles Bronson, Chauvinismus, Daniel Ellsberg, Death Wish, Demokratie, Ein Mann sieht rot, Fairness, Familie, Faschismus, Faschisten, Fassade, Ford, Freiheit, Freud, Freudo-Marxismus, Frieden, Gesellschaftspolitik, Gesellschaftssysteme, Gott, Ideale, Kiffer, Kommunismus, Konservatismus, Konservativ, Konservative, Konservativer, Liberale, Liberalismus, Linke, Loyalität, Moralismus, Mystizismus, Natur, Naturschutz, Neurose, New York, Nixon, Patriotismus, Pentagon, Philanthropie, Politik, Politiker, politisch, Projektion, Propaganda, Psychose, Puerto Ricaner, Rassismus, Rebellion, Rechte, rechtsextrem, Reformen, Rote Faschisten, roter Faschismus, Schuldgefühle, Selbstjustiz, Selbstverwaltung, Sexualverneinung, Straßenräuber, Subversion, Totalitarismus, ultrakonservativ, Umweltschutz, Unterdrückung, Verantwortungsbewußtsein, Vietnamkrieg, Volkswillen, Watergate
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19. Mai 2019
Schlagwörter:Aktivismus, Alkoholismus, Amerika, amerikanische Demokratie, Antihelden, Antikriegsbewegung, Arroganz, Atomtod, Außenseiter, Aufklärung, Aufrüstung, Aussteiger, Autoritarismus, Autorität, Ökumenisches Konzil, Bösartigkeit, Bürgerrechte, Benjamin Spock, Boatpeople, Brüderlichkeit, Bronislaw Malinowski, Brutalität, Castro, Catilina, Chauvinismus, Che, China, CIA, Cicero, das Jugendproblem, Demokratie, Diskriminierung, Dominikanische Republik, Drogen, Drogenabhängigkeit, Drogenkonsum, Ehe, Eheprobleme, Eldridge Cleaver, Encounter, Endlösung, Erziehung, Establishment, Extremisten, Faschismus, Führer, Freiheit, Freiheitskämpfe, Freiheitsphilosophie, Frieden, Friedensbewegung, Friedensbewegungen, Friedensinitiativen, Friedenssymbol, Gerechtigkeit, Gesellschaftsordnung, Gewalt, Gleichheit, Gulag, Herbert Marcuse, Hitlerismus, Holocaust, Homosexualität, Humanismus, Imperialismus, Inquisition, Intoleranz, Jonestown, Jugend, Jugendliche, Jugendproblem, Jugendrebellion, Kalter Krieg, Kambodscha, Kapitalismus, Kenneth Tynan, Kindesalter, Kollektivismus, Kollektivschuld, Kommunismus, Konservative, Korea, Krieg und Frieden, Kriminalität, Kuba, Kubaner, LeRoi Jones, Liberalisierung, Liberalismus, Linke, Machterschleichung, Mao, Marcuse, materielle Not, mechanistische Lebensauffassung, Meinungsfreiheit, Mi Lai, Michael Bakunin, militärisch-industrieller Komplex, Minderheiten, Mittelalter, Mystizismus, nationale Befreiungskriege, Neger, Neue Linke, Neue Linken, Nichtverbreitungspakt, Nordvietnam, Orgasmus, Papst Johannes XXIII., paranoide Schizophrenie, patriarchalische Gesellschaftsordnung, Patriarchat, Paul Goodman, Peace, People’s Temple‚ roter Faschismus, Platon, Pornografie, Pornographie, Prager Frühling, Pressefreiheit, Profitinteressen, Psychopathen, Psychopolitik, Rassenbeziehungen, Rassenhaß, Rassenmischung, Rassenprobleme, Rassismus, Rassisten, Rebellen, Rebellion, Rebellionen, Redefreiheit, Repressive Toleranz, roter Faschismus, Rußland, Salvador Dali, Säuglingsalter, Südvietnam, schöne neue Welt, Schuldgefühl beruhen, Schwarze, Schwarzheit, Selbstregulierung, Separatismus, Sex, Sexualfeindlichkeit, Sexualität, Sexualleben, sexuelle Freiheit, sexuelle Revolution, Sokrates, Sowjetunion, Sozialismus, Sozialprogramme, Spaß; Raffinesse, Studentenunruhen, Theaterkritiker, Time Magazine, Toleranz, Tschechoslowakei, Umsturz, Unehrlichkeit, Unterwanderung, Utopien, Vatikanum 2, Verantwortungslosigkeit, Verhandlungen, Vernunft, Vietcong, Vietnam, Vietnamkrieg, Weiße, Weißheit, Weltfrieden, Widerstand, Zügellosigkeit
