Wie kann Leben aus Nichtleben entstehen? Reich entdeckte die Bione, die Übergangsformen zwischen dem Nichtlebenden und dem Lebenden darstellen, wobei das Lebendige durch drei Faktoren bestimmt wird: 1. eine charakteristische Abfolge von mechanischen und energetischen Abläufen (Spannung, Ladung, Entladung, Entspannung), 2. energetische Pulsation in einer Membran und 3. die auf die Kreiselwelle zurückgehende charakteristische „Bohnenform“ alles Lebendigen. Damit sind Funktionieren und Form des Lebendigen weitgehend vorgegeben. Es bleibt das grundsätzliche Problem der Entropie, d.h. der Tendenz zur Informationsvernichtung, die das spontane Entstehen eines derartig komplexen Phänomens wie Leben schlichtweg unmöglich macht. Hier kommt das orgonomische Potential ins Spiel, d.h. den spontanen Aufbau von Potentialunterschieden, wie er beispielsweise in der Gravitation zum Ausdruck kommt („Struktur wird zu Vorgängen“).
Wo die Information für die erste Proteinsynthese herkam? Aus dem grundsätzlich einheitlichen Funktionieren der Natur, wie es der orgonomische Funktionalismus beschreibt. Nicht nur Bewegung kann „aus dem Nichts“, d.h. spontan entstehen, sondern auch Information, wie sie etwa in unseren Genen codiert ist. Man denke nur an das Sonnenlicht und seine durch die Sonnen- und die Erdatmosphäre erzeugten „Frauenhoferlinien“, die verdächtig nach „DNA-Code“ aussehen („Vorgänge werden zu Struktur“). Reich selbst hat auf die enge Verbindung zwischen den Elementen der Erdatmosphäre und die chemische Zusammensetzung der lebenden Materie hingewiesen.
Neben der Urzeugung lautet die zweite große Frage, wie aus den Einzellern Mehrzeller werden konnten und sich überhaupt neue Arten entwickeln können. Beispielsweise kann man die Hundezucht soweit treiben, wie man will, es entsteht nicht mal annäherungsweise eine neue Spezies. Was sorgt für die „Sprünge“ zwischen den Arten? Diskontinuitäten, die ähnlich radikal sind wie die zwischen dem Nichtleben und dem Leben.
Es ist gut möglich, daß wir einen solchen Sprung gerade durchleben. Dazu möchte ich nochmal ausholen: Sowohl Ein- als auch Mehrzeller konstituieren sich durch den Gegensatz von freifließender Energie und materieller Membran, aus der die Energie ausbrechen will. Resultat ist die erwähnte Orgonom-Form und die phylo- und ontogenetische Entwicklung. Das kann man alles innerhalb des Funktionsbereichs der relativen Bewegung (Kreiselwelle und Pulsation) beschreiben. Anders ist das bei der Genetik im allgemeinen und der Makroevolution im besonderen. Die kann man nur im Rahmen des Funktionsbereichs koexistierende Wirkung erklären, wie wir sie unmittelbar insbesondere im Traum erleben.
Hier entwickeln sich, gemäß einer Art von „Platonismus“, die Dinge nicht, sondern sind unvermittelt da, so als würden sich „Ideen manifestieren“. Die besagten Dinge setzen sich nicht zusammen, sondern – sind unvermittelt da. Vielleicht spielt so etwas auch in die Evolution hinein. Was ist, wenn dieses Phänomen, der besagte „Platonismus“, sozusagen „jenseits von real und unreal“ wäre? Nämlich Ausdruck von bioenergetischen, genauer gesagt „ko-existenten“ Vorgängen, die wir konzeptionell gar nicht erfassen können! Mag sein, daß in der Platonistischen Vorstellung von überweltlichen Ideen ein Fünkchen Wahrheit steckt und wir gegenwärtig Zeugen werden, wie sich die „Idee einer neuen Spezies“ sozusagen zu materialisieren versucht. Entsprechend: – jetzt wird es wild…
Es gibt zwei vollkommen verwirrende Aspekte des UFO-Phänomens: erstens das „Ungreifbare“, so als gäbe es kaum einen Unterschied zwischen Aliens, „die auf der Erde Landen“, und Gespenstern, „die sich manifestieren“, und zweitens die Obsession mit Fortpflanzung. Wie viele Sperma- und Eiproben wollen die „Außerirdischen“ noch entnehmen? Von „intergalaktischen Sex“ wollen wir gar nicht erst anfangen. „Aliens“, die einerseits aussehen wie Embryos, während andere uns als „Übermenschen“ imponieren.
Interessanterweise können sich viele in der popkulturellen „Wissenschaft“ auch den Übergang vom Menschenaffen zum Menschen nur durch die Intervention von „Außerirdischen“ vorstellen. Anders kann unser Bewußtsein das „Eingreifen“ der koexistierenden Wirkung vielleicht gar nicht erfassen. Es mag sogar sein, daß Dinge wie Schamanismus und Religion im allgemeinen bis zurück auf die Zeit der Menschwerdung zurückgehen und mit dieser untrennbar verbunden sind. Tatsächlich ist die Weltsicht der „primitivsten“ Völker auffällig „Platonistisch“ – und wir erleben das als „UFO-Phänomen“, wo es um „Hybride“ aus „Außerirdischen“ und Menschen geht.
Endgültig über die Klippe des Wahnsinns reite ich diesen Blogeintrag, indem auf Bigfoot hinweise oder etwa auf den Yowie in Australien, – ein weltweites Phänomen: halb Menschenaffe, halb Mensch begleitet er uns, so daß seine Existenz schlichtweg nicht bestreitbar ist… Irgendwo im Niemandsland zwischen greifbarer Platonischer Idee und ungreifbarer physischer Wirklichkeit… Ähhh, ja. So als sei er ein Echo unserer Menschwerdung – und das schwer greifbar verbunden mit UFOs und Aliens, die exakt genauso geartet sind: Echos unserer Zukunft. Beides Funktionen des „Evolutionsvorgangs“…
Reich hat sich definitiv nicht als Philosophen betrachtet. Er war in erster Linie Naturwissenschaftler, sozusagen kein „Denker“, sondern ein Beobachter. Reich war dabei aber kein blinder Praktiker, sondern hat ganz im Gegenteil die Wichtigkeit der Theoriebildung hervorgehoben:
Die Theoriebildung wird von vielen sogenannten „Praktikern“ als ein „philosophischer Luxus“ betrachtet. Theoriebildung ist aber kein Luxus, sondern ein wissenschaftliches Werkzeug ähnlich der Anordnung der vielen Instrumente bei einer Operation. Diese Instrumentenanordnung ist ebenso entscheidend für das Gelingen der Operation wie jedes einzelne Werkzeug für sich. Der beste Chirurg würde fehlgehen, wenn das Werkzeug für jeden neuen Handgriff erst im Raume herumgesucht werden müßte. Wie in der Werkzeuganordnung kommt man auch in der Theoriebildung von schlechteren zu besseren Anordnungen von Tatsachen. Solche Theorien können also nie ein fertiges System bilden, sie sind immer unvollständig und verbesserungsbedürftig. (Der Krebs, Fischer TB, S. 317)
Reich hat kein „System“ entworfen, das über die „Werkzeuganordnung“ hinausging. Er keine „Weltanschauung“ begründen wollen, auch wenn die Orgonomie auf eine solche immer wieder verkürzt wird, sondern es ging ihm um eine neue „Denktechnik“. Was soll das sein? Ist das nicht in dem Sinne Philosophie wie etwa Heideggerei oder die Analytische Philosophie „Denktechniken“ sind?
Man nehme die Frage, warum es immer nur zwei Funktionen mit einem gemeinsamen Funktionsprinzip gibt und nicht beispielsweise drei. So würde ein Philosoph fragen, doch Reich wendet ein, daß dies „eine unnötige Frage“ sei.