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6. November 2018
Schlagwörter:Absolution, Abwehrhaltung, Abwehrmechanismen, Aggression, Autoritarismus, Chauvinismus, Familie, Gott, Ideale, Konservatismus, Konservativ, Konservative, Loyalität, Moralismus, Mystizismus, Natur, Patriotismus, Rassismus, Schuldgefühle, Sexualverneinung, Unterdrückung
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25. Juni 2018
Schlagwörter:Aufrüstung, Ökumenisches Konzil, Benjamin Spock, Bronislaw Malinowski, Catilina, Chauvinismus, Cicero, das Jugendproblem, Diskriminierung, Drogenkonsum, Herbert Marcuse, Kalter Krieg, Kapitalismus, Kommunismus, Marcuse, Michael Bakunin, Neue Linke, Papst Johannes XXIII., Paul Goodman, Platon, Rebellen, Repressive Toleranz, Sokrates, Sowjetunion, Sozialismus, Studentenunruhen, Vatikanum 2, Vietnam
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14. August 2017
Im zweiten Teil des Buches wird auf etwa 70 Seiten Reichs Faschismusanalyse von 1933 auf das Jahr 2017 übertragen. Peglaus Analyse ist durchweg nachvollziehbar. Kunststück, denn Reichs Analyse ist noch genauso stichhaltig, wie sie es 1933 war. Auf die Türkei Erdogans kann man sie 1:1 ohne jeden Abstrich übertragen. Peglau macht das für Deutschland und muß deshalb den Kontrast voll aufdrehen, so daß das Bild merkwürdig irreal wird, geradezu „psychedelisch“. Beispielsweise kommt man bei dem Thema „Sexualunterdrückung“ heutzutage nicht sehr weit und muß wirklich alle denkbaren entsprechenden Überbleibsel der autoritären Gesellschaft herbeizitieren. Beispielsweise die Kirche als sexualfeindliche Institution anzuführen, ist geradezu abenteuerlich. Jugendliche und Kinder haben heute mit ganz anderen sexualfeindlichen Instanzen zu kämpfen, etwa die Medien, die ein vollständig unrealistisches Körperbild vermitteln, allgegenwärtige Pornographie und abwegigste Fehlinformationen in Sachen Sexualität, die mit einem „wissenschaftlichen“ Anspruch daherkommen. Kinder- und Jugendpsychotherapeuten werden zurzeit von Patienten geradezu überrannt, die Probleme mit ihrer „Geschlechtsidentität“ haben. „Erfüllende Sexualität und Partnerschaft“ (S. 116) werden heute insbesondere durch den Feminismus gefährdet. Wie viele junge Mädchen verwandeln sich von einem Tag auf den anderen von hoffnungsvollen, rehäugigen zukünftigen Müttern, in häßliche, haßzerfressene, keifende Furien mit grüngefärbten Haaren und ausschließlich zwei „Argumenten“ („Rassist“ und „Sexist“)?
Reich lebte 1931 und 32 in der „Sexhauptstadt der Welt“, Christopher Turner beschreibt das lang und breit in seinen Adventures in the Orgasmatron, doch in Reichs Massenpsychologie des Faschimus findet sich so gut wie nichts über diese Subkultur, – weil sie zur damaligen Zeit massenpsychologisch vollkommen irrelevant war. Heute gibt es zweifellos all das, was Peglau an „rechten Umtrieben“ beschreibt, doch die sind in der antiautoritären Gesellschaft genauso irrelevant, wie es zu Reichs Zeiten Magnus Hirschfelds Transgender-Freaks waren!
Unglaublicherweise bringt Peglau sogar das englische Rotherham vor (S. 73), um die anhaltende Sexualunterdrückung im Westen zu illustrieren. Über viele Jahre wurden dort 1400 ausschließlich indigene Kinder von ausschließlich „asiatischen Männern“ (Pakistani und andere Moslems) sexuell mißbraucht und zur Prostitution gezwungen. Peglau erwähnt das mit keinem Wort, – daß die Täter Moslems waren, daß sie jahrelang unbehelligt agieren konnten, weil die zuständigen Stellen nicht als „rassistisch“ dastehen wollten und daß das ganze überhaupt nur durch den antiautoritären gesellschaftlichen Zerfall der indigenen weißen Gesellschaft möglich war. Stattdessen fragt Peglau, warum die Arbeiterklasse angesichts der „zunehmenden Immigration“ (Fremdwörter sollen immer die Tatsachen verschleiern! „Immigration“!) zur „chauvinistischen Ausgrenzung“ statt zur „Solidarisierung“ schreitet! (S. 60). Er erwähnt Gewaltdelikte in öffentlichen Verkehrsmitteln, Gewalt von Fußballfans und Anschläge auf sogenannte „Asylantenunterkünfte“ (S. 86). Kein Wort über Moslems, die Dorffeste mittlerweile unmöglich machen, die Fußballspiele, etwa mit türkischen Mannschaften, zu einer buchstäblich lebensgefährlichen Angelegenheit machen und die eine Asylunterkunft nach der anderen kleinschlagen bzw. abfackeln. Kein Wunder, daß im ganzen Buch nirgends der Name „DeMeo“ fällt! Die Ausbreitung der Gewaltkultur „Saharasias“ auf Mitteleuropa!
Ja, Faschismus ist „nach oben buckeln und nach unten treten“ (siehe S. 94), aber angesichts der „Asylkrise“ wirkt dieses Bild, jedenfalls die Weise, wie es von Peglau benutzt wird, absurd. Sind Arbeiter „faschistisch“, wenn sie sich gegen lumpenproletarische Streikbrecher wenden, die ihnen von den Unternehmern vor die Nase gesetzt werden? Wer ist denn hier autoritätshörig: jene, die 2015 wie blöde an den Bahnhöfen standen, um die Zerstörer des deutschen Sozialsystems enthusiastisch in Empfang zu nehmen, oder die, die gegen die durchgeknallte Politik einer durchgeknallten Führerin protestieren und dabei ihre bürgerliche Existenz aufs Spiel setzen?! Wer ist denn hier der Rassist: Ich, wenn ich mich tierisch über die Neger gelinde gesagt „aufrege“, die in St. Pauli den ganzen Tag über dem Fischmarkt am Pinnasberg und in der Hafenstraße rumlungern, um Drogen zu verticken. Oder ist nicht vielmehr der ein Rassist, der diese Krämer des Todes akzeptiert und sogar romantisiert, aus dem einzigen Grund, weil sie Neger sind?!
Rechtsruck ist eine derartige Verzeichnung der Realität… Reichs Leistung war es bestimmte gesellschaftliche Entwicklungen früh erkannt und praktisch als einziger „massenpsychologisch“ erfaßt zu haben. Und hier kommt Peglau mit einem massenpsychologisch praktisch komplett blinden Buch.
Ein Totalverriß von Peglaus Buch entspricht nicht meiner Intention. Nicht nur, weil, wie erläutert, am ersten Teil des Buches nichts auszusetzten ist, ganz im Gegenteil, sondern auch, weil angesichts des bevorstehenden Zusammenbruchs des Finanz-, Wirtschafts- und Sozialsystems Deutschlands, für den allein schon die EU und der Euro (Peglaus so heißgeliebte „offenen Grenzen“!) sorgen werden, „1933“ schon bald wieder aktuell sein wird. Jederzeit kann die antiautoritäre Gesellschaft (Pseudo-Expansion) in eine extrem autoritäre Gesellschaft (spastische Kontraktion) umschlagen. Nur eine (leider vollkommen ausgeschlossene) „Machtübernahme“ von „AfD und Pegida“ könnten uns noch vor dieser Katastrophe bewahren. Aber das wäre natürlich nur eine kurzfristige Lösung, denn die bioenergetische Dynamik, die die antiautoritäre Gesellhaft freigesetzt hat, ist nicht mehr aufzuhalten, eine Rückkehr in die angeblich „gute alte Zeit“ ist nicht möglich. Es gibt nur einen langfristigen Weg: erstens (!) die Bekämpfung der Emotionellen Pest und zweitens (!) die Fortführung des Projekts Kinder der Zukunft. Alles, was dazu zu sagen ist, hat Charles Konia in The Emotional Plague gesagt.

Schlagwörter:AfD, Andreas Peglau, Asylantenunterkünfte, autoritäre Gesellschaft, Chauvinismus, Erdogan, Faschismusanalyse, Feminismus, Geschlechtsidentität, Hafenstraße, Immigration, Magnus Hirschfeld, Muslime, Pakistani, Partnerschaft, Pegida, Pinnasberg, Rassismus, rechts, Rotherham, Sexismus, Sexualunterdrückung, Solidarität, Sozialsystem, St. Pauli, Türkei, transgender
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1. März 2017
Schlagwörter:Antisemitismus, Chauvinismus, Christentum, christliche Mystik, Gott, jüdische Mystik, jüdisches Volk, Jüdischheit, Judaismus, Juden, Judentum, Katholizismus, Religio, Sowjetunion, Theologie
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17. September 2016
Am vergangenen Donnerstag in der „Internationalen Presseschau“ des Deutschlandfunks:
Nach Ansicht der ukrainischen Zeitung Den geht es der russischen Bevölkerung heute wirtschaftlich nicht viel besser als vor gut hundert Jahren: „Natürlich ist es schwierig, die Kaufkraft in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg mit der im Rußland von heute zu vergleichen. Doch nachwievor fließt ein Großteil der Gehälter in Grundbedürfnisse wie Wohnen und Lebensmittel. 70 Jahre Kommunismus und die Zeit danach haben, global betrachtet, die Lebensverhältnisse nicht wirklich verbessert.“
Leere Großmachtträume für den Kleinen Mann in der Masse. Ein Land das nichts produziert außer Rohstoffe. Aber was weitaus schwerer wiegt nach zig Millionen Toten für – nichts und wieder nichts: charakter-strukturell hat sich nichts verbessert, vielleicht sogar einiges verschlechtert. Nach der Revolution hat der infantilisierende Stalin-Kult selbst den Hitlerismus in den Schatten gestellt. Und heute: eine „gelenkte Demokratie“ mit einem Mussolini für Arme. Primitivster Chauvinismus. Der lächerliche Bombast 2014 in Sotschi und das staatliche Doping mit Unterstützung des Geheimdienstes. Kampf gegen den „Kosmopolitismus“ wie unter dem Zaren und wie unter Stalin. Statt, daß die Arbeitenden zu bewußten Produzenten wurden, die sich ihre Produktionsmittel aneignen, Sklavenmentalität wohin man sieht. Oligarchen, die von der Unselbständigkeit der Massen leben. Alkoholismus wo man hinschaut. Zerfall und Hoffnungslosigkeit. Seit 100 Jahren triumphiert statt der Befreiung von Unterdrückung und Hilflosigkeit nur eins: die Emotionelle Pest.
In der Sowjetunion wurde die Sprache und das Alltagsverhalten der Menschen grundlegend verändert. Begriffe wie „Barmherzigkeit“ verschwanden ganz oder erhielten eine negative Konnotation, das entsprechende Verhalten wurde geächtet. Alles wurde getan, um organisch gewachsene Gemeinschaften zu zerstören und die Menschen zu vereinzeln. Es galt unter allen Umständen „Fraktionsbildungen“ zu verhindern! Oder man schaue nach China! Eine Kultur, die einst von Höflichkeit und Rücksichtnahme gekennzeichnet war, wurde systematisch „proletarisiert“, d.h. bis heute herrscht eine unglaubliche, teilweise schlichtweg mörderische Rücksichtslosigkeit und Kälte gegenüber dem Mitmenschen vor. Auslands-Chinesen sind regelmäßig fassungslos.
Schlagwörter:Chauvinismus, China, Chinesen, Doping, Erster Weltkrieg, gelenkte Demokratie, Großmachtträume, Hitlerismus, Internationale Presseschau, Kommunismus, Kosmopolitismus, Massenpsychologie, Mussolini, Oligarchen, Putin, Putinismus, Rotchina, Rußland, Sowjetunion, Stalin-Kult, Ukraine
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