Ich habe es mir nicht ausgesucht, es hat mich ausgesucht. Ich weiß, was Ihr Problem ist. Sie kommen aus der Philosophie, wo man mit vorgefaßten Meinungen, mit Prinzipien an die Dinge herangeht. Das ist es, was die meisten Menschen tun. Aber man kann die Natur nicht so verändern, wie man sie haben will. Ich würde sagen, das ist es, was an der bisherigen Naturphilosophie falsch war. (…) Sie haben die Natur selbst nicht sprechen lassen. Ich habe mich sehr bemüht, mein Denken zu widerlegen. Ich habe versucht, herauszufinden, wo es nicht zwei Funktionen gibt, die in einem gemeinsamen Funktionsprinzip vereint sind. Aber ich konnte es nicht. Jetzt kommen Sie mir nicht mit Ideen, sondern nennen Sie mir einfach ein Beispiel, wo es mehr als zwei gibt. (Reich: „Functional Thinking“ (discussion between Reich and his students, August 8 and 12, 1950), Orgonomic Functionalism 1, Spring 1990, S. 100-112)
Es geht nicht um unsere Vorstellung von der Wirklichkeit, sondern um diese Wirklichkeit selbst, die sich unserer Begriffswelt entzieht, wie ein Fischschwarm einem Netz mit einer viel zu großen Maschenweite! Dies sieht man an den üblichen Begriffspaaren, die zwar den Eindruck von „funktionelle Paaren“ im obigen Sinne vorgaukeln können, aber doch nur Kopfgeburten sind. Über die grundsätzliche Schwierigkeit, die Reichsche Theorie in derartigen „philosophischen“ Begriffspaaren in Worte zu fassen, schreibt Bernd A. Laska:
Wer je versucht hat, genuin Reich’sche „Philosophie“ zu formulieren, wird gemerkt haben, wie sehr solch ein Versuch einer Gratwanderung gleicht, bei der die ihm sprachlich zur Verfügung stehenden Begriffspaare (z.B. tolerant/intolerant, dogmatisch/undogmatisch) die Abhänge darstellen, auf die man nicht geraten darf. Die Begriffspaare fordern ein „entweder/oder“, im Geiste Reichs ist jedoch nur ein „weder/noch“ möglich. Positiv aber läßt sich mit dem traditionellen Begriffsarsenal kaum formulieren. („Zur Bestimmung des Status der Reichschen Theorie: II. ‚Früher‘ contra ’später‘ Reich – Eine überflüssige Kontroverse“ Wilhelm Reich Blätter 2/80, S. 79)
Die obenerwähnte „Denktechnik“ ist Ausdruck einer „ungepanzerten“ Herangehensweise, während Philosophie nichts anderes ist als die Kodierung der „gepanzerten“ Existenz des Menschen. Die verschiedenen Philosophien sind Paradigmen, d.h. die Wahrnehmungs- und Denkweisen aufgrund unterschiedlicher Panzerungsmuster. Reich hat das durchbrochen, als er sich von Anfang an außerhalb stellte. Laska schreibt dazu:
Wer sich (…) ernsthaft mit [Reichs Theorien] auseinandersetzt, befindet sich (…) bald vor der Frage nach den Grenzen des gegenwärtigen Paradigmas (…). Er weiß dann aber auch, daß Reich auf Grund des ihm eigenen Vorgehens (…) stets fast automatisch auf „wunde Punkte“ stieß. Er selbst schrieb dies seinem Festhalten an der zentralen Bedeutung der Sexualität zu, die einerseits zwar fundamentale Eigenschaft aller Lebewesen ist, andererseits aber einzig gerade dem Menschen seit dem „Sündenfall“ enorme Schwierigkeiten bereitet hat. Insofern glaubte Reich, nicht nur die Grenzen der Paradigmata einzelner Wissenschaften, sondern den Gesamtrahmen eines seit Jahrtausenden bestehenden „Superparadigmas“ überschritten zu haben. (Laska: Wilhelm Reich rororobildmono, S. 7f; vgl. S.A. Clark/R.A. Frauchiger: „Pradigm-Maker or Paradigm-braker“ Journal of Orgonomy 20(1), May 1986, S. 93-105 & Journal of Orgonomy 20(2), November 1986, S. 262-274).
Reich faßt das im Zusammenhang mit seiner Krebsforschung zusammen:
Ich habe meine Krebsforschung an anderer Stelle so ausführlich beschrieben, daß ich mich hier auf das Wesentliche beschränken kann. Der Leser wird nun besser verstehen können, daß es nicht so schwierig war, „so viel auf einmal zu entdecken“, wie es war, das Entdeckte theoretisch zu ordnen. Ohne die strenge Ordnung der beobachteten Tatsachen nach einer Technik des Denkens hätte es überhaupt keine Entdeckung gegeben. Viele Forscher hatten zerfallendes Gewebe, Protozoen, Krebsgewebe und amöboide Krebszellen gesehen und untersucht und mit ihnen gearbeitet. Auch die Bione waren häufig gesehen und beschrieben worden. Die große Bedeutung der Denktechnik für die wissenschaftliche Forschung zeigt sich hier am deutlichsten in der funktionellen Verknüpfung der Beobachtungen, die in erster Linie für die Entdeckung der biologischen Energie verantwortlich war. Wissenschaftliche Bereiche wie „Krebsforschung“ und „Biogenese“, die vorher so unterschiedlich waren, verschmolzen nun nahtlos zu einer großen funktionellen Einheit. Es ist also inkohärent zu behaupten, daß ich verschiedene Arten von Entdeckungen in vielen verschiedenen Bereichen gemacht habe. Es ist auch nicht richtig zu behaupten, daß ich meine wissenschaftliche Kompetenz in einem bestimmten Bereich überschritten habe oder daß die biologische Energie von einem „Außenseiter“ der spezialisierten Wissenschaften entdeckt wurde. Alles, was ich tat, war, eine grundlegende Entdeckung zu machen, indem ich die unverantwortliche, wenn auch verständliche Zurückhaltung gegenüber dem zentralen Vorgang der Sexualität überwand. Ich entdeckte lediglich die Funktion des Orgasmus, aber ich tat dies gründlich und konsequent. Alles andere ergab sich dann von selbst. Meine wichtigste Leistung und Anstrengung war nicht so sehr meine Entdeckung (obwohl das natürlich auch dazu gehörte), sondern die Tatsache, daß ich tief verwurzelte Vorurteile, falsche Behauptungen, persönliche Hindernisse und die lebensbedrohlichen Anfälle der emotionellen Pest, die sich zum ersten Mal ernsthaft herausgefordert sah, überwunden hatte. (Reich: „Functionalism in the Realm of the Bions“ The Developmental History of Orgonomic Functionalism, In Orgonomic Functionalism 4, 1992, S. 10f)
Bei all dem wollen wir nicht vergessen, daß die menschliche Arbeit und gesellschaftliche Organisation Funktionen der kosmischen Orgonenergie sind!
Sowohl das Wort „Organismus“ (das dem deutschen „Gestalt“ entspricht und zusammen mit „orgastisch“ zu „Orgon“ wurde) als auch das Wort „Energie“ gehen auf den griechischen Wortstamm „ergon“ zurück, der soviel wie „Arbeit“ bedeutet und dessen deutsche Entsprechung der Wortstamm „werk“ ist, weshalb man „Energie“ am besten mit „Wirksamkeit“ übersetzt, sodaß sich das Wort „Orgonenergie“ in „gestaltende Wirksamkeit“ überführen ließe. Entsprechend wollte der Reich-Schüler Charles Kelley in den 1960er Jahren für die Orgonenergie gerne den Begriff „creative process“ (schöpferischer Vorgang) etablieren.
Bei derartigen Versuchen, die orgonomische Begrifflichkeit sozusagen in die Alltagssprache einzugemeinden, geht aber leider das Spezifische verloren und Naturwissenschaft wird zu inhaltsleerer, austauschbarer Metaphysik. Das Orgon hat spezifische Eigenschaften und die Geschichte seiner Entdeckung („Orgasmusforschung“) ist untrennbar mit eben diesen Eigenschaften verbunden:
Ich glaube bestimmt, daß die Biogenese, die Ätherfrage, die Lebensfunktion und die „menschliche Natur“ längst von vielen wissenschaftlichen Arbeitern erobert worden wären, wenn diese Kernfrage der Naturwissenschaft nicht nur einen Zugang gehabt hätten: den über das Problem der orgastischen Plasmazuckung. (Äther, Gott und Teufel, S. 4).
Und selbst wenn wir bei „gestaltende Wirksamkeit“ bleiben – sie tut sich auf vier Weisen kund:
Pulsation, die sich beispielsweise in unserer Atmung zeigt (Einatmung = Kontraktion, Ausatmung = Expansion)
Kreiselwelle, die sich beispielsweise in der „bohnenförmigen“ („orgonom-förmigen“) Gestalt unserer Organe und unseres Körpers zeigt (man schaue sich einen Embryo an!).
Erstrahlung und Anziehung, die sich beispielsweise in der Immunreaktion oder in der Liebe („Liebesfieber“) kundgeben.
Wahrnehmung: die Orgonenergie ist nicht nur die Grundlage unserer Emotionen und Empfindungen, sondern nimmt selbst wahr und reagiert entsprechend, wie insbesondere das ORANUR-Experiment gezeigt hat.
Das Orgon ist also keine abstrakte „gestaltende Wirksamkeit“, sondern eine mit ganz spezifischen, „charakteristischen“ Wirkungen (Funktionen).
Diese Arbeit von Klaus Heimann spiegelt die Orgonomie in Deutschland bzw. das orgonomische Wissen in Deutschland Mitte/Ende der 1970er Jahre wider. In diese Zeit reichen die Bemühungen zurück, die Orgonomie in Deutschland, nach der restlosen Zerstörung erster Anfänge auf deutschem Boden, die 1933 erfolgte, erneut zu etablieren. Das damalige orgonomische Wissen ist der Ausgangspunkt des NACHRICHTENBRIEFes und sollte deshalb von jedem, der neu zu unseren Netzseiten stößt, als Einführung gelesen werden, damit wir alle eine gemeinsame Grundlage haben. Klaus Heimanns Arbeit hat den Zauber des Anfangs an sich und möge in einer neuen Generation das Feuer von neuem entzünden: